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Ehrengarde
An’Dallan Mordreï sas auf einen kleinen Hügel und sah sich ein kleines Gehöft an. Nach seinen Informationen sollte sich von dort aus der Kult ausbreiten. Jedoch deutete nichts darauf hin, dass es sich bei den Bauern, die sich von einem Feld zum anderen schleppten, krankes Vieh versorgten und kaum etwas zum Essen hatten, um religiöse Fanatiker oder gar um Kultanhänger handelte. Aber schon oft trügte der erste Schein und auf die Informationsquellen der Flammenden Faust waren meistens verlass. Er nahm den Helm ab und fuhr sich durch seine kurzen blonden Haare. Sein wettergegerbtes Gesicht trug Erschöpfung zum Ausdruck. Ausnahmsweise hatte er seine auf hochglanzpolierte Rüstung unter einem staubigen Mantel versteckt, doch von dem Helm konnte er sich einfach nicht trennen. Sein Schwert hing an der Seite, war aber auch von dem Mantel verdeckt. Seine Augen, die beide unterschiedlichen Farben hatten, suchten wieder das Tal vor ihm ab, doch wieder schien nichts verdächtiges zu passieren.
Ein rasseln lies ihn aufschrecken und herumfahren. Seine Hand war bereits dabei das Schwert zu ziehen, als er seinen alten Kameraden und Freund Krim Donnerhammer sah. Der Zwerg lehnte sich lässig auf seinen Streithammer und gähnte herzhaft. Seine Rüstung war verbeult und glänzte in keinster Weise. Krim war wahrscheinlich der einzige Zwerg, der nicht sehr viel auf gute Rüstung gab. Seine Devise war, solange sie ihn schützte und nicht zu unbequem war, war es egal, wie sie aussah. Zum krassen Kontrast zu seiner Rüstung war dagegen sein sonstiges Erscheinungsbild. Der rote Bart war sorgfältig gebürstet und kunstvoll zu einem Zopf geflochten, der wie eine Zunge flüssigem Feuers auf der verstaubten und vergilbten Rüstung strahlte. Seine wachen blauen Augen schienen selbst die kleinste Maus in stockfinsterer Nacht zu erspähen, ein Umstand, der den beiden schon oft das Leben rettete. Ungewöhnlich für einen Zwerg war außerdem seine dunkle Hautfarbe, die, wie er immer beteuerte, nur sonnengebräunt war, etwas stärker als bei einem Menschen oder bei jedem anderen, aber nur sonnengebräunt. An’Dallan war es ziemlich egal, ob er nun in ein Pulverfass oder Tinte gefallen war, zusammen hatten sie einige Abenteuer erlebt und waren so etwas mehr als Freunde geworden. „Na? Schon was gefunden, Waldläufer?“ Krims raue Stimme holte An’Dallan wieder in die Wirklichkeit. Er steckte sein Schwert wieder zurück und spähte wieder hinunter. An’Dallan war ziemlich stolz darauf ein recht guter Waldläufer zu sein und bildete sich meistens etwas auf seine Fähigkeiten ein, was ihn nicht gerade beliebt bei den anderen Soldaten der Flammenden Faust machte, sollte er sich mal wieder überschätzt haben. Nach einer etwas längeren Pause seufzte er und setzte sich dann wieder hin. „Nein, ich sehe keine Anzeichen für einen Kult oder sonstige illegale Handlungen. Naja, vielleicht die gefährliche Unterernährung einiger Tiere, aber sonst ist alles wie es sein soll.“ Auch Krim lies sich auf der Erde nieder und legte seinen Hammer neben sich auf den Boden. Abwesend fischte Krim einen alten Lappen aus seiner schmutzigen Rüstung, legte sich den Hammer auf den Schoss und fing an ihn zu polieren.
Mit gerunzelter Stirn beobachtete An’Dallan dabei und ging in Gedanken noch einmal seinen Auftrag durch. Er sollte einen Kult finden, der sich eventuell zu einer Gefahr für die Stadt entwickeln könnte, versuchen ihn zu zerschlagen und einen Gefangenen mitbringen. Die Furchen in seiner Stirn wurden tiefer. „Zerschlagen“ bedeutet normalerweise alles töten was damit zutun hat, und dann bräuchte man keinen Gefangenen mehr. Also warum wollte die Flammende Faust einen Kultanhänger haben? Nach kurzer Zeit zuckte An’Dallan einfach mit den Schultern und lies den Gedanken ein Gedanke sein. Man musste ja nun wirklich nicht alles verstehen. „Sag mal, wann soll dieser Magier hier ankommen?“ Krim sah nicht auf, jedoch die Verachtung in seiner Stimme war unüberhörbar. An’Dallan legte sich auf den Rücken, klemmte sich einen Grashalm zwischen die Zähne und beobachtete die Wolken. Wieder etwas was er nicht verstand. Erst hieß es, es sei eine einfache Aufgabe, und dann plötzlich kommt der Befehl, dass ein Hexenmeister, ausgerechnet ein Hexenmeister, sich ebenfalls um den Fall kümmern sollte. An’Dallan hätte sich lieber in das Maul eines tobenden Drachen gestürzt, als mit einem Hexenmeister, den arrogantesten aller Magier, gemeinsam zu arbeiten. Aber gut, Befehl war Befehl.
„Keine Ahnung... Meinetwegen könnte er auch einfach wegbleiben. Wir sind doch bisher auch gut ohne fremde Hilfe ausgekommen und überhaupt...“ An’Dallan drehte den Kopf zu den Zwerg der immer noch, nun aber mit geschlossenen Augen seinen Streithammer polierte. „Ein Magier... Ein Magier!“ er untermalte seine Worte noch mit den passenden Gesten und starrte dann wieder missmutig in den Himmel. Einige Zeit verging, in der sie den Vögeln zuhörten und auf Geräusche von der Farm achteten. Krim war derweilen mit dem Zustand des Hammers zufrieden und beobachtete sein Spiegelbild. „Ah, ich sags doch immer wieder: 66 und immer noch so schön wie am ersten Tag in der Schmiede.“ Ein Lächeln hellte Krims markante Züge auf und wirkte irgendwie fehl am Platz. Behutsam legte er den Streithammer beiseite, stand auf und ging ein paar Schritte. Etwas abseits hatten sie ihren Proviant versteckt, aus dem der Zwerg sich natürlich jetzt das einzig wahre nahm: das beste Zwergenbier diesseits von Beregost. An’Dallan, der seinen Partner besser kannte, als jeder sonst, seufzte hörbar und wedelte mit der Hand in der Luft. Krim grunzte ein Lachen herunter und gab An’Dallan ebenfalls einen Krug. „Also, wenn dieser Westentaschenmagier nicht bald auftaucht werde ich...“ An’Dallan konnte den Satz nicht beenden, denn unter seinen Füssen begann die Erde zu beben und aufzubrechen. Mit einem Geschick, das nur erfahrene Kämpfer aufbringen können, rollte er sich zur Seite und verfolgte aus dem Augenwinkel Krim, wie er nach seinem Hammer hechtete. Von einem Augenblick zum nächsten wuchs aus der Erde ein gigantisches Insekt.
Grünes Chitin bedeckte den ganzen Körper, zwei große Zangen klickten unheilvoll und mehrere Augenpaare suchten nach vermeintlichen Opfern. Mit einer weiteren Rolle schaffte es An’Dallan auf die Beine, zog sein Schwert und rannte ohne groß zu überlegen auf den Ankheg. Ein beherzter Stich folgte seinem Sprint, und die Klinge drang tief in den Chitinpanzer des Monsters. Grünes Blut spritze An’Dallan ins Gesicht und blendete ihn kurz. Der Ankheg schrie auf, als er sein nun wehrloses Opfer sah und mit Genuss feststellte, dass es nach hinten taumelte und seine Waffe nicht zur Hand hatte. Das Insekt hob eine seiner Sichelartigen Klauen und stürzte sich auf An’Dallan, der wie durch ein Wunder über einen Stein stolperte und so der tödlichen Attacke entging. Vor Wut und Schmerz schrie der Ankheg wieder auf und startete einen neuen Angriff, doch Krim sprang vor, holte beherzt aus und schmetterte den Hammer auf die Bauchseite des Monsters. Blitze zuckten plötzlich von der Waffe, suchten sich den Weg in den Gegner und fanden das Schwert, dass immer noch in dem Insekt steckte. Wieder schrie das Ungetüm auf und krümmte sich nach hinten. Krim schnappte sich ein kleines Beil, welches immer an seiner Seite hing, und warf es auf seinen Gegner. Wieder schoss grünes Blut aus der Wunde. Krim nahm Anlauf und sprang nach oben. Mit einer Kraft, die wohl nur Zwerge aufbringen können, zog er sich an dem Beil hoch und stand plötzlich auf dem Ankheg, der sich immer noch nach hinten krümmte und lauter schrie denn je. Der Schrei tat in den Ohren weh und Krim passte einen Moment nicht auf, irritiert durch den Schrei, und wurde herunter geworfen. Sofort war der Ankheg über den nun hilflosen Zwerg, denn sein Hammer war weit von ihm geschleudert worden. Eine Sichel des Käfers raste herunter, zielte auf den Kämpfer, der sich nun umdrehte und mit aufgerissenen Augen sein Ende näher kommen sah. Er schloss schon mit seinem Leben ab, und sah es in vor seinem inneren Auge vorbeilaufen. Plötzlich erwachte wieder der Stolz seiner Rasse in ihm, und er schallt sich einen Narren. Schnell rollte er sich zur Seite und rappelte sich auf. Er sah sich nach seiner Waffe um und bemerkte dass An’Dallan nicht mehr da war. Nur hatte er jetzt keine Zeit sich darum sorgen zu machen, denn wieder ging das Ding auf ihn los und versenkte seine Sicheln in den Boden. „Krim! In Deckung!“ schrie An’Dallan und Krim wusste sofort was los war. Er hasste es, wenn sein Menschlicher Partner so was machte, aber es ging wohl nicht anders.
An’Dallan legte an, spannte den Pfeil und zielte. „So, jetzt reicht es!“ flüsterte er noch, bevor er den Pfeil von der Sehne lies. Das singen der Bogensehne war irgendwie erschreckend laut und auch der Pfeil war nicht gerade leise. Er sauste durch die Luft, suchte sein Ziel und fand es im linken Arm des Monsters. Dann geschah nichts. An’Dallan hielt die Luft an und Krim, der sich im Gras versteckte, lugte vorsichtig zu der Bestie. Der Ankheg schrie wieder einen schrillen Schrei und versuchte irgendwie an den Pfeil zu kommen. „Mensch! Was kannst du eigentlich?“ schrie Krim von seinem Versteck aus. Fassungslos starrte An’Dallan den Pfeil an, der immer noch in dem Arm des Ankhegs steckte. „Verdammt.“ knurrte An’Dallan und nahm sich einen neuen Pfeil während Krim durchs Gras wuselte und seinen Hammer suchte. Wieder hörte man die Sehne sirren und wieder kauerte sich Krim zusammen, doch auch diesmal passierte nichts. „Waldläufer... Das ich nicht lache...“ murmele er vor sich hin, während er weiter nach seinem Hammer Ausschau hielt. Der Ankheg, der nun unter ständigem Beschuss war, achtete nicht auf den Zwerg und auch nicht auf eine weitere Gestalt, die sich An’Dallan von hinten näherte.
Weitere, diesmal normale Pfeile, regneten auf das Monster nieder, doch die meisten prallten an dem Chitinpanzer ab und säumten den Boden. Endlich hatte auch Krim seinen Hammer gefunden, und stürmte auf das Biest zu, als plötzlich eine barsche Stimmt rief: „Runter!“
Bevor jemand etwas machen konnte, schossen auch schon zehn kleine Lichtkugeln auf den Ankheg zu. Krim konnte noch ein heiseres „Verflucht...“ flüstern, als der Ankheg plötzlich explodierte. Die Druckwelle war so gewaltig, dass es den alten Zwerg regelrecht von den Füssen hob und weit ins Gras schmiss. Auch An’Dallan wurde von der Druckwelle von den Füssen gehoben.
Konsum stand nur da, die Arme verschränkt und hielt seinen Stecken. Ein selbstzufriedenes Lächeln spielte um seine Lippen.
Geändert von Konsum (12.11.2004 um 16:19 Uhr)
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