Draussen, überflutet von all den Gerüchen und Farben, fällt mir zu einer Fensterreihe mit Vorhängen ein kluges Wort, zum Rhein eine ganze Geschichte ein. Draussen, das heisst an frischer Luft, ausgeflogen, neben sich, Neuland erfassend. Doch stets kehre ich zurück in mein Zimmer. Mein Zimmer, das heisst diesen Ungeruch atmen, der alle Gegenstände befällt, das heisst von Chaos umgeben zu sein, das dennoch nichts Neues birgt, wo alles immer gleich bleibt, nur Staub bildet sich und Ungeziefer kriecht aus der Wand.
Keiner interessiert sich für mein kleines Zimmer. Jeder geht nur nach draussen, geniesst die Sonne, schmeckt das Abgas auf der Zunge und atmet den Wind. Besuch empfange ich am Fenster, von Nachbarn, die selbst am Fenster stehen. Ich winke mit der Rechten hinüber und schirme mit der Linken das blendende Sonnenlicht ab oder strecke meine Nase in den Regen und atme tief ein. Wir reden vom Wetter, von den Büchern, die man in sein Zimmer geschleppt hat, von lauter Kleinigkeiten und von den zwei Spinnern, die ich von der Brücke habe springen sehen. Ich bleibe dann am Fenster sitzen, will mein Zimmer nicht sehen. Bei Hitze lasse ich den Ventilator an meinen Rücken blasen; bei Kälte schliesse ich das Fenster.
In meinem Zimmer habe ich alles, um körperliches Unbehagen zu mildern. Nur manchmal treibt es mich nach draussen. Vielerlei ist mir dort nicht geheuer. Ich spreche mit niemandem, gehe geräuschlos an ihnen vorbei, durch sie hindurch. Die anderen sind nie um ihrer selbst willen draussen. Dieser muss seinen Hund Gassi führen und raucht ungeduldig. Jene ist nur wegen der Zigarette draussen, raucht genussvoll, wie eine, die im Rauchen heimatlos ist. Oft sieht man Gruppen, wo jeder wegen den anderen hier ist. Und ich, der Nichtraucher ohne Haustier und Clique, ich treibe mich selbst hinaus in die Welt und habe nichts aus meinem Zimmer dabei. Jedes Mal komme ich schwer beladen heim, gebe dem Gewonnenen einen Platz im Chaos und den Ungeruch des Raumes. Gestern wollte ich wieder riechen, Wind atmen. Ich ging in der Frühe hinaus, vor allen anderen, liess mich vom Anblick voller Mülleimer und Biergeruch überfluten, durchquerte ein Fest, das nicht mehr und noch nicht war, schöpfte aus all dem und trank aus dem überreichlichen Rhein. Dann stieg ich auf die Brücke, wo mir jemand entgegen kam. Ein schrecklicher Gedanke erfasste mich, der sich in einen dringlichen Wunsch verwandelte: dieser Mensch möge mich packen und von der Brücke werfen. Ich würde hinweggespült, weit weg von meinem Zimmer, wo sich das Ungeziefer versteckt, weit weg von dem Staubbedeckten Chaos und allem Alltagstrott. Ich würde ins Meer und über den Horizont einer fremden Küste zutreiben. Dort wollte ich mich an wilden Früchten erquicken, keine Palme zwei Mal besteigen und in keinem Unterschlupf zweimal den Ungeruch ausdünsten. Ich wollte mit den Tieren reden, mich mit der Luft verbünden und aus allem Viereckigen, das sich um mich aus dem Boden erheben sollte, gazellengleich hinausspringen.
Doch der Mensch ging geräuschlos durch mich hindurch, ein Schauer durchfuhr mich. Meine Füsse führten mich zu meinem Zimmer zurück. Den vorhin gespürten Gedanken wollte ich abschütteln, wollte ihn hier auf der Brücke lassen und ihn noch einmal aufsuchen können, doch er klebte fest an mir. Gerade er trieb mich zurück ins Zimmer. Angekommen wurde die herrliche Meeresbrise fad und die Stimmen der Tiere wurden unverständlich.