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Ritter
Da mir gerade langweilig war und ich keine wirklich eigene Meinung zur Sache besitze, hab' ich mal einen netten, kleinen Text abgetippt zur allgemeinen Erheiterung der Denkzellen. Und weil es so wunderbar zum Thema passt.
"Dietmar Wischmeyers Logbuch - Eine Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten"
Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
5. Auflage, April 1999
Seite 92/93
LOGBUCH: 248. Tag
NEGER, NEGER, NEGER, KRÜPPEL, FRAU ...
Political Correctness
Political Correctness. Dafür gibt's kein Wort im Deutschen, was ausnahmsweise mal für dieses Land spricht. Dennoch ist das angeschwult begriffliche Herumlavieren um harte Worte auch hier zu einem gesellschaftlichen Muß geworden. Der Neger und der Krüpel schieden zuerst dahin, aus Lehrling und Student wurden alsbald Azubi und Studierender. Der Idiot mauserte sich schließlich zum >>geistig Andersbefähigten<<. Gastarbeiter heißen ausländische Arbeitnehmer und Asylanten Asylbewerber. Als ob die sprachliche Tünke auch nur einen Deut die gesellschaftliche Realität verändern, geschweige denn verbessern würde. In Lübeck schon brannte das Asylbewerberheim sicherlich genauso gut, wie es das Asylantenheim getan hätte. Wenn die Menschen sich in political correctness fliehen, dann, um zumindest in der Sprache eine heile Zuckerbäckerwelt zu erschaffen. Dieses heuchlerische Umrubeln der alten Wörter leugnet die Identität der Bezeichneten. Was soll man denn vom Farbigen halten, der gestern Neger hieß, heute Afrikaner und morgen womöglich >>pigmentmäßig Andersgeformter<<? Immer war es ein Zeichen der totalitären Staaten, sich die Sprache nach ihrem Gusto zu formen: aus dem fettwanstigen Deutschen wurde der Arier, aus dem Todesstreifen der antifaschistische Schutzwall. Heutiger Träger der totalitären Gewalt ist nicht mehr eine Partei oder Klasse, sondern der gesellschaftliche Konsens, dieses breiige Gefühl des irgendwie Zufriedenseins. Es ist das Gefühl nach einer McDonald's-Mahlzeit, das Gefühl nach einem RTL-TV-Roman oder dem Besuch eines Freizeitparkes. Irgendwie war es nicht wirklich toll, aber auch nicht wirklich total scheiße, es war halt ok, wie man heute so sagt, wenn man sich gelangweilt hat, aber nicht weiß warum. Auf diesem Nährboden des schwiemeligen Gefühlsmorastes mußte ein Neusprech für die fadenscheinige Oberfläche entstehen, political correctness eben. Gebt dem irgendwie gebeutelten die Illusion der Anerkennung, gebt ihm neue Wörter, und er wird eine Zeitlang seine Schnauze halten. Noch gar nicht lang ist's her, da wurde aus dem Eskimo der Inuit. Was war schlecht am Eskimo, und wer weiß, ob Inuit in Eskimosprache nicht doch heimlich >>Herrenrasse<< heißt. Grad beim kulturell gemordeten Arktisbewohner jedoch wird deutlich, wie die neuen Wörter der finalen Entmündung nur um den Wimpernschlag der Geschichte vorausgehen. Drum seid lustig und seid froh, ihr Hottentotten, Kaffern und Kanaken, und gebt Obacht, wenn sie euch die schönen Namen geben, dann geht's euch ganz gewiß recht bald an den Kragen.
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