Zitat Zitat von cloud2003 Beitrag anzeigen
Ganz im Gegenteil! Sogar die meisten der angeborenen Verhaltensprogramme haben eine Vielzahl von Variablen deren genauer Wert durch Lernen festgesetzt werden soll. Das hilft dem Programm sich zu verfeinern und sich besser der jeweiligen Umgebung anzupassen.
Nur lässt sich eine Konstante nicht in eine Variable umwandlen und umgekehrt. Was heisst: Angeborene Dinge bleiben angeboren und lassen sich nicht ändern, während hingegen lernbedingte Dinge automatisch nicht instinktiv sind. Ich erkläre das anhand deines Beispieles:

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Das Programm eines Neugeborenen weiß nur, dass es eine weibliche Bezugsperson gibt, an die es sich binden soll.
Das wäre dann die instinktive Eltern-Kind-Liebe. Die Bezugsperson braucht übrigens nicht weiblich zu sein, wichtig ist nur, dass überhaupt eine Bezugsperson vorhanden ist.

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Wie diese Frau genau beschaffen ist weiß das Programm nicht - das ist anfangs variabel. Durch seine Sinne lernt das Kind Aussehen, Duft, Stimme dieser Person - es prägt sie sich ein, die Variablen erhalten einen festen Wert. Die Prägungen werden fester Bestandteil des Programmes und vervollständigen es, wodurch es seine ganze Wirkung entfalten kann.
So weit so gut, das Wesen Bezugsperson an sich ist in diesem Fall angelernt.
Was ich einfach aussagen will ist, dass sich Eltern-Kind-Liebe nicht direkt mit Partnerschaftsliebe vergleichen lässt.

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Es mag sein, dass manche Leute mit Partnerschaftsliebe nichts anfangen können. Aber das liegt nicht am Nichtvorhandensein des Programmes sondern daran, dass dieses schläft - weil vielleicht manche Werte fehlen die es vervollständigen (zB ein Partner der zu einem persönlich passt).
Das ist jetzt einfach eine Behauptung. Es gibt Menschen, die bleiben ihr Leben lang single und haben auch kein Verlangen nach Partnerschaftsliebe. Wäre es ein Instinkt, müsste er auf jeden Fall einsetzen, wie bei der Eltern-Kind-Liebe.

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Unsere Vorfahren waren polygam, doch es setzte eine Entwicklung zur Monogamie ein. Diese Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen und kann natürlich jederzeit die Richtung wechseln. Allgemein haben wir eine Menge Triebe die einander widersprechen. Daher haben wir auch ein Hirn, welches abwägen soll, welches der Verhaltensprogramme grad am besten passt.
Tatsache ist: Eltern-Kind-Liebe ist überlebensnotwendig, Partnerschaftsliebe hingegen nicht, hinzu kommt, wie du sagtest, dass unsere Vorfahren polygam waren, was doch eindeutig bestätigt, dass Partnerschaftsliebe nicht einfach angeboren, sondern angelernt und kulturell übermittelt worden ist.

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Der Grundantrieb allen sozialen Verhaltens ist die Liebe, entstanden aus der Mutter-Kind-Beziehung.
Dies hingegen ist eine recht bodenlose Behauptung. Bei gewissen Insektenstämmen (Bienen, Ameisen) gibt es keine Anzeichen einer Eltern-Kind-Beziehung, doch ist das Sozialverhalten dort sehr ausgeprägt. Dazu muss man sagen, dass das Sozialverhalten dieser Insekten instinktiv festgelegt ist, weil insbesondere die Arbeitsteilung bei ihnen ein wichtiger Überlebens-Bestandteil ist. Bei uns Menschen kann man dies ebenso sagen, allerdings ist dies kein angeborener Instinkt, sondern wiederum ein kulturelles Phänomen. Beweis dafür sind Einsiedler, die ebenso problemlos leben können wie jeder andere Mensch auch. Wia auch immer, der aus Arbeitsteilung folgende Drang nach Gesellschaft hat meiner Meinung nach überhaupt nichts mit dem Trieb nach Elternliebe zu tun. Das sind zwei gänzlich unterschiedliche Dinge.

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Die Grunderfindungen der Liebe sind die Bindung (an jemandem hängen), die Individualiät (jemand als etwas Besonderes ansehen mit eigenen Merkmalen die ihn von anderen unterscheiden) und die Freundlichkeit (die Fähigkeit zu zeigen, dass man jemandem gut gesinnt ist und wenn nötig umsorgt).
Ersteres stimmt, jedoch nur bis zur Adoleszenz. Eltern-Kind-Liebe ist deshalb wichtig, weil man als Kind keine Überlebenschancen hätte ohne Bezugsperson. Doch mit dem Erwachsenwerden entfällt die Notwendigkeit der Bezugsperson, die Eltern-Liebe bleibt aber meistens bestehen, hat aber wie gesagt nichts mit Sozialverhalten oder Partnerschaftsliebe zu tun.
Zweiteres hat hingegen nichts mit Liebe zu tun, sondern ist eine Eigenschaft, die sich einfach so ergibt. Jeder Mensch ist ein Individuum. Wie du darauf kommst, ist mir absolut schleierhaft.
Und das dritte, die Freundlichkeit, ist angelernt. Freundlichkeit ist ein Gesellschaftsideal und in gewissem Sinne ist es notwendig, sich gewissen Idealen anzupassen, um in der Gesellschaft zu bestehen. Ergo ist Freundlichkeit ein soziales Phänomen und hat wiederum nichts mit Liebe an sich zu tun.

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Diese Erfindungen hat die Natur einfach von der Familie auf Fremde übertragen. Dadurch entstanden wohl Freundschaften -> Freundschaftsnetze -> Gemeinschaften -> Gesellschaften -> Kulturen.
Eine recht kühne Behauptung, wenn du mich fragst. Soziales Verhalten folgt, wie ich schon sagte, daraus, dass Menschen in Gruppen eine höhere Überlebenschance haben. Durch die Arbeitsteilung ist es für das Individuum einfacher, sein Leben zu bestreiten, als als Einzelgänger, weshalb die Mehrheit der Menschen sich auch dafür entscheiden. Und daraus entstehen automatisch Regeln für Sozialverhalten, weil sonst die Gruppe nicht mehr funktionieren würde.

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Die Tatsache, dass jeder freiwillig das Zölibat wählen kann bestätigt, dass Sexualität ein kulturelles Phänomen ist. - IMO unsinnig.
Je nach Auffassung ist Sexualität sogar wirklich ein kulturelles Phänomen (Kamasutra), aber fassen wir es als biologisches Phänomen auf, fällt auf, dass Sexualität im Gegensatz zu Eltern-Kind-Liebe, Hunger oder Durst nicht überlebensnotwendig ist und man diesen Instinkt deshalb entfernen kann, ob jetzt willentlich unterdrückt oder durch Sterilisation spielt hierbei keine Rolle.
Aber wenn dir der Vergleich von früher zu heute nicht gepasst hab, erklär ich es halt anders: Der Unterschied von Instinkt zu angelerntem Verhalten liegt sicher einmal darin, dass sich ersterer normalerweise immer zeigt. Egal ob Eltern-Kind-Liebe, Hunger, Durst oder Sexualität, früher oder später kommen die Instinkte zum Vorschein, die meisten unmittelbar nach der Geburt, die Sexualität hingegen erst später in der Pubertät. Kommen wir nun zur Partnerschaftsliebe: Diese kann sich ein ganzes Leben lang nicht zeigen, ergo kann es sich nicht einfach so um einen Instinkt handeln wie bei Hunger oder Sexualität, denn das würde ja der Tatsache widersprechen, dass sich Instinkte zeigen müssen, da sie ja angeboren sind. Daraus folgt, dass das Phänomen der Partnerschaftsliebe nicht angeboren ist.

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Die meisten Menschen - egal welcher Kultur - stimmen darin ein, dass Liebe ein Gefühl ist, dass in der Partnerschaft besonders stark in Erscheinung tritt. Starke Gefühle kann man Menschen nicht einfach einreden - das wäre wohl das Ende der Drogen. Nun kann man natürlich die Wahrnehmung der Menschen in Frage stellen. Doch lässt sich ein höherer Oxytocin-Spiegel bei der Mutter-Kind-Bindung UND bei Partnerbindungen feststellen - Botenstoffe lassen sich nicht einfach so auslösen. Viele Verhaltensmuster von Liebenden (umarmen, küssen, streicheln, umsorgen) lassen sich direkt aus dem Mutter-Kind-Verhalten ableiten. Liebespaare reden sogar manchmal miteinander in einem zärtlich hohen Tonfall, wie es Mütter mit ihren Kindern tun. Der Liebestrieb meldet sich durch das Gefühl der Einsamkeit, so wie der Nahrungstrieb sich durch Hunger meldet. - Das alles wird wohl kaum bewusst herbeigeführt. Man muss allerlei Tatsachen ausblenden um Liebe nur auf kultureller Ebene erklären zu wollen.
Nicht Liebe. Partnerschaftsliebe. Es mag sein, dass sich die Gefühle für Eltern-Kind-Liebe und Partnerschaftsliebe ähneln, dennoch ist die Partnerschaftsliebe biologisch nicht notwendig oder lässt sich durch diverse andere Dinge ersetzen.