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Thema: Cipos Thread ~

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Naja, was du jetzt als Hassliebe bezeichnest, könnten einfach die Nachwirkungen des Alkohols sein, verbunden mit der Freude, die Kumpels unter den Tisch getrunken zu haben.
    Intention ist einfach die, zwei "erhabene" Momente aus verschiedener Sichtweise zu vergeichen und völlig gleichzusetzen. Alternativ könnte es auch die geiche Sichtweise sein, kurz vor dem Abklappen, und dann mit Nachwirkungen am nächsten Morgen.



    Und hier noch was Namenloses.


    Sie führen mich ab, in einer Weste, die so weiß ist, dass mich diese Vorstellung nur noch zum Lachen bringen kann. Zum Weinen ist das alles schon lange nicht mehr. Einen Moment lang überlege ich, was wohl zuerst da war, die Vorstellung, ein Verrückter gehöre in weiße Kleidung, oder der tatsächliche Verrückte in weißer Kleidung. Ich denke, sie haben es sich ausgedacht. Weiß, wie die Heilung, wie das Gute, wie die Medizin, wie Gott. Es wäre irgendwo zynisch, einen Verrückten in eine Schwarze Zwangsjacke zu stecken - nicht wahr? - Es wäre kontraproduktiv. Schließlich würde das ja bedeuten, dass er abgeschrieben ist, und das geht ja nicht, man kann ihn ja heilen.

    Einer der Männer hat so ein Gesicht. Es ist das Gesicht eines Vaters, eines Menschen, der einigermaßen zufrieden ist (gemessen am Durchschnitt), obwohl er diesen armseligen Job hat, obwohl er den ganzen Tag Leute wie mich durch die Anstalt führen muss. Führen, manchmal auch schieben oder tragen. Manchmal vielleicht sogar schleifen.
    „Es sind bestimmt Eier versteckt, such sie doch!“, würde er sagen, oder „Wenn du auch ganz artig warst, muss er nicht die Rute herausholen!“, dann würde er die ganzen obskuren Gestalten aufzählen, an die sein Kind glaubt, auf die es sich freut, vor denen es sich fürchtet, jedes Mal, wenn er ein Argument braucht.
    „Papa, da ist ein Monster unter dem Bett!“, würde das Kind deshalb irgendwann sagen, der Vater würde stöhnen, sich vom Fußballspiel losreißen, sich ins Kinderzimmer schleppen und mit dem Kopf schütteln. „Siehst du?“, fragt er mit rational aufmunternder Stimme, „Da ist überhaupt nichts unter dem Bett. Du kannst jetzt wieder beruhigt schlafen gehen.“ „Aber Papa! Das Monster versteckt sich doch! Es hat Angst vor dir, und vor dem Licht!“ Der Vater atmet noch einmal genervt aus. „Na gut, du kannst das kleine Licht anlassen. Aber wenn du müde bist, machst du es aus, in Ordnung?“ Das Kind nickt. Aber eigentlich denkt es nicht mal daran, das Licht wieder auszumachen, bevor die Sonne aufgeht.
    Denn das Kind ist nicht so dumm.
    Der Vater lässt es wieder allein in seinem Zimmer, überlässt es dem Schrecken unter dem Bett. Später am Abend zeigen sie eine Kriminalsendung, eine Jugendliche wurde vergewaltigt, und der Vater schüttelt den Kopf. „Perverse Schweine. Umbringen sollte man sie alle.“ Und er schüttelt den Kopf. Dass es so was wirklich geben kann… In was für einer Welt leben wir nur? Dann trinkt er sein Bier und hofft, dass ihn sein Kind nicht noch einmal beim Fernsehen stört.

    Mein Gedankenspiel hat mich beschäftigt, bis ich vor dem Doktor stehe. Er ist eine hagere Gestalt mit kleinen, klobigen Fingern, irgendwie unproportioniert, er passt einfach zu gut an diesen Ort, wie alles hier. „Abend, Herr Soundso, wie geht’s uns denn heute?“ „Nicht anders als sonst, Doktor, zufrieden, ich fühle mich wohl.“ „Aber sie wissen, dass sie nicht immer hier bleiben werden, Herr Soundso, wir müssen sie doch irgendwann wieder an die frische Luft hinaus lassen, zu den anderen Menschen.“ Natürlich, die frische Luft. Ein halbe Stunde Ausgang täglich ist eigentlich genug frische Luft, jedenfalls für einen Vergewaltiger. „Herr Doktor, eine Frage“, spreche ich ihn aus einem Gedanken heraus an, „Haben sie jemals an das Monster unter dem Bett geglaubt?“ Er schaut mich ausdruckslos an und meint „Ja, als ich noch ein Kind war. Haben wir das nicht alle, bis wir es besser wussten?“ „Ich, Herr Doktor, glaube immer noch an das Monster. Ebenso wie ich an Mädchen in Miniröcken glaube.“ Sein Gesicht verzerrt sich. „Sie reden wirr!“ Ich beiße mir in den Daumen, nur ganz sanft, um mich zu vergewissern, dass ich richtig verstanden habe, was er sagt. „Halluzinationen, allesamt, Herr Doktor, und allesamt gleich real, das wissen sie doch als Mediziner! Wir sehen nur, was wir sehen wollen!“ Er schüttelt den Kopf, genervter als zuvor. „Als Mediziner kann ich ihnen sagen, dass sie Recht haben - Sie sehen diese Monster nur, weil sie sehen wollen, weil sie unzufrieden mit der Realität sind, und genau so ist es mit den Frauen. Sie müssen sich endlich ihren Problemen mit dem anderen Geschlecht stellen. Nur weil jemand aufreizende Kleidung trägt, heißt das noch lange nicht, dass er das Bett mit ihnen teilen will.“
    Wieso versuche ich es überhaupt? Wir sind hier auf seinem Territorium, in den Hallen der Vernunft, im Tempel der fünf Sinne. Du kannst Zeus doch nicht auf dem Olymp bekämpfen!

    In diesem Moment verstehe ich - Ich bin wirklich krank. Habe ich jemals gesehen, wie ein Kind unter dem Bett in einer Blutlache verschwunden ist? Hat mich jemals ein Mädchen zu sich eingeladen? Habe ich jemals einen fetten Mann durch unseren Kamin rutschen sehen? Das Monster hat stets nur gelauert, das Mädchen hat mich nie gewollt, die Geschenke waren immer schon da, wenn ich nach Hause gekommen bin.
    Aber der Doktor irrt, meine Krankheit kann man nicht heilen, denn ich habe verpasst, die Augen zu schließen, habe sie offen, sehe sie, sehe sie. Er hat es selbst gesagt. Es gibt für uns nur, was wir sehen. Und ich sehe sie. Ich könnte die Augen schließen, aber wer sagt mir, dass sie nicht real sind? Im Krieg schließt du, wenn der Feind kommt, auch nicht Augen, in der Hoffnung, dass er verschwindet. Du kämpfst! Oder, noch besser, du vermeidest den Krieg. Irgendwo dort, wo der Krieg nicht hingehört.

    In der Anstalt gibt es keinen Platz für das Monster, es gibt keine aufgetakelten Mädchen in Miniröcken und es gibt keinen Kamin.
    Nur Zentralheizung.

  2. #2

    It's time to get schwifty.
    stars5
    Gnah.. ich kann mich mehr sagen als das mich die Geschichte sehr angesprochen hat. Ziemlich toll, genau mein Geschmack.

    Was konstruktiveres hab ich dafür leider nicht.

  3. #3
    Danke der Antwort.

    Folgendes ist ein Flufftext für ein Strategiespiel, das ich gerade mache. Es soll klischeehaft sein.


    [FONT="Lucida Console"]~ Prolog ~
    Kriegshunde

    Die Aufzeichnungen des Constable Johnson, Exzerpt
    (Aus dem Nachlass der Angehörigen)



    11. September
    Das Geräusch von Mücken an einem schwülen Sommerabend.
    Immer wieder. Man hört, wie sie kommen, hört, wie sie gehen, und weiß, sie
    kehren wieder, wenn man sie nicht erschlägt. Und irgendwann rammen sie ihre
    kleinen Rüssel in dein Fleisch, saugen dein Blut, als wäre es Wein.

    12. September
    Wenn man einen Tag später ins Tagebuch sieht, wird einem oft klar, was für einen
    Bullshit man fabriziert hat. Hatten Einsatz in den Wäldern. Die Rotoren im
    Rücken, Stunde für Stunde, irgendwann sind es nur noch Mücken im Ohr. Ein
    einziger großer Unterschied: Mücken kann man auch noch erschlagen, nachdem sie
    zugestochen haben. Gibt nur einen hässlichen Fleck auf der Uniform.

    13. September
    Es beginnt. Eine andere Einheit hatte Feindbegegnung, irgendwo im Dschungel,
    irgendwann, als sie es nicht erwartet haben. Ein Funkspruch ist alles, was von
    ihnen zurückgekommen ist. Jetzt fährt unser Boot den Fluss entlang, zu der
    Stelle, von der wir das letzte Lebenszeichen bekommen haben. Aufklärungsmission.

    16. September
    Der Mensch ist kein Schwein.
    Ein Schwein quiekt nicht vor Freude, wenn das Beil herabfällt. Wir dagegen,
    ausgelaugt von den verdammten Mücken auf dem Fluss und dem elenden Fraß, der
    aufgeweicht noch mal doppelt so abstoßend schmeckt, sind nahezu erleichtert, als
    ein Feuerstoß den Fährmann über die Brüstung in die ewigen Jagdgründe treibt.
    Einige Hände tief unter der Wasseroberfläche, die Projektile um uns herum,
    müssen wir die Zeigefinger in einem letzten Anflug von Beherrschung ruhig halten,
    wenn die Waffen mehr als einmal schießen sollen. Irgendwann steigen wir aus dem
    Schlamm, zwei werden sofort durchlöchert, die Frage nach der richtigen Stelle
    soll die letzte Entscheidung in ihrem Leben gewesen sein. Als der Feind erkannt
    hat, dass drei weitere durchgekommen sind, zieht er sich zurück. Nicht lange.
    Ich habe Glück, wenn ich morgen noch einmal schreiben kann.
    Der Mensch mag ein Schwein sein, aber der Soldat ist ein Hund. Ein Hund,
    der im Rausch den Mond anheult und tut, was sein Herr sagt, nur für einen
    lumpigen Knochen.

    17. September
    Das Schicksal ist launisch, und gestern hat es dafür gesorgt, dass unsere
    Ausrüstung ohne Angriffe trocknen konnte. Das Lager steht, wir sind bereit für
    einen Vorstoß. Wenn das Funkgerät nicht im Fluss gesunken wäre, hätte diese
    Mission sogar noch einen Sinn. So geht es nur noch ums Überleben.

    20. September
    Ist nicht so, dass ich noch nie jemanden umgebracht hätte. Messer, Gewehre,
    Pistolen, einmal sogar mit den bloßen Händen. Aber das heute war meine erste
    Granate. Nicht schlimmer als der Rest, aber anders. Du siehst sie nicht. Du
    wirfst einfach und hoffst, dass der Feuerball so viele Schweine wie möglich in
    den Tod reißt, während du hinter deiner Deckung hockst und wartest. Man sagt,
    das Schlimmste spielt sich stets im Kopf ab.

    18. September
    Man versteht die verdammten Hippies, wenn man den eigenen Arm ein letztes Mal
    spürt, bevor er sich in einen Schwall aus Blut und Muskeln verwandelt. Jetzt,
    einige Stunden später, ist es zwar nur noch ein notdürftig verbundener Stumpf,
    aber ich sehe den Moment, und werde ihn wohl immer spüren. Immerhin geht es mir
    besser als Jack. Jack muss sich keinen Kopf um seine Arme machen, um genau zu
    sein, wird er sich nie wieder einen Kopf um irgendetwas machen. Scheiß Zynismus.

    13. Oktober
    Ich habe heute, nach so langer Zeit, endlich verstanden, warum die Kriegshunde
    heulen. Es ist nicht der Mond und sie wollen auch keinen elenden Knochen. Sie
    wollen nur raus. Noch nicht, wenn man ihnen das erste Mal die Leine anlegt, auch
    nicht, wenn man sie loslässt.
    Aber mit der Zeit heulen alle Kettenhunde nur noch nach Freiheit.
    Und nach Leben.
    …[/FONT]


    "Prolog" im Sinne von Einleitung. Heißt, der Text ist abgeschlossen und soll auf ein bestimmtes Szenario einschwören.

    Geändert von La Cipolla (30.06.2008 um 04:45 Uhr)

  4. #4
    30 Seiten eines abgebrochenen Japanberichts.

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