Anekdote über den Kommunismus

Ich erinnere mich düster, meinen Dampf gegenüber Personen, die ohne Hintergrundwissen Che Guevara T-Shirts tragen, schon einmal in einer Anekdote ausgelassen zu haben, und in dem Sinne werde ich mich auch nicht mehr darüber aufregen. Heute soll es ein wenig tiefer gehen, denn der pubertäre Durchschnittsrebell stellt Marx, Guevara, Lenin, Castro und Stalin ja prinzipiell erst einmal auf eine Stufe, die Tatsache, dass diese Personen teilweise arg konträre Meinungen vertraten, vollkommen ignorierend. Immerhin steht (in den Köpfen der angesprochenen Kiddies jedenfalls) hinter allen in großen Neonbuchstaben „Kommunist“, was scheinbar heute das Non-plus-Ultra für die Alternative ist. Ironischerweise kann man das Ganze, so kommt es mir jedenfalls vor, in drei Stufen einteilen. „Die Stufen der Kommunismus-Erkenntnis“, wenn man es pseudophilosophisch in größenwahnsinnige Möchtegern-Tatsachen stopfen will. Wie immer, nicht alles so ernst nehmen, wie es sich anhört.


1. Schritt (Viva!)
„Mann, ich hab keine Ahnung, aber ich steh wenigstens dazu!“

Die Anfangsdroge bei dem Großteil der Jugendlichen, die sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigen, ist jene Phase, die man gut in die üblichen Pubertätsklischees einordnen kann: Der Betreffende hat da mal was gehört, hat wenige Sätze gelesen und mit Älteren einige Worte darüber geredet. Er ist sich nun vollkommen sicher, sein höchstes Ideal gefunden zu haben. DDR war gut, Stalin war gut, Faschos sind Idioten, und Revolution ist sowieso geil.

Typische Vertreter: Das typische Che-Kiddy, der elternhassende, sich über zu niedriges Taschengeld beschwerende Rebell, „Autorität suckt!“-Punks, und Kommunisten mit original englischen Szeneklamotten, die sich eigentlich kaum jemand leisten kann, usw…


2. Schritt
„Wenn die Menschen damals mitgemacht hätten, hätte es funktioniert.“

Die Person hat nun eine ordentliche Menge an Literatur konsumiert, hat realisiert, dass Stalin ruhigen Gewissens auf eine menschliche Schiene mit Hitler gestellt werden kann und hat endlich die Augen aufgemacht. Man weiß die Hintergründe, man hat das System verstanden, die Schwachstellen ebenso wie die Vorteile. Die DDR ist an dem Machtdenken der Menschen gescheitert, und allgemein ist der Kommunismus richtig, sofern die Menschen endlich ihre Gier zurückstellen. Gewiss eine vertretbare Einstellung.
Faschisten sind immer noch Scheiße.

Typische Vertreter: Öko-Studenten, Ärzte-Hörer, die den Humor verstanden haben, „Alternative“, Politisch Engagierte, Pseudophilosophen, usw…


3. Schritt
„Wird nichts. Und selbst wenn, was dann?“

Man ist zu dem Schluss gekommen, dass der Kommunismus nicht funktionieren kann, weil er die Natur des Menschen vernachlässigt. Nach einiger weiter greifenden Literatur könnte man ihn höchstens durch technische, pädagogische oder genbiologische Maßnahmen durchsetzen. Doch selbst, wenn das geschieht, wäre das Ergebnis zweifelhaft. Alle Menschen wären gleich und würden nur für die Arbeit existieren. Sie wären im Leben für das Kollektiv zwar glücklich, aber wären sie auch noch frei? Würden das Individuum und seine Gedanken im Kollektiv nicht vollkommen untergehen? Und als letzte Frage, wäre ein solches Glück im Kollektiv, wenn es wirklich Glück ist, vertretbar? Wo ist noch der Unterschied zur Diktatur, wenn alle eine Meinung vertreten?
Was allerdings gleich geblieben ist, und alle drei Schritte vereint, ist die Erkenntnis, das Faschos Idioten sind.


Ich möchte einen vierten Schritt nicht ausschließen, der dritte hat mir eindeutig zu viele Fragezeichen. Das aber sind die, die ich in meinem Leben so durchgegangen bin, und die ich auch tagtäglich auf der Straße und in Gesprächen beobachten kann. Und ja, ich weiß, dass es vollkommen arrogant ist, aber das sei dahingestellt. ;P

Ein Schlusssatz. Ich mag das Bild von Che Guevare, es ist fototechnisch ein Meisterwerk, und der Mann war tatsächlich eine verdammt interessante Person. Aber wenn man ihn „vergöttern“ will, sollte man sich seine Werke zu Gemüte führen und nicht nur die Infoblätter der regionalen Roten. Was sich dann teilweise auftut, wird den meisten die Galle in die Schuhe treten, weil die meisten ihre Ideale nun mal lieber unbefleckt sehen, statt zu einem Menschen hinaufzublicken. Und Menschen sind wir alle noch, sonst würden wir das hier nicht lesen.



Das ist die letzte Anekdote, die ich hierherein poste, der Rest wird immer in den entsprechenden Foren kommen. Wer sich also hierüber äußern will, kann das gleich im entsprechenden Thread
tun.