Den hier hatte ich vor drei oder vier Monaten vorgehabt, meiner Ex zu schicken - habs dann aber doch nicht gemacht.

Hi K***,

pass auf: Vielleicht wirst du das hier niemals lesen. Und das ist okay, wirklich. Vielleicht denkst du gar nicht mehr an mich oder hast die Zeit mit mir nicht mehr so im Blickfeld. Das ist völlig in Ordnung. Aber ich würde dir gerne einige Dinge sagen, die ich dir leider nicht sagen kann, da ich null Kontaktdaten von dir habe, die noch aktuell sind.

Ich weiß nicht wie es dir geht, was du machst, ob dein neuer Freund dich gut behandelt (was er tun sollte, ansonsten wäre er schwul, dumm oder beides), wie's im Studium läuft. Und das ist nicht schlimm, denn ich hatte gestern so etwas ähnliches wie eine Erleuchtung.

Ich habe mich in Essen bei Karstadt um einen Ausbildungsplatz beworben und habe ihn so gut wie sicher. Der Gedanke daran, nach Essen zu ziehen, wirkte auf mich am Anfang befremdlich. Aber jetzt sehe ich, dass es gut ist. Denn ich weiß, was ich all die Jahre falsch gemacht habe, bzw. was mein größter Makel ist: Ich konnte nicht loslassen. Von dir nicht, von meiner Umgebung nicht, von gar nix. Alles lebt irgendwie in mir weiter, entwickelt ein Eigenleben und zerfrisst mich innerlich (böse ausgedrückt), weil ich es nicht zurückbekommen kann.

Vor allem bei dir fiel es mir unsagbar schwer, loszulassen. Ich konnte einfach nicht. Du warst die erste Frau, bei der ich es ernst meinte, als ich "ich liebe dich" sagte. Du hast mir gezeigt, dass ich mehr kann außer Scheiße quatschen und Blödsinn verzapfen. Hast mir das Gefühl gegeben, kein Spacken zu sein. Hast mein Leben gerettet. Und trotzdem bin ich über ein Jahr lang herumgelaufen und habe immer schlecht über dich geredet. Ich hätte das niemals von mir gedacht, dass ich soviel gekünstelten Groll auf jemanden entwickeln kann. Aber ich tat es. Sorry.

Ich weiß jetzt - auch wenn es vielleicht zu spät ist - was ich falsch gemacht habe. Meine dämlichen Sprüche, meine "Mein Leben kann warten"-Attitüde, meine Einstellung zu Mit-dir-zusammenziehen. Es war alles ein großer Haufen Macho-Schwachsinn, den ich mir da zusammengereimt habe, um dich nicht zu nahe an mich zu lassen. Ich war nicht reif dafür.

Ich bin immer noch relativ unreif. Der Gedanke, in eine andere Stadt zu ziehen, wurmt mich nicht mehr so stark wie er es vorher tat. Denn ich hätte Ballast mitgenommen, den ich nicht brauche. So hart es klingt: Ich lass los.

In der Hoffnung, dass du das hier liest hoffe ich darauf, dich irgendwann wiederzusehen, bzw. die Courage zu haben, Zerbrochenes wieder heilen zu können, sofern du einverstanden bist. Denn in deinen wunderschönen grünen Augen habe ich von dem Moment an, als ich dich kennenlernte, den Eingang zu tausend Kirchen gesehen.

Ich hab das Bild von uns, das du mir zum Geburtstag geschenkt hattest, wieder aufgestellt. Es macht sich gut, bringt mich zum Lächeln. Mir geht es gut. Und ich hoffe, dass du glücklich bist.

Ich entbinde dich von der Pflicht, dich bei mir zu melden. Wenn du doch das Verlangen dazu hast, dann tu es, ich würde mich ehrlich freuen.

Mit lieben Grüßen,
R***


Das ist dann auch so persönlich, wie ich werden kann