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Schwertmeister
Kapitel VII
Als ich einige Tage nichts mehr von Cordelia hörte, dachte ich schon, Franziska hatte recht damit, dass die Geschichte mit Cordelias Wut in einigen Tagen wieder vergessen war. Doch in Wirklichkeit waren diese Tage nur eine Schonfrist. Als eines Tages Cordelia mit ihrem Vater im Schlepptau auftauchte, schwante mir Übles.
Cordelias Vater war ein recht korpulenter Herr, der sich nur in edle Gewänder zwängte. Das blonde Haar auf seinem Kopf ging schon langsam zurück und seine braunen Augen strahlten irgendetwas Gefährliches aus.
Mein Vater ging sofort zu ihm und reichte ihm freundlich die Hand. Die Beiden fingen sofort an, sich angeregt zu unterhalten. Cordelia, die das Gespräch anödete, kam währenddessen zu mir. “Na, Raphael. Wie geht es dir?”, fragte sie mich gelassen und ruhig. Ich frage mich, ob sie das ganze bereits vergessen hatte. “Ganz gut. Und wie geht es dir?”, fragte ich sie, während ich sie anlächelte.
Cordelia kam mir näher. “Mir geht es ganz gut”, sagte sie laut, den Rest flüsterte sie mir jedoch ins Ohr, “Und wie läuft es mit deiner Franziska?” Nachdem, wie spitz und scharf sie mir das ins Ohr zischte, konnte ich erkennen, dass sie rein gar nichts vergessen hatte. Ich zog es vor, ihr auf diese Frage keine Antwort zu geben, da ich dies für klüger hielt. Ob es wirklich klüger gewesen war, weiß ich nicht.
“Willst du mir etwa nicht antworten?!”, zischte sie mir wie eine Schlange ins Ohr. Ich zog es immer noch vor, ihr nicht zu antworten und ging einfach weiter meiner Arbeit nach als wäre sie gar nicht da.
Dass ich sie ignorierte, machte Cordelia nun schon fast rasend vor Wut. Doch die Wut, die sich in ihrem Gesicht spiegelte, verflog schnell wieder und verwandelte sich ein hinterhältiges Grinsen. Was heckte sie nun schon wieder aus, dachte ich mir und ich sollte es auch sogleich erfahren.
Cordelia gab einen ohrenbetäubenden Schrei von sich. Sowohl ich als auch mein Vater, ihr Vater und die anderen Arbeiter zuckten zusammen. Vielleicht einen Wimpernschlag später standen unsere Väter neben uns. Cordelias Vater bückte sich zu seiner Tochter hinab so, dass er ihr in die Augen sehen konnte. Dann fragte er sie: “ Was hast du meine Kleine?”
Cordelia sah ihm schluchzend in die Augen und dann blickte sie zu mir. “Er…”, stammelte sie vor sich hin und richtete ihren Zeigefinger auf mich. Cordelias Vater nahm seine Tochter tröstend in den Arm, während mein Vater sich hinter mich stellte. “Was hast er gemacht?”, fragte mein Vater etwas gereizt und tat so als wollte er mich in den Boden drücken.
Während ihr Vater sich um sie kümmerte und mein Vater Druck auf mich ausüben wollte warf ich Cordelia, die mich sehr gut sehen konnte, finstere Blicke zu. Als unsere Väter selbst kurz Blicke wechselten, grinste sie mich nur fies und verschlagen an. Sie setzte gleich wieder ihre verstörte Miene auf und meinte: “Er… er… er hat mich… be… be… begrabscht.”
Ich staunte nicht schlecht, als ich diese vollkommen absurde Beschuldigung hörte, doch zu meinem Pech glaubte man ihr natürlich. Mein Vater krallte sich nun förmlich in meinen Nacken und ihrer starrte mich an als wäre ich ein Massenmörder. Cordelia sah mich nur gehässig an.
“Sie wissen ich schätzte Sie, sehr sogar. Weil sie mein fähigster Mann hier sind!”, meinte Cordelias Vater zu meinem, während er seiner Tochter übers Haar strich, “Aber sollten sie ihrem Sohn nicht beibringen können. was man in Gegenwart einer Dame, wie meiner Tochter, tut und nicht tut, dann sehe ich mich gezwungen Ihnen und ihrem Sohn die Arbeit und den damit verbundenen Lohn zu nehmen. Sollte mir noch ein einziges Mal ein schlechtes Wort über ihren Sohn aus dem Mund meiner Tochter zu Ohren kommen, dann werden Sie mit Konsequenzen rechnen müssen.”
Mein Vater nickte ihm nur stumm zu und krallte sich beim Nicken noch viel mehr in meinen Nacken. Als Cordelia und ihr Vater die Tür nach Draußen erreicht hatten, drehten sie sich noch mal zu uns um. “Ich hoffe wir haben uns verstanden. Nur ein Wort! Ich wünsche noch fröhliches Arbeiten!”, sagte Cordelias Vater. Sie warf mir nur einen unfreundlichen Blick zu. Dann waren sie schon weg und die Tür fiel mit einem lauten Knallen zu.
Ich spürte wie etwas Blut mir aus der Nase lief. Mein Vater hatte mich am Kragen gepackt und mich geschlagen.
“Hast du mich verstanden, Raphael?”, fuhr mein Vater mich an. Als ich ihm nicht sofort antworte, schüttelte er mich: “Ob du mich verstanden hast, verdammt noch mal! Wegen dir wären wir beiden fast hier rausgeflogen! Ich will wissen, ob du mich verstanden hast! Ob du verstanden hast, dass du diese Cordelia nie wieder anrührst!” “J… a…!”, keuchte ich nur.
Mein Vater war, nachdem Cordelia und ihr Vater gegangen waren, ausgerastet. Er hatte mich gepackt und mich einige male hart geschlagen und angeschrieen. So gereizt hatte ich ihn noch nie erlebt, und als sein Sohn kannte ich ihn schon sehr lange.
Ich hatte erst gar nicht versucht, meinem Vater zu erklären dass Cordelia die Geschichte nur erfunden hatte. Er würde es mir ohne hin nicht glauben, also sparte ich mir diese Luft. Mein Vater warf mich erbarmungslos gegen eine Werkbank. Nun lief mir das Blut auch über den Rest meines Gesichtes.
“Und nun geh wieder an deine Arbeit, ich will mir nicht auch noch nachsagen lassen ,dass wir hier nicht arbeiten!”, fauchte er mich an und drehte sich zu den anderen Arbeitern, “Das selbe gilt auch für euch. Schaut nicht so blöd, sondern arbeitet weiter!”
Wenn Vater solch eine Laune hatte, half alles reden nichts. Das Beste war dann, ihm einfach zu folgen. Einfach zu tun, was er von einem wollte, und dass hieß in diesem Fall arbeiten. Nachdem ich mich einigermaßen wieder, von den Schlägen die ich bezogen hatte, erholt hatte, machte ich mich dann wieder an die Arbeit.
Etwas Besseres hätte ich nicht machen können. Den ganzen restlichen Tag ließ mein Vater mich in Ruhe. Er verlor kein Wort mehr über Cordelia. Selbst nachdem die Arbeit für heute niedergelegt wurde, wechselte er kein einziges Wort mit mir. Mir war das im Grunde genommen eigentlich nur recht, so zwang er mich schon nicht dazu, mit ihm nach Hause zu kommen und weitere Moralpredigten über mich ergehen zu lassen.
Ich wollte noch etwas Zeit für mich haben zum nachdenken, da kam das mir gerade Recht.
Immer wenn ich nachdenken wollte, ging ich auf den Hügel und legte mich dort ins Gras. An diesem Tag war das nicht anders. Dieser Ort war einfach perfekt zum Nachdenken, es war ruhig und friedlich. Ich setzte mich ins Gras und ließ meine Gedanken schweifen.
“Hallo, Raphael”, hörte ich eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und erblickte Cordelia, die aus dem Schatten der Bäume heraustrat. Seltsam, dass ich sie nicht bemerkt hatte. Als sie sich mir näherte, wollte ich schon aufstehen und gehen, doch als ich mich anmaßte, dies zu tun rief sie mir zu: “Warte doch! Du willst doch nicht schon gehen, oder?”
“Doch, eigentlich wollte ich jetzt gehen!”, gab ich nur gereizt zurück. Sie hatte mir heute schon genug Ärger eingebracht. Ich hatte keine Lust, mich jetzt auch noch mit ihr zu unterhalten. “Du scheinst wohl ganz schön sauer zu sein wegen heute früh”, warf sie mir zurück als wäre es nichts gewesen. “Ich glaube, ich habe dazu auch einen guten Grund! Und was willst du überhaupt? Willst du mir noch mal eins auswischen?”, gab ich ihr darüber schwer verärgert, dass sie sie die morgendlichen Ereignisse so herunter spielte, zurück.
“Nein, wegen so was bin ich eigentlich nicht hier. Außerdem ist es deine eigene Schuld gewesen, du wolltest mich ja nicht… Oder hat sich daran etwas geändert?”, fragte sie mich in der überfreundlichen Art die sie gerne mal an den Tag legte. Mich brachte es schon fast in Rage zu hören, wie schnippisch sie darüber sprach und vor allem, dass sie es mir in die Schuhe schob, dass ich solch einen Stress hatte.
“Was denkst du denn? Wegen dir habe ich Prügel von meinem Vater bezogen. Glaubst du etwa, das ist einfach so vergessen?”, meinte ich zu ihr, während meine verärgerten Blicke sie durchlöcherten. Doch sie ließ sich nicht davon beeindrucken, sie blieb weiterhin ruhig, was mich eher noch mehr aufregte.
“Willst du denn noch mehr Ärger? Du weißt, wenn ich ein falsches Wort über dich sage, haben du und dein Vater ein Problem!”, meinte Cordelia mit einem fiesen Lächeln auf den Lippen. “Jetzt hast du mich in der Falle, genau da, wo du es wolltest. Was verlangst du denn von mir? Dass ich Franziska für dich fallen lasse? Ist es das, was du von mir willst?” “Ganz genau. Also, was sagst du?” “Zu diesem Angebot hab ich dir nur zwei Worte zu sagen: Vergiss es! Und wenn du nun zu deinem Vater gehen willst und möchtest, dass ich die Arbeitsstelle verliere - nur zu, ich werde dich nicht abhalten. Nur, das wird dich auch nicht Näher an mich bringen, denn dadurch hättest du dich wieder in ein schlechtes Licht gerückt. Du glaubst ja nicht wirklich dass ich je jemanden lieben könnte der dafür sorgt, dass ich gefeuert werde!“, erklärte ich ihr in meinem überfreundlichen und sarkastischen Tonfall. Dann ließ ich sie stehen und ging die ersten Schritte um vom Hügel weg zukommen.
Ich wollte nun nur noch zu Franziska. Ich musste unbedingt die jüngsten Ereignisse mit ihr bereden. Es war schließlich an diesem Tage einiges geschehen. Als ich schon halb vom Hügel runter war, warf ich noch mal einen kurzen Blick zurück. Es interessierte mich, ob es noch eine Reaktion von Cordelia gab. Doch wie es schien, stand sie immer noch an demselben Platz und hatte sich nicht gerührt. Wahrscheinlich dachte sie über das nach, was ich ihr an den Kopf geworfen hatte.
Einige Minuten später saß ich mit Franziska in der Küche ihres Hauses. Es herrschte eine drückende Stimmung. Wir überlegten, was wir wegen der eifersüchtigen Cordelia tun sollten. Sie war jemand, den man nicht unterschätzen sollte, wie sie mir am früher an diesem Tage schon eindrucksvoll demonstriert hatte.
“Ich habe keine Idee, was ich wegen ihr tun sollte. Wenn das so weiter geht, bringt sie mich mit ihrer Eifersucht noch in ernste Schwierigkeiten!”, sagte ich mit einem Hauch von Verzweiflung zu Franziska. “Ich kann dir leider auch nicht helfen. Ich kenne sie ja so gut wie gar nicht. Ich habe sie ja bisher nur das eine mal an diesem Abend gesehen. Glaubst du denn, dass sie irgendwann aufgeben wird?”
“Wohl kaum. Sie ist die Tochter eines reichen Mannes und sie bekommt immer alles, was sie will und wird demnach sicherlich nicht so schnell aufgeben.” Franziska runzelte die Stirn, dann stand sie auf und ging zum Herd der Küche auf dem irgendetwas vor sich hin brodelte, das nicht besonders angenehm roch.
“Vielleicht solltest du mich doch aufgeben, dass würde dir einiges ersparen. Schließlich könnte sie mit einigen wenigen Worten eure Familie in den Ruin stürzen”, meinte Franziska besorgt.
“Das kommt auf keinen Fall in Frage. Ich möchte das nicht. Ich will dich nicht wegen ihr verlieren. Außerdem denke ich nicht, dass sie soweit gehen würde. Schließlich würde sie sich damit nur noch mehr Verachtung von mir einhandeln.”, meinte ich zu Franziska. “Und was willst du dann wegen ihr unternehmen?” “Ich denke nichts. Mir sind die Hände gebunden. Vielleicht kommt mir ja noch eine Idee. Aber bis dahin bleibt mir wohl nichts übrig als abzuwarten.” “Und wenn du mit ihrem Vater reden würdest? Vielleicht kann er ja etwas tun”, schlug sie vor.
Ich ließ mir ihren Vorschlag der eigentlich nicht so schlecht war, durch den Kopf gehen, doch dann winkte ich ab: “Ich glaube kaum, dass er mir auch nur ein Wort glauben würde, nach dem, was heute vorgefallen ist. Und mein Vater würde mir wahrscheinlich auch nichts glauben, sonst hätte er ja mit ihrem Vater reden können. Ihm würde man wenigstens zuhören und noch eher Glauben schenken als mir!”, sagte ich etwas bedrückt.
Franziska deckte den Topf auf dem Herd wieder zu und kam wieder zu mir. “Was kochst du da eigentlich?”, fragte ich sie neugierig um auf andere Gedanken zu kommen. “Das ist ein altes Hausmittel von meinem Vater. Er meinte, vielleicht könnte das Mutter wieder ein wenig auf die Beine helfen”
Ich wollte gar nicht wissen, was alles in diesem übel riechenden Gebräu war und was damit gemacht wurde, ob es getrunken wurde oder ob man die Dämpfe einatmete oder was sonst damit geschah. Aber wenn es helfen sollte, war es ja recht.
“Wie geht es ihr eigentlich in letzter Zeit? Ich habe ja wegen den Geschichten mit Cordelia kaum etwas mitbekommen.” “Na ja, im Moment geht es ihr mal wieder recht gut. Kein Fieber, und sie hat sogar wieder etwas mehr Kraft als sonst. Eigentlich geht ihr es zurzeit richtig gut”, meinte sie und lächelte mich dabei etwas an.
“Wenigstens mal etwas Erfreuliches in diesen Tagen”, meinte ich etwas frustriert. “Das wird schon wieder alles ins Lot kommen!”, meinte sie und nahm mich liebevoll in den Arm. “Wenn du das sagst, wird es wohl so sein.”, gab ich zurück und drückte sie fest an mich. Ihre Nähe tat mir wahrlich gut, sie lies mich wieder zur Ruhe kommen und die verfahrene Situation mit Cordelia vergessen.
Ich blieb noch bis spät am Abend bei Franziska und eigentlich wollte ich gar nicht nach Hause. Doch ich konnte nicht bei Franziska bleiben, also machte ich mich dann doch noch auf den Weg.
Dieser schreckliche Tag sollte aber noch nicht zu Ende sein. Meine Eltern erwarteten mich schon. Vor allem mein Vater, er wollte dass, ich ihm noch einmal erzählte, was in der Schreinerei vorgefallen war. Einen Moment lang überlegte ich mir, ob ich ihm nicht hätte erzählen sollen, wie es wirklich gewesen war. Da ich meinen Vater aber kannte wusste ich, dass das sowieso keinen Sinn gehabt hätte.
“Was soll ich dir erzählen? Du weiß doch alles, was du wissen musst, oder?”, fragte ich ihn und sah ihn ernsthaft an. “Ich sagte du, sollt mir erzählen was vorgefallen ist!”, antwortete mir mein Vater verärgert und wollte schon ausholen um nach mir zu schlagen. Meine Mutter funkte ihm jedoch dazwischen und hielt seine Hand fest. “Mein Junge, bitte erzähl uns doch noch mal was in der Schreinerei vorgefallen ist!”, versuchte meine Mutter diplomatisch zu vermitteln.
“Ich habe aber keine Lust diese Geschichte zu erzählen. Ihr habt euch doch eh alle schon eure Meinung gemacht, was sollte es bringen, euch das nochmals zu erzählen?”, meinte ich abwinkend. “Ich glaube einfach nicht, dass du so etwas machst. Das passt nicht zu dir. Ich kann das einfach nicht glauben!”, in ihrer Stimme macht sich nun auch Zorn bemerkbar. Sie sah mich eindringlich an.
“Gut. Aber ihr werdet die Wahrheit sowieso nicht glauben, also weiß ich nicht, wieso ich die Geschichte erzählen sollte”, meinte ich und erzählte die ganze Geschichte mit Franziska, der eifersüchtigen Cordelia und noch vieles, vieles mehr. Als ich mit dem Erzählen fertig war lachte mein Vater abfällig und meinte nur: “Eine blühende Fantasie hast du mein Junge! Ich habe nun genug für heute gehört. Gute Nachte!” Immer noch spöttisch lachend verschwand er dann, aber meine Mutter blieb noch.
“Ist das denn wirklich alles wahr? Du musst ja zugeben, dass sich das alles sehr komisch anhört”, fragte sie ruhig. “Ich habe nie etwas anderes behauptet!”, gab ich kurz und knapp zurück.
“Ich wird mir noch mal meine Gedanken drüber machen. Das klingt nämlich sehr merkwürdig. Was aber nicht heißen soll, dass ich dir nicht glaube!”, versicherte sie mir, “Ich werde nun ins Bett gehen, es ist schon spät. Du solltest das vielleicht auch tun.“ Ja, diese Idee gefiel mir auch vorzüglich. Also verließ ich den Raum und ging zu Bett. Es dauerte auch nicht besonders lange bis ich dann einschlief, aber nach dem Tag, den ich hinter mich gebracht hatte und nur noch vergessen wollte, war das auch kein Wunder.
Naja ich will ja das den wenigen hinterbliebenen die hier noch lesen net langweilig wird also hier mal Kapitel 7.
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