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Thema: Grenze des Glaubens

Baum-Darstellung

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  1. #6
    Kapitel II

    Einige Tage später fand unser Sommerfest statt. Mit diesem Fest feierten wir den Beginn der Erntezeit, womit es immer auf das Ende des Sommers fiel.
    Eigentlich war dieses Fest nichts Besonderes. Es war einfach wie jedes andere Fest, ein bisschen Musik, ein wenig Tanz und natürlich Klatsch und Tratsch bei einem trauten zusammensitzen am Festplatz. Jedoch wollte ich in diesem Jahr mit Franziska auf das Fest gehen. Zu meinem Pech fiel mir es erst am wieder ein, als am Tag vor dem Fest die anderen Arbeiter in der Schreinerei begannen, sich darüber zu unterhalten. Nachdem ich mich dann wieder an das Fest erinnert hatte, konnte ich den Feierabend nicht mehr abwarten und irgendwann später war dann die Arbeit auch zu Ende.
    Ich rannte, in der Hoffnung, dass Franziska noch niemanden als Begleitung für das Fest gefunden hatte, zu dem Haus ihrer Familie.
    Völlig außer Atem und ganz rot im Gesicht erreichte ich den Absatz ihres Hauses. Eine kleine Windböe wehte ein wenig Stroh vom Dach des Hauses. Noch schwer um Luft ringend klopfte ich an der Haustür.
    Ein riesiger fast zwei Meter großer Mann, mit rundem, aufgedunsenem Gesicht und struppigem schwarzem Haar, das in sämtliche Himmelsrichtungen abstand, öffnete die Tür und starrte mich, mit seinen verengten und grimmigen dunkelbraunen Augen an. Er schien leicht verärgert zu sein wegen meinem Klopfen, das sowohl laut als auch aufdringlich gewesen war. Er drückte seine riesigen Hände, die fast Bärenpranken hätten sein können, gegen den Türrahmen. Dies war Franziskas Vater.
    Schon immer hatte ich mich über ihren Vater gewundert. Es hatte mich irritiert, das ein ungepflegter Riese wie er, der Vater eines so zarten, schönen und wunderbaren Wesen wie Franziska sein konnte, wahrscheinlich war es einfach so, dass sie viel mehr nach ihrer Mutter kam.
    Er hob seine tiefe und brummige Stimme, um mich mürrisch zu fragen: „Was willst du hier, Junge?!“
    Ich weiß bis heute noch nicht, wieso er mich immer so eingeschüchtert hatte. Vielleicht lag es an seiner kräftigen und bulligen Statur oder an seiner tiefen Stimme oder einfach an seiner gesamten Ausstrahlung, die mehr als nur unheimlich war.
    Etwas von ihm eingeschüchtert fragte ich ihn leise, und ich glaube sogar mit einem leichtem Stottern, weswegen ich gekommen war: „Ist ihre Tochter zu Hause?“ Er drehte sich sehr langsam um und dann holte er tief Luft. „FRANZISKA!!! WO STECKST DU???“, schrie er so laut in das Haus hinein, dass ich mich nur fragte, warum nicht der Putz von der Decke fiel.
    Nach einigen Minuten der Stille hörte man, wie jemand die Treppenstufen heruntergelaufen kam. Das Holz der Stufen ächzte so sehr, dass ich es sogar vor dem Haus noch hören konnte. Eine glockenhelle und schüchterne Stimme erklang und antwortete ihm: „Ja, Vater was ist denn?“ „Da möchte einer mit dir reden!“, meinte ihr Vater recht energisch und im selben Atemzug noch war er wieder im inneren des Hauses verschwunden. Sie lief leicht verwundert zur Tür. Als sie mich dann erblickte, erschrak sie zuerst und sah mich ein wenig entgeistert an, aber nach dieser kurzen Schockphase schenkte sie mir dann doch eines ihrer sanften Lächeln.
    „Ich hätte nicht gedacht, dass du hierher kommen würdest. Tritt doch ein“, meinte sie. Das lies ich mir nicht zwei Mal sagen, da es bitterkalt war und langsam, aber allmählich, zu regnen begann.
    Franziska zog mich in die Wohnküche des Hauses. Es war immer der wärmste Ort in einem Haus. Diese Wohnküche war nicht besonders groß und das war auch gut so, da es ja sonst kälter wäre, denn jeder weiß das ein großer Raum heikler zu beheizen ist als ein kleiner.
    In der Küche gab es nicht besonders viel, den Herd der natürlich zum kochen und aufheizen des Raumes da war. Der Herd lag genau an der Tür durch die mich Franziska grade gezogen hat. Auf der gegenüberliegenden Seite war ein Fenster. Man konnte einige Dächer der Häuser erkennen, selbst in der Ferne sah man noch den Kirchturm erhaben über den Dächern. Der Raum war ungefähr 4 Schritte breit und 6 Schritte lang. Die Wand an der ich mich angelehnt hatte, war sehr Stabil. Neben dem Herd, auf einem Tisch, standen ein paar Töpfe, Schüsseln und eine Pfanne. Unter dem Tisch stand ein Korb, der Brennholz zum aufheizen der Küche und Kochen beinhaltete. Der Boden des Raumes war aus Stein, da Stein nicht anfing zu brennen falls ein Funke aus dem Feuer auf den boden kommen sollte. Zwischen dem Herd und der Wand auf der gegenüberliegenden Seite waren höchstens vier Schritte Platz. Gegenüber der Küchentür war noch ein Fenster und genau an diese Wand lehnte ich mich dann.
    Es tat wahrlich gut, nach der Kälte an der frischen Luft, wieder im ganzen Körper die Wärme zu spüren, selbst in den Fingerspitzen. Es war an diesem Abend unwahrscheinlich kalt für einen Sommerabend gewesen. Man merkte, dass der Herbst vor der Tür stand.
    „Weswegen ich gekommen bin …“, fing ich fest entschlossen an, doch dann unterbrach sie mich. „Hmm... ich wollte dir auch noch etwas sagen. Jedoch wusste ich nicht, ob ich es tun sollte!“ Ihre Worte lösten in mir eine große Verwirrung aus. Man konnte sie auf so viele Möglichkeiten auffassen und deuten und im Geiste ging ich jede dieser Möglichkeiten durch.
    Da ich so sehr damit beschäftigt war ihre Worte einen Sinn zu zuordnen, ergriff sie erneut das Wort. „Ich wollte dich eigentlich fragen… ob du mit mir zum Sommerfest gehen würdest?“, schoss es selbstsicher aus ihr heraus.
    Ich war absolut baff. Da fragte sie mich das, weshalb ich zu ihr gekommen war. Ich bemerkte gar nicht wie mir vor Überraschung die Kinnlade herunter klappte.
    Meinen offenen Mund fasste Franziska leider als Zeichen des Entsetzens und nicht wie es gemeint war, als Zeichen der Überraschung auf, weshalb sie auch gleich hinterher schob: „Vergiss es am besten wieder. Es war eine dumme Idee und sicher hast du auch schon eine andere gefunden mit der du auf das Fest gehen möchtest.“
    Meine Kinnlade klappte noch viel weiter herunter, aber dieses Mal vor Entsetzen. Damit verwirrte ich Franziska nur noch mehr. Ich musste eingreifen, ich musste ihr sagen, dass ich nur deswegen gekommen war, um sie zu fragen.
    Als ich mich endlich wieder zusammengerissen hatte, ergriff ich zum ersten Mal das Wort: „Tut mit Leid, Franziska. Ich war eben nur darüber fasziniert, dass du mich das fragst, denn ich bin nur her gekommen, um dir dieselbe Frage zu stellen!“ Ich konnte sehen wie sich ihre Miene aufgeheiterte und sie mich anstrahlte.
    „Also gehst du mit mir auf das Fest?!“, meinte sie noch einmal. Ich nickte nur stumm mit dem Kopf. So fröhlich wie in diesem Moment hatte ich sie bisher noch nie erlebt. „Holst du mich dann morgen ab?“; fragte sie mich. „Wenn du magst, hole ich dich natürlich ab. Wann denn?“ „Wie wäre es so kurz nach dem Nachmittagsläuten der Kirchenglocken?“ „Ja, warum auch nicht?!“
    „Danke Raphael, flüsterte sie leise, doch ich hatte es genau wahrgenommen. Jedoch blieb mir keine Zeit mir großartig darüber Gedanken zu machen, geschweige den darauf zu reagieren, denn Franziskas Vater hatte die Küche betreten. Er stand hinter seiner Tochter, so dass nur ich ihn sehen konnte.
    Er durchlöcherte mich mit seinem Blick und es fuhr mir eine eisige Kälte bis durchs Mark. Aber er tat nichts, er stand nur regungslos dort und starrte mich an.
    Ich denke, er wusste genau, was für eine Auswirkung seine Blicke auf mich hatten. Pure Angst. Dieser Riese war wahrlich zum fürchten. Ich überlegte einige Sekunden was ich tun sollte. Dann versuchte ich ruhig und ohne Zittern in der Stimme zu sagen: „Ich denke ich werde jetzt besser gehen, Franziska!“
    „Das denke ich auch, Junge. Es ist schon recht spät geworden und dunkel auch. Und das bisschen Regen wird dir schon nichts ausmachen!“, brummte mich Franziskas Vater an. Franziska hatte ihn erst jetzt bemerkt und drehte sich erschrocken um.
    Der Alte besaß wirklich eine gehörige Portion Sarkasmus, was man ihm gar nicht zutraute. Als ich die Haustür öffnete und nach draußen sah, dachte ich mir: „Bisschen Regen?!“ Es schüttete wie aus Kübeln, jedoch wollte ich mich nicht diesem Riesen entgegenstellen und ihn fragen ob ich noch solange bleiben könnte bis es wenigstens etwas nachgelassen hatte.
    „Wir sehen uns dann morgen, Franziska“, meinte ich, lächelte sie an und rannte in dieses Unwetter hinaus. Sie rief mir noch etwas nach, doch ich konnte es nicht mehr verstehen, da das Prasseln des Regens zu laut war.
    Bis auf die Knochen durchnässt kam ich vor unserem Haus an. Es unterschied sich gar nicht so sehr von dem von Franziskas Familie. Es hatte ebenfalls ein strohgedecktes Dach, doch wir besaßen keinen 2. Stock so wie Franziskas Familie. Aber bis auf diese Kleinigkeit sahen die beiden Häuser fast gleich aus, was in unserem Dorf jedoch nichts Besonderes war. Meine Mutter kam gleich auf mich zu: „Junge komm schnell rein und zieh dir etwas Trockenes an sonst holst du dir noch den Tod.“ „Mal nicht gleich den Teufel an die Wand!“, maulte mein Vater sie an. Was das Thema Tod in Verbindung mit seinen Kinder an ging war er sehr eigen und konnte solche Gespräche nicht hören und er wollte sie auch nicht hören. Das war ja eigentlich nach den Toden meiner Geschwister nicht verwunderlich. Nun meldete ich mich zu Wort: „Mutter, Vater ich werde schlafen gehen, dies war ein anstrengender Tag für mich!“ Meine Mutter unterbrach mich hurtig: „Junge wo warst du eigentlich?“ „Ich war bei Franziska wegen des morgigen Sommerfestes. Und wenn ihr mich entschuldigen würdet, ich würde nun wirklich gerne schlafen. Gute Nacht!“
    Es wunderte mich, dass sie das so bedingungslos hinnahmen, aber mir war es recht. Ich war wirklich fertig, daran hatten die Schreinerei und das Rennen zu Franziska und nach Hause Schuld, daher hatte ich auch nicht mehr die Kraft mich mit ihnen zu streiten, da mein Verhalten mehr als nur frech und respektlos ihnen gegenüber war. Meine Gedanken kreisten um das anstehende Sommerfest und um Franziska mit der ich auf dieses Fest gehen würde. Ich betrat mein Schlafzimmer. Und genau das war es auch. Ein Schlafzimmer, denn mehr als mein Bett und mein kleiner Nachttisch, auf dem eine fast abgebrannte Kerze war, passte auch schon nichts mehr hinein. Und mit den Gedanken an das bevorstehende Fest schlief ich dann auch ruhig und friedlich ein.


    So da das neue Kapitel. Ich danke euch dafür das ihr euch die Zeit genommen habt und den anfang auch gelesen habt und ich werde versuchen mir eure Kritiken zu Herzen zu nehmen.

    edit: hab mal meine überarbeitung rein gemacht.

    Geändert von Enishi (24.11.2004 um 17:51 Uhr)

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