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Puppet Vampire
Minuten vergingen und Slavik stand noch immer mit aktiviertem Laserschwert, dessen monotones Brummen das einzige Geräusch war, das die anhaltende Stille durchbrach.
Keine Wachen; das war seltsam – nein, verdächtig. Sehr verdächtig. Wohlmöglich hatte man ihm sein Laserschwert mit Absicht gelassen, um ihn in eine Falle zu locken, aus der es dann wirklich kein Entkommen mehr geben würde.
Dieser Gedanke riss Slavik aus seiner tranceähnlichen Starre der Verwunderung und mit beinahe hektischen Bewegungen sah sich Slavik nach Deckung um.
Der Gang, in dem er sich befand, schien Teil eines schiffsinternen Zelltraktes zu sein. Auf beiden Seiten reihte sich Zellentür an Zellentür in einer schieren Unendlichkeit, bis der Gang nach 50 Metern in beiden Richtungen einen Knick nach Links tat.
In Anbetracht seiner ungewöhnlichen Situation, er war auf einem fremden Schiff in einem Zelltrakt und weit und breit keine Wache zu sehen, und dem hinzukommenden Umstand, dass er noch nie in so einer Situation gewesen war, tat Slavik das für ihn einzig logische; mit aktivierten Laserschwert schlich Slavik den Gang nach Rechts entlang. Als er wenige Schritte vor dem Knick Stand, den der Gang nach Links tat, deaktivierte Slavik sein Schwert. Sollten ihn hinter der Ecke ein paar Wachen erwarten, so wollte er sie durch das Brummen seiner Waffe nicht schon vorzeitig auf sich aufmerksam machen und damit den Überraschungseffekt verderben.
Slavik schlich sich weiter gen Ecke, wieder herrschte komplette Stille, nicht mal seine Schritte waren zu hören. An der Ecke presste Slavik seinen Körper gegen die Wand und warf blitzschnell einen Blick herum. Niemand. Trotzdem vergewisserte sich Slavik noch drei weitere Male (die Blickdauer wurde immer länger), bis er sich um die Ecke schlich. Wieder stand er in einem vollkommen leeren Gang, Links und Rechts säumten wieder Zelltüren seinen Weg, doch konnte Slavik weiter hinten eine Fahrstuhltür ausmachen. Sein Weg aus dem Trakt heraus war gefunden.
Mit leisen, jedoch nun schnellen Schritten nährte sich Slavik dem Fahrstuhl. Vor den markelosen, glänzenden Türen blieb er stehen. Das helle Metall war so sauber poliert, dass sich Slavik in ihm spiegeln konnte. Seit er sich das letzte mal im Spiegel betrachtet hatte, es musste vor einer halben Ewigkeit gewesen sein, als er auf dem Raumhafen eines Planeten im Waschraum war, war viel Zeit vergangen und seine damals geäderten Augen strahlten in mit kalten blau und unbefleckten Weiß an.
Sein Gesicht hatte wieder eine normale Farbe angenommen, kleine Schweißperlen blitzten auf seiner Stirn und sein silbernes Haar sah so aus, als hätte es seit langem kein Wasser mehr gesehen; fettige Strähnen hingen ihm ins Gesicht. >>Sobald ich hier raus bin, werde ich erstmal zwei Wochen duschen.<< dachte Slavik belustigt über seine eigene Erscheinung und betätigte, vollkommen im Gedanken versunken, den Fahrstuhlknopf.
Einen Moment lang geschah nichts, doch als Slaviks Blick auf den rot leuchtenden Knopf fiel, schalt er seine eigene Nachsichtigkeit und Unvorsichtigkeit. Was ist, wenn weiter oben Wachen vor dem Aufzug stehen und sich fragen, warum er sich in Bewegung setzt? Dann hätte er ein Problem. Ein gewaltiges sogar, denn Gott allein wusste, wie viele Soldaten sich an Bord des Schiffes befinden mögen.
Doch nun war es zu spät, sich darüber zu ärgern, denn der Aufzug kam hörbar näher. Daher stellte sich Slavik links neben den Aufzug, aktivierte seine Waffe und wartete.
Die Zeit schien zäher als sonst dahin zu tröpfeln und die Türen wollten und wollten sich nicht öffnen.
Endlich, Slavik schien schon Jahre zu warten, öffneten sich die Türen und tatsächlich traten drei Wachen heraus. Ohne zu zögern griff Slavik sie an. Dem Wachmann, der direkt vor ihm herausgekommen war, hieb Slavik mit einer fließenden Bewegung den Kopf ab, drehte sich selbst und gleichzeitig den Griff des Schwertes so, dass nun die Klingen knapp unterhalb seines Unterarmes entlang lief, und stieß rückwärtig den zweiten Wachmann in die Magengrube, vollführte wieder eine Drehung um sich selbst (richtete dabei die Klinge wieder so, dass sie nach oben zeigte) und zielte auf den dritten Wachmann. Dieser starrte ihn perplex an, gerade fiel der Körper des mittleren Wachmannes zu Boden, und schien sich in die Hose zu pinkeln, denn die Schrittgegend seiner Hose färbte sich rasch dunkel. Slavik ekelte dieser Mann an, jedoch unternahm er keinen Angriff auf den Wachmann, sondern setzte ein diabolisch-boshaftes Grinsen auf. Dem Wachmann entwich sofort jegliche Farbe aus dem Gesicht. „Waffe weg.“ befahl Slavik mit kalter Stimme. Der Wachmann schien vor Angst wie gelähmt, denn Slavik konnte keine sichtbare Reaktion an ihm ausmachen. Das hatte ihm noch gefehlt: ein apathischer Wachmann. Für seine Zwecke unbrauchbar. Mit einer raschen Bewegung ließ Slavik sein Schwert surrend durch die Luft gleiten und schlitzte dem Mann den Bauch auf, wobei die Wunde sofort kautherisierte.
Mit einem Seufzer stieg Slavik in den Aufzug. Dort bemerkte er, dass es nur einen einzigen Knopf gab, den er betätigen konnte. „Na super.“ fluchte er verbittert, drückte jedoch den Knopf.
Während sich der Aufzug in Bewegung setzte, sah sich Slavik in der Kabine um. Über ihm entdeckte er die Notausstiegsluke und ohne großartig zu überlegen, sprang er hoch und stieß diese auf. Der Fahrtlärm drang nun vollends in die Kabine ein, das störte Slavik jedoch wenig. Er deaktivierte wieder sein Lichtschwert, klemmte den Griff an seinem Gürtel fest und sprang nach oben, die Arme nach oben gestreckt. Er bekam die Ränder der Luke zu fassen und zog sich daran hoch, hinaus auf das Dach des Aufzuges; das keinen Augenblick zu früh, denn der Aufzug hatte sein Ziel erreicht und die Türen öffneten sich. Schritte waren zu hören und Gemurmel. >>Jetzt oder nie!<< dachte Slavik, aktivierte seine Waffe wieder und sprang durch die Luke wieder in die Kabine zurück. Dort überraschte er zwei Wachmänner, die er mit gezielten Schlägen niederstreckte. Außerhalb der Kabine stand noch ein weiterer Wachmann, der nun das Feuer auf ihn eröffnete. Geschickt wehrte Slavik die ersten paar Lasergeschosse gegen die Kabinenwände, bevor er das nächste im richtigen Winkel auf seinen Angreifer zurückprallen ließ. Der Getroffene wirbelte herum und fiel lautstark zu Boden.
Leider war durch das Abfeuern der Waffen der Alarm ausgelöst worden und ein schriller Alarmton hallte scheinbar durch das ganze Schiff. „Scheißdreck!“ fluchte Slavik, stürmte aus der Kabine heraus, sah sich nach weiteren Gegner um und lief in eine kleine Einbuchtung in Deckung. „Verdammter Alarm. Verdammte schießwütige Soldaten. Verdammter Scheißtag!“ fluchte Slavik nun in seiner Sprache los und schlug gegen die Wand. Ein Klappern und plötzlich offenbarte sich vor ihm ein kleiner Waffenschrank. Scheinbar hatte er sich in einer kleinen Ausrüstungsbucht Deckung verschafft. Ein glücklicher Zustand, denn neben einigen automatischen Lasergewehren fand Slavik auch noch eine Reihe Granaten und sogar noch einige Laserschwerter. Instinktiv griff sich Slavik eines der Schwerter und vier Granaten. Dann, nachdem er sich vergewissert hatte, dass keine Gegner in der Nähe waren, zog er den Stift einer Granate, packte sie in den Waffenschrank und spurtete so schnell er konnte davon. Eine gewaltige Explosion, die den Boden zum Beben brachte folgte und als Slavik einen Blick zurück warf, sah er einige Flammen aus der Bucht stoßen.
Der Gang, den Slavik entlang spurtete, war hoch, mit dunklen Metall ausgekleidet und nun durch blinkendes rotes Licht ausgeleuchtet.
Während er lief, aktivierte Slavik auch das zweite Laserschwert. Eine grüne Klinge kam herausgefahren. Der Griff des Schwertes lag recht leicht in der Hand und Slavik vermutete, dass es sich um ein Light-Saber, ein Laserschwert für schnelle, jedoch schwache Angriffe. Das störte ihn nicht, aber die Tatsache, dass an Bord des Schiffes in den Ausrüstungsbuchten Laserschwerter gelagert waren, machte ihn Sorgen. Dies bedeutete nämlich, dass es sicher mehrere Soldaten auf dem Schiff geben musste, die mit der Kunst des Laserschwertkampfes vertraut waren.
Es war schon eine Ironie des Schicksals: die ganzen Jahre über hatte sich Slavik nach Gegnern gesehnt, die ebenfalls den Umgang mit einem Laserschwert beherrschten. Er hatte sich nach ebenbürtigen Gegnern gesehnt. Und nun schien er gleich ein ganzes Schiff voller Gegner gefunden zu haben und von eben diesem Schiff wollte er so schnell es ging wieder herunter.
Im Angesicht dieser Fügung konnte sich Slavik eines Grinsens nicht erwähren.
Der Gang vor ihm machte einen Knick und als Slavik um die Ecke rannte, wäre er fast in eine Gruppe von Soldaten gerannt. „Da ist er!“ brüllte einer. „FEUER!“ befahl ein anderer. Ein bunter Hagel an Laserprojektilen ging auf Slavik nieder, doch da Slavik nun über den Vorteil von zwei Schwertern verfügte, schaffte er es, die Geschosse von sich weg und teils auch wieder auf seine Gegner zu lenken. Und dann passierte das, womit Slavik hätte rechnen müssen: der Mann, der den Feuerbefehl gegeben hatte, schmiss sein Gewehr zur Seite und zog ebenfalls ein Laserschwert. Die Soldaten um ihn herum feuerten weiter. „Shit!“ brach es aus Slavik heraus. Nun musste er sich beeilen, die Angreifer mit den Schusswaffen zu beseitigen, sonst hätte er keine Chance. Mit einem gewaltigen Satz sprang Slavik auf die Gruppe zu, wirbelte wie ihm Wahn herum, die Schwerter rotierten in seinen Händen. Die Wachmänner mit den Schusswachen hatten keine Chance. Slavik hatte seine Bewegung abgeschlossen und der letzte Körper fiel gerade zu Boden. Die Gruppe musste aus knapp 10 Soldaten bestanden haben. Den Großteil hatte er glücklicher weise mit reflektierten Lasergeschossen ausgeschaltet, so dass er nur noch drei „selber“ richten musste.
Nun stand er umringt von Leichen, ihm gegenüber der Soldat mit dem Laserschwert.
Die Augen des Mannes waren von einer Sonnenbrille verdeckt, doch der Mund zeigte ein nervöses Grinsen. Slavik konnte nicht anders, er musste auch grinsen und ohne ersichtlichen Grund deaktivierte er auch das grüne Lichtschwert und verstaute den Griff an seinem Gürtel.
„Sonst wär’s doch unfair, oder?“ sagte Slavik, der bemerkt hatte, wie der Soldat den Kopf leicht schräg gestellt hatte.
Die beiden Männer standen sich gegenüber, keiner bewegte auch nur einen Muskel. Slavik sammelte seinen Geist und konzentrierte sich auf die Technik, die sein Meister Sichtung genannt hatte.
Diese alte Technik ließ seinen Gegner in einer hellblauen Aura erscheinen und verbesserte zusätzlich Slaviks Genauigkeit enorm. Diese Technik hatte er bisher nur im Training gegen seinen Meister angewandt und nun war es das erste mal, dass er sie für einen Kampf auf Leben und Tod brauchte.
Sein Gegenüber erstrahlte in dieser hellblauen Aura und für Slavik verschwamm die Umgebung; er achtete nur noch auf seinen Gegner.
Der Kampf begann; Slavik stürmte auf seinen Gegner zu und führte einen Schlag gegen seinen Kopf aus. Sein Gegner blockte und beim Kontakt der Klingen blitzte es hell. Weitere Schläge folgten; gegen den Körper, gegen Beine, Arme und den Kopf, von ihm, von seinem Gegner.
Slavik spürte eine unglaubliche Freude während er kämpfte; es war das erste Mal, das er so eine Freude empfand. Vielleicht lag es daran, dass es sein erster Kampf war, bei dem sein Gegner nicht sein Meister war. Vielleicht aber auch daran, dass sein Gegner wirklich gut war. Endlich hatte er die Art von Gegner gefunden, nach der er immer gesucht hatte.
Doch Slavik hatte leider keine Zeit, den Kampf unnötig in die Länge zu ziehen, also zog er das Tempo gewaltig an, drängte seinen Gegner zurück und schließlich beendete er den Kampf, indem er seinem Gegner einen glatten Stoß durch den Bauch verpasste.
Leblos sank der Körper zu Boden und mit ein wenig Wehmut betrachtete Slavik noch den Toten, als plötzlich ein lauter Schrei ertönte. „AAAAARRRRRRGGGGGGgggghhhhhh“.
Die Stimme kannte Slavik: „Azrael!“ rief er aus und rannte in die Richtung, aus der er den Schrei gehört hatte.
Er rannte und rannte, konnte aber nicht genau sagen, aus welchen der vielen Räume der Schrei gekommen war. Wahrscheinlich hätte er ihn nie gefunden, wäre nicht ein weiterer Schrei aus einem der Räume direkt vor ihm gekommen: „WAS IST MIT MIR PASSIERT???“
Slavik überprüfte jeden Raum im Gang und bei der fünften Tür hatte er Glück: er trat in eine Art Labor. Das erste, was er sah, war ein toter Arzt. Er hatte ein Skalpell im Hals. Das nächste, war ein umgestoßener Metalltisch und ein Soldat, der ihn plötzlich, scheinbar wegen seines Laserschwertes, ängstlich ansah. Dann fiel sein Blick auf einen Halbwüchsigen, vielleicht 15 oder 16 Jahre alt, der scheinbar den Soldaten, und nun Slavik anstarrte. Slavik erwiderte den Blick des Jungen, der eine Sonnenbrille trug und plötzlich fragte sich Slavik, ob er wahnsinnig sei. „Azrael? Bist du das?“ stammelte er und ließ das Schwert sinken.
DJ n
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