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Thema: Das Projekt der kreativen Leute

Baum-Darstellung

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  1. #11
    So, fertig.

    Mittlerweile war die halbe Klasse am heulen und es waren insgesamt 15 Sechsen vergeben worden. Herr Graccus sagte nun bereits zum zehnten Mal „Täuschungsversuch- sechs!“. Er lächelte und es sah aus als wären seine Augen in dem massigen Gesicht verschwunden. Es war kein Lächeln, das trösten sollte, es war boshaft, reizend und völlig provozierend.
    Mit verdüsterter Miene und einem unheilvollen Tonfall gab er Winy ihre Arbeit wieder, sagte: „Ich konnte keine Fehler finden.“, und seine Augen (Augen?) wurden noch sticheliger. Er hasste sie. Er hasste sie wirklich. Ein unmanipulierbarer Mensch, eine starke Persönlichkeit, ein Individuum, so einen Menschen konnte er nicht mögen, so einen, dem er seine Meinung nicht aufzwängen konnte. Und fast noch mehr hasste er Selene, die sich gerade zu ihrer Nachbarin rüberbeugte und ihr, sie war beim Spicken erwischt worden, nun Tipps zum Spicken gab. Sie dachte wohl wirklich, ihn zum Narren halten zu können, ihn, den Superlehrer und Möchtegernrömer Cornelius Tittus Graccus. Irgendwann würde er dafür sorgen, dass die ganze Klasse sitzen bleibt!
    Da die Schüler sehr laut miteinander diskutierten, machte er sich mit einem laut in die Klasse gebrüllten „Tacete!“ bemerkbar und sofort war es in der ganzen Klasse wieder still und Herr G. ließ sich mit einem zufriedenen Seufzer auf das Pult fallen, das unter seinem Gewicht laut protestierte. „Und weil ihr so schlecht geschummelt habt, schreiben wir morgen einen Test, damit ihr noch etwas üben könnt.“ Er zog seine typische „War das nicht gut?“ – Grimasse auf, aber wie bei jedem anderen „Witz“ lachte keiner. Ohne „Tschüss“ zu sagen nahm er seine Sachen, stürmte aus dem Raum und knallte die Tür. Sofort sprangen dreißig Schüler von den Stühlen und begannen sich wieder normal zu benehmen. Alle quatschten, warfen mit Kreide und freuten sich, dass sie wieder eine Stunde heil überstanden hatten.
    „Und Winy, was hast du“, fragte Selene.
    „Keine Fehler, aber trotzdem eine drei, weil ihm mein Schriftbild nicht gefallen hat. Und was hast du?“
    Selene verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse und hielt Winyett ihr Heft vor die Nase. „Ne vier plus, weil ihm meine Römergeschichte nicht gefallen hat.“
    Selene und Winyett umarmten sich und riefen beide: „Nein, dieser alte Straßenpenner!“
    „Was hast du eigentlich für deinen Latein Ordner gekriegt?“, fragte Selene.
    „Ne Sieben.“
    „Was?“
    „Ja, der meinte, ich hätte an einer Textstelle die Ehre des Julius Caesar beschmutzt, weil ich das „r“ in seinem Namen vergessen habe.“
    Beide sahen sich an. „Oh, dieser alte Straßenpenner!“


    Völlig orientierungslos wachte Winyett auf. Sie wusste nicht, wo sie war, oder wie sie da hingekommen war, das einzige, was sie im Moment wusste, war, dass sie sich schlecht fühlte, sehr schlecht. In ihrer Nähe konnte sie Geräusche wahrnehmen, ziemlich laute Geräusche sogar, es hörte sich an wie auf einer Raumstation, wie Winy fand. Raumschiffe, die landeten oder starteten, Leute, die an ihr vorbeigingen und…tuschelten. Mit einem Ruck öffnete Winyett die Augen und fuhr stöhnend, geblendet vom Sonnenlicht, zusammen. Ihr Kopf fühlte sich auch nicht besser an, eher schlechter, die Beule an der linken Schläfe fühlte sich an, als würde sie ihren ganzen Kopf ausfüllen und eine warme, klebrige Flüssigkeit, breitete sich darum herum aus.
    Ich…blute?
    Wieder einmal fragte sich Winy, was überhaupt passiert war, das letzte, woran sie sich erinnern konnte, war, dass sie jemandem seinen Gleiter gestohlen hatte und zum ASR- HQ aufgebrochen war und dann…nichts. …Amnesie? ...nein. Nein, ganz sicher nicht. Winy blieb noch eine weitere Minute liegen, versuchte ihre Gedanken zu sammeln und merkte dabei, dass sich irgendwie niemand für sie zu interessieren schien. Erneut öffnete sie die Augen und das erste, was ihr dabei in den Sinn kam, war Raumstation, einen Moment später Solaris 4. Die Luft war eiskalt. Unter ihr begannen die Häuser langsam wieder Gestalt anzunehmen. Und nur ein paar hundert Meter vor ihr Solaris 4, die Raumstation, von der aus sie ein Raumschiff zum ASR Hauptquartier nehmen wollte. Ein nicht ungefährliches Fleckchen Erde, aber wenn man inkognito bleiben wollte, absolut ideal. So auch für Winyett Grayanus, deren Gleiter sich schnell näherte. So schnell, dass sie nicht bemerkte, wie etwas im Hangar mit lautem, ohrenbetäubenden Krachen explodierte. Erst, als es zu spät war…Also doch keine Amnesie, Glück gehabt. Aber freuen konnte sie sich später, erst einmal die Lage erkunden. Winy stand auf und sah sich um.
    Die Raumstation hatte sich wirklich überhaupt nicht verändert, positiv jedenfalls nicht, negativ…nun, vielleicht. Zuerst fiel Winyett der Dreck auf, er war an den Wänden, auf dem Boden und schien ebenfalls an der Kleidung der herumlaufenden Leute zu haften- er war praktisch überall. Mit Ausnahme von den Corp. Leuten in ihren blank geputzten Uniformen. Moment…Corp. Leute? Mit einem Satz war Winyett auf den Beinen, all die Verwirrung, die Schmerzen in ihrem Kopf, das alles zählte nicht mehr, das Wichtigste war, sofort zu verschwinden… „Geht es ihnen gut?“ Für einen Moment hörte Winys Herz auf zu schlagen, langsam, zögernd drehte sie sich um, fixierte den Unbekannten mit einem langen Blick und erkannte erschrocken die blaue Uniform eines Corp. Mitarbeiters. Der Tag hatte wirklich schon schlimm genug angefangen, aber das setzte dem ganzen die Krone auf! Winy hoffte, dass er sie nicht erkennen würde. Um einen beiläufigen Tonfall bemüht, das Gesicht leicht abgewandt- hoffentlich erkennt er mich nicht- antwortete Winy: „Ähm, ich bin okay. Danke.“ Der Gleiter, wo war er? Und der Typ aus den Slums, was war, wenn er die Polizei gerufen hatte und die dann die Corp. … Ein Blick zum Loch im Tor den Hangars. Hier musste ja ganz schön was los gewesen sein. Quatsch, die haben bestimmt besseres zu tun. Da! Da war ihr Gleiter, an der Wand des Hangars, bedeckt von einer ansehnlichen Schicht Dreck. „Igitt.“ Winy hoffte, dass der Corp. Mensch Ruhe geben würde, wenn er sah, dass sie verschwinden wollte, wenn nicht, müsste sie sich etwas anderes ausdenken. Wieder einmal hätte sie sich vor Wut irgendwo hin beißen können, weil sie ihre Laserpistole nicht mitgenommen hatte, aber das war jetzt nicht mehr zu ändern, was wichtig war, war, dass der Gleiter funktionierte und sie verschwinden konnte. „Moment, warten Sie!“ Winyett beschloss, den Corp. Mitarbeiter zu ignorieren, also ging sie weiter und kniete sich neben ihren Gleiter, um zu retten, was noch zu retten war. Über den Zustand des Gleiters konnte sie noch nichts sagen, da sie nicht wusste, wie tief sie gestürzt war.
    „Ja?“
    „Ich bin nicht sicher, ob Sie nach so einem Sturz fliegen sollten.“ Der Gleiter- Schrott. Wäre ja auch wirklich zu schön gewesen, um wahr zu sein. Heute ging wirklich alles schief.
    Wie um ihm zu beweisen, dass sie okay war, sprang Winy auf, drehte sich mit Schwung um und grinste Mr. Unbekannt an. „Glauben Sie mir“, sagte sie, „Mir geht es wirklich gut.“
    Auf einmal merkte Winy, dass ihr die Anspannung förmlich ins Gesicht geschrieben stand, nicht gut und wie der Corp. Mann sie anschaute gefiel ihr erst recht nicht, ein merkwürdiges Erkennen spiegelte sich darin wieder, so, als hätte er sie längst erkannt, konnte seine Erinnerung aber nicht zuordnen. Hoffentlich gelingt ihm das erst, wenn ich weg bin, sonst bin ich erledigt. „Hören sie“, irrte sie sich, oder zitterte ihre Stimme ein wenig, „Ich komm schon allein zurecht und ich…muss jetzt…gehen. Danke, dass Sie mir helfen wollten, aber das ist nicht nötig.“ Mit diesen Worten grinste sie dem Corp. Mann keck ins Gesicht, drehte sich einmal um die eigene Achse, bis ihr einfiel, dass ihr Laptop noch irgendwo herumlag, nicht weit vom Gleiter, ebenfalls mit einer Schmutzschicht bedeckt. Ekelhaft war das. Entweder waren die Leute, die hier herumliefen über so etwas einfach erhaben oder sie bemerkten es nicht. Winy tippte auf letzteres. „Danke für Ihre Hilfe. Ich muss jetzt los.“, ein breites Grinsen und sie drehte sich um, eilte davon. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie sich die neugierigen Blicke des Corp. Heinis nicht einbildete, auch der leise Aufschrei des Corp. Beamten entging ihr nicht und brachte sie dazu, sich erneut umzudrehen. Mr. Unbekannt stand da, wo er vorher stehen geblieben war, jetzt allerdings das Gesicht ungläubig verzogen, eine Augenbraue leicht angehoben und Winy anstarrend.
    „WAS?“, entgegnete Winy grimmig, sie wusste schon, konnte sich zumindest denken, was jetzt kommen würde. Ärgerlich. Sehr ärgerlich. Echt. „Wie heißen Sie?“ – „Selene de Hughes.“
    Plötzlich traf Winy die Erkenntnis, ungefähr in der Zeit, die Mr. Unbekannt gebraucht hätte, um ein Laser- Geschoss durch ihren Körper zu jagen. Schrecklich. Einfach brutal. Nun war ihr klar, was der Ausdruck in seinem Gesicht bedeutete, mehr als ihr lieb war sogar.
    Fireburn. Hochrangiger Beamter der Corp.. Ungefähr dreißig Jahre alt, seit zwölf Jahren bei der Corporation. Offizier der Corp. Einheit „Challenger“, der Killereinheit. Knallhart und gefährlich. Nach diesem Schock brauchte Winy einen Moment, um ihre Gedanken wieder zu sammeln, merkte nicht dass sie die Augen in Schrecken aufgerissen hatte und den Corp. Offizier ungläubig anstarrte, dieser nutzte die Gelegenheit und legte die wenigen Meter Distanz zwischen ihnen zurück, die Waffe im Anschlag. Aus einem Reflex heraus griff Winy in ihre Tasche und hielt ihr Lichtschwert in der Hand, drückte auf den Knopf unten am Griff.
    Und…nichts passierte. Keine Zeit mehr! Mit dem Schwert in der rechten Hand schlug sie zu- wenn dieser Kampf nicht alle Corp. Leute auf den Plan rief, würde sie ernsthaft Zweifel kriegen an der Ernsthaftigkeit der Corp.- und traf den überraschten Fireburn mitten auf die Nase! Aus Überraschung- weniger durch die Wucht des Schlages- fiel der Corp. Offizier auf die Knie, sich die blutende Nase haltend. „Grayanus!“ - „Die bin ich!“, während sie sprach ließ sie ihren Schwertgriff wieder in die Tasche gleiten, ging neben dem überrascht- schockiert dreinblickenden Fireburn in die Hocke und nahm sich seine Lasergun, richtete sie auf ihn. „Glaubst du nicht auch, dass du den Mund etwas zu voll genommen hast, Agent Fireburn? Wirklich erbärmlich, was du hier für eine Show abziehst, das hätte ein Anfänger besser gekonnt.“, von allen Seiten eilten mittlerweile Corp. Mitarbeiter heran, „Aber ich bin ehrlich gesagt nichts anderes gewohnt von dir. Mit dem Mund hast du schon immer alles gekonnt. Wirklich eine Schande für die Corp..“ Ihr blieb nur noch wenig Zeit, aber eines musste sie unbedingt noch wissen, bevor sie verschwand…
    „Fireburn! Der ASR- Angriff gestern, was ist daraus geworden?“ Dies veranlasste Fireburn zu einem irren Grinsen. Irre, das war genau die Beschreibung, die auf ihn zutraf. Irre. Verrückt. Ein Psychopath. Die Corp. Leute waren mittlerweile sehr nahe, nicht mehr lange und sie würden Winyett eingekreist haben, aber sie konnte noch nicht gehen! Noch nicht!
    „Fireburn!“, sie schrie geradezu, die Waffe drohend erhoben, aber sie würde es nicht fertig bringen, abzudrücken, auch nicht bei einem brutalen, irren und sadistischen Corp. Killer, dass wusste der Offizier wohl auch, denn er machte keinerlei Anstalten Winy entgegen zu kommen, oder er war einfach nur lebensmüde. „SAG ES MIR!!! Sofort!“, schrie Winy und wieder ließ Fireburn ein irres Lachen hören, das Winy die Zornestränen in die Augen trieb.
    …zu spät. Sie musste weg. Verdammt. „Hahaha…Nein.“ Winy warf ihm noch einen zornigen Blick zu, drehte sich um und nahm die Beine in die Hand. Beeilung.

    Sorry wegen dem ersten Teil, aber ich konnte einfach nicht anders.
    So, dann leg mal los, Fried.


    Edit: Musste mal noch etwas verbessern, ich vergess manchmal immer, den Text hier auf kursiv zu stellen, weil der das nicht registriert, wenn ich das auf Word gemacht habe. Hm...egal.

    Geändert von Winyett Grayanus (25.06.2004 um 19:37 Uhr)

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