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Thema: Artikel über Japan

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  1. #11
    Es gab in den 60ern in Japan so ein nettes Sprichwort: "Seit dem Krieg sind nur zwei Dinge härter/widerstandsfähiger geworden: Frauen und Damenstrümpfe."

    Sorry, ich lag ein paar Tage lang flach, weil man mir einen Zahn aus dem Kiefer geschremmt hat.....

    Die typisierte Darstellung von Frauem im Manga war schon von Anfang an gegeben. Osamu Tezuka verwendetet etwa bis in die siebziger hinein nur drei Typen Frau: Dummerchen, Mutter und Femme Fatal und sein Einfluss auf alle nachfolgenden Zeichern im guten wie im schlechten ist unbestreitbar. Wegen dieses Einflusses dürfte sich die Darstellung von Frauen als sehr beschränkte Wesen im Manga wohl bis heute gehalten haben und in das Denken der Japaner eingesunken sein. Natürlich wurde dieser Stereotyp später z.B. von Azuma Hideo in "Nanako SOS" im Kindermanga, welches Osamu Tezuka über so lange Zeit prägte erfolgreich auf die Schippe genommen. Manga, die ein realistischers Frauenbild vertreten gehören fast ausschließlich zu den Shojo-Manga geschaffen von erwachsener Frauen, liegen damit außerhalb des Mainstreams der Kinder- und Jugendlichenmanga und üben deswegen nur geringen Einfluss auf diesen aus.
    Problematischerweise ist aber auch der Kindermanga nicht frei von sexuellen Anspielungen (man denke nur an "Dr. Slump") und so ist es IMO weniger verwunderlich das nachdem die Gekiga (Manga welche in Opposition zu Tezuka die Charaktere nur minimal deformieren und deren Storys stark zu überbrodendem Sex und Gewalt neigten) mit immer extremeren Bondage und gewaltsamen Sexszenen totgelaufen hatte, und die Love Comedies für Jugendliche als auch der Shojo (die sich stärker an Tezukas Deformations-Stil hielten) ebenfalls zu einem klischeehaften Idealbild asexueller Liebe erstarrt waren, ein paar Zeicher begannen Lolikon-Porno zu produzieren, unter ihnen auch der zuvor genannte Azuma Hideo.
    An sich eine nicht verwunderliche Reaktion, ähnlich wie Yaoi eine Reaktion auf die unterdrückte Homoerotik in manchen Shonen-Manga war. Anfangs war die Sache wohl noch ein Scherz, eine Travestie die sich allerdings sehr schnell zu einem guten Geschäft entwickelte.
    Zum einen wohl wegen des Paragraphen 175 der die Darstellung von adulten Genitalien verbietet, ein Schlupfloch welches die Pornographie ausnutzte indem sie einfach Manga mit großbrüstigen kindlichen Frauen vertrieben anstatt weiterhin auf den anatomisch korrekten Gekiga-Stil zurückzugreifen.
    Bachmayer, in ihrer Analyse des Pornomanga bemerkte auch noch, das die Lolikon-Pornographie auch als Ventilreaktion gegen die Abhängigkeit der überdominanten Mutter gesehen werden könnte welche dank der Ganztagesbeschäftigung des Vaters in der Firma unbeschränkt über Haus und Kindererziehung waltet. Andere bemerken, das der Lolikon zugeschnitten auf Jugendliche in ihrer frühen Pupertätsphase seien und ihnen ermöglicht, Sexualität mit weniger Scham und Unsicherheitsgefühl auszuleben.
    Manche sehen den Erfolg des Lolikon in dem Faktum, das seit den achzigern eine zunehmende Zahl von Japanern aus der Gesellschaft aussteigen und sich so weit wie möglich ins Privatleben zurückziehen. Diese Aussteiger, zu denen auch die Otaku gezählt werden, hätten keine Motivation und keinen Anlass, die Identitätskrise der Pupertät zu überwinden und eine erwachsenere und gesellschaftlich akzeptablere Sexualität zu entwickeln.

    Wie dem auch sei, Lolikon durchsetzte schnell genug den gesamten Markt, Anfang der 90er kamen heftigste Gegenreaktionen besorgter Mütter und bis '94 war das Lolikon in seinen extremsten Ausprägungen vom Markt verdrängt, aber nicht verschwunden. Es verband sich mit der generellen Tendenz zu immer putzigerem Charakterdesign und verpasste dem Mainstream-Manga die 'leichte' Übersexualisierung, die dich, DDC so stört. Das Publikum hatte sich an den neuen Touch gewöhnt und wollte ihn wohl nicht mehr missen, allerdings scheint die zuvor plakativ dargestellte Sexualität mehr in die Regionen der Strumpfbanderotik und des Fetischismus abgewandert zu sein. Inzwischen ist der Manga aber wohl wieder so pervers, wie er in den 70ern/80ern war. Erkennen könnte man das daran, das Geschichten, die damals höchstes öffentliches Ärgerniss erregten leicht abgeändert erfolgreich neuaufgelegt wurden. z.B. hat "Onegai" Teacher!" einen in der Story fast identen Vorgänger.

    Der putzigkeits-, bzw. Kawaii-Trend scheint seinen Zenith allerdings auch schon überschritten zu haben und langsam rollt eine Welle des kawaii/kowai (putzig/erschreckend) ein. Manga wie "Narutaru", "Maken X", "Blame!" oder "Leviathan" und die Erzeugnisse der Design Fiesta (zu sehen auf der Seite "Tokyo Damage Report") sind symptomatisch für die neue Welle. Der konservativere Anime und die mit ihm verbundene Mercandizing-Industrie wird den Trend wohl noch eine Weile lang nicht vollständig aufnehmen.
    Inwiefern auch die Gothic Lolitas, Gothic Aristorcrats und die Horrorgirls zu diesem Trend gezählt werden könnten, liegt außerhalb meines Wissens.

    Historisch lässt sich die Idee, das Frauen dumm/naiv sein sollten etwa auf die zweite Reichseinigung und der Einführung neuer Familiengesetzte und der zunehmenden "Verbeamtung" der Samurai zurückführen. In dieser Zeit stieg der Enfluss des Konfuzianismus auf die offizielle Philosophie und dementsprechend wurden die Rechte von Frauen in weiten Teilen beschnitten. Ein paar Männer kamen auch noch anf die Idee, das es vielleicht gut wären, für Frauen einen ähnlichen Verhaltenskodex zu verfassen wie das "Hagekura" für Männer. Das Ergebnis war die "Große Lehre für Frauen", "Onna no Daigaku" oder so ähnlich. Hängt mich nicht auf, wenn der japanische Titel falsch ist. Ich kanns im Moment nicht nachprüfen.
    Die Idee überdauerte in den Köpfen der Allgemeinheit bis in die kurze Taisho-Periode der Vorkriegszeit mit zunehmender Abwanderung vom Lande, Demokratie Industrialisierung und Verwestlichung. Kurzer Rückfall in dem beiden Weltriegen aber danach, in der großen staatlich gelenkten Industrialisierung kam die allgemeinen Hebung des Bildungsniveaus der Frauen ohne beträchtliche Hebung der Anzahl weiblicher Langzeitbeschäftigter mit Aufstiegschancen. Ergebnis ist eine beträchtliche Zahl von frustrierten, hochgebildeten und mit der Kindererziehung weit unterforderten Mütter die einen ständigen und facettenreichen Druck auf ihre Kinder ausüben, damit diese auch sicherlich alles Erreichen, was der Mutter durch die Heirat verunmöglicht wurde. Überdominante Mütter! Der Amboß und Hammer auf dem man traumatisierte Männer schmiedet! Und ihre verkorkste Liebe soll das Essfeuer sein, welches Kinderköpfe weich und formbar macht. Führte heute zu zunehmendem Rückzug aus der Gesellschaft und Idealisierung der Kindheit vor dem großen Bildungsstreß, und wird von manchen als ein Grund für das Aufkommen der "Compensatory Datings" und der weiten Verbreitung der Pornographie in all ihren Formen angesehen.

    Zitat Zitat
    Jetzt will ichs aber wissen.....
    ..hat da vielleicht wer geschissen?
    Helge Schneiders wohl geschmacklosestes Lied, dessen Titel allein schon unnennbar ist. Ich hoffe für dich, das du es nicht kennst .

    Geändert von Ianus (01.07.2004 um 03:56 Uhr)

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