Kapitel 8
„Was zum Teufel ist das mal?“, keuchte Rai-jin, als eine goldene Aura um Irvine und Selphie explodierte. „Wieso...“
Auch Quistis und Fu-jin starrten die beiden Kämpfer ungläubig an, obwohl sie schon längst wieder hätten angreifen können. Was war DAS denn? Selphie und Irvine schienen selbst etwas überrascht zu sein, aber sie ließen ihre Hände dennoch nicht los. Plötzlich entstanden um den Körper des Mädchens weißschimmernde Lichtfäden, die sich auf Irvine zu bewegten und mit seinem Revolver verschmolzen. Die Waffe glühte in unirdischem Licht auf. Irvine hielt sie wie eine Giftschlange. Dann blickte er jedoch zu Fu-jin und Rai-jin hin und seine Augen verengten sich zu Schlitzen.
„Das ist eure letzte Chance, ihr beiden“, sagte er, nicht laut, aber jedes Wort hallte im Raum nach. „Gebt auf.“
„Pah!“ Fu-jin sah zwar längst nicht mehr so selbstsicher aus wie am Anfang des Kampfes, aber sie war offenkundig auch nicht bereit aufzugeben. Auch Rai-jin stellte sich grimmig in Kampfposition. Irvine seufzte.
„Wie ihr wollt.“
Der Junge ließ Selphies Hand los, trat nach vorn und lud die Exetor durch. Dann schoss er das erste Mal und wurde fast von den Füßen gerissen. Das Geschoss traf Fu-jin, die es zähneknirschend hinnahm - bis es in einem Flare-Zauber explodierte!
Irvine hielt sich nicht mit Staunen auf, da er wusste, dass sein Limit zeitbegrenzt war. Statt dessen schoss er auf Rai-jin und die Kugel detonierte mit einem Ultima-Zauber. Der dritte Schuss auf den Jungen löste Meteor aus, der vierte auf Fu-jin Beben, der fünfte auf Rai-jin Holy und der sechste ebenfalls auf den Jungen Aqua. Dann erlosch das unheimliche Glühen um seine Waffe und Irvine trat zurück. Und fühlte die Schwäche kommen. Er stützte sich auf die Knie und keuchte mühsam. War das etwa diese KI-Fusion, die Squall und Rinoa erwähnt hatten? War Selphies Zaubererlimit auf seine Waffe übergegangen? Das Mädchen wirkte genauso überrascht wie er, deutete jedoch nach vorn. Stimmt, erst mal sollten sie den Kampf beenden.
Der Angriff hatte Fu-jin und Rai-jin schwer getroffen. Die grauhaarige Frau keuchte schwer und hielt sich einen Arm, während Rai-jin zwar nicht augenscheinlich verletzt war, aber in seinen Augen flackerte nackte Panik. Auch er hatte den Großteil seiner Lebenspunkte verloren. Wie war das nur möglich? Was war das nur für eine neue Kampftechnik gewesen?
„Los, Quistis“, befahl Irvine mit kalter Stimme. „Gib ihnen den Rest. Das schaffst du jetzt auch allein.“
Bevor die junge Frau allerdings etwas erwidern konnte, flackerte die Lichtsäule und ein schwarzer, bedrohlich wirkender Schatten entstand darin. Ein einzelner, muskulöser und behaarter Arm tauchte aus dem Kristallglas auf und zeigte auf die Menschengruppe. Es erklang eine Stimme, die seltsam verzerrt durch das Glas klang, aber man konnte die Macht dahinter dennoch spüren: „BOTE DES INFERNOS!“
Quistis wusste nicht, wie sie die nächsten Sekunden überlebte. Vielleicht lag es daran, dass sich die Kraft des Angriffs aufteilte, es war ihr auch egal. Eine furchtbare Kraft zerrte an ihrem Körper und versuchte ihn auseinander zureißen, drückte ihn im nächsten Moment aber schon wieder zusammen und presste ihr die Luft aus den Lungen. Sie stolperte, als die Kraft abrupt aufhörte. Das war wie der Flare-Zauber, nur viel schlimmer!
Sie wusste, was sie erwartete, aber sie war dennoch bestürzt, als sie die leblosen Körper der anderen vor sich liegen sah. Fu-jin lag in verkrümmter Haltung da und Rai-jin war neben sie gestürzt. Beiden waren ihre Waffen entglitten und kein Muskel zuckte mehr. Obwohl Irvine, Selphie und sie selbst nicht so stark von dem Angriff getroffen worden waren, hatten die beiden ihm nicht mehr standhalten können. Offenbar hatte der Junge sich in einer ebenso sinnlosen wie rührenden Geste vor seine Angebetete geworfen, da er jetzt auf ihr lag, aber genützt hatte es nichts. Beide waren ebenso sicher tot wie Fu-jin und Rai-jin.
Quistis presste die Lippen zusammen und suchte in ihren Taschen fieberhaft nach einer Phönix-Feder, als ein Geräusch sie aufschrecken ließ. Der Arm aus der Lichtsäule war nicht verschwunden, nun folgte ihm sogar der gesamte Körper heraus. Condenos, denn Quistis bezweifelte keine Sekunde, dass dies die abtrünnige GF war, sah ungeheuer muskulös aus, sein graues Fell war von Blitzen durchzuckt und sein Körper schien gleichzeitig Hitze und Kälte auszustrahlen. Quistis wich einige Schritte zurück und bedeckte das Gesicht, als die GF neben Rai-jin und Fu-jin landete. Seine Augen strahlten blutrot und die Stacheln und Krallen, die ihm aus dem gesamten Körper wuchsen, sahen ebenso spitz wie steinhart aus.
„Versager!“, zischte die Kreatur und stieß Rai-jin nachlässig mit dem Fuß an, was den Jungen gegen die nächste Wand schmetterte. „Und ihr wolltet später einmal gegen mich kämpfen? Dass ich nicht lache! Lass deine Phönix-Feder stecken, Mensch, du brauchst sie nicht mehr!“
Quistis war so verblüfft, dass sie sogar gehorchte. Dann allerdings zog sie die Feder aus purem Trotz hervor und sah die GF herausfordernd an. „Und wieso? Immerhin haben wir Fu-jin und Rai-jin besiegt. Wer sagt uns, dass wir dich nicht auch besiegen können, wenn ich Irvine und Selphie wieder erwecke,... Condenos?“