„Cheeeef!“ drängte sich Selphie in seine Gedanken. „Was haaaat Xell eigentlich mit taub werden gemeint?“
Diesmal musste sich Squall beherrschen, um nicht zu grinsen. Es gelang ihm nicht ganz.

Rinoa stapfte hinter Quistis her, die wirklich ein beeindruckendes Tempo vorlegte. Es wirkte, als ob sie vor irgendwas weglaufen wollte. „Quistis, warte!“ rief sie ihrer Freundin nach. „Ich möchte mit dir reden.“
Die Angesprochene verharrte, dann drehte sie sich betont langsam herum und fragte beinahe feindselig: „Reden? Über was denn? Ich denke, unser Auftrag ist völlig klar!“
Rinoa war beinahe schockiert, aber ihr Widerstandsgeist, von der Zeit als Anführerin der Waldeulen bestens geschult, half ihr zu sagen: „Es geht nicht über den Auftrag. Es geht um dich selbst, Quistis, und du weißt auch warum!“ Sie holte einmal tief Luft und fuhr dann fort: „Du kannst niemandem von uns verheimlichen, dass du dich unwohl fühlst, wenn wir zusammen sind. Aber wir können uns trotzdem nicht denken, warum das so ist. Hat dir irgendjemand von uns etwas getan, Quistis, oder etwas gesagt, was dich verletzt hat? Bitte sag es mir, damit ich dir helfen kann.“
„Wieso?“ fragte die blonde Frau, Rinoas Blick bewusst ausweichend, aber nicht mehr so kalt wie vorher. „Hast du dich etwa um den Posten des Psychiaters beworben? Mir geht’s gut genug, danke! Ich werde diese Mission schon durchziehen, wenn es das ist, wovor Squall sich fürchtet.“
Rinoa wurde es langsam zu dumm. Wenn ihr Quistis dauernd auswich, dann hatte sie keine Chance, etwas über ihr Problem zu erfahren. Aber die junge Frau musste darüber reden, das spürte sie, auch wenn es ihr Stolz nicht erlaubte. Sie ergriff Quistis’ Arm und hielt ihn so fest, dass diese erstaunt zu ihr aufsah. „Jetzt hör mir mal zu!“ brauste sie auf. „Niemand kann dir helfen, wenn du dich in ein Schneckenhaus zurückziehst! Irgendwann musst du mit jemandem über den Problem, was es auch immer ist, reden, und warum soll das nicht ich sein? Ich bin deine Freundin, Quistis, und die anderen auf diesem Schiff auch! Oder ist es etwa wegen Squall und mir? Liebst du ihn immer noch?“
Quistis versuchte, ihr zu entkommen, aber Rinoa packte auch noch ihren anderen Armen und zwang sie zu bleiben. „Nein“, gab sie zu, nun plötzlich mit brüchiger Stimme, „ich liebe ihn nur noch wie einen Bruder. Aber irgendwie... seid ihr trotzdem Schuld, und das macht es so schwer, darüber zu reden. Bitte lass mich los, ich... will nicht darüber sprechen!“
„Warum?“ bohrte Rinoa weiter. „Quistis, du siehst doch selbst, wie sehr es dir zu schaffen macht. Du musst mit mir darüber reden, oder du wirst dich nicht mehr auf die Mission konzentrieren können. So etwas kann dich das Leben kosten! Komm, lass uns dir helfen, du weißt doch, dass wir deine Freunde sind, wieso weigerst du dich auf einmal, mit uns zu reden?“
Einen Moment lang konnte ihr Gegenüber die Fassade noch aufrechterhalten, dann sprudelten ihr die Worte förmlich aus dem Mund. Und Rinoa bemerkte auch, dass Quistis, die stolze Quistis, Tränen in den Augen hatte. „Ja, ihr seid meine Freunde. Aber jedes Mal, wenn ich euch sehe, werde ich daran erinnert, dass es in euren Leben auch noch andere Menschen gibt, die euch viel bedeuten. Squall und du, ihr seid zum Leidwesen vieler Schülerinnen das Traumpaar der Schule, Irvine und Selphie sind einander vollkommen verfallen, auch wenn sie’s nicht zugeben können, und sogar Xell hat eine Bewunderin gefunden, wegen der er sich schon eine halbe Stunde, bevor die Bibliothek öffnet, auf die Lauer legt! Und ich? Ich habe niemanden, der mich liebt. Und ich werde nie jemanden haben...“
Voll ungläubigem Staunen sah Rinoa, dass die Peitschenkämpferin auf dem Boden sank und ihr Körper von stummen Schluchzern geschüttelt wurde. Einen Moment lang war sie so erschrocken, dass sie nichts tun konnte, als Quistis anzustarren, aber dann löste sich der Bann und sie ging ebenfalls in die Knie. Sie zog (wenn sie das im Garden erzählen würde, würde sie jeder sofort zu Dr. Kadowaki schicken, da war sie sich sicher) das weinende Mädchen zu sich heran und versuchte, sie mit ihren Hexenkräften etwas zu trösten, während sie redete: „Aber Quistis, was redest du da? Du weißt doch, dass du im Garden einen riesigen Fanclub hast, der dich bewundert. Uns allen hier, sogar Squall, von dem sogar ich es nicht erwartet hätte, ist aufgefallen, dass du leidest, und wir alle wollen das beenden. Und denk an Direktor Cid und Edea, die euch aufgezogen haben. Glaubst du im Ernst, dass sie dich einfach deinem Schmerz überlassen würden?“
Ihr Schützling war während dieser Worte sichtlich ruhiger geworden, und jetzt löste sie sich auch aus ihrer Umarmung und stand wieder auf. Sie lächelte Rinoa dankend zu, was wegen der Tränen in ihrem Gesicht nicht ganz ernst wirkte. „Du weißt aber, Rinoa, dass ich nicht diese Art von Liebe gemeint habe“, konterte Quistis. „Aber danke für deinen Trost. Ich denke, ich hatte ihn dringend nötig.“ Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und als Rinoa sie wieder sehen konnte, was sie wieder die selbstbewusste Frau, die sie kannte.
„Komm jetzt“, meinte die Frau, „wir sind schon stark überfällig. Wir sollten uns beeilen und diese blöden Systeme kontrollieren, damit niemandem was auffällt.“
Rinoa lachte hell auf. „Glaubst du denn im Ernst“, fragte sie prustend, „dass Squall uns deswegen hier herunter geschickt hat?“ Sie kicherte noch ein paar Sekunden, dann stand auch sie auf und wandte sich zum Aufzug um. Die junge Hexe konnte sich gut vorstellen, dass ihre Freundin hinter ihr jetzt sicher ein ungläubiges Gesicht machte und auch über diese Vorstellung musste sie kurz grinsen. Dann lief sie los. Einen Moment lang war Quistis anscheinend noch überrascht, dann folgte sie ihr.

„Ich sag’s nur ungern, aber der Kerl, der dieses Ding gebaut hat, war ein echtes Genie“, bemerkte Irvine, während er staunend die kleine Delle musterte, die die Stahlmunition seiner Exetor in der Außenhülle der Kapsel verursacht hatte. „Ich schätze, wenn ich das Ding aufbekommen wollte, müsste ich wahrscheinlich die Pulsarmunition rauskramen!“
Squall nickte ohne Kommentar. Dass die Kapsel einiges aushalten konnte, war ja klar, da sie die Träne des Mondes überstanden hatte. Aber dass sie ihren Waffen trotzen konnte, war wirklich überraschend. „Lass das lieber“, warnte er, als er sah, dass der Scharfschütze in seinen Taschen zu wühlen begann, „die Einstiegsluke ist schließlich schon offen. Wir sollten die Kapsel lieber nicht allzu sehr beschädigen. Sie könnte noch mal nützlich.“
„Wenn du meinst.“ Irvine wirkte enttäuscht. „Aber gib doch wenigstens zu, dass du selbst gern den „Herzensbrecher“ eingesetzt hättest, stimmt doch oder?“
Squall zuckte mit den Schultern. „... lass mich doch“, brummte er und wandte sich um, um nicht sehen müssen, wie Irvine sich das Lachen verkneifen musste. „Habt ihr da drinnen schon was gefunden?“ fragte er Xell und Quistis, die sich zu zweit in das Raumfahrzeug gequetscht hatten und das Innere durchsuchten. Dass die Kapsel nur für eine Person gebaut war, erschwerte diese Aufgabe natürlich etwas.
„Wie zum Geier soll ich denn irgendwas aus diesem Computer rauskriegen, wenn ich keinen Platz habe, um zwei Finger gleichzeitig zu rühren?“ beschwerte sich Xell lautstark, während er versuchte, das Gesicht mehr als 10 cm vom Bildschirm wegzubekommen.
„Jetzt meckere hier nicht so rum, Xell“, verteidigte sich Quistis. „Ich bin es sicher nicht, der von uns beiden den meisten Platz verbraucht! Wahrscheinlich sehen wir hier nur die Folgen deiner Hot-dog-Sessions in den letzten Wochen. Aber egal, ich muss sowieso mal raus an die frische Luft.“ Mühsam befreite sich Quistis aus der Kapsel und atmete erleichtert auf. „Hier liegt ja alles voller Mondsteine“, bemerkte sie und bückte sich. Tatsächlich, überall um die Kapsel verstreut lagen die seltenen Items, aus denen man starke Zauber gewinnen konnte. „Ich glaube, ich stecke lieber ein paar ein. Wäre eine Verschwendung, sie hier liegen zu lassen.“
Im selben Moment hörte man von der Rückseite des Raumfahrzeugs ein Grollen und im krassen Gegensatz Selphies helle Stimme: „Heeeee, Jungs, wir könnten hier ein wenig Hilfe gebrauchen! Hier sind dreiiiii Quale aufgetaucht!“
Squall wollte schon nach der Löwenherz an seinem Gürtel greifen, als ihn Irvine aufhielt. „Nichts da“, meinte er. „Du hast heute deinen Spaß schon gehabt, jetzt sind wir mal dran! Wartet mal, Mädchen, lasst mir auch noch was von den Viechern übrig!“ Und schon war er weg. Squall runzelte die Stirn. Eigentlich war es ja verboten, dass ein SEED seinem Anführer vorschrieb, wann er zu kämpfen hatte und wann nicht... aber Direktor Cid hatte ihnen nicht umsonst unbeschränkte Handlungsfreiheit gewährt. Sollten andere die Vorschriften befolgen, er wollte ohnehin noch einmal mit Quistis reden.
Statt dessen hörte er eine andere Stimme hinter ihm. Braucht ihr mich noch? wollte Koyo-Koyo wissen. Ich möchte endlich zu meinem Heimatplaneten zurückfliegen. Ich habe euch alles gesagt, was ich gesehen habe. Ist meine Anwesenheit hier noch nötig?
„Nein“, sagte Squall schlicht. „Sie ist nicht mehr nötig. Du hast der Erde einen großen Dienst erwiesen, Koyo-Koyo. Ich glaube nicht, dass wir dir genug dafür danken können.“
Bekomme ich dafür ein Elixier? fragte der kleine Außerirdische aufgeregt. Seine schwarzen Augen sahen so bittend, dass Squall beinahe gelächelte hätte. Beinahe.
Quistis hatte lächeln müssen. „Nein“, meinte sie. „Wir werden dir kein Elixier geben. Aber dafür das hier.“ Sie gab ihm ein Fläschchen, welches das Alien sofort an Bord beamte. „Wir nennen es Heldentrank. Wenn du einmal in Gefahr kommen solltest, trink es, und dir wird nichts passieren.“
Danke, sagte der Außerirdische nickend und ließ sein UFO langsam höher schweben. Vielleicht sehen uns ja einmal wieder. Ich habe von der Redegewandten einige Dinge gehört, die ich unbedingt einmal begutachten muss. Mit diesen Worten drehte sich das kleine Raumfahrzeug um 180 Grad und beschleunigte, bis es nicht mehr zu sehen war. Squall und Quistis sahen ihm noch einige Zeit nach.
„Hör mal“, fing er an, „deinem Gesichtsausdruck nach hat Rinoa bereits mit dir gesprochen. Wenn du jetzt auch noch mit mir reden möchtest...“
„Danke“, entgegnete Quistis kühl. „Jetzt nicht. Was das angeht, will ich im Moment nichts sagen. Vielleicht klärt es sich ja von allein. Ich danke dir, dass du mir Rinoa auf den Hals gehetzt hast, aber das ist meine Sache, und ich will sie allein ins reine bringen!“
Squall nickte und drehte sich um. Xell war gerade dabei, aus der Kapsel zu kriechen. „Hey, Squall“, rief er aufgeregt. „Kommt mal her, ihr zwei. Ich glaub’ ich hab’ was Interessantes gefunden!“
Nachdem Squall und Quistis sich so platziert hatten, dass sie beide vom Eingang auf den Bildschirm sehen konnten, machte Xell eine einladende Geste. „Seht euch mal das an! Das ist eine Karte von Esthar, die in letzter Zeit ziemlich oft aufgerufen wurde. Und jetzt schaut mal, was passiert, wenn ich auf diesen roten Punkt hier in den Bergen drücke...“
Einen Moment lang geschah überhaupt nichts. Dann jedoch begannen sich von diesem roten Punkt verschiedenfarbige Linien zu lösen, die begannen, Esthar einzukreisen. Die Linien verharrten einige Augenblicke lang, und plötzlich bewegten sich alle wie auf Kommando auf das Stadtzentrum zu. Als sie einen bestimmten Punkt erreicht hatten, begann dieser gelb zu blinken.
„Und was soll das?“ wollte Squall wissen. „Ich sehe nicht, wie uns das weiterhelfen könnte.“
Statt eine Antwort zu geben, betätigte Xell ein paar Tasten, und auf einmal vergrößerte sich der Bildausschnitt um eine der Linien, sodass eine Schrift deutlich wurde. Dort standen... einige Monster, zusammen mit eingeklammerten, beängstigend hohen Zahlen und einige Standorte in Esthar, zum Beispiel das Magielabor und das Einkaufszentrum. „Das ist nur bei dieser Linie“, erklärte Xell. „Bei anderen stehen andere starke Monster wie Rumbrum-Drachen, Behemoths, Archeodinos, Morbole, was du willst. Und Ziele wie die Residenz, die wichtigsten Kreuzungen und die Stadtausgänge. Und jetzt zeige ich dir mal, was passiert, wenn man auf dieser Karte Esthar anklickt!“
Einige Sekunden später erschien eine Großaufnahme der Residenz mit einigen Verteidigern, die gleich darauf von den genannten Monstern besiegt wurden. Und danach erschien eine Textbox mit der Nachricht:

Einsatzziel – Einnahme der Residenz; Überwältigung oder Auslöschung der Militärkräfte; unbedingter Tod der Hexe!

„Wenn du mich fragst“, ließ Xell vernehmen, „haben wir es mit einem Typ zu tun, der mit einer Armee aus Monstern plant, Esthar zu erobern. Und er ist offenbar davon überzeugt, dass Adell noch immer dort herrscht. Hier steht, er will alle auslöschen, die sich ihm entgegenstellen, Squall!“
Dieser reagierte nicht sofort. Dann jedoch wies er den Faustkämpfer an: „Druck das einmal aus und komm dann in die Ragnarok! Quistis, du gehst schon mal vor und wirfst die Motoren an! Ich sehe mal, was die andern dort hinten so lange machen! Wir müssen sofort nach Esthar, und zwar so schnell wie möglich! Beeilung!“
Er fuhr herum um rannte zu Selphie, Irvine und Rinoa, die sich mit einigen Galchimesäras herumplagten, die ihnen anscheinend über den Weg gelaufen waren. „Hört jetzt auf mit dem Spielen!“ rief er ihnen zu. „Die Sache ist ernst! Wir müssen sofort abfliegen, also macht schneller!“
Sie hatten anscheinend verstanden, auch wenn nicht alle in der Lage waren, seinem Befehl Folge zu leisten. Irvine war im Berserkerrausch, Rinoa gerade dabei, ihn davon zu heilen und Selphie beschwor gerade Kaktor. Nach der G.F.-Attacke blieb nur noch ein einziger der kleinen Quälgeister stehen, den Irvine mit einem Schuss ins Jenseits beförderte. Sie nahmen alle drei ihre Siegesposen ein, dann drehten sie sich um und liefen auf die Ragnarok zu.
„Mann, konnte das nicht warten?“ raunte Irvine Squall zu, der neben ihm her lief. „Ich wollte die Punkte eigentlich Sephie überlassen!“
„Für so was haben wir jetzt keine Zeit!“ fuhr Squall ihn an. „Ich erkläre euch drinnen, was los ist. Es ist wichtig, dass wir so schnell wie möglich nach Esthar kommen. Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät!“

Der Präsident Esthars, Laguna Loire, sah erst auf, als die Tür zu seinem Zimmer in der Residenz sich öffnete und eine ihm wohlbekannte Gruppe von Kämpfern hereinschritt. Er lächelte glücklich und stand gemessen auf. Immerhin verlangte man von einem Staatsoberhaupt eine gewissen Würde, obwohl er nicht verstand, warum. Immerhin war er doch auch nur ein Mensch, oder? Und genauso verlangte man von ihm, dass er beinahe immer etwas zu tun hatte, sodass er fast keine Zeit hatte, sich mit seinen Freunden Ward und Kiros, die neben ihm standen, und seiner Adoptivtochter Ellione mal einen schönen Tag zu machen. Eben jetzt war er damit beschäftigt gewesen, ein Gesetz über längere Ladenöffnungszeiten zu verabschieden, was einfach nur lächerlich war, da der Handel in Esthar ohnehin nur noch virtuell abgewickelt wurde. Aber es war nun mal sein Job...
Er versuchte, den SEED-Gruß nachzuahmen, den ihm die sechs jungen Leute vormachten, aber er sah selbst, dass er sich nicht grade toll anstellte. Na ja, war ja auch schließlich schon eine Zeitlang her, dass er selbst Soldat gewesen war. Irgendwann würde er sie auch mal überraschen und den Gruß perfekt nachmachen. Irgendwann würde er schon Zeit finden, ihn seinen Freunden abzuschauen.
„Hallo, Elfenvolk“, grüßte Kiros, sein dunkelhäutiger Freund aus der Soldatenzeit die Gruppe, die ihnen schon früher geholfen hatte. Obwohl Laguna nicht zurück sah, wusste er, dass Kiros die drei Jungen und drei Mädchen angrinste. „Schön, dass ihr wieder mal vorbeikommt. Nehmt es Laguna nicht übel, dass er euren Gruß parodiert, aber er hatte leider nur fünf Minuten Zeit, ihn zu üben. Ward und ich haben lange versucht, es ihm auszureden, aber er wollte nicht auf uns hören. Bitte nehmt davon Abstand, ihn dafür zu töten, wenn auch nur deshalb, weil ihr damit einen Krieg heraufbeschwören würdet!“
Ward, sein riesiges weißehäutiges Gegenstück, nickte lediglich und versuchte zu lächeln. Seit er bei einem Unfall seine Stimme verloren hatte, sah man ihn nicht oft fröhlich, aber wenn wirklich gute Freunde vorbeikamen, dann munterte das sogar ihn auf.
„Kiros, noch einmal so eine Bemerkung und ich degradiere dich und Ward, der dir zweifellos zustimmt, zu Büroboten!“ kam sofort der Kommentar ihres Freundes Laguna. Sie waren solche Szenen schon gewöhnt, eigentlich müssten sie schon längst aus Esthar gejagt worden sein, wenn man von Lagunas beleidigten Drohungen ausging. Dieser schüttelte den Kopf und murmelte etwas von Undank und falschen Freunden, dann wandte er sich wieder strahlend seinen Besuchern zu.
„Grinst nicht ihr auch noch so unverschämt, sonst kann ich mich gar nicht mehr freuen, dass ihr gekommen seid. Seht, euer Anführer behält wenigstens noch einen Rest von Anstand. Er sieht mich immer noch ernst an.“ Er wusste natürlich, dass Squall, obwohl der Umgang mit Rinoa das schon ein bisschen geheilt hatte, fast nie lächelte. Nur wenn seine Freunde, und ganz besonders natürlich seine Lieblingshexe in der Nähe waren, konnte man eventuell eins sehen. „Squall, mein Junge! Ich kann zwar jetzt nicht sagen, dass du gewachsen bist, aber deine reizende Begleitung verleiht dir irgendwie neue Größe. Miss Heartilly, ich kann gar nicht beschreiben, wie anmutig Sie sich an seinen Arm klammern, mir fehlen wirklich die Worte. Irvine, wieso hat man Sie mit dieser Monsterwaffe überhaupt hier reingelassen? Wahrscheinlich nur, weil Sie gesagt haben, Sie müssten Selphie vor mir schützen. Ich muss wohl mal wieder ein paar Wachen entlassen, hab’ ich das Gefühl! Xell, könnten Sie bitte damit aufhören, mich so unverschämt anzugrinsen, sonst muss ich Sie abführen lassen. Sehen Sie, Quistis hält sich wenigstens die Hand vor den Mund, auch wenn sie darunter zweifellos auch über mich lacht!“
Squall wartete, bis sich die allgemeine Heiterkeit etwas gelegt hatte, dann kam er zur Sache: „Tut uns Leid, aber wir sind diesmal leider dienstlich hier! Wir sind froh, dass wir noch rechtzeitig gekommen sind, sonst wärst du wahrscheinlich nicht mehr so fidel. Zeig ihm den Ausdruck, Xell!“
Dieser nickte, kramte in einer seiner Taschen und förderte dann einen zerknitterten Zettel zutage. Er drückte ihn dem verdutzt dreinschauenden Laguna in die Hand und meinte: „Hier. Ich bin gespannt, wie lange deine gute Laune sich noch in deinem Gesicht halten kann, wenn du das hier siehst!“
Laguna sah die Freunde einen Moment lang mit einem undefinierbaren Blick an, dann winkte er Kiros und Ward zu sich und setzte sich an seinen Schreibtisch. Ein paar Minuten lang starrten sie das Papier an, das ihnen den baldigen Untergang ihrer Heimat prophezeite, dann sahen sie wieder auf. Laguna selbst war nicht ganz so fassungslos wie seine Freunde, was wohl daran lag, dass er als Präsident einer Weltstadt mit Verantwortung umzugehen wusste. Und er war sich bewusst, dass Panik jetzt nicht angebracht war, auch wenn sie momentan sehr verlockend erschien.
„Wo habt ihr das gefunden?“ Kurz und präzise. Squall begann, ihn zu bewundern.
„Auf einem der Berge südlich der Stadt“, antwortete Quistis im selben Ton. „In einer Raumkapsel, die während der Träne des Mondes auf den Planeten kam.“ Sie erzählte sachlich und ohne Ausschweifungen die ganze Geschichte, von Koyo-Koyos Ankunft bis zum Computerszenario, das Xell entdeckt hatte. Nur ihr Gespräch mit Rinoa ließ sie aus, und niemand konnte es ihr verdenken. Wer gab schon gern ein Problem zu?
Einige Augenblicke verstrichen, in denen sich die mächtigsten Beamten Esthars darüber klar zu werden versuchten, dass diese absolut unglaubwürdige Geschichte von absolut glaubwürdigen Personen vorgetragen worden war. „Und ihr seid sicher, dass man diesem... Koyo-Koyo trauen kann?“ fragte Kiros vorsichtig. „Könnte es nicht sein, dass er euch angelogen hat?“
„Natüüüürlich sind wir das!“ beantwortete Selphie beinahe empört. „Schließlich hat er jede Menge Geld und Risiko aaaauf sich genommen, um zu uns zu kommen. Wieso sollte er sich in die Nähe von Menschen wagen, die ihn mööööglicherweise töten könnten?“
Ward zuckte mit den Schultern. Kiros übersetzte: „Er meint, dass wir nicht wissen können, warum uns dieses Alien belügen könnte, aber man sollte alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Schließlich können wir nicht einfach das Kriegsrecht über Esthar verhängen, wenn wir keine konkreten Beweise haben. Und ihr müsst doch selbst zugeben, dass diese Geschichte mit dem Behemoth ziemlich unglaubhaft ist!“