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General
Kapitel 5
Narben. Häßliche Narben. Überall. Ein Gesicht, das keines mehr war.
Was würde ihr noch bleiben?
Sie hatte ihr Gedächtniss verloren. Ihr Gesicht. Ihr Leben.
Die grauen Wände des Zimmers schienen sich enger zu ziehen. Schienen sie zu erdrücken, als ob sie ihr Leid verständen und das Mädchen nun erlösen wollten aus ihren Qualen.
Und doch waren sie so weit.
Hätte sie ihre Hand ausgestreckt ins Nichts. Es wäre mehr Besitz als sie je erhoffen konnte.
Laird hatte ihr vor zwei Wochen gezeigt was sie war.
Ein Ungeheuer. Ein Monster. Aber kein Mensch mehr. Diese Narben würden sie begleiten. Überallhin. Selbst in den Schlaf.
Und da waren nicht nur die Narben an ihrem Körper. Seit die Verbände abgenommen wurden war da noch etwas anderes. Tief in ihr. Ein Teil ihrer Vergangenheit. Eine grobe Erinnerung. Nein, nicht einmal das. Nur eine Ahnung. Eine Ahnung die ihr eine Gänsehaut bereitete. Etwas dunkles.
Aber wann immer sie auch in ihrem Innersten nach dieser Ahnung suchte, war da auch dieses Licht.
Die Gewissheit, das sie mehr war als eben diese Narben. Das sie ein Leben hatte.
Doch diesen Teil suchte sie zu ignorieren.
Zum dritten Mal an diesem frühen Tage liefen ihr heiße Tränen die Wangen hinunter. Sie hinterließen salzige Spuren, die auf der Haut brannten.
Ein Schatten beugte sich über sie. Der zarte Duft von Magerithen drang zu ihr durch. Dann berührte weicher Stoff ihre Wangen.
„Es wird alles gut.“, sagte die sanfte Stimme Lorettas tröstend,
„Du wirst sehen, alles wird gut.“
Ignis kniff die Augen zusammen. Sie sollte verschwinden. Aus diesem Zimmer. Aus ihrem Leben. Aus ihren Gedanken.
Warum musste sie da sein, wenn sie weinte?
War es nicht schon erniedrigend genug so auszusehen?
Musste sie sie in ihrem Leid auch noch ansehen?
Als wolle sie die ganze Welt von sich trennen, als könne sie so alles vergessen kniff sie die Augen zusammen.
Vergessen.
In Vergessenheit geraten.
Nie mehr gefunden werden.
Ausgeschlossen aus den Herzen.
Versinken im Nichts.
Etwas regte sich an den Fenstern. Die Jalousinen wurden geöffnet und das strahlende Licht der aufgehenden Sonne durchflutete das karge Zimmer.
Laird stand dort von dem Licht umspielt nur als umrissene Gestalt zu erkennen. Er hatte die Nacht auf Ignis aufgepasst. Hatte das Mädchen in ihrem unruhigen Schlaf beobachtet.
Sie hatte seinen Namen hilfesuchend im Schlaf genannt. Seinen Namen als einzigen den sie mit einer Freund verband.
Sie hätte auch nach Loretta rufen können, die sonst immer bei ihr wachte.
Die die letzten 4 Monate bei ihr gewacht hatte.
Aber Loretta hatte sie erniedriegt indem sie sich um sie kümmerte.
Loretta hatte ihr das letzte genommen was ihr noch geblieben war.
Ihre Würde indem sie alles tat. Das Mädchen wusch, fütterte oder einfach nur anzog.
Natürlich hatte sie da seinen Namen gerufen in ihren Alptraum eingesponnen.
Diese Alpträume hatte sie nun schon seit einigen Tagen. Und immer hatte sie seinen Namen gerufen. Dann wachte sie am ganzen Körper zitternd und schweißnass auf. Aber an ihre Träume erinnern konnte sie sich nie.
Mit einem Lächeln kam er nun auf sie zu. Nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich.
Die Tränen schüttelten ihren Körper. Er fühlte es mit jeder Muskelfaser.
„Beruhige dich.“, meinte er freundlich,
„Alles ist in Ordnung.“
Fortsetzung folgt bald (hoffentlich)
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