Das Mädchen ist vor Hunger umgekommen, sowas gabs im Mittelalter, warum sollte es sowas dann in den FR nicht geben?
Ok. Im Ernst, ich hab nicht drüber nachgedacht, vielleciht bin ich wirklich krank...


Kapitel 11: Zwei Jahre später

Die kleine Jaleeka, wie Luak das Kind genannt hatte, starrte ihn aus ihren großen, lachenden Augen an und brabbelte einige für den Zwerg unverständliche Phrasen. Dieser dachte nach. Er hatte in den letzten Tagen verdammt viel nachgedacht, wahrscheinlich mehr, als es ein gewöhnlicher Zwerg in seinem ganzen Leben nötig hatte. Der nächste Tag sollte nämlich kein gewöhnlicher Tag werden, denn genau am nächsten Tage wurde Jaleeka zwei Jahre alt, und Luak überlegte noch immer krampfhaft, wie er seinem total in das Kind verliebten Hainesbrüdern und vor allem
-schwestern erklären sollte, dass es für die nächsten zwei Jahre im Unterreich leben sollte, bei eben jenen Drow, gegen welche die Druiden schon so lange kämpften. Das Gehirn des Zwerges kochte, als Liartra, seine Tutorin, den Raum betrat.
"Hey, Luak, was bedrückt dich?"
Der Zwerg mochte seine Lehrerin eigentlich, aber es bestärkt seine angeborenen Vorurteile gegen Elfen, dass sie alles sahen, was man dachte.
"Hey, Liartra!"
Luak legte eine gespielte Freudenmaske auf.
"Ich habe letzte Woche ein Gerücht gehört, und jetzt wollte ich dich mal fragen, kennst du einen Dunkelelfen namens Jezz?"
Zu seinem Entsetzen zuckte Liartra bei dem Klang des Namens zusammen und starrte Luak nun verwirrt an.
"Ja, weißt du denn nicht, wen dieser unheilvolle Name beschreibt? Jezz der Lahme - Er ist nicht nur einer der wenigen Drow, die trotz einer Verstümmelung im Unterreich überlebt haben, nein, er führt sogar sämtliche Truppen an, welche die Täler um unseren heiligen Wald attackieren! Jezz muss ein wahrer Dämon sein, denn, wie man sich erzählt, sind seine Gegner bereits im Nirvana, bevor sie ihn überhaupt bemerkt haben! Er ist sicher niemand, dem man im Dunkeln begegnen möchte!"
Luak saß ganz still da, und versuchte, seine Gedanken mit einem Metallband zu verschließen.
"Aha. Gut zu wissen. Ähm. Ja. Jemand, dem man..."
Luak machte eine schockierte Pause.
"...nicht im Dunkeln begegnen möchte."
Und in Gedanken fügte der Zwerg hinzu:
"...und dem man sicher kein Menschenkind anvertrauen würde...."

Harena hielt sich die Hand vor ihren matten Augen und blinzelte. Die Sonne war zwar von dunklen Wollen verdeckt, blendete die Dunkelelfe aber trotzdem wie das Feuer der Hölle. Jezz humpelte aus der Höhle und seine Prothese gab wie immer das monotone Knarksgeräusch von sich. Seine Augen hatten sich bereits seit vielen Jahren an das für Maßstäbe der Unterwelt grelle Licht gewöhnt und ließen sich nicht mehr schocken, im Gegensatz zu der Klerikerin, die sogar ein kurzes Stoßgebet an ihre dunkle Göttin entfesselte, als die ersten Strahlen Lathanders, des Sonnengottes, auf ihrer grauen Haut auftrafen.
"Jezz!"
zischte sie mit einer verärgerten, aber nicht reizlosen Stimme.
"Ich hasse diesen Ort. Das Licht ist schlimmer als jeder Fluch der Spinnengöttin!"
"Pah! Pass nur auf, dass deine gute Lolth dich nicht so sprechen hört, meine Gute, sonst bist du längste Zeit ihre Priesterin gewesen. Und du weißt, dass ich nicht der Einzige, aber sicherlich der Erste wäre, der seine Waffe in deinen Leib rammen würde, wenn du den Segen der dunklen Göttin verlieren würdest..."
Harena schwieg und spuckte neben den Höhleneingang. Ihre Augen konnten die hellen Strahlen langsam ertragen, aber sie wagte noch nicht, sie zu öffnen.
"Meinst du wirklich, du könntest das?"
Ihre durchdringenden, roten Augen starrten den Hexer auch durch die Haut hindurch an und brannten auf seiner Seele, aber er lächelte nur.
"Aber natürlich, Kleine. Jederzeit und ohne jeglichen Zweifel!"
Harena war nicht überrascht, aber die Sicherheit ihres Beschützers versetzte sie in leichte Angst. Als sich ihre Lider langsam öffneten, sah die Klerikerin das erste Mal in ihrem Leben das Sonnenlicht. Jezz dagegen starrte gelangweilt in den Himmel. Er wusste genau, welcher Tag war, aber es war erst früh am Morgen, und seine lästige Begleiterin würde er bis zum Nachmittag bestimmt noch abschütteln können. Ein Grinsen legte sich auf seine dunklen Lippen und ein wohltuender Schauer zuckte über seine Haut, als er an das Duell zwei Jahre zuvor denken musste. An diesem Tage würde sich etwas Grundlegendes ändern, er hatte nur noch nicht geringste Ahnung, was. Hätte er es gewusst, wäre ihm das Lachen vergangen, mit dem er Harena abermals verdutzte, die ihn nur rätselnd anstarren konnte.

Luak schlich durch den Wald. Nicht, dass er das geplant hätte, aber die Füße eines Druiden wurden mit den Jahren seiner Ausbildung immer leiser, wenn sie sich durch das Unterholz bewegten, auch bei einem leicht übergewichtigen Zwerg. In seinen Armen schlief das Kind, dessen Haare ihre pechschwarze Farbe noch immer nicht verloren hatten, auch wenn Jaleeka schon seit einigen Monaten laufen konnte. Auf dem Rücken des Zwerges war das riesige Bastardschwert gebunden, dessen Erinnerung noch immer in Luaks Seele brannte. Nun fiel ihm überhaupt erstmal auf, wie weit er von seinem Hain weg gewesen war, als er Jezz in Myth Drannor begegnet war, und wie schrecklich verschlungen und geheimnisvoll dieser Weg war. Doch ein guter Druide verlief sich niemals in seinem eigenen Wald, und so dauerte ihm der Marsch sogar ein wenig zu lang. Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gebracht, verformten sich seine Körperteile auch schon. Die knubbeligen Zwergenhände wurden zu kraftvollen Tatzen mit beeindruckenden Klauen, Luaks Gesicht wurde langsam, aber sicher zu einer Bärenschnauze. Einige Sekunden später sah der aufmerksame Beobachter nur noch das Bild eines sprintenden Braunbären mit einem Kind in den Armen vor sich, der durch den Wald schnellte, als wäre er nicht mehr als Luft. Wenige Augenblicke später erreichte er wieder das große, steinerne Stadttor, welches ihm schon einmal die Sprache verschlagen hatte.


Kapitel 12: Zweifel im Zwielicht

Harena lief vor Jezz, der langsam nervös wurde. Die Dunkelelfe bewegte sich nun schon fast wie paralysiert durch die für sie unbekannte Welt, als wäre sie ein kleines Kind, das einen neuen Raum entdeckt und ihn nun für sich in Besitz nehmen möchte.
"Diese Welt hier oben ist wunderschön, Jezz."
Ihre Worte klangen unsicher und wurden mit einem Tonfall ausgesprochen, den Jezz noch nie zuvor bei der Klerikerin gehört hatte. Ein Lächeln entstand auf seinem Gesicht.
"Ja, das denke ich auch, Harena."
Er machte eine kurze Atempause und starrte tief in den Wald hinein.
"Aber denkst du, deine liebe Göttin Lolth ist der gleichen Meinung?"
Wieder waren die Geräusche von einigen Waldtieren das Einzige, was man hören konnte und eine Falte bildete sich auf der Stirn der Drow-Priesterin.
"Nein. Sie hasst die Oberwelt. Sie hasst das Licht. Sie ist wie wir. Daher ist Lolth unsere Göttin."
"Deine Göttin."
Harenas Worte klangen wie ein Bibelvortrag und an Überzeugung fehlte es ihnen komplett, aber die sichere Antwort, die Jezz in den Wald sprach, war klar wie die Nacht. Er setzte sich auf einen umgefallenen Baumstamm und verschränkte seine Beinstütze unter dem Holz. Eine Handbewegung deutete Harena, sich ebenfalls zu setzen. Sie blickte in die kalten, grauen Augen ihres Beschützers.
"Warum zerstörst du diese Welt, wenn sie doch so schön ist?"
"Deine Worte sollten fest verschlossen hinter deiner Stirn ruhen, Harena. Manche Gedanken bleiben nicht ohne Grund unausgesprochen."
"Nein. Hier oben ist kein Tor verschlossen, Jezz. Hier sage ich, was ich denke."
Einige Spatzen führten ein kleines Duett in den Baumwipfeln durch. Jezz drehte sich nicht einmal zu Harena um, als er auf ihre Frage antwortete.
"Weißt du, meine Liebe. Ich will diese wunderschöne Welt nicht zerstören. Ich will sie befreien."
"Befreien?"
Jezz fiel auf, dass dieses Gespräch das Erste war, in dem Harena nicht von Anfang an auf der Gewinnerseite stand. Er musste bei diesem Gedanken schmunzeln, denn er bestätigte die These des Drow, im Licht der Sonne würden sich alle Sachen verändern, wie es auch mit ihm geschehen war.
"Ich rede von den Elfen. Und den Menschen. Und den Gnomen und Halblingen. Und den verdammten Zwergen."
Die ruhige Atmosphäre war zerstört, denn nun begab sich die Konversation wieder auf gewohntes Drow-Terrain. Als Harena lachend aufgestanden war und schon einige Schritte Richtung Wald getätigt hatte, erhob sich auch Jezz. Ein leiser Fluch ging unhörbar über seine dunkle Lippen, als er sich in eine völlig andere Richtung davonschlich.
"Und zu aller Erst von den Drow..."

Liartra schlenderte mit einem mulmigen Gefühl im Bauch durch den Wald. Selbst die klare Oberfläche des kleinen Waldsees, an dem sie aufgewachsen war, hatte ihr nach ein wenig magischer Behandlung nicht den Aufenthaltsort des Zwerges verraten, der urplötzlich verschwunden war. Ihre Eule gluckste panische, nur für die Druidin verständliche Worte in deren Ohren und schlug aufgeregt mit ihren kleinen Flügelchen.
"Ganz ruhig, meine Kleine, wir finden Onkel Luak schon wieder."
Dann stoppte die Wildelfe und ihre wirren, goldbraunen Haare schienen sich leicht aufzustellen, wie bei einer Katze. Die Eule zitterte und drückte sich angstvoll an den Hals ihrer Meisterin, als auch sie die ebenso verdutzte Dunkelelfe erkannte, die im Gebüsch lief, sichtbar mitgenommen von den Dornen und Ästen der Bäume. Die Beiden Elfen schauten sich verwirrt an, unfähig, zu reagieren. Dann sprach Liartra in den feinen Vokalen der elfischen Sprache und ihr Gesicht blieb vorsichtig, aber bestimmt.
"Was tust du hier, Drow-Weib? Nenne mir einen Grund, warum ich dich nicht sofort umbringen sollte!"
Harena starrte verächtlich in die großen Augen der Wildelfe.
"Das geht dich nichts an, du verdammte Druidin!"
Liartras Augen leuchteten kurz auf, dann lächelte sie.
"Dein Beschützer hat dich verlassen, hm?"
Die Priesterin fuhr wütend herum und legte ihre dunkle Kapuze zurück, woraufhin sich ihr wunderschönes, weißes Haar über ihrem grauen Körper entfaltete.
"Du hast es nicht anders gewollt, Kind des Waldes! Aber behaupte später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!"
Die Priesterin begann, mit ihren Händen einen Zauber zu wirken und die Pflanzen um sie herum gingen unter ihrer schwarzen Magie langsam ein.