Ergänzung zum 8. Kapitelganz am Ende)
"Die Hoffnung stirbt zuletzt? Ein menschliches, naives, kindisches Sprichwort, welches für das helle Volk keinerlei Bedeutung hat."
- Elaith "Die Schlange", elfischer Magier und Bürokrat
So, ich habe noch viiieeel zu erzählen, aber zuerst...
Kapitel 9: Der Junge mit der Sense
An anderer Stelle hielt sich ein anderes Kind die Hand vor Augen, um die hellen Strahlen der Sonne abzufangen. Dieser Junge mochte die Sonne nicht. Wenn es nach ihm ginge, würde sie schon lange für immer untergegangen sein.
"Hey! Gremne!"
Er drehte sich um und sah die anderen Kinder, die mit Ackerbaugerätschaft in den Armen auf ihn zuliefen. Nun konnte man auch die tiefschwarzen Augenringe erkennen, die Gremnes Gesicht seltsam entstellten. Ein etwas beleibter Junge trat vor und grinste das Kind an.
"Komm, Gremne! Drück dich nicht, alle müssen bei der Arbeit helfen!"
Gremne ergriff die Sense, die man ihm reichte, und wirbelte sie so rücksichtslos auf seine Schultern, das der Dicke einen panischen Sprung rückwärts machen musste, um nicht gezweiteilt zu werden. Geschockt schauten er und die anderen Kinder zu dem Jungen mit der Sense. Es war allgemein bekannt, dass Gremne besser mit der Bauernsense umgehen konnte, als so mancher Ritter mit seinem Schwert, und so hatte sich nie jemand über den schweigsamen Jungen mit den wuscheligen schwarzen Haaren beschwert. Nun grinste er wieder heimtückisch, wie er es oft tat. Keiner der Anwesenden konnte die Gedanken des Kindes erraten, das sich nun umdrehte und langsamen Schrittes zu dem Haferfeld lief, das heute sein Opfer sein sollte. Die Menge hörte auch, als Gremne schon aus ihrer Sichtweite verschwunden war, das regelmäßige Schaben des Holzes auf dem Schulterfleisch des Kindes, und ein Mädchen drehte sich angewidert um. Niemand von ihnen redete über Gremne, so wie man nie den Namen eines bösen Gottes erwähnen sollte.
Die scharfe Klinge schnitt durch das trockene Gras wie Butter und Gremne arbeitete sich mit einer unnatürlich hohen Geschwindigkeit durch das Feld. Die Halme bersteten von dem Jungen weg, als fürchteten sie sich vor seinem Grinsen und der gnadenlosen Sense. Dann aber stoppte er und sein fröhlich - makaberes Gesicht verschwand. Nun schaute Gremne auf einen Körper herab, der im Gras lag, leblos und bleich. Es war einmal ein Mensch gewesen, aber nun schien er nicht mehr unter den Lebenden zu weilen. Der Junge mit der Sense zerrte die Leiche an ihrem Haarschopf in die Höhe und starrte sie fasziniert an. Die Person musste schon länger tot sein, denn die Haut war bereits eingefallen und totenbleich, aber dennoch erkannte Gremne ein Mädchen aus seinem Dorf wieder. Er nahm den Korpus in den Arm und machte sich leise vor sich hin summend auf den Weg, eine Begräbnisstätte für die Tote zu suchen. Sein Weg führte ihn durch einige andere Felder, wo ihn Bauern und Kinder gleichermaßen entgeistert anstarrten, aber niemand sprach ihn an. Gremne erreichte einen großen Wald, in dem er vor längerer Zeit einmal einen Tempel gesehen hatte. Der Junge schritt durch das Geäst, und die Sonne verschwand langsam aber sicher hinter den Bergen von Cormyr. Nach ein oder zwei Meilen erblickte Gremne das Steingebäude, aber entgegen seiner Erinnerung war es eingefallen und zerstört. Nun prangte inmitten der Ruinen ein neuer Altar, aus schwarzem Obsidian geschlagen, mit Totenköpfen und anderen Verzierungen dekoriert. Der faszinierte Junge legte seine Sense ab und trug das tote Mädchen zu dem Altar, dessen bösartige magische Aura ihn fesselte. Gremne kannte den Gott, dem dieses Monument gehörte, nicht, aber der Stein mitten in einem kleinen, gottverlassenen Wald erschien ihm eine wunderschöne, letzte Ruhestätte. Als er die Leiche dort ablegte, schien das Material plötzlich zu verschwimmen und das Mädchen mit glibberigen, dicken Tentakeln zu bedecken. Kein Anzeichen von Schrecken zeigte sich in Gremnes Gesicht, nur fassungslose Faszination. Dann erschien eine zischende Stimme hinter ihm.
"Vielen Dank für dein Opfer, Gremne..."
Der Junge schaute sich um, sah aber niemanden. Plötzlich huschte ein Schatten an ihm vorbei und setzte sich lässig auf den Altar.
"Guten Abend, mein kleiner Freund. Was ist dein Begehr, dass du meinem Herrn Velsharoon ein Opfer erbringst?"
Der Sprecher schien tatsächlich ein einziger Schatten zu sein, und seine tiefen, schwarzen Augen glotzten zu dem Jungen.
"Woher weißt du meinen Namen?"
Wer Gremnes Stimme hörte, konnte sich perfekt vorstellen, warum das Kind so selten redete. Seine Stimme war traumatisierend und zischend, dass man Angst bekam.
"Das spielt keine Rolle, mein guter Junge. Nenn mir deinen Wunsch!"
Gremne realisierte, was geschah und es gefiel ihm.
"Einen Wunsch?"
"Ja, einen Wunsch. Die Motive meines Herrn sind unergründlich."
"Gebt mir... Gebt mir einen Freund oder eine gute Freundin, die immer zu mir halten!"
Der Schatten schien verdutzt, grinste dann aber wieder.
"So sei es... Gremne! Und wenn du mal wieder Probleme hast, komm nur zu mir, ich kann dir helfen!"
Mit diesen Worten verschwand der Schatten wieder in dem Altar, welcher nun auch die Leiche freigab, von der nicht mehr als Knochen und Knorpel übrig waren. Gremne schaute sich um, konnte aber niemanden sehen. Als er gerade wieder enttäuscht gehen wollte, vernahm er ein klapperndes Geräusch hinter und wirbelte herum. Das Skelett des Mädchens hatte sich erhoben und lief auf ihn zu. Doch der Junge hatte keine Angst. Nein. Gremne grinste wissend und ergriff die klapprige Hand des toten Mädchens.
"Linea? So war doch dein Name, oder?"
Der Korpus nickte und eine liebliche Stimme erschien hinter Gremnes Stirn.
"So ist es, mein Freund. Ich war Linea. Ich bin Linea."
Der Junge lachte laut durch den ganzen Wald und schaute dann begeistert zu dem Skelett.
"Genau, Linea! Lass uns für immer Freunde sein!"
Die Mädchenstimme bejahte die Frage und lief hinter dem Jungen hinterher, als dieser sich erhob, um sich mit der Sense in der Hand und einem lauten Lachen im Mund auf den Rückweg zu machen.
Kapitel 10: Velsharoon
Linea war wie üblich nur ein Knochenhaufen, den Gremne in einem Beutel mit sich herumtrug, da der Junge gemerkt hatte, dass seine sturen Mitmenschen laut schreiend vor seiner Freundin flüchteten, wenn sie "zusammengebaut" war. Die Knochen klapperten leise, aber die meisten Bewohner, an denen Gremne vorbeikam, wollten gar nicht wissen, was sich in dem unauffälligen schwarzen Beutel befand. Allgemein zeigten sie in letzter Zeit noch weniger Beachtung für das Kind, da bekannt geworden war, dass es nun auch noch Selbstgespräche zu führen schien, die in einem kreischenden, irren Kichern endeten. Gremne durchschritt das Tor des Chaunteatempels in dem kleinen Dorf. Die Göttin der Äcker hatte ihre Häuser überall, wo man Bauern sah, und das waren im Lande Cormyr verdammt viele Orte. Der Priester wurde leicht nervös, als das Kind mit der Sense in den Händen den Tempel betrat, zwang sich aber ein Lächeln auf das Gesicht.
"Guten Morgen Gremne! Was bedrückt dich?"
"Hallo."
Der Kleriker Chaunteas schluckte, als die Stimme des Kindes vibrierend in seinen Ohren erklang. Dieser Junge konnte nicht normal sein. Nun gut, als Priester der Chauntea sollte er nichts gegen Leute haben, die sich darin verstehen, eine Sense zu schwingen, aber das Herumtragen einer solchen ohne Unterbrechung ist etwas ganz Anderes.
"Ich bin hier, weil ich mit euch über den Sinn des Lebens reden möchte."
Es war nicht das erste Mal, dass Gremne für sein Alter über seltsame oder makabere Themen reden wollte, aber der Sinn des Lebens war sogar für normale Menschen äußerst schwer erklärbar.
"Nun gut, mein Junge, setz dich doch. Wie kommst du immer auf solche Themen?"
"Nun ja, weißt du, Onkel, es liegt daran: Ich verstehe es nicht. Warum sind wir hier, wenn wir eh wieder sterben?"
Plötzlich hatte der Kleriker ein ungutes Gefühl. Das musste wohl an den Augen des Jungen liegen, die ihn fragend und fokusierend anstarrten.
"Nun...äh... hach! Weißt du, Junge, darüber haben sich schon so viele Leute... Gedanken gemacht."
Die Augen des Jungen schauten nicht sonderlich zufrieden.
"Und zu welchen Ergebnissen sind diese Leute gekommen?"
"Uh. Äh. Naja..."
"Du weißt es nicht, habe ich recht?"
Er gab nach und atmete unbewusst aus.
"Ich hätte nämlich eine Idee."
"Aha! Dann erzähl doch mal, Gremne."
Nun war der Gottesmann wieder in seinem Element, Kinder in Gremnes Alter sollten definitiv nicht so viele Fragen stellen. Und Gremne erzählte seine Vorstellung mit einem freundlichen Grinsen auf dem Gesicht. Das Selbe wich schon nach wenigen Sekunden von den Zügen des Priesters und wurde durch einen glotzenden, erschrockenen Ausdruck ersetzt. Nachdem der Junge seinen Vortrag mit einem lauten, kreischenden Lachen abgeschlossen hatte, starrte ihn sein Gesprächspartner noch immer total entgeistert an.
"Junge. Wer um alles in der Welt hat dir das erzählt?"
"Ach, das hab ich mir selbst ausgedacht!"
Verkündete er, bevor er nach seiner Sense griff und sie dem überraschten Kleriker mit unglaublicher Wucht und dem gewohnten irren Grinsen entgegen schleuderte. Die Klinge trennte den Kopf des Gottesmannes sauber von seinen Schultern und Gremne leckte sich das Blut vom Mund. Der Ährenkranz der Chauntea war mit dem selben Hieb zerteilt worden. Der Junge leckte das Sensenblatt ab.
"Hey, Linea, meinst du nicht, meine Idee ist gut?"
"Doch, Gremne, mir gefällt sie."
Erklärte die Mädchenstimme hinter seiner Stirn und kicherte leise, woraufhin auch der blutbespritzte Junge mit Lachen begann. Seine Geräusche schmetterten laut durch das ganze Dorf und einige Kinder begannen mit Weinen, als der Sensenjunge den Kopf des Klerikers mitten auf die Straße kullern ließ. Dann öffnete er den Beutel an seinem Gürtel und Linea setzte sich wie von Zauberhand zu einem vollständigen Skelett zusammen. Die Menschen schrien umher und rannten wild durcheinander, aber einige Stunden später sollte keiner von ihnen noch am Leben sein. Gremne brachte das Töten wirklich keinen Spaß. In der kleinen, isolierten Welt seines Kopfes war es notwendig. Notwendig für seine Vision. Notwendig für die Menscheit. Notwendig für Velsharoon, seinen neuen Gott.
Einen Irren erkennt man am besten an der Art, wie er "Ich bin nicht irre!" sagt.
- Lebensweisheit
So, nach diesen Beiden Kapiteln dürft ihr mich als krank bezeichnen...![]()
Nein, mal im Ernst. Ich habe jetzt die Charas vorgestellt, und würde nun gerne mal wieder einen Batzen Kritik hören, aber bitte nichts von der Sorte "Die Ks sind zu kurz!!", sondern was, was ich in Zukunft auch wirklich verändern könnte.
@Seine Hoheit Jörn: Falls du auch ein Sklave bist, der den ganzen Tag arbeiten muss, und geschlagen wird, ist dieser Einwand berechtigt.Mal im Ernst: Der Vater hat nichts zu verlieren und mag seinen Sohn wirklich.
Ich hoffe, du verstehst.Zitat
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