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Uuund - Täterätääää ! Neues von Mio!
Ja, diesmal lasse ich das ganze Vorhergerede, und wünsche euch viel Spaß beim Lesen. Es ist das erste Kapitel "Die Ostmarken", was in meinem Schreibprogramm immerhin 5 Seiten läng ist. Ja, Dankwart kommt nicht vor, dafür aber brutale Karnickel, ein schwatzhafter Wirt, und jede Menge Dreck. Viel Spaß.
Die Ostmarken
Als der junge Mann aus den Nebeln trat, bemerkte er als erstes die Kopfschmerzen. Stöhnend hielt er sich den Schädel, und sank mit den Knien in den rutschigen und schleimigen Waldboden. Alles um ihn herum war nass; es hatte offenbar geregnet, und er sah, dass sich unmittelbar vor ihm eine Regenwurmfamilie zufrieden im Schlamm ringelte. Er blickte zum Himmel, sich noch immer den Kopf haltend. Das trübe Wetter machte, wie er sah, offenbar nicht den Anschein, sich in nächster Zeit zu bessern. Graue Wolken hingen am Himmel, und die Bäume des Waldstücks, in dem er sich befand, verschluckten beinahe alles Licht. Endlich schaffte er es, aufzustehen, und blickte an sich hinunter. Er trug noch immer die einfache Wanderkleidung, die er am Morgen des Tages angezogen hatte; Jägerstiefel, einen Wams aus Schafwolle, darüber einen leichten Kettenschutz, der seinen Namen kaum verdiente, und, zu guter Letzt, einen grünlichen Umhang, der ihm das Aussehen eines zu klein geratenen Waldschrats verlieh. Das Schwert, dass er an seiner Seite trug, war seinen weichen Knien nicht gerade zuträglich; es zog ihn ständig wieder in Richtung Erdboden, und so nahm er es in die rechte Hand, die noch halbwegs stabil zu sein schien. Dann erst blickte er umher.
"Was ist passiert?" murmelte er. Er sah sich über die Schulter, und bemerkte, dass der Nebel, der ihn unmittelbar zuvor noch in seinen Fängen gehalten hatte, unglaublich dicht war. Zu dicht, als von dieser Welt zu sein, dachte er. Die Nebelbank nahm die gesamte Breite seines Blickfeldes ein, er sah nur, dass etwa vier Meter vor ihm der matschige Feldweg darin verschwand. Auch hatte es etwas bedrohliches an sich. Er würde jedenfalls nicht dorthin zurückgehen, so viel war sicher. Aber was sollte er tun? Er konnte sich ja noch nicht einmal mehr an seinen Namen erinnern - …oder doch? Er überlegte kurz. Dann fiel es ihm ein. Grandy… Das war sein Name. "Was ist nur passiert?!" sagte er wieder, und tat einen Schritt in die Richtung, die von dem Nebel hinter ihm fortführte. Ein guter Anfang. "Ha!" fuhr es ihm durch den Kopf. "Ich weiß zwar nicht, wo ich bin, aber wenn der Rest meiner Wegstrecke genauso gut verläuft, dann auf zu fernen Ufern!" Er blickte auf den Weg vor sich, wo zwar ebenso Nebelschwaden umherirrten, man aber wesentlich mehr sehen konnte.
Im nächsten Moment wünschte er sich, er wäre wieder zurück in den Nebel gegangen.
Vor ihm, keine 10 Meter entfernt, tappte eine ungestüme Gestalt umher, die merkwürdig struppig wirkte. Er hob sein Schwert, um im Ernstfall auf einen Angriff vorbereitet zu sein. Doch das Tier tat nichts - denn ein Tier war es. Zunächst dachte er an einen Wolf, doch als sich die Konturen des Viehs verschärften, sah er, dass es ein ganz normaler Hund war, der ebenso verängstigt schien wie er selbst.
Der Hund beachtete ihn zunächst nicht, denn er schien Grandy überhaupt nicht zu bemerken. Er schnüffelte auf dem Waldboden umher, schaute sich zwischen vom Regen glänzenden Sandsteinen und Gräsern um, und zerkaute dabei zwei große, gelbliche Schnecken. Dann sah er Grandy, und bellte laut. Grandy, der mittlerweile jede Angst verloren hatte, steckte sein Schwert zurück, und ging langsam auf den Hund zu. Obwohl er sich nicht mehr fürchtete, betrachtete er das Tier fortwährend mit einem Anflug von Misstrauen. Nichts ist so heimtückisch wie diese elenden Flohtüten, hatte seine Frau Libra einmal gesagt. Da scheinen sie dich zu lieben wie ihren besten Knochen, und im nächsten Augenblick stehlen sie dir selbigen vom Abendtisch.
Er lächelte. Er hatte ihre bissigen Kommentare zu alles und jedem schon immer gemocht. Aber Moment - wer war sie überhaupt? Er glaubte, diesen Namen zuvor noch nie gehört zu haben, hatte diese Libra noch nie gesehen; wie konnte es da sein, dass er ihr Zitatsammelsurium kannte? Nun bemerkte er, dass ihm auch der Hund vor sich, den er mittlerweile hinter den Ohren streichelte, und der glücklich brummte, vertraut vorkam.
Kein Wunder, hatte er ihn doch schon seit Jahren besessen, er kannte diesen Hund, das war - seiner. Er stutzte, als ihm auch der Name wieder einfiel. Das Tier trug den Namen Julie. "Na, Süße, was ist mit dir?" fragte er leise lächelnd. "Kennst du mich noch?" Die Hündin bellte freundlich; auch sie schien ihn wieder zu erkennen. Während sie zu seinen Füßen durch den Dreck tollte, sah er sich abermals um. Der Nebel hatte sich nun gelichtet, und er sah, dass von der Lichtung, auf der er und sein Hund sich befanden, genau drei Wege fortführten, die allesamt einen mehr oder weniger verwilderten Eindruck machten. Der nördliche, der sich direkt vor ihm auftat, mündete in einer kleinen Schlucht, deren Wände etwa drei Meter hoch waren, und der ihm am freundlichsten erschien - sofern man diese unwirtliche Gegend freundlich nennen konnte. Der östliche führte auf einen kleinen Hügel hinauf, der ebenfalls von hohen Laub- und Nadelbäumen gesäumt war, und dessen gesamtes Areal er nicht zu übersehen vermochte. Der westliche Weg dagegen schien ihm am lebendigsten; vielleicht lag das daran, dass aus dieser Richtung das Plätschern eines zumindest kleinen Baches an seine Ohren drang, und tatsächlich ein kleiner Zitronenfalter zwischen den Baumwurzeln umherflatterte. Er beschloss, diesen Weg zu gehen, und erst einmal näheres über die Umgebung herauszufinden. Den nördlichen Pfad wagte er nicht zu beschreiten, denn dieser schien ihm trotz allem, was daran "freundlich" erschien, unbeliebt, und er erinnerte Grandy wegen der hohen Felswände zu sehr an die Nebelbank südlich von ihm. Doch in einem war er sich sicher: Bevor er sich auf den westlichen Weg begab, wollte er zunächst noch das Plateau östlich der Lichtung untersuchen. Während er den leicht gewunden Pfad hinaufging, folgte ihm Julie bereits auf dem Fuße, und hechelte, zufrieden, ihren Herrn wieder gefunden zu haben. Unmittelbar, nachdem Grandy auf dem Hügel angekommen war, entdeckte er etwas, das seine mürrische Laune schlagartig besserte: Dort, vor ihm in der Erde, wuchs ein Heilkraut. Er schmunzelte. "Komisch! Jeder kennt das Kraut, aber kaum einer kennt seinen wahren Namen; alle sagen immer nur "Heilkraut". Ich wüsste gerne seinen wahren Namen".
Im selben Moment sah er im Augenwinkel, dass sich links von ihm etwas bewegte. Er drehte sich erstaunt um, nicht erschreckt, da die Bewegung so flüchtig gewesen war, dass sie nur von einem kleinen Lebwesen stammen konnte. Dort, im Schlamm des Erdbodens, kauerte ein kleiner Hase, nein! Es waren zwei. Er lächelte wieder, und bückte sich, pflückte einen Löwenzahn, und hielt ihn den beiden Winzlingen hin. Einer der beiden - es waren beide Rammler - hoppelte nach kurzem Zögern auf seine Hand zu, schnupperte daran, und begann dann, glücklich den Löwenzahn zu fressen.
Der zweite Hase dagegen zog es vor, im Hintergrund zu bleiben, doch er schaute Grandy aus wachsamen Augen an, der verwundert bemerkte, dass so nur Raubtiere blickten.
Und - warum waren die Augen der beiden von blutroter Farbe?!
Viel zu spät bemerkte Grandy, dass der Hase, der eben noch den Löwenzahn verspeist hatte, nun drauf und dran war, das selbe mit Grandys Hand zu tun. Scharfe Krallen fuhren aus dem schmutzigen Pelz seiner Pfoten, und er stieß ein unnatürliches Fauchen aus, das so gar nicht zu ihm passen wollte. Ehe Grandy sich versah, biss ihm das Karnickel kräftig in den Zeigefinger, so brutal, dass der junge Mann vor Schmerz aufschrie. Hastig zog er seine Hand zurück, und sah, dass zwei seiner Finger heftig bluteten. Dann realisierte er, dass der zweite Hase, der sich zunächst im Hintergrund gehalten hatte, im wahrsten Sinne des Wortes fliegend die Stellung gewechselt hatte. Während der erste Hase Grandy beschäftigt hatte, war der zweite um den Mann herumgeschlichen, hatte einen riesigen, weiten Sprung gemacht, und krallte sich nun mit Zähnen und Klauen in Grandys Rücken. Der hatte den ersten derweil mit einem hölzernen Knüppel bearbeitet, als ihm einfiel, dass er ein Schwert an der Seite trug. Ungeachtet der heftigen Kratzer und Bisse, die ihm der Rammler in seinem Nacken zufügte, holte er aus, und warf das Schwert mit solcher Wucht auf den Hasen vor sich, als wolle er es im Boden versenken. Der Griff des Schwertes traf den Hasen an der Schläfe - und brach seinen Schädel. Der Hase hielt kurz inne, taumelte, und brach dann zusammen.
Grandy keuchte. Was war das hier bloß für ein Ort, an dem brutale Killerkarnickel arglose Wanderer angriffen? Doch er hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Da war ja noch das zweite Untier! Zu weit vom Schwert entfernt, als dass er es schnell hätte zurückholen können, entschied er sich, dem Hasen mit den Händen zu zeigen, wo es langging. Er griff sich mit beiden Fäusten über die Schultern, und packte den Hasen am Genick. Dann schleuderte er ihn, so fest er irgend konnte, über seinen Kopf. Die Krallen des Karnickels, fest, aber ohnmächtig entgegen der Kraft des Mannes, gaben augenblicklich auf. Das Tier flog mit einem Heulen durch die Luft, und kam am Stamm einer nahen, dicken Kastanie auf. Es knackte leise, und der tote Körper kullerte auf den Waldboden. Ein kleines Blutrinnsal floss ihm aus den Ohren, als er liegen blieb. Grandy taumelte, und fiel zur Seite auf den Boden.
Der Gasthof machte einen leicht verwahrlosten Eindruck, und es war offensichtlich, dass hier nicht oft Menschen einkehrten. Grandy dagegen war das egal; ihm war kalt, er war naß, und im Haus brannten die warmen Lichter. Außerdem strömte aus einem der Fenster, das leicht angekippt war, ein wundervoller Duft. Grandy schnupperte. Dann identifizierte er den Duft als Kartoffelsuppe. Er öffnete die Tür des Hauses, einem klassischen Holzbau, und trat ein. Er klopfte sich die Schuhe auf einer Fußmatte ab, und blickte, nachdem er die Tür geschlossen hatte, umher, um sich ein Bild zu verschaffen. Entgegen der Erwartungen, die man vielleicht vom äußeren Anblick des Hauses erhalten konnte, herrschte darin eine urige Gemütlichkeit. Der Gasthof besaß nur einen zentralen Raum; von diesem ging jedoch eine Tür genau gegenüber von Grandy fort. Rechts, etwas weiter weg, in einer kleinen Kochnische, saß eine Frau mittleren Alters, die ihn zunächst nicht zu bemerken schien. Vor ihr auf dem Herd brodelte die - Grandy hatte Recht gehabt - Kartoffelsuppe. Links von ihm befand sich ein Tresen, hinter dem ein Mann stand, der beim Eintritt Grandys fast überrascht aufblickte. "Wie denn, ein Gast?" sagte er, und lächelte. "Willkommen im Gasthof zum Schwatzhaften Wirt" sagte er dann freundlich, "Ihr braucht euch nicht über den Namen zu wundern. Der Schwatzhafte Wirt bin natürlich ich, aber ich habe mir den Namen nicht ausgesucht. Irgendjemand fand es wohl komisch, vor einiger Zeit weiter südlich von hier beim Haus des alten Dengelbrack einen Wegweiser aufzustellen, und diesen Namen dort einzugravieren. Nun, wie dem auch sei, seid willkommen in meinem Haus, was wollt ihr tun, wollt ihr etwas wissen, oder hier übernachten?" Der Gastwirt schloß für einen kurzen Augenblick den Mund, und sah Grandy an. Diesem war die Kinnlade heruntergefallen angesichts dieses unerwarteten Redeschwalls. "Äh, ja, also..." fing er an, und kratzte sich am Kopf, "Ich bin...äh...neu hier in der Gegend, und suche eigentlich erst einmal nur eine Ruhestätte. Ich hatte vorhin die Begegnung mit zwei fürchterlichen, schwarzen Kaninchen."
Der Wirt lachte auf. "Ha! Ihr also auch! Die machen wirklich vor gar keinem mehr Halt, ihr müsst wissen, wir nennen sie nur "Killerkarnickel", und das trifft auch irgendwie zu, denn sie sind ja schon ziemlich aggressiv, die beste Möglichkeit ist natürlich ihnen einfach Löwenzahn hinzuhalten und..." Der Wirt hätte warscheinlich noch Stunden so weiter schwadroniert, hätte Grandy ihn nicht unterbrochen. "Von wegen. Löwenzahn hilft bei diesen Mistviechern überhaupt nichts. Wo kommen die überhaupt her?" Im nächsten Moment wünschte er sich, er hätte keine Frage gestellt, denn schon begann das Gerede erneut.
"Nun ja, wissen sie, die waren auf einmal einfach da, es ist ja nicht so, dass sie sich irgendwie hierhermaterialisiert hätten, aber sie kamen eben aus dem nichts, das muss jetzt vielleicht achtzehn oder auch zwanzig Jahre her sein, im selben Jahr jedenfalls, als drüben in Düsterburg alles schiefging." Die Miene des Wirtes verdunkelte sich plötzlich, und er blickte düster vor sich hin. "Düsterburg?" fragte Grandy, "ist das eine Stadt?" - "Jaja" winkte der Wirt ab, der auf einmal überhaupt nicht mehr redselig schien. Dann erhellte sich seine Miene wieder etwas. "Aber was rede ich, ich darf doch nicht unfreundlich zu Gästen sein. Ihr wolltet doch ein Bett, wenn ich mich richtig erinnere?" Grandy, erleichtert, dass ihm keine neuen endlosen Reden bevorstanden, nickte. "Ja; wieviel kostet das?" Der Wirt winkte ab.
"Ach, gebt mir einfach, was ihr habt. In Zeiten wie diesen darf man nicht auch noch gierig sein, erst Recht nicht in meiner Position." Grandy kramte kurz in seinem Mantel, und legte dem Wirt einige Goldmünzen auf den Tisch. "Der Wirt nickte zufrieden. "Das Bett gehört euch. Geht einfach durch die Tür. Wir frühstücken um elf. Ihr könnt mich gerne unterstützen, die Köstlichkeiten meiner Frau zu vertilgen." Grandy, der jetzt im Augenblick nicht hungrig
war, nickte zufrieden. "Danke, für das Angebot." Dann schloß er die Tür.
Am nächsten Morgen stellte er fest, dass er sich rundum wohl fühlte. Seine Kleider waren getrocknet, und ihm selber war warm und wohl ums Herz. Doch dann knurrte etwas, und es war nicht Julie. "Hunger" stöhnte er. Er zog sich schnell an - den Mantel ließ er außen vor -
und ging in den Hauptraum, wo der Wirt und seine Frau bereits wie versprochen bei der Kochnische frühstückten. "Setzt euch, setzt euch" sagte der Wirt lächelnd. "Nehmt euch, was immer ihr mögt." Grandy blickte über den Tisch, der voll beladen war mit guten Sachen.
Dann schmierte er sich ein Marmeladenbrot. Für Julie gab es getrocknetes Fleisch, alte Kartoffeln, Wasser, und als kröhnenden Abschluss, einen Knochen. Der Hund war mehr als zufrieden. "Also" begann der Wirt, der das Wort nach einer Weile gefräßiger Stille ergriff.
"Was führt euch überhaupt hierher?" - "Tja, wenn ich das wüsste... Zuallererst würde ich gerne von euch etwas über die Gegend hier erfahren - wenn ihr mir helfen könnt."
Der Wirt nickte, während er auf einem Wurstbrot herumkaute.
"Natürlich. Ich kann euch auch noch über die umliegenden Gegenden etwas erzählen, wenn ihr mögt. Aber zuerst einmal etwas über diese Ländereien." Er räusperte sich kurz.
"Tja, was soll ich sagen. Diese gegenden hier sind als die Ostmarken bekannt. Sie bildeten früher den östlichsten Punkt des Reiches von Falkenburg; und tun es im Grund heute noch.
Im Norden der Ostmarken - also etwas westlich, und dann nördlich - findet ihr den Krötenwald, der von einem kleinen Fluss in zwei Teile getrennt wird. Dort dürftet ihr wohl auf die mörderischen Kaninchen getroffen sein, denn das ist ganz klar ihr Territorium. Die andere Seite des Waldes hat meines Wissens noch nie jemand betreten, oder wenn, dann ist es lange her. Denn es gibt keinen sichtbaren Pfad oder Weg dorthin, und der Krötenbach ist zu breit, als dass man hinüberspringen könnte. Und ehrlich gesagt..." Der Wirt machte eine verschwörerische Miene. "Ehrlich gesagt würde ich auch gar nicht dort hinüberwollen.
Dort drüben ist es viel dunkler als im Rest des Krötenwaldes, und das liegt nicht an den Bäumen. Schon dort, wo unsere Seite der anderen am nächsten kommt, ist es ständig bitterkalt, und alle Bäume verwesen. Dort hinten geht es eindeutig nicht mit rechten Dingen zu, so viel steht fest. Es heißt, vor Jahren - und ich meine, vor wirklich vielen Jahren - hätte dort irgendein ketzerischer Kult verbotene Weihen und Feiern durchgeführt. Aber das ist wahrscheinlich nur erfunden." Er lachte Grandy ins Gesicht. "Weihen! Ha! In den Ostmarken!" Seine Miene wurde wieder ernst. "Nunja, was kann ich euch noch über die gegend erzählen... Gleich hier drüben, hinter der Brücke, die ihr vielleich schon gesehen habt, findet ihr einen kleinen Laden. Er wird von Harkon Luksz und seiner Frau betrieben - Nun ja, eigentlich nur von seiner Frau, denn Harkon selbst steht ständig am Eingang zur Falkenschlucht, um diese zu bewachen." Als er Grandys gerunzelte Stirn sah, winkte er ab. "Aber darüber erzähle ich euch später noch etwas." Er biss nocheinmal in sein Wurstbrot, und sprach weiter. "Und sonst? Ja, südlich von hier lebt der alte Dankwart Dengelbrack,
ein ehrwürdiger Mann, der offenbar in seinem Leben schon viele harte Prüfungen zu bestehen hatte. Noch weiter südlich findet ihr den wahrscheinlich einzigen wirklichen und offenen Ausgang aus den Ostmarken. Doch dort, wo ihr dann hinkommt, ist es nicht viel besser. Über diesen Weg gelangt ihr in die Eisöden - und da geht es hoch her, kann ich euch sagen! Eisstürme, andauernder Schneefall und solche Sachen machen es praktisch unmöglich, dort längere Zeit ohne ein Dach über dem Kopf zu überleben. Außerdem streift dort allerlei widerliches Getier durch die Gegend; Schneetrolle, und gefährliche Geier, wie man hört. Vor etwa vierzig Jahren, es war vor meiner Zeit, da ging angeblich eine Gruppe von Zwergen dorthin, weil sie im ewigen Eis große Schätze zu finden hofften. Nun, den Nachrichten zufolge, die mein Vater erhielt, haben sie das auch getan; aber irgendwann blieben die Briefe aus, und auch die Zwerge kamen nicht wieder. Irgendetwas schreckliches muss ihnen widerfahren sein. Aber ihr kennt ja die Zwerge: Für Reichtümer tun sie alles. Um ihre Schätze zu beschützen, gehen sie notfalls in den Tod, wie man hört. Nun ja.
Das wäre es eigentlich, was ich euch sagen kann." Grandy, der aufmerksam zugehört hatte, blickte dem Wirt in die Augen. "Und im Westen? Was ist da? Was ist dieses "Düsterburg"?
Und warum steht dieser Hakan ständig am Eingang zur Schlucht?"
"Harkon! Er heißt Harkon!" brauste der Wirt auf. "Dankt dem Himmel, dass wir ihn haben. Ohne ihn wäre hier vermutlich alles schon längst in Schutt und Asche versunken."
Grandy blickte ihn erstaunt an. "Wieso? Was ist denn mit diesem Düsterburg?"
Der Wirt schaute aus dem Fenster. "Es ist eine Stadt des Schreckens" sagte er dann. "Keiner von uns ist dort gewesen, seit Harkon die Schlucht bewacht; und das tut er nun seit fast zwanzig Jahren. Aber ehrlich gestanden, will ich das auch gar nicht. Als der Herzog von Falkenburg noch regierte, da war alles anders. Ja, da bin ich oft in Düsterburg gewesen, ich war noch ein Kind.Und damals hieß es auch noch Falkenburg. Doch der Herzog wurde gestürzt - von einem Monster, einem bestialischen Unhold. Nicht größer als ihr oder ich, aber böser als alles, was man sich vorstellen kann. Er riss den Titel mit Gewalt an sich, und vertrieb den Herzog aus seinem Schloss. Seitdem herrscht in Düsterburg die nackte Angst.
Natürlich, man kann sich auf den Straßen frei bewegen, aber überall patroullieren die Schergen des neuen Herzogs, und die sind auch nicht besser als er, das könnt ihr mir glauben. Ja, es ist wirklich so, dass die Toten unter den Lebenden wandeln. Sie bewachen alles, was ihrer Meinung nach nicht in die Hände der Menschen gehört. Und sie lassen keinen aus der Stadt oder hinein. Die Leute leiden unter ihrem Herrscher; deswegen bin ich froh, hier zu leben. Es ist besser, arm zu sein, weil man nichts hat, als arm zu sein, weil einem alles genommen wird. Und aus diesem Grund bewacht Harkon Lukasz auch die Falkenschlucht. Sie bildet den einzigen Zugang von den Ostmarken aus, um nach Düsterburg zu kommen.
Wäre Harkon nicht bei uns, ich schwöre euch, diese marodierenden Monster würden in Scharen über uns herfallen. Manche vielleicht, weil sie nur klein und gemein sind, und unser Geld und unser Essen wollen, aber andere würden auch kommen, andere, die unser Blut wollen, die nur Zerstörung im Sinn haben. Ach, es ist ein Jammer." Der Wirt schob sich das letzte Stück seines Brotes in den Mund, und kaute. Grandy blickte nachdenklich drein, während die Frau des Wirts Julie frisches Wasser eingoss. Er würde mit diesem Harkon reden müssen. Und was war mit diesem Dengelbrack? Allein von der Art, wie der Wirt über ihn gesprochen hatte, musste er ein zumindest annähernd kluger Mensch sein. Vielleicht konnte Grandy von ihm das erhalten, was er brauchte: Informationen.
Ich hoffe, das hat euch auch gefallen...
Ich schreibe natürlich weiter.
Auch wenn du, Grandy, mich davon abhalten willst.
Zurzeit schreibe ich gerade an Dankwarts Geschichte, die ich als zweites oder drittes Kapitel eingeplant habe. Das Intro dagegen habe ich noch nicht mal von hinten angesehen. Aber das werde ich. Keine Sorge.
~Mio
Geändert von Mio-Raem (14.08.2007 um 11:25 Uhr)
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