Konsum landete etwas außerhalb von Geisterstadt. Es war noch nicht al zu lange her, dass er den gesamten Kaffee der Stadt und den, der angrenzenden Provinzen, aufgekauft und damit einen See wiedergefüllt hatte. Des weiteren hatte er ein paar unangenehme Gefühle in der Magengegend und konnte sich etwas spannenderes Vorstellen, wieder hier zu sein.

Wieder flimmerte er und hing seine Rüstung und seinen Umhang in die Kleiderschränke zurück. Nun stand er in einem normalem Straßenoutfit da, und atmete noch einmal tief durch. Auch sein Schwert hatte er in den Drachenhort zurückgebracht. Dann betrat er die Stadt.
Erst schien alles gut zu laufen, doch dann bemerkte er etwas. Er wurde beobachtet, von Hunderten toter Augen, die sich überall um ihn herum postiert hatten. Egal wohin er sich auch wendete, die Augen waren schon da. Dann sah er das Lächeln, dass dümmlich von den Häusern auf die Straßen fiel und die Leute dazu veranlassten, mürrische Bemerkungen zu machen.
Die Augen und das Lächeln...
Beides für sich war schon schlimm, doch diese Aspekte vereint, in einem Wesen war Folter. Überall sah Konsum dieses Wesen auf ihn niederstarren und ihn verhöhnen. Es schien seinen Namen zu verspotten und Konsum zu einem Feind der Gesellschaft machen zu wollen.
Konsum brauchte nur um die Ecke zu gehen, schon glotzten Tausende dieser Monster ihn an. Die Menschen bemerkten sie nicht mehr. Sie waren wohl schon länger in der Stadt, als Konsum erwartet hatte. Nachdem er mehrere Straßen weit gegangen war und immer die Monster sah, traute er sich nun endlich ihren unheilvollen Namen auszusprechen. Es war...

Ich… Das bin ja ich!

... rief er fassungslos und starrte die Plakate und Transparente an. Sein letzter Besuch in Geisterstadt hatte die Metropole tief erschüttert. Er war ein Star geworden und überall prangerte nun sein Gesicht und sein Name an den Wänden. Es gab sogar schon Fanclubs und Hotlines, bei denen man die neusten Nachrichten in Sachen Konsum erfahren konnte. Ein Plakat kündigte eine große Talkshow an, in denen verflossene von dem „erschreckenden Drachenmutanten“ ihr Schweigen brechen wollten. Er hörte Leute schreien, die von seinen „monströsen Untieren“ angefallen sein sollten und ein paar Mutige behaupteten, Konsum in einer dunklen Ecke gestellt zu haben, als dieser gerade an der Kehle einer jungen Frau hing.

Konsum wich jede Farbe aus dem Gesicht. Er mochte sich irgendwie nie gerne im Spiegel sehen, auch wenn man ihm immer wieder sagte, dass er doch gar nicht „so“ schlimm aussehe. Aber nun spielte er mit dem Gedanken, alle Spiegel aus dem Hort verbannen zu lassen.
Er zog sich die Kapuze des Pullovers tiefer in die Stirn und marschierte weiter, den Blick immer auf den Boden gerichtet.
Aber eine fragte er sich aber dann doch: Wieso war niemand mehr auf seinem Gelände gewesen?
Nun, die Antwort kam früher als ihm lieb gewesen wäre, denn eine Windbö überraschte ihn und fegte die Kapuze von seinem Kopf. Da es nun nicht gerade viele Menschen gibt, die blaue Haare und leuchtende Augen haben, fiel er schnell auf. Ehe er etwas dagegen unternehmen konnte, hatte ihn einer erkannt und schrie lauthals seinen Namen.
Als ob die Menschen nur auf Kommando gewartet hätten, stürmten sie auf Konsum zu, drängten auf ihn ein und riefen irgendwelchen sinnlosen Lärm. Einige wollten nur ein Autogramm, andere wiederum eine Haarlocke, die meisten aber wollten nur sein Geld und überhäuften ihn mit ihren Wehklagen, wie schlecht es ihnen doch gehe, dass sie doch nur noch so und so viel für den Führerschein bräuchten, dass sie schon seit Ewigkeiten nichts mehr zu Essen hatten und dass sie schon so unglaublich lange keinen Urlaub mehr hatten. Ganz pfiffige boten ihm etwas zum Kauf an, das, ihrer Meinung nach, absolut kaufenswert war. Konsum war sich sicher, niemals im Leben einen Moment zu erleben, der den vor 800 das Wasser reichen konnte. Nun, er hatte sich geirrt.

Langsam, langsam! Was? Für wem? ... Nein, es ist mir egal, wie lange sie schon auf ihren Kaviar warten... Bitte? Na, soweit kommt’s noch. ... Nein! Mein Schloss ist nicht zu besichtigen und ich suche auch keinen Untermieter! Verdammt noch mal, ich will deine Schwester nicht kaufen und deinen Bruder erst recht nicht! Nein, ich habe schon ein Schloss und nun lassen sie mich in Ruhe!

Konsum wurde erdrückt. Die Menschenmassen drangen immer weiter auf ihn ein und wollten ihn erdrücken, die Luft zum Atmen nehmen und ihn nie wieder loslassen. Konsum kam sich nicht wie ein Mensch vor, sondern wie Tier, dass einfach nur zur Belustigung der Anwesenden auf die Straße gelassen wurde. Die Gesichter der Menschen formten sich zu Fratzen und das Geschrei wurde immer sinnloser. Wenn er die Macht gehabt hätte, hätte er die Erde geöffnet und sich in die dunklen Tiefen des Planeten zurückgezogen und dort geblieben, bis er sich absolut sicher war, dass nichts mehr da war, das ihn Schaden konnte...

Und plötzlich änderte sich alles. Er schallt sich einen Narren und Feigling. Denn tief in seinem Inneren war etwas erwacht, dass er schon längst tot dachte.

Idiot! Was habe ich dir beigebracht? Du bist ein Drache! Verhalte dich auch so und lasse dich nicht so zum Narren halten. Es sind doch nur Menschen...

In Konsums Gedanken formte sich wieder das Bild, eines saphirblauen Drachens. Er war seit 800 Jahren nicht mehr in Erscheinung getreten und Konsum hatte ihn nicht vermisst. Aber nun war er froh, das Er wieder da war, denn Er brachte die Kraft mit sich, die Konsum brauchte.
Schneller als er atmen konnte, wechselte er seine Gestalt und brach sich aus dem Gefängnis aus Leibern frei. Mit ausgebreiteten Schwingen stand er da, warf seinen Kopf in den Nacken und brüllte aus Leibeskräften. Mit wahnsinnigen Blick fixierte er die nun panische Meute. Sein Schwanz peitschte herum und seine Klauen zogen sich wieder und wieder zu Fäusten zusammen. Unter dem Schuppenkleid traten die Muskeln hervor und von seinen Reißzähnen troff Geifer. Mit einem weiten Sprung landete er vor einer Frau, die gerade mit ihrem Kind davon rennen wollte, wie es alle anderen auch taten. Er packte das Kind am Kragen, stieß sich vom Boden ab und flog ein Hochhaus empor, in dessen Fassade er sich dann krallte und das Kind wild schüttelte.

Er war versucht das Kind einfach in die Tiefe stürzen zu lassen, da ihm das Geschrei einfach nur auf die Nerven ging, doch ein plötzlicher Schmerz im Kopf, der ihn fast erblinden lies, ihn dazu zwang, langsam aber sicher mit dem Kind auf die Erde zurückzuklettern. Erst als das Kind wieder Frei war, hörten die Schmerzen auf und Konsum konnte wieder klar denken. Er wusste, dass es keine normalen Schmerzen waren, denn in seinem Zustand war er gegen Mentalmagie mehr als Anfällig, also suchte er instinktiv die Menge ab und fand einen Mann, der ruhig dastand und in einer Aura schimmerte. Die Aura der Magie.

Wie ein Tier sprang er auf allen vieren dem Mann entgegen. Die Welt färbte sich wieder rot und nur der Mann war interessant. Nichts wünschte sich Konsum mehr, als diesen Mann zu zerfleischen, ihn in Stücke zu reißen und sich an seinem Fleisch zu laben. Er stieß sich vom Boden ab und segelte dem Mann entgegen. Doch wieder war da der Schmerz, der ihn in die Knie zwang und dazu brachte, wie ein Kind zu wimmern. Die ganze Blutlust entwich und die Welt erhielt wieder ihre Farben. Doch auch nun wollte der Schmerz nicht aufhören. Paralysiert war Konsum nicht in der Lage, eine Barriere aufzubauen. Der Schmerz schwoll noch stärker an und füllte bald jede Faser seines Seins. Er konnte noch nicht einmal Schreien, da der Schmerz seine Stimmenbinder lähmte. Es war als ob die Seele selber brennen würde und den Körper von innen heraus verkohlte.

„Genug jetzt!“

... donnerte eine harte Frauenstimme und augenblicklich ließ der Schmerz nach. Zitternd lag Konsum da, fühlte sich taub und wünschte sich nichts sehnlicher als das Bewusstsein zu verlieren. Doch ihm wurde die Gnade der Ohnmacht verwehrt und so lag er mit weit aufgerissenen Augen da. Er bemerkte nur am Rande, dass der Mann und die Frau zu ihm kamen und sich neben ihn knieten.

„Du hast es übertrieben... Was wolltest du machen? Seinen Geist zerrütteln?“

Die Frau klang immer noch sehr hart und streng, hatte aber einen besorgten Unterton nicht verdecken können. Der Mann jedoch schwieg, stand wieder auf und verscheuchte die Gaffer, die sich versammelten.

„Konsum! Konsum! Verdammt noch mal, wach auf!“

Eine kräftige Ohrfeige lies Konsum den Kopf drehen. Seine Augen leuchteten zwar wieder normal, aber sei Blick war glasig und leer. Sein Körper war immer noch taub und er schickte stumme Gebete hinaus, dass jemand ihn entweder töten öder Bewusstlosschlagen würde. Doch niemand erhörte ihn.

„Wir müssen ihn hier wegbringen...“

Starke Hände packten ihn unsanft unter die Arme und hoben ihn vom Boden. Der Mann warf Konsum sich über die Schulter und folgte der Frau, die sich einen Weg durch die immer größer werdende Menschenmenge bahnte. Sie verschwanden in einer Seitengasse, in der sie Konsum wieder auf den Boden legten und ihn Wasser aus einer Pfütze ins Gesicht spritzten. Langsam traute sich Konsums geschundener Geist wieder an seine Arbeit und begann damit den Lebenswillen in Gang zu bringen.
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Ya mata,
Konsum