Sehr mutig von Dir!!!

Der Text hat mich sehr bewegt, und teilweise finde ich mich darin auch wieder, wenn auch eher aus anderen Perspektiven gesehen, denn ich verbrachte teilweise sehr viel Zeit zu Hause mit mir selber nicht ganz aus freien Stücken, sondern weil ich in der Schule eine Außenseiterrolle bekommen habe.
Lag weniger an meinen Interessen, sondern an der traurigen Tatsache in einer Zeit pubertierend gewesen zu sein, wo H&M noch nicht erfunden war und nur Markenklamotten zählten, die ich mir weder leisten konnte noch wollte (obwohl, letzteres stimmt nicht, ich wollte sie mir leisten, um endlich dazu zu gehören).

In dieser Rolle lebte ich teilweise so sehr, dass - selbst als ich Freunde endlich gefunden hatte - ich schon froh war, im Bus auf den Weg zur Schule niemanden zu treffen, mit dem ich mich unterhalten musste, da ich lieber mein Buch in Ruhe weiter lesen wollte... ich war in der Zeit gerade zu bessesen von Büchern, gerade Wolfgang Hohlbein hatte es mir angetan (hab nicht umsonst 50 Bücher von ihm gelesen!).

Ich wurde 'nebenbei' depressiv und suizidgefähret, selbst die Leute, die sich später interessiert an mir zeigten (durch meine Kirchengemeinde zum Beispiel) wies ich zurück und gab ihnen gar keine Möglichkeit, mich zu mögen - dafür habe ich mich selbst zu sehr gehasst (tue ich heute noch, aus anderen Gründen und ist quasi in professioneller Bearbeitung. Fragen dazu werde ich vorerst nicht beantworten, gomen!).

Erst ab der Oberstufe - als ich durch die Vermischung der Klassen auf neue und unvoreingenommene Leute traf (und als das Problem Markenklamotten sich von allein erledigte ^^), begann ich wieder mich zu öffnen. Wenn man dann auch noch das Glück hat, in der 11. Klasse jemanden zu treffen, der genauso gerne Sailor Moon sieht wie man selbst, brechen plötzlich neue Horizonte auf. Immerhin musste ich mein gerade aufkeimendes Interesse an japanischen Zeichentrickserien (das vorher schon latent vorhanden war) nicht verstecken und konnte anfangen, offen dazu zu stehen. Und trotz aller Vorurteile, auf die ich heute noch treffe, fand ich immer mehr Verständnis um mich herum (und wenn schon nicht das, dann wenigstens ein Mindestmaß an Toleranz - selbst bei meiner Mutter, die Pokémon-Fanatisch geworden ist ^^).

Das Problem mit dem Desinteresse an anderer Leute Interessen kenne ich ehrlich gesagt von mir nicht. Im Gegenteil, ich habe mich eine zeitlang über Bekannte von mir beschwert, die sich einfach mit meinem Kinderkram oder meinem Interesse an Videospielen nicht auseinandersetzen konnten, während ich aber locker mit Ihnen über ihre Erzieherausbildung oder ihre Arbeit auf dem Bau reden konnte... aber gleichzeitig predigten sie Toleranz, die sie in solchen Bereichen nicht ausüben konnten. In einem Teil meines Freundeskreises stehe ich an diesem Punkt nach wie vor allein da - umso glücklicher bin ich a) meinen Bruder zu haben, der trotz teilweise anderer Interessen blind zu mir hält (wie auch meine anderen Familienmitglieder, die anfangs mehr Schwierigkeiten mit meinen Interessen hatten) und b) diese Internetgemeinde zu haben. Mir kann niemand mehr auftischen, dass Internetfreunde keine Realfreundschaften darstellen! Außerdem kann man sich im RL ja treffen und ich freue mich heute noch auf jeden Stammtisch!!!

Oh man, ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mein Vater im Dezember (nachdem ich immer geglaubt habe, er würde mich für eine Traumtänzerin handeln) ein Bild, dass ich von mir und meinen Geschwistern im Animestil gezeichnet habe, eingescannt und unserer gesamten Familie in Frankreich als Weihnachtskarte geschickt hat. Das ist eine Art, stolz zu zeigen, oder? Dass er stolz auf mich ist - und dass, nachdem er mich eine zeitlang nur fertig gemacht hat, weil ich mit meinem Studium nicht zustande kam!
Und selbst meine Mutter begann irgendwann mir lauter Zeichenbücher zu kaufen, um zu zeigen, dass sie meine Hobbies unterstützt - ihr könnt gar nicht glauben, wie glücklich man dabei wird ^^
Ich bin jedenfalls froh, inzwischen so offen mit meinen Interessen geworden zu sein, dass ich darin bei den richtigen Leuten auch Unterstützung finden kann - auch wenn sie nicht immer alles nachvollziehen können. (Na ja, eine 22jährige Videospielerin ist ja okay... aber dann ist sie gleichzeitig noch Powerpuff Girls Fan UND hört Subway To Sally o_O - nun, ich bin halt, was ich bin ^^).

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Original geschrieben von Laguna Loire
Und wenn man gemocht werden möchte, muss man zuerst mal andere mögen.
Grundvorraussetzung dafür ist, dass man sich selbst mag ^^