Zitat
[...]Einerseits: Wir können unsere Willensfreiheit nicht bezweifeln. So hätte ich doch zum Beispiel, statt meinen Artikel zu beginnen, erst noch meine Tasse Kaffee trinken können. Mehr noch: Ich darf nicht nur wählen, ich muss es sogar. Wer kennt nicht die Situationen, in denen die auferlegte Wahl zur existenziellen Qual wird - und dennoch unausweichlich. Wir Menschen sind verdammt zur Freiheit, wie Jean-Paul Sarte sagte. Wir sind Personen mit Verstand und Gewissen, nicht nur gesteuert von Reflexen, Trieben und Instinkten. Den Tieren ist ihr Leben gegeben, den Menschen aufgegeben; so wird gewöhnlich die Trennungslinie gezogen. Wir wissen Gut und Böse zu unterscheiden und sind damit aus dem Paradies der Unschuld vertrieben. Die italienischen Philosophen Franceso Albertoni und Salverdore Veca betonen, dass sittliche Forderungen die menschliche Freiheit vorraussetzt. Denn moralische Bewertung ziele darauf, wie jemand von seiner Freiheit Gebrauch mache. Andererseits: Wie ist so etwas wie Willensfreiheit möglich in einer Welt unverrückbarer Naturgesetzte, denen auch wir unterworfen sind? Das menschliche Gehirn ist ein Organ, das nach den Regeln der Physik und Chemie arbeitet. Die Freiheit unseres Wollens und Handelns, im Alltag unbestreitbar, erscheint unter dieser Perspektive plötzlich unergründlich geheimnissvoll, wenn nicht gar prinzipiell unmöglich. Bei erster Betrachtung stellen sich nur zwei Alternativen: Entweder müssen wir glauben, dass wir das natürliche Geschehen in Gehirn und Körper auf nicht naturgesetzliche Weise quasi von außen beeinflusssen können, etwa über eine unsterbliche Seele. Dann macht uns ein von der materiellen Natur unabhängiges geistiges Prinzip zu freien und verantwortlichen Personen. Oder aber wir müssen annehemen, dass unser Denken, Reden und Tun sich im Rahmen der Naturvorgänge abspielt. Dann ist der freie Wille schlicht einen Illusion, und wir sind naturgesetzlich determinierte Automaten. [...] [...]Wer glaubt, dass etwas geistiges materielle Prozesse beeinflusst, der wird Schwirigkeiten haben, zu erklären wie dies genau geschehen soll. Wer umgekehrt davon ausgeht, dass unser Leben vollständig nach Naturgesetzten abläuft, wird sich schwer tun, zu erklären, weshalb wir uns dann überhaupt frei fühlen. [...]
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