Ergebnis 1 bis 20 von 40

Thema: Egal wie alt ich werde...

Baum-Darstellung

Vorheriger Beitrag Vorheriger Beitrag   Nächster Beitrag Nächster Beitrag
  1. #5
    Zitat Zitat
    Original geschrieben von NeoInferno
    (Wie bist du an unsere heiligsten Geheimnisse herangekommen )
    Zum einen beruht die Geschichte ja auf der sehr ausführlichen Schilderung eines Freundes. Ihr müßt euch also bei ihm beschweren, wenn er wohl gehütete männliche Geheimnisse an den Feind verraten hat. Ich hab es lediglich niedergeschrieben und dabei ein bisschen "ausgeschmückt"
    Aber als Entschädigung zweiten erzähl ich euch auch mal ein Geheimnis: Sooooo unterschiedlich sind Männer und Frauen gar nicht...


    Weiter gehts...

    Kapitel 2

    SIE findet mich süß. SIE freut sich auf mich. SIE geht tatsächlich mit mir ins Kino. SIE...
    Wer ist eigentlich „wir“??? Was für Details habe ich denn da noch überhört? Meint SIE eine gute Freundin? Oder gar ihren Freund? Wieso hab ich nie danach gefragt, ob SIE überhaupt Single ist? Sollte ich selbst einen Freund fragen, ob er mitkommt (aber sicherlich nicht Dirk)? Wäre es nicht peinlich noch mal an zu rufen und danach zu fragen? Könnte es nicht viel peinlicher werden, wenn ich es nicht täte?

    Jedenfalls brauchte ich mir jetzt keine Sorgen mehr darüber zu machen, die nächsten Tagen womöglich gelöst und locker und ohne ausgeprägtes Grübeln zu verbringen.

    Freitag Nachmittag faste ich mir dann doch ein Herz und rief SIE an, um die Situation zu klären.
    Mittlerweile hatte ich zwar bereits ein knappes Dutzend Freunde in Alarmbereitschaft versetzt, die sich allesamt vorsorglich den Samstag abend frei hielten, damit ich auf alle Eventualitäten vorbereitet war, aber im Sinne einer vernünftigen Planung, war es mir dann doch lieber, rechtzeitig Bescheid zu wissen.

    „Welch schöne Überraschung, dass du anrufst“ waren ihre ersten Worte und die Stimme klang so, als hätte SIE dabei ein umwerfend strahlendes Lächeln im Gesicht.
    „Hallo“, stammelte ich mühsam, wohl wissend, dass die Begrüßung mit all ihrer Herzlichkeit zwar ganz speziell mir gelten, andererseits aber auch genauso gut zu dem Repertoire gehören konnte, das diese „Immer-gut-drauf-Menschen“ jedem zu Teil werden lassen.

    Ich hasse diese „Immer-gut-drauf-Menschen“ und werde sie nie verstehen.

    „Ich...äh...wollte nur sagen, dass Thomas kurzfristig abgesagt hat und ich wohl doch ganz alleine mitkommen muss“ (eine dümmere Lüge wollte mir trotz mehrstündiger Warmlaufzeit vor dem Anruf einfach nicht eingefallen).
    „Oach, kein Problem, Daniela hatte sowieso kein Interesse uns zu stören und da du nichts weiter gesagt hast, bin ich sowieso davon ausgegangen, dass wir zu zweit bleiben. Ist ja so auch viel gemütlicher und wir werden uns schon nicht langweilen“.

    Irre ich mich, oder klang ihr Lachen diesmal nicht ganz so unschuldig wie sonst?

    Im Hintergrund höre ich eine Männerstimme nach ihr rufen „Du, ich muss jetzt Schluss machen, bis morgen *Bussi*“.
    Galt der Bussi mir? War es überhaupt ein „Bussi“? Vielleicht sogar ein Küsschen? Oder waren es doch nur die letzten Reste des Abendessens?
    Wem gehörte die Stimme im Hintergrund? Was genau meinte SIE mit „gemütlich“ und „nicht langweilen“?
    Fragen über Fragen...viel Stoff, um mir auch diese Nacht wieder – vollkommen sinnlos - den Kopf zu zerbrechen.

    Es wurde Samstag, 14.00 Uhr, und ich saß geduscht, gefönt, rasiert und parfümiert in meiner Wohnung. Ich trug meine Lieblingsklamotten und musste nur noch lächerliche 5 Stunden überbrücken, bis ich abgeholt werde würde.
    Wie ich da so erwartungsvoll hockte und mein Blick durch mein Zimmer wandern ließ, fiel mir auf, dass ich in einem fürchterlichen Chaos lebe, das gewiss keinen guten Eindruck auf SIE machen würde. Aber schließlich holte SIE mich ja nur ab. Ich öffne kurz die Wohnungstür und komme ihr gleich entgegen, da hat SIE gar keine Gelegenheit diesen Schweinestall zu registrieren. Notfalls könnte ich mich auch gleich raus an die Straße stellen.
    Aber was, wenn SIE sich noch schnell „die Hände waschen“ will...oder anschließend die berühmte Frage „zu dir oder zu mir“ gestellt wird? Diese Ikea-Werbespot mag ja witzig sein, aber so eine Situation wollte ich eigentlich lieber nicht erleben.

    Panik erfasste mich, als mir bewusst wurde, dass es nur noch 5 Stunden sind, bis SIE kommt und ich entschloss mich doch dazu, schleunigst die gröbsten und offensichtlichsten Schmutzherde in Angriff zu nehmen.

    Um halb Sieben hockte ich auf allen Vieren in meinem Badezimmer und putzte das Klo. Neben der Eingangstür standen drei prall gefüllte 120 Liter Müllsäcke, Waschmaschine und Trockner liefen auf Hochbetrieb, meine Nachbarin half mir glücklicherweise noch mit frischen Staubsaugerbeuteln aus, Insekten konnten wieder einfach so durch das offene Fenster fliegen, ohne sich gleich in einem Spinnennetz zu verfangen (eigentlich war der alte Zustand gar nicht so unpraktisch), meine CDs standen wieder alphabetisch geordnet im Schrank und frisches Besteck und saubere Gläser hätte ich zum ersten Mal seit Wochen, wieder direkt aus dem Schrank nehmen können, anstatt in einer plörrigen Abwasserbrühe danach zu tasten, um sie bei Bedarf einzeln per Hand abzuspülen.
    Kurz um: Meine Wohnung befand sich zwar immer noch in einem Zustand, bei dem meine Mutter die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber den Anblick immerhin ohne schwere psychische Schäden überleben würde.

    Einzig ich selbst ließ nach all den Anstrengungen etwas zu wünschen übrig. Nach "Fahrenheit" duftete ich jedenfalls schon lange nicht mehr und meine Haare, die mir verschwitzt ins Gesicht hingen, sahen alles andere als frisch gewaschen aus. Gleiches galt mittlerweile auch für meine Lieblingsjeans und den Pulli den ich trug.

    Um 18.40 Uhr schleppte ich die Müllbeutel zum Container.
    Um 18.43 Uhr gab ich es auf, den Container wieder schließen zu wollen und fand mich damit ab, dass mein dritter Müllbeutel halb heraus hing.
    Um 18.47 Uhr wechselte ich zum letzten Mal die Füllung von Waschmaschine und Trockner und stopfe gleich noch alle Sachen die ich am Leibe trug, in die Maschine.
    Um 18.49 Uhr stellte ich die Dusche an.
    Um 18.50 Uhr war das Wasser immer noch nicht warm.
    Um 18.51 Uhr war mir die Wassertemperatur egal und ich stellte mich unter den kalten Strahl
    Um 18.54 Uhr rutschte ich beim Verlassen der Dusche, auf den frisch gewischten Fliesen im Badezimmer aus.
    Um 18.56 Uhr klingelte das Telefon. Es war Steffi, die sich für den Blumenstrauß bedanken wollte.
    Um 18.58 Uhr war ich halbwegs trocken, notdürftig angezogen und versuchte verzweifelt meinen Haaren eine Frisur zu verpassen, die nicht all zu bubbihaft wirkte.
    Um 19.03 Uhr hatte ich zwar noch immer keinen Socken an, den Kampf gegen meine Haare aufgegeben, aber immerhin meine Brille wieder gefunden.
    Um 19.08 Uhr – ich hatte grade EINE Socke und noch immer nur ein altes „Unterhemd-T-Shirt“ an – klingelt es an der Tür!

    Es war mein Hausmeister, der von mir wissen wollte, ob ich für diese Schweinerei draußen an den Müllcontainern verantwortlich sei. Irgendein Vollidiot hatte versucht, in den bereits überfüllten Container noch einen weiteren Müllbeutel zu quetschen. Der war natürlich herausgefallen und sein Inhalt lag jetzt lose verstreut vor dem Haus.

    „Istjaunerhörtsoetwas“ nuschelte ich, während ich versuche, auf einem Bein hüpfend, die zweite Socke anzuziehen. Scheinbar hatte der gute Mann aber nicht nur der Information halber bei mir geklingelt, sondern hegte dringenden Tatverdacht gegen mich, denn anstatt sich den nächsten Mietern zu widmen, schildert er mir immer eindringlicher, was für ein Schweinkram da draußen veranstaltet wurde. Ich bemühte mich, ihn weiterhin so unschuldig anzusehen, wie es mir nur möglich war und hoffte, dass er seinen Redeschwall bald beenden möge.

    Bevor dies jedoch eintrat, schellte meine Klingel erneut. Ich drücke den Türsummer und SIE kam ins Haus und zu meiner Wohnung. SIE sah phantastisch aus. Ihr strahlendes Lächeln traf mich direkt im Herz, meine Mundwinkel verkrampfen sich in Gegend meiner Ohrläppchen und der Geruch den SIE verströmte, war schlichtweg atemberaubend.

    Meinem Hausmeister blieb jedoch unverständlicher Weise genug Luft, um ungerührt weiter mit seinem Vortrag voller unausgesprochener Anschuldigungen fort zu fahren. Das und der Umstand, dass ich immer noch nicht meine zweite Socke anhatte und meine Haare weiterhin ungehemmt auf den Boden tropften, zerstörte ein wenig den besonderen Moment der Begrüßung.
    Endlich mal Entschlusskraft an den Tag legend, zog ich SIE in die Wohnung und speiste meinen Hausmeister mit ein paar Höflichkeitsfloskeln ab, um ihm dann die Tür vor der Nase zuzuschlagen.

    Während ich mir endlich die zweite Socke anzog, schlenderte SIE durch meine Wohnung und stellte – mit dem Lächeln eines Engels – fest, dass es für eine Junggesellenbude erstaunlich sauber und aufgeräumt sei. Da sei SIE schließlich ganz anderes gewöhnt.

    Ist es jetzt gut, dass SIE Junggesellenbuden offenbar „gewohnt“ ist?

    Ich hätte ihr gerne etwas nettes entgegnet, aber mein Mundwinkelkrampf verhinderte jedes deutlich gesprochene Wort. Bei einem Blick in den Spiegel mußte ich zudem feststellen, dass es weniger nach einem freundlichen Lächeln, als vielmehr nach einem dümmlichen Grinsen aussah.
    Da konnte es dann auch nicht mehr so negativ ins Gewicht fallen, dass mich auf der Suche nach einem Oberteil, mit dem ich mich auch in die Öffentlichkeit traue, mir der zuvor nur hurtig hineingestopfte Inhalt des Kleiderschrankes entgegen fiel und mich unter sich begrub.
    Ich vernahm ein niedliches Kichern, als ich mich durch den Kleiderberg wieder an die Oberfläche kämpfte.

    "Ganz ruhig" dachte ich mir, noch findet SIE dich drollig, aber überspanne den Bogen nicht. Ein bißchen mehr Souveränität wäre langsam dann doch angebracht.

    Mit einem triumphierendem Grinsen reckte ich das erst beste Hemd empor und behauptete, dass es genau das war, was ich gesucht hatte. In Wahrheit wunderte ich mich jedoch, warum es nicht schon der letzten Altkleidersammlung zum Opfer gefallen war. Der nächsten wird es jedenfalls nicht entgehen.

    Bevor sich noch weitere peinliche Zwischenfälle ereigneten – meine Mutter könnte anrufen oder der Hausmeister mich mit den neusten Erkenntnissen seiner Nachforschungen konfrontieren - drängelte ich SIE behutsam aber bestimmt zur Tür hinaus.

    Geändert von Lisa Jewell (09.01.2004 um 20:42 Uhr)

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •