Das ist einer der meistgenannten und - sorry - absolut bescheuertsten und unberechtigsten Kritikpunkte, die ich je zu dem Spiel gelesen habe. Immer wenn ich sowas sehe, gehe ich eigentlich davon aus, dass man durch FFVI bloß hindurchgerast ist, es überhaupt nicht gespielt hat oder eine völlig absonderliche Definition einer guten Story hat.
Denn wie Gogeta schon sagte: In der WoR findet sich verdammt viel Geschichte und Handlung. Bloß weil es etwas nonlinearer zur Sache geht, ist das noch lange kein Grund für solche Aussagen. Das fantastische an der WoR ist wie gesagt, dass wir diese Antithese zum Beginn der Charakterentwicklungen bekommen. Tina ist hier das Paradebeispiel, denn sie findet ihren Platz im Leben und muss erstmal überredet werden, noch ein letztes Mal mitzukämpfen. Andere Charaktere, die bis dahin etwas blass waren, bekommen absolut fantastische Storyabschnitte, die sie erstens sehr viel weiterentwickeln und zweitens in denen man eine Menge Neues über sie erfährt. Fast wie eine Katharsis reinigen sich die Charaktere von innen und kommen mit ihrer Vergangenheit ins Reine. Da wäre Locke, der seine große Liebe wiederzubeleben versucht und trotz der Macht des Phoenix daran scheitert, Setzer, der für die Party das Luftschiff seiner Rivalin aus der Versenkung holen muss, obwohl es mit so fürchterlichen Erinnerungen an den Unfall verbunden ist, Shadow, den Träume an seine Vergangenheit plagen und der nach wie vor von seinen Schuldgefühlen aufgefressen wird (mir fällt gerade auf - fast ein Prototyp von Kaim aus Lost Odyssey ^^), Strago, der das Monster aus seinen alten Jugendtagen endlich besiegen kann, Cyan, der die traurige Rolle eines Briefeschreibers übernimmt, um für eine Frau eine Illusion aufrecht zu erhalten und so weiter.
Das ist bestes und überaus emotionales Storymaterial. Das ganze in einer unglaublich dichten Atmosphäre einer untergegangenen und grausamen, aber nicht ganz hoffnungslosen Welt mit einem immerwährenden Sonnenuntergang am Himmel, dunklem Wasser und vielen neuen Gefahren. Man besucht viele Orte von früher die man zu kennen glaubt, und doch ist alles anders, egal ob man mit den NPCs spricht oder sich mal genau umschaut.
Und das beste: Man darf auch noch weitestgehend selbst entscheiden, wie viel man davon mitbekommen möchte. Wenn man keine Lust darauf hat, was eigentlich wirklich eine Schande ist, hat man die Möglichkeit, auch mit der Minimaltruppe zum Turm zu gehen und Kefka herauszufordern.
Für mich persönlich steckt in der World of Ruin mehr Story als im gesamten FFX an sich. Das mag für den ein oder anderen etwas viel sein, aber wer nicht wenigstens die totale Reichhaltigkeit der Geschichte in FFVI gerade auch in der WoR erkennt, der tut mir um diese fehlende Erfahrung wirklich leid.
Inwiefern erfährt man über wen wenig? Natürlich sind Umaro, Mog oder Gogo eher als Bonuscharaktere zu verstehen, die ich in ähnlicher Form gerne auch in dem ein oder anderen späteren FF gesehen hätte, gerne auch in FFX. Solche Charas brauchen nicht unbedingt einen großartigen Storyhintergrund, da sie eher für das Gameplay und die Spielwelt an sich da sind. Optionale Charaktere, für die man Sidequests machen muss, sind cool. So etwas gab es in der Serie schon ewig nicht mehr, zuletzt in FFVII, wobei Yuffie und Vincent da sogar richtig stark in die Story eingebunden waren. Hoffe mal auf FFXIII.Zitat
Auf der anderen Seite sind die Hauptfiguren im sechsten Teil sehr gut ausgearbeitet und man erfährt von einigen von diesen weit mehr als von Kimahri, Wakka oder Lulu. Wir sehen die Vergangenheit der FFVI-Truppe in Rückblenden und Erzählungen, und teilweise spiegelt sich das auch in ihrem Handeln wieder (z.B. Lockes Zurückhaltung gegenüber Celes, weil da noch jemand anderes ist, oder Relms nur vordergründig unerklärliche Zuneigung zu ihrem Vater Shadow usw.).
FFVI hatte hinsichtlich der Geschichte und der Charaktere all das, was ich an FFX (und in mancher Beziehung auch in XII) vermisst habe.
Fand ich auch nicht schlecht. Ganz neu war die Idee in der Serie aber nicht, siehe Final Fantasy Tactics, wo man schonmal etwas ähnliches versucht hatte.Zitat
Was hab ich denn als Spieler davon, wenn nicht darüber erzählt wird? Und Platz in der Welt und Probleme, das sehe ich ganz anders als in FFVI für mindestens die Hälfte der FFX-Truppe einfach nicht gegeben.Zitat
Also wirklich ... sich darüber beschweren und bei FFX nicht auf ein ähnliches, aber SEHR viel heftigeres Problem eingehen, hmpf. Was daran unlogisch sein soll verstehe ich nicht. Ja, es ist eine gewisse Storyflaute in der späten Spielmitte von FFXII vorhanden, aber wenn man keine Lust auf einen langen Fußmarsch hat, kann man sich die Hälfte der Strecke durch einen sekundenschnellen Teleport schonmal sparen, also nix vom einen Ende der Welt zum anderen.Zitat
Viel schlimmer fand ich da das nicht vorhandene Bevelle - eine Stadt, von der groß und breit herausposaunt und erzählt wird und die sogar in den FMVs vorkommt, aber im Spiel (und lächerlicherweise auch in FFX-2, wo die Gelegenheit dazu perfekt gewesen wäre und wirklich nichts mehr gegen einen Besuch spricht) nicht betreten werden darf. Und dass sich die Party da von irgendwelchen Wachsoldaten wegschicken lässt, von denen man davor schon zig locker umgenietet hat, ... das war einfach bescheuert. Früher hätte es so etwas nicht gegeben. Klar, Yuna wäre in der Bevölkerung und so wohl aufgefallen, aber die hätte man ja ähnlich wie beim Wachposten in FFIX mit Garnet einfach verkleiden können oder sie hätte draußen bleiben müssen. Ausgerechnet die interessanteste Stadt von Spira bleibt dem Spieler versperrt, imho eine der größten Sünden und "Löcher" des Spiels. Etwas so heftiges gab es eigentlich weder in FFVI, noch in FFXII oder irgendeinem anderen Teil sonst. Viel Gelaber von Squaresoft, aber nichts dahinter. Es wirkt auf mich fast so, als sei Bevelle in einem früheren Stadium der Entwicklung mal eingeplant gewesen, aber wurde dann aus entwicklungstechnischen Gründen eingestampft.