Sie ihm in die Augen und trockne die Tränen, die du angerichtet hast.

Wieder war ich hier und starrte in die Luft.
Wieder war alles, wie er es zurückgelassen hatte, dachte er sich, dann gestand er sich ein, dass nicht er zurückgelassen hatte, sondern er der Zurückgelassene war.
Schmerz spürte er nicht, noch nicht, viel eher war es ein mildes Verwundertsein, darüber, wie leidenschaftslos er darüber war.
Der Schmerz würde noch kommen, dass wusste er, er würde ihn treffen wie ein Orkan, unvorbereitet und unerbittlich, er würde ihn zu Boden, in einen seelischen Abgrund, schleudern und um ein Ende bitten lassen, welches er ihm nicht gewähren wird.
Und umso später dieser Schmerz kommt, umso härter wird er ihn treffen.
Doch war er froh, dass dieser Moment noch nicht jetzt war.
Er hatte Angst, gepaart mit Hoffnungslosigkeit, er resignierte vor seinem Schicksal, so wie er es auch damals tat, tuen musste.
Doch hatte er nicht gekämpft? Hatte er sein Leid nicht schon auf ein unerträgliches Maß ausgedehnt, welches er nun nicht mehr ertragen konnte?
Wenn er nicht befürchtet hätte, dass wenn er den Mund öffnen würde, seine Seele auskotzen müsste, dann hätte er gelacht.
Welch lustigen Seitenhieb ihm immer zu geben gedachte.
Jetzt wog er sich in Selbstmitleid, wie genau wusste er, was folge würde.
Und es graute ihm davor.
Der Wahnsinn. Er würde wieder in seine sukzessive Surrealität verfallen, wieder würde er Menschen bewusst verletzen und hassen, weil er sich selbst hasste, wieder würde er Freunde verlieren, noch mehr hassen.
Nachts würde er in Angst und Einsamkeit ertrinken, würde betten im Schlaf für jeden Alptraum, nur um seinen lebendigen zu vergessen.
Er würde sich selbst Vorwürfe machen, immer und immer wieder, sich selbst brechen, innerlich zerstückeln und verletzen, um seiner Hilflosigkeit und Angst Ausdruck zu verleihen.
Doch wird es niemand merken, wie sollten sie auch? Sie verstanden ihn nicht, manche hassten ihn sogar, und keiner war in der Lage ihm zu helfen, außer der Mensch, der ihn in dieses Unglück brachte, doch könnte er sie nie um diesen Gefallen bitten, doch konnte er IHR einen Vorwurf machen? Konnte er der Welt einen Vorwurf machen? Nein.
Denn er kann die Welt nicht für seine Erschaffung verurteilen.
Und doch tut er es, es ist seine Welt, sein Leben, das er verurteilt.
Er ist isoliert, allein, wie er es immer gewesen war, und wenn er das verurteilte, träfe er nur wieder sich selbst.
ABer er verurteilte sich nicht nur, er bestrafte sich auch noch.
Doch noch war alles in Ordnung, er wusste, der Schmerz würde noch warten. Warum wartete er nicht ewig?

Er war solch ein sensibler, empfindlicher Mensch. Warum konnte er nicht einfach kalt, hart, berechnend sein? In dieser Welt, wo nichts anderes mehr zählte als die kalte Berechnung, hatte er, dieser Dummkopf, sich für die Gefühle entschieden, die ihm nur Schmerz und Leid brachten.
Doch bekam er dafür Anerkennung und Trost oder einfach nur ein wenig Verständnis? Nein, denn die Welt war kalt, und sie ließ sich nicht erwärmen, auch wenn er es noch so sehr versuchte.

Nimm seine Tränen als Triumph, denn du hast sie angerichtet udn nur du kannst sie trocknen.