Die Türe zu der kleinen Kapelle öffnete sich knarrend. Ein junges grauhaariges Mädchen betrat den Saal. Sie wusste das heute keine Messe stattfinden würde, aber das war ihr nur Recht. Manchmal konnte es ganz erholsam sein alleine an solch einem stillen Ort der Zweisamkeit zu verweilen. Seit gestern verspürte sie seltsame Gefühle wenn sie an dieses Individuum dachte. Sie hatte panische Angst vor ihm und wünschte sich eigentlich nichts sehnlicheres als den Seelenfrieden. Doch das war ihm nicht Recht. Er wollte mehr. Seine lüsterne Gier nach dem menschlichem Blut schien von Tag zu Tag anzuwachsen und seine Blicke erfroren fast vor Kälte. Warum hatte er sie überhaupt produziert? War sie wirklich ein ebenwürdiger Ersatz für ihn? Sie empfanden doch eigentlich so verschieden. Wollte er es vielleicht nicht wahrhaben. Es konnte natürlich auch alles von Anfang an so geplant worden sein. Im Grunde genommen wusste sie gar nichts über die Welt und ihre Mitmenschen. Vorsichtig setzte sie sich auf eine Kirchenbank in der vordersten Reihe und zupfte ihren gestraften Minirock zurecht. Vor einigen Tagen hatte er ihr gesagt das sie so etwas tragen solle. Eigentlich waren solche Kleider nicht unpraktisch, nur fror ihr Hintern an kalten Tagen deshalb um so mehr. Sie griff sich an ihr Oberteil. Dieses Dekolleté hatte er ihr vor 3 Tagen gekauft. Es war eine recht hübsche Bluse die ihr auch wie angegossen paßte, aber gerade deshalb blickte sie dem allem mit Skepsis entgegen. Kaworu Nagisa öffnete mit einem grässlichen Unterton die Schwelle zur Kapelle und schritt zur Kanzel vorwärts. Mit einem funkelnden Blick auf ihre Kleidung setzte er sich neben sie. „Tokimi. Was machst du an einem Ort wie diesem? Du hast wichtigere Sachen zu tun als zu beten!“ meinte der menschliche Engel ernst. „Kaworu... Ich bin mir nicht ganz sicher... Ich glaube ich verspüre eine Art Angst wenn ich an dich und die Engel denke. Was sind wir eigentlich für Geschöpfe und warum müssen wir solche Sachen tun? Ich will die Menschheit bewahren und nicht vernichten!“ murmelte sie leise vor sich hin. Kaworu zog ihr Gesicht gewaltsam in die Höhe und verpasste ihr eine schallende Ohrfeige. „Du wiedersprichst deinem eigenen Instinkten? Wie kannst du nur so denken! Du bist ein Teil von mir. Ich habe dir Leben eingehaucht. Aber das schlimmste dabei ist das du mir wiedersprichst!“ rief Kaworu wütend aus. In seinem Gesicht zeigten sich deutliche Anzeichen eines bevorstehenden Anfalls. Tokimi schwieg und beide verharrten eine Weile in Stillschweigen. Plötzlich griff ihr der Junge unter den kurzen Rock und zog das erschrockene Mädchen auf seinen Schoß. „Wir Engel müssen uns Fortpflanzen. Du wirst mir dabei helfen eine Armee von unbesiegbaren Himmelsboten herzustellen! Das ist einer deiner Zwecke für mich!“ flüsterte er ihr in die Ohren. Tokimi stöhnte laut auf. Es gefiel ihr nicht das Kaworu zwischen ihren Beinen herumfummelte. Sein Mund glitt brutal auf ihre Bluse und presste ihre Brüste gnadenlos und ohne Mitleid zusammen. „Kaworu... kannst du mich nicht verstehen? Das bist du nicht mehr... Nun spricht nur noch der Engel aus dir!“ schrie sie laut um sich. Niemand schien sie zu hören oder eilte ihr zu Hilfe. Es war eine glatte Vergewaltigung.
Die Militärstrategen von Neo Tokyo3 hatten eine Ratsitzung einberufen. Seit gestern herrschte Chaos und Zerstörung auf dem Kontinent Japan. Der letzte Einsatz, die Bergung dieses Fremdkörpers aus dem All war kläglich gescheitert. Dieses Roboterähnliche Wesen war plötzlich zum Leben erwacht und hatte das gesamte Team getötet, dann zog es gegen Westen, dort wo sich Neo Tokyo befand. Der Hafen in Yarasuka war schon völlig zerstört als die Rettungskommandos am selben Tag dort eintrafen. Auf was hatte es diese Kreatur nur abgesehen? Die Forscher und Wissenschaftler schienen ratlos. Deshalb hatte man die Sache nun offiziell dem Militär übertragen. Die Einsatzleiterin der verunglückten Truppe, Misato Katsuragi hatte als einziger Zeuge überlebt. Aber auch sie fand keine Erklärung für die paranormalen Angriffe in den letzten Stunden. Der Generalstab sah sich gerade noch einmal die Aufnahmen über diese Kreatur an, bevor sie sich auf den Kameramann gestürzt hatte. Es war furchtbar. Überall klebte Blut. Misato blickte mit einer Mischung aus schweigen und Ehrfurcht auf dieses Wesen. „Das ist Gotteswerk!“ fluchte einer der Generäle aufgebracht. „Sie haben keine Panzerung! Warum können wir sie nicht vernichten?“ rief ein anderer zornig aus. „Die Frage ist doch wohl mehr, was sie überhaupt von uns Menschen wollen?“ entgegnete ihnen Misato ernst. „Katsuragi hat ganz Recht! Bevor wir nicht wissen mit wem oder was wir es zu tun haben, wären vorschnelle Entscheidungen nur der Tribut zum Tode aller“ meinte der stellvertretende Vize-Komanndant nachdenklich. „Und was ist mit dem AT-Feld? Sie scheinen es als eine Art Schutzschild zu benutzen!“ fügte der erste Offizier hinzu. „Das wäre ein Grund weshalb wir auch mit schweren Waffen nichts gegen sie ausrichten können. Selbst die N2 Minen sind nutzlos“ schloss der Generalstabsführende daraus. „Das AT-Feld ist nicht nur ein Schutzschild aus verstärkten Wellen! Es umgibt jeden von uns, bei Tag und Nacht. Wir atmen es, durchwandern es. Ihr müsst wissen das die Engel sie nicht nur dazu gebrauchen um sich zu schützen. Diese Wellen können auch ebenso gut als Waffe gegen uns eingesetzt werden!“ mischte sich Kaworu Nagisa ein, der gerade den Raum betrat. Misato blickte ihm misstrauisch in die Augen. Seit ein paar Wochen wusste sie nicht mehr, was sie von ihm halten sollte. Teilweise hatten sich seine Informationen als sehr nützlich erwiesen, im Bezug auf diese Wesen jedoch, hatten sie mehr und mehr dazu beigetragen den Kreaturen den Weg zu ebnen. War dies etwa sein wahres Ziel? War Kaworu gar nicht der für den er sich ausgab? Misato bekam starke Kopfschmerzen.
Es wurde wieder Zeit für eine stärkere Dosis Schmerztabletten. Unparteiisch verließ die Sub Kommandantin den Saal und tastete sich den Gang entlang. „Willst du schon gehen? Ich habe noch einige Trumpfe auszuspielen die dich sicher interessieren würden!“ rief ihr Kaworu lächelnd nach. „Nein danke. Ich habe kein Interesse an deinen Tatsachen die du immer nur zum Vorteil der Gegenspieler ausnutzt. Du behandelst die ganzen Menschen um dich herum wie Schachfiguren. Aber wir sind mehr! Respektiere uns endlich...“ murmelte Misato verärgert. Der grauhaarige Junge kicherte vergnügt vor sich hin. „Oh Misato Katsuragi. Hast du etwa nun doch deine Zweifel? Ich wusste das es eines Tages soweit kommen würde, aber das es so schnell ging hätte ich nicht gedacht!“ schmunzelte der Junge geringschätzig. Misato hielt sich mühsam an der Wand fest. „Du bist ein Teufel...“ flüsterte sie mit zusammengebissenen Zähnen. „Was soll den jetzt diese Umgangssprache? Nicht sehr klug für eine Sub Kommandantin. Alte Freundin Katsuragi, was ist los mit dir? Du hast wohl endlich begriffen worum es hier überhaupt geht!“ spottete er gelassen. Die Kommandantin fiel in sich zusammen. „Nein.. Ich begreife gar nichts...Ich habe dich noch nie begriffen! Auch schon früher nicht. Kaworu hätte dies verstanden...Aber du bist es nicht...“ stammelte sie ruhig vor sich hin. Nun war er es der nervös wurde. „Was meinst du damit? Drücke dich klarer aus!“ verlangte er wütend. „Du scheinst Probleme mit deinem Gedächtnis zu haben!“. „Nein!“ meinte Misato ernst. „Es ist gerade wieder in mir erwacht. Du kannst nichts dagegen machen Kaworu. Ich weiß das du der letzte bist! Du hast versagt Engel... oder soll ich lieber sagen, Tabris?“ flüsterte ihm Misato in die Ohren. Der menschliche Engel begann am ganzen Körper zu zittern. „Du... du hast es gewusst! du weißt es wieder! Ich werde dein Gedächtnis für immer zerstören!“ rief der letzte Engel feixend aus und ergriff die Sub Kommandantin am Hals. Mit aller Kraft presste er ihren Körper gegen die Wand und drückte seine Hände fest an ihre Kehle. Tränen tropften an ihren Wangen über seinen Arm hinunter. Sein brutaler Griff an ihren Hals schlang sich noch stärker um ihre Luftröhren. Misato röchelte leise. „Shinji...wird diesen Konflikt beenden!“ raunte sie ihm leise zu. „Nein, das wird er ganz sicher nicht. Er ist nur ein ganz gewöhnlicher Mensch, genau wie du! Und ohne seine Beschützer wird er nicht viel gegen uns Engel ausrichten können. Begreife endlich dein Schicksal! Ihr Menschen müsst eure letzte Evolutionsstufe erreichen, sonst seid ihr Unvollkommen. SEELE wollte es so. Ich will es so! Und tief in dir sagt deine Stimme das sieh es auch will. Hörst du es nicht Katsuragi? Lilith weint... sie hat genau wie du genug von diesen ständigen Konflikten zwischen Mensch und Engel. Was wäre wenn wir alle eins wären? Eine Persönlichkeit. Kein Leid. Kein Armut mehr. Alle wohlbehütet und zufrieden. Das ist PERFEKT, das ist unser Ziel“ sprach der menschliche Engel mit behebender Stimme aus. „Ich bezweifle... das die Engel so wie du denken...“ keuchte Misato mit ihrer letzten Kraftreserven. Kaworu drückte ihren Körper mit solcher Gewalt gegen die Steinwand, das man es knirschen hörte. „Du zweifelst? Bald bist du eine Gläubige! Aber dazu muss ich dich jetzt töten Misato Katsuragi“ flüsterte er ihr beschwörend in die Ohren. „Hör auf Kaworu!! Ich bitte dich, lass sie in Ruhe!“ schrie eine aufgebrachte Stimme hinter ihnen. „Tokimi, du kannst mich nicht aufhalten. Sie weiß zuviel. Dafür gibt es nur eine Strafe. Den Tod! Ich werde das jüngste Gericht bei dieser jungen Dame nur beschleunigen!“ rief der Engel lachend aus. Seine Augen glühten Feuerrot und sein Mund hatte sich zu einer hysterischen Fratze verzogen. Misato spürte wie sie der Lebensatem verließ. Ihre Sinne schwanden dahin. Es gab noch soviel was sie gerne verändert hätte. Sie hatte vor etwas Weltbewegendes für diesen sterbenden Planeten zu tun. All dies wurde ihr nun verwehrt. Mit zitternden Fingern griff sie unter ihre Taile und zog den Halfter einer Waffe hervor. Kaworu achtete nicht auf ihre ruhigen Bewegungen. Mit seinen Fingerkuppen strich er ihr sanft über das Gesicht. „Meine kleine Katsuragi...das du heute schon stirbst!“ meinte der Junge kopfschüttelnd. Die Kommandantin blickte ihm verschwommen in die Augen. Mit einem Blick auf Tokimi röchelte sie schließlich: „Tut mir Leid“. Im nächsten Augenblick hörte man eine Schusswaffe knallen. Einmal. Zweimal. Und noch ein drittes Mal. Kaworu zuckte verwirrt zusammen und beugte sich schmerzhaft über seinen Brustkorb. Er konnte seine und Shinjis Schreie deutlich vernehmen. Sein Würgegriff löste sich, er ließ von ihr ab. Stattdessen riss er sich sein Blutverschmiertes Hemd von Leib und keuchte wie ein gepeinigtes Tier. Tokimi war sogleich von Panik ergriffen zu ihm hergeeilt und beobachtete seine augenblickliche Lage. Seine rechte Hand stützte sich an der Wand, an der eine lange Blutfontäne heruntertröpfelte. „Das sieht schlecht aus... Es hatte einen Nachteil mich so menschlich zu generieren...“ keuchte der Junge mit leiser Stimme. „Meine Kräfte schwinden... Tokimi! Du hast meine Erlaubnis zu gehen...“ murmelte Kaworu müde aus. „Ich soll dich in deinem jetzigen Zustand alleine lassen? Das könnte ich nicht einmal dir zumuten!“ meinte sie mit Tränen in den Augen. Beide blickten zu Misato die in die Knie gefallen war und sich nicht mehr rührte. „Armes Mädchen...“ flüsterte er bemitleidend. Tokimi blickte ihm ungläubig in die Augen. „Was ist los mit dir? Du scheinst gar nicht mehr du selbst zu sein!“. Der menschliche Engel blickte ausweichend zur Seite. Eine seltsam melancholische Stimmung schien durch seine Gemüter zu fahren. „Ist das Shinji...? Was will er mir mitteilen?“ dachte Kaworu mit verschwommenen Blicken. Seine Augen konnten nicht mehr viel sehen. Um sich herum nahm der Junge nichts mehr wahr. „Du musst sofort gehen!“. Kaworu schob Tokimi von sich fort und wies auf den Fahrstuhl. „Tabris...ich...wir sind sehr schwer verletzt, aber die Wunden fangen schon an zu verheilen. Verschwinde solange ich noch klar denken kann. Der Engel in mir wäre nicht so barmherzig. Du bedeutest mir sehr viel. Ich will nicht das er dich findet!“. „Aber was ist mit dir?“ entgegnete sie ihm ängstlich. Kaworu lächelte müde. „Ich kann nur durch ein auserwähltes Kind vernichtet werden, genau wie alle anderen Engel. Wenn es anders wäre hätte ich mich schon längst getötet...und nun geh! Versteck dich in der Stadt, dort wo man dich nicht finden kann!“ schrie Kaworu energisch aus. Seine Augen begannen erneut zu flackern. Von heftigen Ängsten verfolgt rannte Tokimi den Gang entlang und verschwand hinter der nächsten Abbiegung.