Thanks! Ich glaub, wenn keiner geantwortet hätte, wär ich irgendwo runtergesprungen!
Naja, das da oben war der Anfang des 1. Kapitels, den Prolog und den Rest vom ersten durck ich noch mit ab.Prolog

Das kleine Mädchen weinte. Es war ein schöner Sommermorgen und sie ging mit ihrer Mutter im Wald jagen.
„Mama, müssen wir die armen Tiere eigentlich immer töten, ich finde das grausam!“
„Aber Kanashi, Kleines, von was wollen wir uns denn ernähren, wenn wir nicht gelegentlich ein wildes Tier erlegen?“
Das Mädchen weinte wieder. Die Sonne strahlte durch die Wolkendecke und zauberte hübsche Schattenspiele über die Gesichter der beiden Frauen. Kanashi war vielleicht 6 oder 7 Jahre alt, und ihr Gesicht war mit Tränen überlaufen. Ihre braunen Haare waren an beiden Seiten zu dicken Büscheln zusammengebunden und sie trug weite Sachen, die über ihren Armen und Beinen einige Zentimeter im Matsch hingen. Ihre Mutter hatte ein auffällig hübsches Gesicht und trug einen weiten, braunen Mantel über ihrer Lederausrüstung. In der rechten Hand hielt sie einen mehrmals in sich selbst verschlungenen, länglichen Holzstab. Über den Beiden schwebte eine kleine Fee, die einen besorgten Blick auf Kanashi warf.
„Guh traurig, wenn Kanashi ist traurig! Kanashi soll nicht weinen!“
Die Fee war etwa 15 cm groß und bestand hauptsächlich aus Knubbeln. Auf ihrer Stirn funkelte ein Edelstein in der Sonne. Das Mädchen rang sich ein klägliches Lächeln ab und schloss wieder zu ihrer Mutter auf, die bereits einige Meter weiter vorne stand und durch ein Dickicht von Büschen und Pflanzen schaute.
„Wir werden hier eine Rast einlegen, Shi. Du bleibst am Besten hier und bereitest schon mal die Feuerstelle vor, während ich und Guh Feuerholz sammeln.“
„Guh möchte auch hier bleiben!“
Kanashis Mutter lächelte und gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn.
„Natürlich kann Guh auch hierbleiben, aber wenn Jemand unsere kleine Kanashi überfällt, muss Guh sie beschützen!“
Die Fee grinste und drehte einige Runden um die Beiden.
„Guh Kanashi immer beschützen werden, solange Guh hier, keine bösen Menschen werden Kanashi überfallen!“
Dann verschwand Kanashis Mutter im Schatten der Bäume und ihre Tochter schaute ihr noch einige Zeit nach. Als sie aus ihrem Sichtfeld verschwunden war, wich der traurige Blick aus Kanashis Augen und sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Die Fee schwebte einige Zentimeter vor ihrem Kopf und schaute nachdenklich.
„Guh versteht Kanashi nicht! Warum ist Kanashi nun nicht mehr traurig?“
Das Mädchen schaute provokativ und hob ihr Kinn überheblich.
„Du dumme kleine Fee kannst uns Menschen doch gar nicht verstehen, warum schwirrst du eigentlich auch immer in der Nähe meiner Mutter herum?“
„Will Kanashi mit Tränen ihre Mutter traurig machen? Wenn Kanashi traurig , ihre Mutter auch traurig, Kanashi das müssen gemerkt haben! Kanashi darf nicht weinen, wenn sie nicht ist traurig!“
„Sei leise!“ zischte das Mädchen und schaute Guh scharf an.
„Oder Kanashi etwa neidisch auf Guh, weil Guh auch freundlich zu Mutter ist?“
„Du sollst deinen Mund halten!“ Sie ballte ihre Hände zu Fäusten.
„Aber Kanashi nicht müssen neidisch sein, Kanashi und Guh können Freunde von Kanashis Mutter sein!“
„Wenn du nicht sofort leise bist, röste ich dich auf einer leichten Flamme!“
„Aber Guh will Kanashis Mutter doch nur beschützen, damit Kanashi und Mutter glücklich sind!“
Kanashi holte mit ihren kleinen Fäusten aus, aber die Fee schwirrte problemlos bei Seite und schaute sie an. Kanashi schrie.
„Meine Mutter braucht nicht die Hilfe einer kleinen, dicken Fee! Sie kann sich gut alleine beschützen und sogar mächtige Magie beschwören! Verschwinde doch, du Kobold!!“
Ihre Bemühungen, Guh zu treffen, waren aussichtslos, und die kleine Fee schaute traurig, während sie sich hinter einem großen Baum versteckte. Kanashi kochte innerlich. Sie stampfte zu einem abgeschlagenen Stein und setzte sich unsanft darauf. Dann drehte sie sich mit verschränkten Armen entgegen der Richtung, in die Guh geflohen war und schaute selbstsicher zu einem unsichtbaren Punkt am Boden, an dem unter ihrem Blick wahrscheinlich die nächsten zwei Jahre kein Gras mehr gewachsen wäre. Nach einigen Minuten kam ihre Mutter aus dem Wald, mit einigen stabilen Hölzern in den Händen.
„Was ist denn los, Shi? Wo ist denn Guh und warum ist die Feuerstelle noch nicht gemacht?“
„Aber, Mama! Das ist nicht meine Schuld, Guh wollte nicht mithelfen und ist auf einmal im Wald verschwunden!“
Ihre Mutter stützte ihre Arme auf ihre Hüften und blickte analysierend auf das Mädchen herab. Ihr nächster Blick galt der Stelle im Wald, zu der Kanashis Finger krampfhaft zeigte.
„Das ist eigentlich gar nicht ihre Art. Ich werde lieber mal nachschauen!“
Kanashi schreckte zusammen.
„Aber, Mama, das wird nicht nötig sein, die kleine Motte hat bestimmt ihre Gründe! Du kannst sicher hier bleiben!“
Ihre Mutter schaute skeptisch, setzte sich dann aber neben ihre Tochter und strich ihr durchs Haar.
„Vielleicht hast du recht. Ich sollte sie nicht unterschätzen, immerhin ist Guh schon vier mal so alt wie ich!“
Beide lachten und begannen, eine Holzpyramide aufzustellen. Nachdem Kanashi mehrmals krampfhaft versucht hatte, das Feuer anzuzünden, was letztendlich in einem Wutausbruch endete, entnahm ihr ihre Mutter sanft die Feuersteine und schlug sie routiniert gegeneinander. Es sprangen Funken, aber das Feuer entzündete sich nicht.
„Tja, Shi, das Holz ist wohl zu nass, da können wir das Feuer vorerst vergessen, bis wir bessere Hölzer gefunden haben!“
Am Himmel zogen Wolken vor die Sonne, die so schwarz waren, das man das heraufziehende Unwetter förmlich spüren konnte.
„Ich denke, hier gibt es bald einen Wolkenbruch, wie sollten uns schleunigst nach Hause machen! Ich hoffe, Guh kommt noch rechtzeitig an.“
Kanashi und ihre Mutter rannten los. Als die ersten Tropfen fielen, hatten sie noch nicht einmal ein Drittel des Weges hinter sich und nach wenigen Minuten waren ihre Haare und ihre Kleider so stark durchnässt, dass ihnen die Schritte noch schwerer wurden. Ein Blitz zuckte vom Himmel hinab und Kanashi blieb abrupt stehen. Ihre Mutter quälte sich ein Lächeln von der Wange.
„Aber Shi! Das ist doch nur ein Blitz, er ist...“
Auch sie stoppte abrupt, als sie dem entsetzten Blick, den Kanashi in die Dunkelheit warf, folgte. Mitten auf dem Weg stand ein Mann. Aber sie hätte schwören können, er wäre vor einigen Sekunden noch nicht dort gewesen. Sein Erscheinungsbild war merkwürdig. Trotz des starken Regens trug er nur einige Ketten und Ringe, sowie eine lange, weite, blaue Hose, die in einem großen, schwarzen Ledergürtel endete. Sein Oberkörper war muskulös und seine hellblauen Haare hingen in einer durchgehenden Richtung über seinen leuchtenden Augen. Und er war absolut trocken. Keiner der abermillionen Regentropfen schien ihn getroffen zu haben, denn selbst der Regen schien einen weiten Bogen um ihn zu machen. Seine nach oben spitz zulaufenden Schuhe verdrängten die Wasserpfützen, als er sich langsam auf die Beiden Frauen zubewegte. Als seine Stimme erklang, drückte sich Kanashi an das Hosenbein ihrer Mutter und begann zu weinen.
„Ich hörte eine... seltsame Geschichte..., die mich... bewegte, aber zugleich auch... interessierte!“
Jeder seiner vibrierenden Sätze war durch einen stillen Schritt begleitet.
„Es ging um... Outlaws,... Gesetzlose,... aber es waren keine... gewöhnlichen Outlaws... . Sie waren nicht dafür berüchtigt, vorüberziehenden Kaufleuten... die Kehle zu durchtrennen und ihr Geld zu... Rauben... nein. Sie waren... berühmt, weil... sie Feuerbälle oder... Eisblitze beschworen, um zu... überleben... .“
Kanashis Mutter schaute entsetzt.
„ Wer zur Hölle bist du?!“
Der Fremde ignorierte ihre Frage.
„Ich stellte... Nachforschungen an. Und ich fand etwas sehr... interessantes... . Eine Prophezeiung... Eine Prophezeiung, die hier... genau in diesem Wald an die Menschen ....gegeben wurde. Allerdings ist das... schon 280 Jahre her... und geschah etwa am Ende des Krieges... mit den Untoten, der damals hier... seine Entscheidung fand... . Aber das ist... vorüber..., und heute existieren nur noch... Aufzeichnungen.... des Inhalts der... Prophezeiung... . Leider konnte ich nichts über diesen... Inhalt... herausfinden! Also was.... scheint da näher, als sich an den... Ort des Geschehens zu... begeben?“
Nun befand er sich nur noch ein paar Meter vor den Beiden und schaute Kanashis Mutter an.
„Sie haben... keinerlei magische Aura... . Was wird das wohl... bedeuten? Eine... hübsche Frau überlebt nicht... lange in einem Wald, der dafür... berühmt ist, mit Gesetzlosen nur so... gespickt zu sein... .“
Kanashi wunderte sich, hatte sie ihre Mutter doch schon oft mit elementarer Energie spielen sehen.
„Wir können weder zaubern, noch weiß ich sonst was über irgendeine Prophezeiung! Hau ab!!“
Der Fremde drehte seinen Kopf zu Kanashi, als würde er ihre Gedanken lesen.
„Und selbst wenn, dürfte es... schwer sein, ein Kind zu... ernähren... . Ich.... verlasse euch sofort, möchte ich doch aus reinem... Interesse... nur wissen, wo die Aufzeichnungen der... Prophezeiung sind... . Ich denke, auch dieses... grässliche Wetter könnte ich dann... zurückrufen... .“
„Mama, von was redet der Junge?“
Kanashis Mutter schaute nervös um sich, als würde sie etwas bestimmtes suchen.
„Und wieso möchtest du das wissen?“
„Nun... ja. Ich bin halt nur ein wenig... interessiert! Oh, das Wetter wird... heftiger... .“
Über den beiden Frauen stobten die Wolken dichter beisammen und der unnatürlich starke Regen begann, auf Kanashis Haut zu brennen.
„Mama? Warum tust du nichts? Der Regen schmerzt! Mach, dass er aufhört!“
Ihre Mutter schaute ernst und ihr Blick kreuzte den ihres Gegenübers.
„Deine... Tochter... leidet! Die Natur kann schrecklich... brutal sein, nicht... wahr?.“
Der starke Wolkenbruch wurde langsam aber sicher zu einem Wasserfall, der sich über Kanashi und ihrer Mutter ergoss und sie zu Boden drückte. Plötzlich zog die großgewachsene Frau einen Dolch aus ihrem Ärmel und bewegte sich trotz des Wassers, das nun kaum noch Luft zum Atmen ließ, blitzschnell zu ihrem verdutzten Gegner, der vor Überraschung wie gelähmt war. Die Waffe drang tief in den Bauch des Mannes, aber dieser lächelte nun. Schneller, als Kanashis Mutter reagieren konnte, zerfloss seine Gestalt und hinterließ nur eine Pfütze auf dem Boden. Kanashi verstand die Situation nicht. Weder der plötzliche Wolkenbruch, noch die Tatsache, dass ihre Mutter einen rein unmagischen Angriff verwendete, waren ihr begreiflich. Der Regen formte direkt hinter der immer noch überraschten Gestalt ihrer Mutter die Silhouette des Blauhaarigen. Dann ging alles ganz schnell. Sie drehte sich, aber er bewegte seine rechte Hand mit einer unnatürlichen Geschwindigkeit direkt durch ihren Körper. Als Kanashi ihren Mut zusammennahm und ihre Augen öffnete, sah sie ein Bild, das sie ein Leben lang verfolgen würde. Kanashis Mutter stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben und als der Angreifer seinen Arm zurückzog, fiel ihr lebloser Körper reglos zu Boden. Das Blut ihrer schrecklichen Wunde, sowie die beachtliche Menge, die seinen Arm zierte, vermischte sich mit den fallenden Regentropfen und versickerte im Boden. Einige Sekunden lang passierte rein gar nichts. Guh kam aus einem Teil des Waldes und schrie. Aber das war Kanashi egal. Die Wut stieg in ihr auf und ihre Tränen durchbrachen den Regen. Der Mann schaute verdutzt auf die pummelige Fee, begann dann aber lauthals zu lachen.
„Deine Mutter hatte... gerade... eine Pechsträne, habe ich recht?“
„Kanashi!!“
Guh schwebte über ihr und man konnte in ihrem Gesicht die gleiche Wut wie in Kanashis erkennen.
Das Mädchen ignorierte die Fee.
„Möchtest... du mir nicht sagen, wo die... Aufzeichnungen sind?“
Die kleine Fee war auf einmal still. Sie hing regungslos in der Luft und der Kristall in ihrer Stirn leuchtete.
Plötzlich schreckte der Angreifer zusammen. Etwas hatte sich verändert. Kanashi strahlte nunmehr vor magischer Energie und ihre dicken Tränen ätzten Löcher, wohin auch immer sie fielen. Ihre Augen flammten vor Wut und der Regen, der noch immer fiel, verdampfte knapp über ihr.
Der Magier bewegte seine Hände kompliziert und Hunderte Wassertentakel schossen aus diesen, verbrannten aber sofort, als sie Kanashi erreichten. Er wurde panisch. Seine Hände bewegten sich nun nicht mehr so routiniert, aber trotzdem zog sich nach einer beschwörerischen Geste sämtlicher Regen zusammen und schoss auf das weinende Mädchen zu. Einen halben Meter vor ihr spaltete sich der Wasserstrahl und sauste in zwei verschiedene Richtungen weiter, wo er einige Bäume fällte und einen riesigen Stein zersplittern ließ. Kanashi schrie und eine Druckwelle aus eiskalter Luft ließ den Niederschlag erstarren. Durch das plötzliche Fehlen der Regengeräusche verbreitete sich eine gespenstische Stille über die von den Tropfen zerschabte Lichtung. Der Mann, dessen Augen im Dunkeln vor Furcht glühten, stand keuchend im Schatten der letzten Bäume. Als das kleine Mädchen kaum hörbar schluchzte, begann die Erde zu beben und der Fremde konnte sich nur durch einen kühnen Sprung davor retten, von einigen Erdbrocken zerquetscht zu werden.. Als er gerade wieder auf den Beinen war, spürte er heftigen Wind und sein rechter Arm entfernte sich sauber abgetrennt vom Rest seines Körpers. In Anbetracht der Wunde, die nun in einem roten Schwall explodierte, sprach er ruhig.
„Nein... Ich sterbe... nicht... noch nicht.“
Sein Körper zersprang in einer Wasserblase und verschwand knapp, bevor der nächste Windstoß ihn geteilt hätte. Kanashi drehte sich mehrmals wütend um, weinte dann aber um so heftiger, woraufhin sich eine Flammenaura von ihr aus verbreitete und auch die restliche Vegetation in der Nähe vernichtete. Mit einem letzten, starken Schluchzen fiel sie in einen tiefen Schlaf, in dem sie von bösartigen Träumen und Visionen geplagt wurde. Selbst dann noch liefen Tränen über ihr Gesicht, gefolgt von stillem, weichem Regen.

Kapitel 1

(Fortsetzung)
...
Als er aufwachte, hatte sich der Sturm gelegt, nur die Regentropfen plätscherten noch auf das Deck des Schiffes. Aber es bewegte sich nicht. Das Schiff hätte eigentlich noch zwei Tage fahren müssen, doch nun stand es still. Saigo stand auf und ging über die Haupttreppe nach oben. Die Tote Ente lag in einem Hafen und der Grund dafür war abzusehen. Dort, wo unter normalen Umständen ein dicker Mast mit einem stolzem Segel gestanden hätte, war nun nur noch ein schwarzer, rauchender Stummel zu sehen. Es war noch dämmrig, aber die Sonne schob sich langsam über die Hügel. Erik, der Kapitän, stand mit verschränkten Armen am oberen Ende der Ausstiegsplanke und schaute wütend zu Saigo. Eigentlich war Erik immer wütend und es gab nur wenige Gäste, die sich über eine seiner „etwas rabiaten und mit viel Optimismus noch als ohne Rücksicht auf Verluste zu bezeichnende Fahrt“ (Zitat eines mutigen Gastes) beschwerten. Er erzählte immer von seinen großen Taten als Soldat in irgendeinem Krieg, der schon Jahrzehnte zurücklag, aber sein Alter war sowieso unbekannt. Saigo schätzte ihn auf neunzig, aber er sah noch aus wie etwa fünfzig.
„Saigo, du kleiner Penner, wo steckst du, wenn man dich mal braucht?! So a vermaledeiter Blitz hat uns doch tatsächlich den Mast rasiert und du schläfst?!? Wenn du weiter mitfahren willst, leg dich nen Bisschen mehr ins Zeug!!!“
„Entschuldigung, Erik, soll nicht wieder vorkommen.“
Dieser Satz klang etwa so überzeugend wie die Möglichkeit, fliegende Kühe zu züchten.
„Na jut, Kleiner, ich wills dir noch mal durchgehen lassen. Und jetzt ab in das Dorf hier, wir brauchen schließlich einen neuen Mast!“
Saigo lief die Planke hinunter, stoppte dann aber und drehte sich noch einmal um.
„Erik, wo sind die anderen Gäste?“
„Das geht dich nen Scheißdreck an!!!!!“
Saigo schaute ihn noch weiter an, er kannte Erik schon lange genug, um zu wissen, dass er nur manchmal seine Autorität durchsetzen musste.
„Einige sind ins Dorf gegangen, der Rest ist noch hier.“
„Danke.“
Beide grinste ihn an und brach dann in Gelächter aus. Erik war Saigos einziger Freund, soweit er sich erinnerte, mal abgesehen von Greel. Aber Greel war Irre und eine Kugel aus Mondgestein, dessen Stimme nur er wahrnahm, womit er ausschied. Außerdem betrachtete Greel Saigo mehr als Mittel zum Zweck.
Das Dorf war eigentlich ein kleiner Hafen mit einigen Häusern drumherum und um diese Tageszeit war es absolut menschenleer. Saigo bemerkte eine bedrückende Stimmung in der Luft, als er durch die Straßen ging. Es lag nicht an der Tageszeit, in den Häuser brannte meistens schon Licht, aber die Türen waren geschlossen. Plötzlich durchbrach ein Schrei die Stille, woraufhin die Vögel aufgebracht einen nahen Wald verließen und einige Türen verschlossen wurden. Als er in die Richtung rannte, wo er den Urheber des Rufes vermutete, konnte er Greel irre lachen hören. Dieses penetrante Ekel hatte ein verdammt gutes Gespür für Situationen, in denen es Probleme zu geben schien.
Als Saigo den Ort erreichte, stockte sein Atem. Auf einem kleinen Marktplatz stand das Mädchen, welches er einige Stunden zuvor auf ihrem Banjo spielen gehört hatte. Sie war nicht allein, um sie standen locker zwanzig Gestalten, Männer, Frauen und auch Vermummte, die sie mit gezogenen Waffen anstarrten. Einige hatten Schwerter oder Pistolen, aber die Sammlung hörte dort bei Weitem nicht auf. Die Weißhaarige war anders. Ihre Augen hatten einen rötlichen Glanz und in ihrer Rechten Hand hielt sie einige Zentimeter über dem Boden einen Mann, der hilflos zappelte und schrie. Ihr Gesicht zeigte kein Anzeichen einer Empfindung und sie fixierte ihr Opfer, bevor ihre Faust die Magengrube des bemitleidenswerten Menschens traf und ihn gegen eine Wand schleuderte. Einige aus den Reihen der Angreifer bewegten sich auf sie zu. Saigo bemerkte etwas, was allen anderen nie aufgefallen wäre. Das Mädchen hatte keine feste Seele. Ihre Seele schwebte um ihren Körper und schien gegen etwas zu kämpfen. Saigo konnte Seelen von Menschen erkennen, aber wann er es gelernt hatte, konnte er nicht mehr sagen. Zu einem Körper gehörte aber eigentlich nur je eine Seele, die fest in diesem saß und nicht drumherum schwebte. So war es bei allen, so sollte es auch bei ihr sein. Die unnatürliche Kraft ihres zarten Körpers traf eine vermummte Gestalt am Kopf, woraufhin diese fiel und reglos liegen blieb, eine andere Frau mit einem Messer wurde einige Meter weit weg geschleudert, eh ihre Bewegungen stoppten. Eine Stimme in Saigos Unterbewusstsein meldete sich.
„Saigo!! Wie kannst du nur zulassen, das sich diese armen Menschen gegenseitig verletzen? Dein guter Freund Greel würde dieses Problem gerne für dich beseitigen...“
Die Seele der weißhaarigen Frau schien den Kampf gegen die andere, verschwommene Seele zu verlieren, sie strauchelte und auch ihr Körper bewegte sich. Das Mädchen rammte einem Mann ihre Hand in den Bauch, worauf dieser Blut spuckte und zusammenbrach. Sein Nebenmann verlor bei dem Versuch, die Angreiferin mit einer Hellebarde zu teilen, den rechten Arm und drehte sich schreiend auf dem Boden, bis ihr Fuß seinen Kopf traf.
Saigos Herz schmerzte. Greels Herz machte Freudensprünge.
„Greel?“
„JAA?!? Kann ich?!? Kann ich?!? Kann ich?!?“
„Keine Verletzten.“
„W-w-wie Bitte?!!!?!“
„Keine Verletzten oder gar nicht!“
„Is ja Gut!!! Her damit!!!!!“
Der Stein an Saigos Kette leuchtete grün und sein Gesicht änderte den Ausdruck. Von seinem ewig gleichgültigen Gesichtsausdruck war nicht mehr viel übrig, stattdessen nahm eine breiter, als Knochen und Haut es eigentlich zulassen sollten, über das Gesicht gespannte Fratze dessen Platz ein. Seine Wirbelsäule bog sich bis zum Limit und seine Hände waren wie Krallen angespannt. Er stand auf den Fußspitzen, als er einen irren, lauten Schrei ausstieß, der noch mehrere Sekunden am Himmel nachhallte. Einige der Menschen auf dem Platz schauten entsetzt in seine Richtung, andere zielten auf ihn.
Saigos Körper schaute sich lachend um, als ein Schuss ertönte. Die zu Pranken geformten Hände bewegten sich mit einer übernatürlichen Geschwindigkeit, als Greel zwei Schusswaffen aus Saigos Poncho zog und mit gezielten Schüssen die auf ihn abgefeuerte Kugel sowie die Waffe des Angreifers zersplittern ließ. Die Waffen waren ungewöhnlich. Ihre Verarbeitung war glatt, aber sie waren mit seltsamen Ornamenten besetzt. Bei jedem Schuss surrten und vibrierten sie in Saigos Händen, bis Greel sie routiniert einmal um den Zeigefinger wirbeln ließ, worauf hin ein klacksendes Geräusch zu hören war. Das alles geschah in einer übermenschlichen Geschwindigkeit und wenige Sekunden später qualmten die Läufe der beiden Revolver. Viele Waffen waren zu Bruch gegangen, und auch die Gürtelschnalle eines verdutzten Mannes löste sich in ihre Einzelteile auf, woraufhin dieser die Flucht ergriff. Einige folgten seinem Beispiel. Das Mädchen schaute Saigos Körper an und ging dann auf ihn zu. Die seltsame, verschwommene Seele hatte den Kampf gegen das Mädchen nun beinah für sich entschieden und versuchte in ihrem Körper Platz zu nehmen. Ihr berechnender Blick hatte sich in ein mordlustiges Grinsen verwandelt und nun lief auch sie gebückt.
„Genug, Greel.“
„Och nöö!!!“
Der Stein leuchtete abermals grün auf und Saigos Statur straffte sich wieder. Eh er die Kontrolle über seinen Körper vollends wieder erlangt hatte, trennte ihm das Mädchen eine Oberkörperseite mit ihren scharfen Klauen ab.
„Whuahahaha!!! Das hast du nun davon!!!!!!! Ich wäre problemlos ausgewichen!!!“
Das Blut verteilte sich auf dem Boden und die Menge gaffte unglaubwürdig, als Saigos verbliebener Arm mit einer enormen Wucht in ihren Magen fuhr, woraufhin sie bewusstlos zusammenklappte. Saigo schaute sie an, als sich seine Körperhälfte wieder regenerierte. Das Blut, das er verloren hatte, zog sich an den Stellen zusammen, wo es eigentlich hingehörte und die Wunden verwuchsen schnell. Der Körper des Mädchens hatte sich verändert. Überall waren lange, weiße Haare gesprossen, die sich nun aber wieder zurückbildeten. Auch die Klauen an ihren Händen und Füßen wuchsen wieder ein und ihre Pupillen zeigten nun wieder das gewöhnliche Schwarz statt dem Rot, das eben noch darin geglüht hatte. Die andere, rote Seele war verschwunden und ihre Eigene nun wieder an ihrem Platz. Der Mond glühte blutrot. Saigo hob die Bewusstlose problemlos an und kehrte den verdutzten Zuschauern den Rücken. Eine Stimme drang durch die Menschenmenge, begleitet von nervösem Flüstern.
„Hey, du! Wer bist du?!“
Saigo drehte sich um, versuchte aber gar nicht erst, den Herkunftsort der Stimme herauszubekommen. Greel führte mal wieder einen Monolog.
„Ich bin der sechzehnäugige Nasenbär, ihr Vollidioten!!!! Wenn ihr nicht euer Maul haltet, komme ich und fresse eure Weihnachtsbäume!!!!“
„Es ist irrelevant. Spätestens in einigen Jahren interessiert es euch nicht mehr und ihr werdet es vergessen haben.“
Mit diesen Worten verschwand Saigo in der Dunkelheit und niemand wagte, ihm zu folgen. Sein Schlag war reine Betäubung gewesen und das Mädchen sollte ihr Bewusstsein langsam zurückerhalten. Aber sie regte sich noch immer nicht. Als er beunruhigt stehen bliebt, huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Die Weißhaarige war in seinen Armen eingeschlafen und ihr gleichmäßiger Atem streifte sein Gesicht. Nun lächelte sie wieder, selbst im Schlaf.
„Saigo!!! Gaff die Göre nicht so an, da krieg ich ja Schiss!!“
Saigo ging weiter Richtung Hafen. Er hatte ein ungutes Gefühl. An einer Straßenecke blieb er im Schatten stehen, denn zwei alte Männer saßen auf der anderen Seite eines Fensters und unterhielten sich.
„Sie haben wieder eins angesteckt.“
„Kein Wunder, wenn immer wieder irgendwelche Idioten hier anlegen. Haben sie die Besatzung wieder ertränkt?“
Saigo stockte der Atem.
„Nein, ich glaub, diesmal haben sie die armen Schweine in die Stadt gebracht, und was dort mit ihnen passiert, will ich lieber nicht wissen!“
Die Beiden kicherten schadenfroh, aber Saigo schlich schon wieder lautlos Richtung Hafen. Schon nach einigen Metern stieß im dicker Qualm in die Nase und er ging schneller. Als er das Schiff erreichte, konnte er nur noch resigniert mit ansehen, wie die Tote Ente langsam in einem flammenden Inferno verbrannte. Wäre noch jemand an Bord gewesen, so würde er jetzt nicht mehr imstande sein, das Boot in einem Stück zu verlassen. Schmerz erfüllte Saigo. Die Tote Ente hätte ein besseres Ende verdient. Als er einige Stimmen aus einer Seitenstraße hörte, kletterte er mit der Hand, mit der er nicht das Mädchen trug, an einer Regenrinne auf ein Haus und verließ die Stadt, ohne das jemand auch nur einen Schimmer einer Ahnung gehabt hätte.


Das war falsch. Irgendjemand hatte immer mehr, als nur einen Schimmer Ahnung. Das kleine Mädchen mit dem schwarzen Umhang und der Sense grinste, als sie sah, wie Saigo mit dem weißhaarigen Mädchen in den Armen erst die Stadt verließ und dann nach einigen Kilometern im Dickicht eines Waldes verschwand. Sie schaute auf zwei große Statuen neben ihr. Die eine zeigte einen Mann, muskulös, mit einer Toga und drei Augen auf der Stirn. An seiner Seite hing ein großes Schwert und obwohl seine Hautfarbe sehr dunkel war, schien er einen weißlichen Glanz abzugeben. Die andere Statue zeigte eine Frau um die dreißig, mit nur einem Auge auf der Stirn, schwarzen, wirren Haaren und schneeweißer Haut. Sie trug ebenfalls eine Toga, aber in schwarz und auf ihrem Rücken hing eine Lanze. Beide Statuen waren von unten her mit grauen Ranken überwachsen, die sich nach oben hin lüfteten. Und die Beiden schauten sich an. Die Blicke, die sich streiften, verliehen den Statuen eine gewisse Lebhaftigkeit und sie schienen auf etwas zu warten. Eine rundliche Frau mit blauen, kurzen Haaren und orangenen Kleidern, die sie noch pummeliger erschienen ließen, betrat den Raum und klatschte in die Hände.
„Na, Vita, ist es endlich so weit?“
„Bald, meine Liebe, bald!“
„Wo sind denn die anderen? Ich hab sie heute noch nicht gesehen.“
„Wo Chrono ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht, aber die Schwestern machen unten irgendwas.“
Eine Redepause stellte sich ein, als die beiden Frauen auf die Statuen schauten.
„Wird ja auch langsam mal fällig, zweihundertachtzig Jahre sind eine lange Zeit, ich vermisse die Beiden schon!“
„Ich auch, Desitia, ich auch.“


Es war noch recht früh am Morgen, und selbst die Outlaws im Wald von Amunielle schliefen noch. Plötzlich brach eine Gestalt aus dem Dickicht, ein großes Breitschwert in den Händen und ein herausforderndes Lächeln im Gesicht. Einige Bäume fielen hinter ihr zu Boden.
„Na, Rakuda? Wie viele hast du schon?“
Die Sonnenstrahlen wurden gebrochen, als von einer Baumkrone eine andere Gestalt hinabstach. Sie landete lautlos auf der Erde, ebenfalls ein Lächeln im Gesicht, und in der Rückhand ein Katana.
„Hab nicht so die große Fresse! Du hast doch selber noch keins, hab ich recht, Raion?!“
Die beiden Männer standen sich gegenüber. Raion trug eine dicke, graue Hose mit Metallschienen darüber, eine weiße Lederrüstung mit den selbigen, sowie eine große Hülle für sein Breitschwert auf dem Rücken. Seine Haut war hell und seine braunen Haare gerade und kurz geschnitten. Rakuda dagegen trug eine schwarze Lederhose mit vielen Taschen, sowie eine dicke braune Weste und einen breiten Gürtel, an dem eine Schlaufe für seine Waffe befestigt war. Seine Haare hingen in langen, braunen Strähnen über einem schwarzem Stirnband und seine Haut war dunkler als Raions. Beide waren ungefähr zwanzig Jahre alt. Rakuda schaute sein Gegenüber provokant an.
„Welches Großmaul hat der ältesten Tochter des Grafen gestern denn vorgelabert, er könne zwanzig Eber in fünf Sekunden fangen und schlachten?“
„Und wer ist dann mit ihr im Hinterzimmer verschwunden, als das Dinner beendet war?“
„Das ist ne andere Geschichte!“
Die beiden grinsten und sprangen zurück in den Wald. Raion hinterließ auf seinem Weg einen Pfad der Verwüstung, denn was seinem Breitschwert in den Weg kam, konnte seine Zukunftspläne vorerst streichen. Rakuda schwebte nahezu durch die Büsche, wich den kleineren Hindernissen aus und verwendete die größeren als Trittbretter. Seine Füße berührten den Boden kaum. Die Beiden merkten nicht, dass sie beobachtet wurden. Eine Frau, für menschliche Augen unsichtbar, schwebte über dem Wald und schaute auf die Geschehnisse herab. Ihre Haut hatte einen grünlichen, transparenten Ton und ihre langen Haare waren mehrmals um sich selbst geschwungen und erinnerten ein wenig an ein Wurzelmuster. Ihr Blick war weise und ihr Körper war ihre einzige Bekleidung. Hinter ihr versteckte sich eine andere Person, mit schüchternem Blick und weißer, durchsichtiger Haut. Ihre Haare waren absolut gerade nach unten gerichtet und ihr Körperbau war besser ausgeprägt als der ihrer Nachbarin. Nun erschienen auch zwei andere Figuren, eine mit roter Haut, Haaren, die zu brennen schienen und einem besonders schadensfroh ausgeprägtem Lächeln, mit der sie ihr Gegenüber fixierte. Diese schien kleiner als die anderen Drei, auch erinnerte ihr Gesicht ehr an ein Kind und sie machte ein beleidigtes Gesicht, wobei sie versuchte, den Blicken der Roten auszuweichen. Ihre Haut schimmerte blau und ihre Haare hatten große Locken.
„Fuoco, du bist Böse! Hör auf, so gemein zu gucken!“
Das Mädchen mit der roten Haut schwebte auf die kleine zu und lächelte bösartig.
„Aber, Acqua, meine kleine Lieblingsgöre! Hab ich dir nicht beigebracht zu schweigen, wenn Erwachsene reden?“
„Ich bin genau so alt wie du!!“
„Was kann ich denn dafür, wenn du mit dreitausend Jahren immer noch so aussiehst, wie ich schon mit fünfzig nicht mehr? Hahahaha!“
Beide ballten ihre Hände zu Fäusten und knurrten sich an. Die Frau mit der grünen Haut ging dazwischen und schaute böse.
„Muss ich euch etwa schon wieder erinnern, das wir hier etwas vor haben?“
„Aber Terra! Lass die Beiden doch, wenn sie der Meinung sind,... das hier ist unwichtig...“
Das Mädchen mit der weißen Haut wurde sofort verlegen, als Fuoco sich zu ihr umdrehte und lächelte.
„Das ich das noch erleben darf! Unser Mauerblümchen Aria hat eine eigene Meinung? Hahaha!“
Während sie lachte, hielt sie sich einen Handrücken vor den Mund, spreizte die Finger der anderen so weit wie möglich weg und schaute in die Luft. Sie musste diese Pose geübt haben. Das „Mauerblümchen“ schaute böse und verlegen zugleich.
„Ja... Auch ich habe eine... feste Meinung! Und du bist... äh... gemein!“
„Oh, jetzt kommen wohl die besonders harten Beleidigungen? Hahahaha!“
Terra drehte sich weg und hielt sich resigniert eine Hand vor die Stirn. Dann schwebte sie den beiden Jungen hinterher und die anderen folgten ihr unauffällig, während sie sich gegenseitig böse Blicke zuwarfen. Im Wald war es wieder ruhig geworden. Ein Eber stand auf einer Lichtung und knabberte an einigen Kastanien, als plötzlich aus zwei verschiedenen Seiten des Waldes Schwerter herabbrausten und über ihm aufeinander schlugen. Das Schwein quiekte in Panik und war kurz darauf mit einer unnatürlichen Geschwindigkeit im Wald verschwunden.
„Ich war zuerst hier, mein Freund! Tut mir leid für dich!“
„Das kannst du dir sonst wo hin schmieren, nur wegen dir haben wir immer noch kein saftiges Frühstück.“
„Dann wird’s aber langsam Zeit!“
Das durchsichtige weiße Mädchen schaute angestrengt.
„Sie haben wirklich komplett gegensätzliche Auren, ich versteh das nicht ganz...“
Fuoco schaute ein wenig skeptisch zu Aria.
„Müssten sie nicht den ganzen Tag damit beschäftigt sein, sich zu prügeln, wenn ihre Auren so unterschiedlich sind, wie du es uns hier weißmachen willst?“
Terra schaute auf die Lichtung.
„Du siehst doch selbst, das es so ist! Ich verstehe es zwar auch nicht, aber wer weiß?“
die kleine Acqua meldete sich zu Wort.
„Sagt man nicht auch „Gegensätze ziehen sich an?““
Fuoco ließ einen abfälligen Blick auf sie herab.
„Hahaha! Du bist wirklich ein dummes, kleines Ding! Wenn es so wäre, würde es dann GEGENSÄTZE heißen?“
„Du hast wohl recht, Gegensätze ziehen sich nicht an, sonst würdest du dich wohl gut mit einer klugen Person wie mir verstehen, hab ich recht?“
Die Beiden ballten wieder ihre Fäuste und knurrten sich an.
„Bitte, Mädels, könnten wir nicht einmal unsere Ehre als Elementargötter wahren und jetzt sachlich beraten, was nun passiert?“
Fuoco und Acqua schauten verdutzt zu Terra.
„Du siehst doch, das die dort nicht geboren wurden, um sich gegenseitig umzubringen, oder sieht es etwa so aus?“
Raion und Rakuda fochten gerade eine Runde Schere, Stein, Papier aus, lachten dann laut und verschwanden in verschiedenen Richtungen im Wald. Aria schwebte in die Mitte.
„Erinnert ihr euch noch genau an den... Wortlaut?“
Fuoco und Acqua schauten äußerst skeptisch zu Aria, von der der intelligente Kommentar kam, als Terra den Text gelangweilt rezitierte.

Er führt durch ein Tor,
der Weg in die Zukunft,
dem Paradies auf Erden,
wo alle Menschen gleich
und ewig friedlich werden.
Der letzte Kampf entbrennt
An den himmlischen Toren,
gesäumt der Weg von Toten,
denn ein Schlüssel ist nur da,
und dieser eine ist zu wenig
für zwei dieser Pforten.

Allein in Terras Mine konnte man folgenden Satz ablesen:
Wir haben diesen dümmlichen Kinderreim schon mindestens dreißigtausendmal gelesen, warum denkst du, gerade jetzt etwas zu finden, was allen anderen bisher verborgen geblieben ist? Aria zuckte mit den Schultern und setzte eine unschuldige Mine auf. Acqua schwebte zu ihr.
„Hör auf, dich hier wichtig zu machen, wenn du am Ende doch keine Ahnung hast!“
„Hahahaha! Das sagt die Richtige, du bist doch auch nicht viel besser, du vorlaute Göre!“
„Hör auf, mich eine Göre zu nennen, du Schandmaul!“
Fuoco, Acqua und Aria schauten sich knurrend an, während Terra überlegte.
„Vielleicht ist der „Schlüssel“ nur noch nicht hier?“
Die drei anderen Göttinnen vergaßen kurzzeitig ihre Streitereien und drehten sich verdutzt zu Terra um. Fuoco schaute gelangweilt.
„Aber, große Schwester! Wir haben doch vor nicht allzu langer Zeit von Desitia und Chrono erfahren, das er erschienen ist!“
Acqua stützte sich auf dem Kopf der Flammengöttin ab und drückte sie so zwangsweise nach unten.
„Vielleicht ist er schon da, aber das bedeutet ja noch nicht, das er schon entdeckt wurde!“
„Sie hat recht... Vielleicht ist er gerade erst geboren und es dauert noch mal viele Jahre, bis es endlich los geht...“
Terra schaute überlegend.
„Mal nicht gleich den Teufel an die Wand, meine Liebe! Vielleicht ist der Schlüssel auch nur noch nicht hier? Ich denke, mit der Zeit werden wir schon eine Lösung finden!“
„Erzähl das lieber nicht Chrono, er hasst es, wenn man die eigenen Probleme auf ihn schiebt. Wir sollten der Kleinen unten lieber auftragen, die Menschen dort im Auge zu behalten!“
Die Schwestern grinsten und schauten dann wieder zu den beiden jungen Männern, die nun jeder mit einem fetten Schwein auf dem Rücken durch den Wald in Richtung des Gebirges liefen. Raion schaute hinauf zum Gipfel.
„Ich wette, dieses Schwein hier macht mich satter, als es ein Festmahl bei meinem Vater es jeh geschafft hätte!“
„Kein Wunder, dort ist ja soviel Vernunft, das sogar ich gestern überlegt habe, Messer und Gabel zu verwenden!“
Raion schaute Rakuda vorwurfsvoll an.
„Du warst gestern der Einzige, der sein Kalbsfilet mit den Fingern gegessen hat, die ganzen Lords und Ladies haben dich schief angeguckt. Sogar deine Mutter hat ausnahmsweise Besteck verwendet!“
„Tina hatte nichts dagegen!“
Raion überlegte.
„Und wer ist nun wieder Tina?“
„Die Tochter des Grafen!“
Rakuda lächelte hinterhältig.
„Ich find es schon lächerlich, dass du nicht mal ihren Namen kennst, wenn es nach Deinem Vater ginge, wäre sie jetzt deine Ehefrau!“
„Wenn es nach meinem Vater ginge, wäre ich bereits froh, Nina heiraten zu dürfen, bei den ganzen anderen, die er mir vorgeschlagen hat!“
„Sie heißt Tina.“
„Wirklich?“
„Ja.“
„Reden wir über ein anderes Thema.“
„In Ordnung, sonst komm ich noch zu dem Schluss, du bist frauenfeindlich.“
„Das liegt in der Familie, mein Vater hat mir voller Stolz erzählt, er hatte meine Mutter bereits zweimal geschwängert, bevor sie sich endlich bereit erklärt hatte, ihn zu heiraten!“
„Ich wusste gar nicht, das du Geschwister hast!“
„Hab ich auch nicht, mein Vater erzählt nur gern mal ein wenig Müll.“
„Ich weiß, das ist bei allen hohen Tieren so.“
„Überleg dir, was du sagst, immerhin bist du nun auch ein hohes Tier!“
„Pah!“
Die Beiden erreichten den Fuß des Berges, der ihr Ziel war.


Kanashi wachte schweißüberströmt auf und stemmte sich blitzartig in die Höhe, wobei sie Guh mitriss, die durch die Wucht an die gegenüberliegende Wand klatschte und langsam davon abrutschte. Kanashi hatte wieder von ihrer Mutter geträumt und von dem Mann, dessen schreckliche, gelbe Augen sie wahrscheinlich nie vergessen würde. Auch nach vierzehn Jahren kam es ihr vor, als wäre es gestern gewesen und sie musste weinen. Die kleine dicke Fee schwebte vor ihrem Gesicht und schaute mitleidig.
„Kanashi nicht weinen!“
Kanashi schaute sie an, lächelte, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und stand auf. Ihre Haare hatten noch immer die gleiche, bauschige Frisur und sie war nicht besonders groß gewachsen.
„Tut mir leid, Guh, ich hab mich nur wieder an Mutter erinnert, aber das ist nun schon lange her!“
„Genau, Kanashi nicht müssen weinen, nicht Kanashis Schuld und schon lange vorbei!“
„Danke, Kleine, aber ich brauche meine Tränen manchmal.“
Das Schlafzimmer war vergleichsweise klein, und trotzdem schien es gleichzeitig Küche und Wohnzimmer zu sein. Das komplette Zimmer war Kugelförmig in eine Felswand geschlagen, eine große Holztür sowie zwei große Fenster verbanden es mit der Außenwelt. Kanashi ging nach draußen, um in einem direkt neben ihrer Wohnung gelegenen Gebirgsbach zu baden. Als sie ihren Fuß ins Wasser tupfte, zog sie ihn reflexartig zurück.
„Die Nacht muss verdammt kalt gewesen sein, selbst der Bach ist noch zu kühl.“
Sie nahm einen Holzstab, der einmal ihrer Mutter gehört hatte und hielt ihn in das große Wasserbecken, in dem sich das Wässerchen staute und schaute zu Guh. Die kleine Fee lächelte.
„Guh macht Wasser warm!“
Der Stein in Guhs Stirn leuchtete und das Wasser begann zu dampfen. Nach einigen Minuten stieg Kanashi aus dem Becken, zog sich ihre roten, weiten Kleider über den Leib und schaute den Berg hinunter durch den Wald.
„Na, Guh, weißt du noch, was heute für ein Tag ist?“
„Natürlich! Heute letzter Tag, wo Kanashi und Guh auf dummen Berg hocken müssen!“
„Richtig! Wenn heute alles klar geht, werden wir in die Stadt können!“
Die Augen der Beiden glitzerten.
„Wir können mit Leuten reden, wir können auf dem Markt einkaufen gehen und wir können sogar...“
Sie weinte vor Freude.
„...ein paar andere Menschen kennenlernen!“
Nun weinte auch Guh und Beide lachten vor Freude.
„Aber Guh bei Kanashi bleiben!“
„Na klar! Wenn Guh bei Kanashi bleiben möchte, kann Guh bei Kanashi bleiben!“
„Guh immer bei Kanashi!“
Die Beiden hielten sich an den Händen und tanzten im Kreis. Dann kletterte das Mädchen einige Meter weiter auf den Berg und hockte sich vor einen Schrein, auf dem seltsame Schriftzeichen abgebildet waren.
„Bitte, liebe Götter! Zeigt mir heute die beiden Tore, damit wir endlich Frieden haben können! Ich werde dafür sorgen, dass die Entscheidung fällt, egal zu welchem Preis!“
Dann schnappte sich das Mädchen ihre Reiseausrüstung und begann, den Berg herabzusteigen. Die Götter antworteten, aber ohne das Kanashi etwas davon mitbekommen hätte. Acqua sprach zuerst.
„Also ich finde sie sehr sympathisch, gut, das nicht gerade so ein alter Knacker der Wächter ist!“
Fuoco kicherte.
„Hach, das ist ja wieder so typisch! Die Kleine ist zu naiv, sie denkt ja immer noch, wir unterstützen sie! Hahaha!“
Acquas gute Stimmung ließ sich nicht so leicht zerstören.
„Mir ist schon klar, das dir ein alter Knacker lieber wäre, aber finde sie in Ordnung!“
„Außerdem unterstützen wir sie sehr wohl. Immerhin kann sie unsere Magie anzapfen, wie sie will!“
Terras Kommentar war mehr beiläufig, denn das Bisschen, was Kanashi durch ihre Vorstellung verwenden konnte, kratzte die Göttinnen nicht mal mehr. Fuoco schaute abfällig auf Kanashis Körper, der den Berg hinab kletterte und gähnte.
„Schaut euch nur ihre Haare an! Sie hat keine Ahnung davon, was gut aussieht!“
„Du hast deine Frisur seit dreitausend Jahren nicht mehr geändert!“
„Wahre Schönheit kann halt nichts entstellen! Hahaha! Aber egal, solange sie ihre Aufgabe erfüllt, hab ich nichts gegen sie.“
Acqua ignorierte die Feuergöttin und führte einen Monolog.
„Ich weiß nicht, ob das ein Vorteil oder ein Nachteil für sie ist.“
„Hat unsere Göre irgendetwas gesagt?“
„Nein, ich rede nicht mit Leuten, deren Niveau sogar von einem toten Truthahn überboten wird.
Die Beiden schauten sich wütend an, während Terra und Aria den Rückweg in ihre Heimat antraten.

Ach so, die Story des 1. Buchs ist schon fertig, vielleicht bin ich ja größenwahnsinnig, aber ich schreib gerade am 2. und insgesamt sollen es mal drei werden. (Nicht weil heute alles drei Teile hat, sondern weil sich das so ergeben hat!)