Deling City, Hexenresidenz, 20.00 Uhr Ortszeit

Lautlos betrat Cifer die Residenz der Hexe. Es war kein Problem gewesen, die Wachen zu überlisten und bei der Hexe würde es wohl genauso einfach sein. Langsam schritt er durch die Haupthalle, in der ihr Thron stand, durch den langen Flur dahinter und gelangte schließlich an ihr Zimmer. Er öffnete die Tür, ging auf das schlafende Mädchen zu und hob die Gunblade, um sie zu töten. Grade, als er sie auf seine Feindin niedersausen lassen wollte, spürte er einen Schlag. Er wurde zu Boden geworfen und verlor seine Waffe. Benommen rappelte er sich auf und sah einen Schatten vor sich stehen, eine Silhouette, die er kannte. Kurz darauf wurde er von einer Stimme, die er ebenfalls kannte, angefaucht. „Wag es dich, ihr auch nur ein Haar zu krümmen! Wenn du sie anfasst, töte ich dich!“ Cifer zögerte nur einen Moment. Er hob die Hand und rief: „Gewittersturm! Quezacotl!“ Im Licht des Guardians erkannte er seinen Gegner nun. Es war Squall. Er wollte Quezacotl grade noch zurückrufen, als er hinter Squall eine andere, ihm ebenfalls bekannte Stimme hörte. Sie sagte: „Hauch des Universums! Eden!“ Eden und Quezacotl prallten aufeinander und setzten ihre Macht frei. Eden erlitt nur einige Kratzer, Quezacotl jedoch wurde von der Wucht des gegnerischen Angriffs weggeschleudert und erhob sich nicht mehr vom Boden. Dann verschwand er. Sein Schutz war erloschen. Ungläubig blickte Cifer in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Hinter Squall stand eine junge Frau, die Arme um seine Taille geschlungen und den Kopf an seinen Rücken gelehnt. Das musste die Hexe sein. Sie schien ihn zu kontrollieren. „Squall...hey, komm, wach auf! Du stehst unter ihrem Kommando! Sie ist dein Feind, nicht ich!“ Squall schüttelte den Kopf. „Nein, Cifer. Ich stehe nicht unter ihrem Einfluss...okay, irgendwie schon, aber nicht so, wie du denkst. Ich bin freiwillig hier!“ Cifer konnte es nicht glauben. „Hey, du weißt doch gar nicht mehr, was du sagst...denk doch an Rinoa! Die Arme ist irgendwo in Deling City eingesperrt, wenn sie überhaupt noch lebt. Du musst sie beschützen, nicht Ultimecia! Sonst durfte dich doch immer nur Rinoa umarmen!“ Squall schaute ihn starr an. „Ich glaube, du weißt nicht, worum es geht. Ich beschütze vielleicht die schwarze Hexe, aber nicht Ultimecia. Ultimecia gibt es nicht!“ Sein Gegenüber verstand dies nicht so recht. „Wie meinst du das? Sie existiert! Sie steht doch hinter dir und umklammert dich!“ Squall verdrehte die Augen. „Sag mal, stehst du eigentlich auf der Leitung? Denkst du etwa, dass Ultimecia einen meiner Guardians koppeln würde? Denkst du, dass Ultimecia Eden besitzt?“ Langsam dämmerte es Cifer. „Du willst doch wohl nicht sagen, dass...“ Weiter kam er nicht. Das Mädchen hinter Squall trat hervor und stellte sich ihm gegenüber. „Doch, will er. Ich bin die Hexe. Ich, Rinoa Heartilly, bin das mächtigste Wesen auf diesem Planeten und diejenige, die den Schöpfer aufhalten wird!“ Cifer starrte sie nur ungläubig an. „Rinoa...“ Da meldete sich Squall wieder zu Wort. „Und ich, Squall Leonhart, ehemaliges Mitglied der Eliteeinheit SEED, werde sie beschützen, als ihr Hexenritter!“ Cifer seufzte. „Okay, ich gebe mich geschlagen. Ich gehe zurück zum Garden und melde Edea, wer die Hexe ist. Gegen dich hab ich sowieso keine Chance. Außerdem könnte ich Rinoa nicht töten. Niemals!“ Mit diesen Worten drehte er um und ging zurück zum vereinbarten Treffpunkt, wo die Ragnarok landen sollte, um ihn abzuholen.

Tag der Auferstehung des Schöpfers

Balamb-Garden, 11.00 Uhr Galbadia-Zeit

Der ganze Garden litt noch unter dem Schock, der durch Cifers Nachricht ausgelöst wurde. Squall war am Leben. Als Hexenritter der Hexe, die die gesamte Welt unterdrückte. Und diese Hexe war Rinoa. Faye schien am härtesten getroffen zu sein, obwohl sie weder Squall noch Rinoa richtig kannte. Die meiste Zeit verbrachte sie mit Quistis, ihrer neuen Bezugsperson. „Quistis....ich habe geahnt, dass so etwas passiert.“ Quistis nickte. „Ja, ich auch. Als du mir erzähltest, dass Rinoa mit der Hexe im Zusammenhang steht, wusste ich es schon fast, habe aber versucht, es mir auszureden. Was ist bloß mit Rinoa los?“ Faye blickte zu Boden. „Sie...sie kann sich noch nicht befreien. In Rinoas Körper leben zwei Hexen: Die gute Hexe Rinoa und die böse, schwarze Hexe Ultimecia. Im Moment kontrolliert Ultimecia Rinoas Seele, aber sie selbst wird sich durch ein bestimmtes Ereignis befreien. Und ich hoffe, es ist bald!“ Quistis sah sie an. Sie hatte schon eine düstere Ahnung, was das Ereignis sein könnte. Faye fuhr fort. „Bald wird der Schöpfer ankommen, um den Planeten zu vernichten. Er wird den brennenden Mond auf die Erde stürzen lassen. Und die schwarze Hexe wird ihn unterstützen. Nur ihr anderes Ich, Rinoa, kann Hyne aufhalten. Doch sie hat noch nicht den Willen, sich zu befreien.“ Quistis erschauerte. „Das ist ja furchtbar!“, brachte sie mit tonloser Stimme hervor. Das durfte auf keinen Fall passieren. Niemals! Sie seufzte. Der Mond würde noch drei Tage brauchen, bis er vor der Sonne stand. Ob diese Zeit wohl reichen würde?

Irgendwo im Weltall...

Das riesige Schiff trieb durchs All, auf dem Weg zurück zum Planeten, von dem es gekommen war. Es war vom Feuer des leuchtenden Mondes zurückgerufen worden. Damals, bei der Erschaffung der Welt, hieß es: Wenn die Vereinigung aller Hexen vollzogen ist und durch die richtige Konstellation der Sterne ein neuer Schöpfer zu entstehen droht, möge der Mond leuchten und mich zur Vernichtung des Planeten rufen, damit dieses Wesen kein Unheil anrichten kann. Nun war es so weit. Der Mond war blutrot. Er schrie nach Hyne. Er schrie, dass er kommen sollte, die Hexe vernichten. Es dauerte noch drei Erdentage, bis die Geburt des neuen Schöpfers vollzogen wäre. Doch Hyne wusste, dass es diesmal anders war. Die Geburt des Schöpfers dauerte normalerweise Jahrhunderte, doch dieses Mal schien sie sich innerhalb von zehn Tagen nach dem ersten Leuchten des Mondes zu vollziehen....diesmal musste es Ultimecia sein. Lange hatte er darauf gewartet, seine Gefährtin, die auch soviel Macht besaß, wiederzufinden. Sie würde mit ihm diesen nutzlosen Planeten vernichten und mit ihm in seinem Schiff fortziehen. Doch selbst der mächtige Schöpfer wusste nicht, dass die weiße Hexe, Rinoa, auch zu voller Macht gelangt war und nur auf eine Gelegenheit wartete, sich von Ultimecia zu befreien. Das würde alle seine Pläne durchkreuzen. Das riesige Raumschiff näherte sich der Erde immer und immer mehr. Es flog und flog, immer dem Blutmond entgegen...

Geheime Forschungsinsel, 15.00 Uhr Centra-Zeit

„U...unglaublich!“, stieß der Forscher hervor. Sein Kollege, der sich mit dem Computer beschäftigte, drehte sich um und fragte: „Was denn?“ Der erste Wissenschaftler erwiderte: „Ich hab da was interessantes gefunden...“ Er nahm eine Disc aus seinem hochmodernen Teleskop und reichte sie seinem Kollegen. „Hier. Nimm mal dieses Bild und zoom es so, dass man was erkennen kann.“ Dieser nickte und tat, was man ihm gesagt hatte. Als sie sahen, was auf dem Monitor erschien, stockte ihnen fast der Atem. „Das kann doch wohl nicht...das...das ist...“ Er sprach nicht weiter. Der Mann sprang auf, rannte zum Telefon und ließ sich zu Admiral Kiros durchstellen. „Admiral Kiros, schlechte Nachrichten! Sie erinnern sich doch bestimmt noch an die Symbole und Prophezeiungen im stillen Ozean, oder? Die von der Auferstehung des Schöpfers berichten. Es heißt, dass Hyne mit einem gigantischen Raumschiff kommen würde, wenn der Mond sich rot färbt, um die Welt zu vernichten. Dieses Schiff konnten wir soeben ausfindig machen! Es wird die Erde dann erreichen, wenn der Mond die Sonne kreuzt!“ Nach einigen Minuten, in denen Kiros ihm Anweisungen gab, legte er auf und sagte zu seinem Kollegen: „Es ist so weit. Es ist Zeit, die ultimative und die endgültige Waffe zu erwecken.“ Der Angesprochene schluckte. Dann wanderte er zu einem anderen PC und schickte die Nachricht in den stillen Ozean. So begann es.

Esthar City, Odynes Labor, 20.00 Uhr Ortszeit

Laguna langweilte sich. Er kannte das alles schon. Odyne erzählte grade zum fünften Mal innerhalb von zwei Stunden die Geschichte von der Auferstehung Hynes und was das bedeutete. Er hingegen machte sich größere Sorgen darüber, ob die Geheimwaffen auch wirklich gehorchten oder ob sie wieder Menschen töten würden. Ihm hatte die Idee von Anfang an nicht gefallen. Die Geheimwaffen...Ultima und Omega Weapon. Es war eine hirnrissige Idee gewesen, sie zu klonen und in den Dienst der Menschheit stellen zu wollen. Die Weapons würden sich der Menschheit nie unterwerfen...nur der Schöpfer konnte sie kontrollieren. Doch er hatte größere Probleme. Auf dem Planeten eine Hexe, die alles mit Gewalt unterwarf und gleichzeitig die große Liebe seines Sohnes war und über dem Planeten der Schöpfer, der den Planeten vollständig vernichten wollte. Es war zum Heulen überall große Gefahren und er konnte rein gar nichts dagegen tun. Er fühlte sich ohnmächtig und wusste nicht, was er tun sollte. Ell ging es genauso. Ihr kleiner Bruder stand im Dienst des Feindes, weil er diesen Feind liebte. Mehr als sein eigenes Leben. Alle Meinungen spalteten sich über das geschehene, nur in einem waren sich die Staatsoberhäupter sicher: Die Bevölkerung durfte nichts von der bevorstehenden Auslöschung erfahren. Laguna blickte besorgt aus dem Fenster, hinauf, zum Mond. Er schien immer röter zu werden. Es war ein beängstigender Anblick...

Deling City, Hexenresidenz, 22.00 Uhr Ortszeit

Rinoa lag in Squalls Armen. Sie schlief tief und fest, doch er lag wach und dachte darüber nach, was mit ihr los war. Manchmal war sie so kaltherzig, tötete, ohne mit der Wimper zu zucken, dann bereute sie ihre Taten wieder. Und warum um alles in der Welt hatte sie versucht, vom Balkon zu springen? Er konnte es nicht verstehen, aber sie sagte es ihm auch nicht. Er wusste nur, dass sie jedesmal, wenn sie ihre Hexentracht trug, so kaltherzig wurde, dass ihr sogar sein Leben egal war, aber sobald sie sich zurückverwandelte, war sie wieder das scheinbar hilflose Mädchen, das er so sehr liebte, dass er für sie sterben würde. Ob sie es ihm irgendwann sagen würde? Vorsichtig stand er auf, damit er sie nicht weckte. Er zog sich an, nahm die Gunblade und verließ den Raum , um seinen Wachrundgang zu machen. Er blieb stehen und blickte aus dem Fenster. Als er in den Sternenhimmel blickte, musste er wieder daran denken, wie es früher gewesen war, bevor Rinoa weggegangen war. Und er musste an seine Freunde denken. Was sie wohl gerade taten? Der Gedanke, dass sie jetzt seine feinde waren, schmerzte. Aber nichts auf der Welt war dem jungen Kämpfer wichtiger als Rinoa.

Tag der Auferstehung des Schöpfers

Esthar City, Odynes Labor, 7.00 Uhr Ortszeit

„Die Lage sei ernst, oder?“, fragte Odyne. „Ja Professor. Sehr ernst. Nach unseren Berechnungen sind es noch 2 Tage. Wir bezweifeln, dass Ultima und Omega Weapon erfolgreich sein werden. Es gibt nur noch eine Möglichkeit...“, entgegnete der Mann am anderen Ende der Telefonleitung. Odyne überlegte kurz, dann fuhr er fort: „Das sei nicht ohne die Zustimmung des Präsidenten möglich, oder? Ich würde die Erlaubnis einholen, oder?“ „Sehr wohl, Professor.“, erwiderte der andere. Dann legte er auf. Der Professor legte den Hörer ebenfalls auf die Gabel zurück und verließ dann sein Labor in Richtung Präsidentenresidenz.

Laguna schaute besorgt aus dem Fenster, hinauf zum Mond, während Odyne mit ihm sprach. Die ultimative Geheimwaffe einsetzen? Er war sich nicht sicher. Diese „Waffe“ war zu unkontrollierbar. Wer weiß, was sie anrichten konnte, falls sie aktiviert würde. Aber hatte er überhaupt eine Wahl? So würde er zumindest die Hexe loswerden, wegen der Hyne wohl kam. Aber dann würde sie sterben, und vor ihr Squall, sein eigener Sohn, denn ER würde nicht so einfach zulassen, dass Rinoa getötet würde. Und schon gar nicht von den Leuten seines Vaters. Laguna wusste nicht mehr, was er tun sollte. Als Präsident war es seine Pflicht, die Hexe zu vernichten, als Vater jedoch, sie in Frieden zu lassen. Er schloss kurz die Augen. Odyne fragte: „Herr Präsident, was wollen sie jetzt tun?“ Der Angesprochene atmete einmal tief durch, drehte sich zum Professor, schaute ihm direkt in die Augen und sagte: „Aktivieren sie die Waffe.“ Dann drehte er sich wieder um und fügte noch hinzu: „Sie können gehen, Herr Professor.“ Odyne nickte und verließ auf schnellstem Wege den Raum, um zu seinem Labor zu eilen.

Geheime Forschungsinsel, 13.00 Uhr Centra-Zeit

„Ja, Herr Professor...ja...ist das ihr Ernst?...Ja...Sehr wohl!“ Der Forscher legte auf und wand sich zu seinem Kollegen. „He, Jim, wir haben ´nen Notfall und sollen noch die ultimative Geheimwaffe aktivieren.“ Der Angesprochene wand sich ungläubig von seinem Monitor ab. „Wir sollen WAS? Wir sollen Blade entsiegeln?“ Sein Freund nickte. „Oje...dann muss es wirklich ernst sein...“ Der Andere stand auf meinte: „Ist es auch. Du, kümmer dich bitte mal um den Beobachtungs-Kram. Ich geh und schau, dass unserem Süßen auch nix passiert.“ Jim nickte und wand sich wieder seinem Monitor zu. „Ach Tony...pass ja auf!“ Tony verließ den Raum mit einem Nicken, bog nach links ab und folgte dem langen Gang bis zu einem Aufzug. Von dort aus fuhr er auf die Hochsicherheitsebene tief unter dem Meeresspiegel. Als er sie betrat, erntete er von den dort stationierten Forschern neugierige Blicke. „Leute...ihr hab grünes Licht! Holt Blade aus der Versieglungsanlage!“ Die Angestellten nickten und machten sich sofort an die Arbeit. Einer jedoch wandte sich an Tony. „Chef...sie sind informiert, dass wir, wenn wir jetzt mit den Entsieglungsarbeiten beginnen, erst morgen Abend fertig sein können?“ Tony nickte. „Das ist schon okay, aber schickt ihn dann sofort nach Deling, damit er dieser Hexe mal ordentlich Dampf macht!“ Er verließ die Ebene wieder und machte sich auf den Rückweg in sein Labor. Endlich, dachte er, endlich darf ich Blade in Aktion erleben...

Balamb-Garden, 15.00 Uhr Esthar-Zeit

Der Auftritt der Schulband am vorigen Abend war ein riesiger Erfolg gewesen, was vor allem Selphie und Irvine freute. Doch es war anders als das letzte Schulfest...als Rinoa noch im Garden war. Zu dieser Zeit waren die Auftritte noch richtig gut gewesen und die Feste lustig. Es war so schade, dass sie nicht mehr da war. Und niemand konnte und wollte glauben, dass sie diese schrecklich böse Hexe sein sollte, die die gesamte Welt unterwirft. Selphie saß am Schulhof auf dem Geländer und blickte hinunter auf das Meer, das sich scheinbar endlos unter ihr erstreckte. Sie seufzte und bemerkte überhaupt nicht, dass noch jemand den Schulhof betreten hatte. Irvine trat von hinten an sie heran, legte die Arme um ihre Taille und fragte: „Hey...was´n los mit dir?“ Sie lehnte den Kopf gegen seinen Oberkörper und erwiderte: „Ach...ich fühle mich einfach total dumm, seid ich weiß, wer die Hexe sein soll...ich kann einfach nicht glauben, dass Rinoa so böse geworden sein soll...und das Squall auf ihrer Seite steht...“ Irvine drückte sie fester an sich. „Ach, Sephy...das ist bestimmt alles nicht wahr. Rinoa ist irgendwo in einem sicheren Versteck und Squall ist bei ihr.“ Selphie wand ihren Kopf zu ihm. „Sicher?“ Er löste seinen einen Arm von ihr, nahm ihr Kinn zwischen die Finger und meinte: „Sicher!“ Dann küsste er sie. So blieben sie noch einige Zeit auf dem Schulhof.