Inzwischen bereitete sich Asgar auf den morgigen Tag vor. Ja! Morgen würde es ein Blutfest geben das alles bisherige seiner Vampirlaufbahn in den Schatten stellen sollte. Er hatte dem alten Mann eine Chance gegeben sein Dorf zu retten, doch dieser war so störrisch gewesen und nun schien es Asgar dringend an der Zeit etwas andere Seiten aufzuziehen. Wütend war der blutrünstige Vampir zu seinem Schloss zurückgeflogen, welches sich auf dem Nachbarkontinent befand und tief zwischen Wäldern und Bergen verborgen lag. Als Fledermaus konnte Asgar längere Strecken ohne Probleme durch die Luft zurücklegen und das sparte ihm viel Zeit. In solchen Augenblicken schossen ihm stets die gewaltigen Vorteile des Vampirlebens durch die Gedanken. Wie schön war es doch eine Kreatur der Nacht zu sein! Und wie leicht es ihm immer fiel grausam und böse zu handeln. Als Mensch war er schwach und hilflos gewesen, doch jetzt hielt er die Fäden in der Hand. Als Vampir der 2.Generation beherrschte er einige der stärksten Zauber, allem voran die Erschaffung seiner eigenen Bediensteten für das Schloss, in Form von Skeletten und Zombies. Sie alle waren Opfer seines Blutdurstes gewesen. Jetzt arbeiteten sie für ihn wie willenlose Sklaven, was Asgar aber schnell langweilte. So schön es auch sein konnte, seinen Frust an den Untoten auszulassen und ihnen hin und wieder die Köpfe abzuschlagen, die dann sogleich durch Zaubermacht wieder nachwuchsen- Asgar fühlte das er kein erfülltes Vampirleben hatte. Ihm fehlte die wirkliche Unterhaltung mit seinesgleichen, denn ein Skelett war ungefähr so gesprächig wie eine Trommel die hin und wieder ächzenden Geräusche von sich gab. Man konnte ihnen allerhöchstens 1-2 Sätze beibringen, und das war nicht sehr motivierend, wie Asgar schnell festgestellt hatte. In Aliane hatte der Vampir seinen „Ghoul“ gefunden, der zu mehr als nur zum Blutsaugen gut war. Mit ihr konnte man reden und sie hörte immer zu, egal was er ihr nun erzählte. Sie schien nie gelangweilt zu sein. Asgar wollte sie nicht nur sprechen, er wollte sie gänzlich besitzen. Solange sie in dieser Verbanntenanstalt festgehalten wurde, ging das jedoch nicht. „Morgen werde ich mit diesem Menschenpack abrechnen...ihre Eitelkeit wird ihnen noch teuer zu stehen kommen!“. Asgar musste laut lachen. Dabei zeigte er jetzt ohne Vorbehalt seine schrecklichen Vampirzähne die im Licht der untergehenden Sonne hell leuchteten. Er stand auf dem Balkon seines Schlosses und fühlte sich sehr mächtig. Ein leises Schlürfen erklang vom Boden herauf und eine Gestalt in Form eines mächtigen Minotaurus blieb kurz vor der Tür stehen. „Meister...“ ertönte eine tiefe dröhnende Stimme in der Luft. Asgar bereitete sie jedes Mal Kopfschmerzen. „Was ist denn Ronak? Beeil dich! Ich bin heute nicht in bester Stimmung!“ zischte ihm sein Gebieter wütend zu. Ronak wankte mit seinem Körper, so als täte er jeden Moment das Gleichgewicht verlieren und zusammenstürzen, was jedoch nie geschah, da er sich immer im letzten Moment auffangen konnte. So auch heute. „Meister, ich habe Eure Bücher in der Bibliothek wieder eingeräumt! Und ich habe die Kamine geputzt. Eure Vorratskammer ist auch wieder aufgefüllt. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“ Asgar warf ihm einen alles vernichtenden Blick zu der aussagte das ihm diese Sachen nicht besonders interessierten. Ronak verstand erstaunlicherweise dieses mal ziemlich schnell und machte sich rasch aus dem Staub. Normalweise dauerte es immer länger bis seine Gehirnzellen auf Trab kamen. Der Schlossherr gähnte mit einem müden Grinsen. „Zeit zum Schlafengehen. Morgen wird ein anstrengender Tag für mich!“ Der Gebieter des Schlosses machte sich auf den Weg in seine Gruft. Wie jeder Vampir brauchte auch er Schlaf um seine Kräfte wieder zu regenerieren. Seine Rasse schlief vorzugsweise in dunklen Särgen die sich an nassen und modrigen Orten befanden wo das Licht sie nicht erreichen konnte. Asgars Schlafzimmer war auch gleichzeitig mit seiner Vorrats- und Folterkammer verbunden so das es ihm an nichts fehlte, wenn in ihm plötzlich der Drang nach Brutalität und Blut empor stieg. Gäbe es ein schöneres Leben? Für Asgar gab es das. Er würde sich erst eine Weile befriedigt fühlen wenn er seine geliebte Aliane in die Arme schließen konnte und ihr Blut auf seinen Zähnen spürte. Mit Gedanken hemmungsloser Grausamkeit schlief der Schlossherr schließlich in seinem Sarg ein.
Am nächsten Tag waren die Bewohner von Shannar schon sehr früh aufgestanden und obwohl es stark regnete, hatten sich alle auf dem Dorfplatz versammelt. Es sollten Hinrichtungen stattfinden. Der Bürgermeister war während der Nacht zu dem Entschluss gekommen die Geisteskranken und stummen hinrichten zu lassen da in seinen Augen und auch in denen vieler Dörfler, einfach eine zu große Ansteckungsgefahr bestände. Das Urteil lautete Tod durch Köpfen. Während der Henker schon fleißig dabei war sein Werk zu vollbringen jubelten die Menge um die zum Tode Verurteilten fanatisch nach deren Blut. Einige alte Männer, Frauen und Kinder weinten bitterlich. Es war so ungerecht. Sie waren doch im Grunde nicht viel anders als die übrigen Dorfbewohner und nun sollten sie sterben nur weil ihnen lebenswichtige Eigenschaften fehlten. Einige von ihnen waren taubstumm, andere shizofremisch, aber das waren doch bei weitem keine ausreichenden Gründe um ihr Leben zu beenden? In der Tat benutzte der hinterlistige Bürgermeister diesen Grund nur als Vorwand um seine Anstalt wieder etwas leerer zu kriegen, da er wenig Lust hatte sie zu vergrößern. Er war ein sehr egoistischer und böser Mann, doch das wusste er immer gut vor seinen Wählern zu verstecken. Die relativ stille Atmosphäre wurde von einem schrillen Schrei unterbrochen. Eine junge Frau mit blonden Haaren wurden zum Richtblock geführt, wobei sie sich mit Gewalt gegen ihr Schicksal wehrte und hysterisch herumschrie. Es nützte ihr nichts mehr. Im nächsten Moment schon lag ihr Kopf im Grass und Blut floss vom Richtblock. Ein weiterer Mann wurde sogleich an ihrer Stelle genommen. „Halt!! Bitte!!...Lasst mich leben!!“ rief er weinerlich aus. „Ich bin doch euer Freund!!... Mein Name ist Magemaster!!!“ Die Menge fuhr erschrocken auf. Einige Frauen fielen sogar in Ohnmacht. „Sehr nur!!! Er nennt sich Magemaster!! Das ist kein Mensch, tötet ihn!!..“ Der Mann war schon beinah panisch als sein Kopf zwischen die Halterungen der Gyotinne geschoben wurde. „Können wir das ganze nicht beenden?“ fragte er hoffnungsvoll. Und ob sie das konnten. Aber anders als es sich der seltsame junge Mann vorgestellt hatte. Plötzlich sah er die Welt von oben. Mit seinen letzten Gedanken hatte er den Tag seiner Taufe verflucht und den Priester noch dazu. Inzwischen war die Hinrichtung munter weitergegangen. Der Grossteil der Kranken Menschen hatte es inzwischen aufgegeben an so etwas wie Flucht oder Gnade zu denken. Stumm saßen oder standen sie vor dem kalten Richtplatz und blickten traurig auf den Boden. „Alaine Frynia!“ Die Stimme des Henkers hatte einen kalten Unterton angenommen. Die junge Frau ging mit erhobenen Haupte auf den Richtblock zu und ging in die Knie. Sie tat alles freiwillig und ohne zu zögern, viele Dorfbewohner waren sehr verwundert. Insgeheim bewunderten einige die junge Frau sogar um ihres Mutes willen, da ihr Leben von einer Sekunde auf die anderen ausgelöscht werden würde. Um den Mundwinkel des Dorschulzen spielte sich ein unauffälliges Grinsen. „Du hast verloren Fremder...hier kommt niemand Lebend heraus...“
Als Asgar an diesem Morgen in das Dorf kam, wunderte er sich warum alle Menschen so einen Aufstand um den Markplatz herum machten. Es musste so etwas wie eine Versammlung sein. Er konnte den Geruch von frischem Blut vernehmen. Ohne Zweifel war das eine Hinrichtung wie Asgar schon von der Ferne sehen konnte. „Eine amüsante Sache. Es ist doch immer witzig wenn sich Menschen selber abschlachten!“ dachte Asgar schadenfroh. Plötzlich teilten ihm seine Vampirsinne eine dunkle Vorahnung mit. Er konnte eine Woge der Unsicherheit in seinem Körper spüren. Aber vielleicht war es auch nur sein Wahrnehmungsvermögen das ihn hier täuschte. Asgar drängelte sich durch die Menschenmenge zu dem Bürgermeister hindurch und verlangte nach einer Erklärung. „Was ist hier los?“. Der alte Mann wandte sich scheinbar überrascht in seine Richtung. „Ach ihr seid es! Wir haben nur die Ratten abgeschlachtet! Die Ansteckungsgefahr wurde zu groß!“ Sein Blick bekam etwas stechendes. „Eure Freundin war auch darunter, es tut mir sehr Leid für euch! Ich konnte ihr nicht helfen, das wisst ihr.“ Asgars Augen weiteten sich. Er spürte wie das Blut in ihm zu kochen begann und das Tier in ihm die Gewalt übernehmen wollte. So wütend hatte er sich in seinem ganzen Leben noch nicht gefühlt und sein Zorn auf die Menschen stieg ins unermessliche. „Ihr habt Sie getötet??......Dafür werdet ihr mit dem LEBEN bezahlen du gammliger Mensch!!“ Wütend und in Ekstase gesetzt spreizte Asgar sein Maul und zeigte seine scharfen Vampirzähne. Er konnte spüren wie sich seine scharfen Eckzähne ganz ohne zutun in Bewegung setzten und wütend nach Blut lechzten. Erschrocken wichen die Dorfbewohner zurück Der Bürgermeister selbst war viel zu geschockt um sich bewegen zu können. Sein ganzer Körper zitterte wie wild und sein Blick war der eines verängstigten Kindes. „Ihr...Ihr seid ein Vampir?!....Aber....das kann nicht sein!!....“ Weiter kam er auch gar nicht mehr. Asgar hob ihn mit beiden Händen in die Luft und riss ihn längs heraus in zwei Stücke, während das Blut an seinen Armen und Haaren herunterlief. In den folgenden Augenblicken hatte Asgar nur noch einen Wunsch. Das Leben aller Dorfbewohner zu beenden, sie sollten schrecklich leiden. Gierig schleckte der Vampir das Blut mit der Zunge rund um seinen Mundwinkel und an seinen Armen auf. Es schmeckte süßlich erfrischend. Das hatte ihm schon wieder gefehlt, denn er hatte heute Morgen noch nicht gefrühstückt. Die Dörfler flüchteten panisch nach allen Seiten, und versuchten aus dem Dorf zu entkommen, doch sie fanden den Ausgang nicht. Asgar sorgte dafür das sie ihn nicht finden konnten. Mit einem mächtigen Zauber störte er ihr Wahrnehmungsvermögen so das sie wie aufgescheuchte Hühner hin und her liefen und leichte Beute für ihn waren. Im nächsten Augenblick verspürte er einen kleinen Schmerz an seiner rechten Schulter. Es war der Henker der ihm seine Axt in die rechte Schulter gerammt hatte. Rotes Blut spritzte dem Mann ins Gesicht. Asgar lachte leise. „Erbärmlicher Mensch!! Ich zeige dir wie man eine Axt führt!“ schrie der Vampir aufgebracht und ließ seine scharfen Krallen auf den Henker niedersausen. Der Scharfrichter war ein starker und muskulöser Mann, doch er hatte noch nicht mal die Gelegenheit zum Gegenschlag auszuholen, da hatte ihm Asgar schon seine Axt entrissen und ihn in der Mitte gespalten. Sein Blutdurst war noch immer nicht gestillt, allerdings hatte sich der ehrgeizige Vampir in seinem Zorn etwas ganz besonderes für das restliche Dorf ausgedacht. „Inectus Yadra Genesis!!“ murmelte Asgar mit geschlossenen Augen. Er hatte eine mächtige Formel ausgesprochen die bald seine Wirkung tun würde. Einige Momente später stürzten die restlichen Menschen mit wehklagenden Schmerzen in sich zusammen. Es handelte sich um einen Zauber der ihr Blut zum kochen brachte bis sie selbst dem Druck nicht mehr standhalten konnten und im wahrsten Sinne des Wortes explodierten. Es war ein Massaker wie es Asgar noch nie erlebt hatte, doch darauf achtete er in diesem Moment gar nicht. Viel zu groß war sein Zorn auf das Dorf. Der Regen war stärker geworden und hatte einen Großteil des Blutes davon geschwemmt. Doch es war immer noch genug da um Asgars Durst zu stillen. „Schade um das schöne Blut...“ warf Asgar bemerkend ein. Ein lautes Geräusch von einer klappernden Schuhen und einer Schwertschneide war aus dem Kerker zu vernehmen. Mit hochrotem Kopf kam die Wache der ehemaligen Verbanntenanstalt mit erhobenen Schwerte auf ihn zugerannt. „Du bist ja auch noch hier! Fasst hätte ich dich vergessen!“ flüsterte Asgar mit einem hämischen grinsen um seinen Mund. „Elender Vampir!!! STIRB!!“ Die Wache schlug mit ihren Augen wie wild in alle Richtungen und brachte ein wütendes Bellen zustande. Der genervte Vampir ließ ihn nicht mal Zeit genug damit er sein Schwert wieder aufheben konnte, das ihm so eben aus den Händen gerutscht war, und schlug fest und gezielt zu. Jetzt schob sich nicht nur der Unterkiefer der Wache unnatürlich nach oben, sondern gleich der ganze Kopf. Beide flogen in hohem Bogen durch die Luft und landeten auf einer bespitzten Eisenstange. Der restliche Körper stand noch eine Weile blutend aufrecht ehe er nach hinten umkippte. „Das war für meine Alaine du ekliger Mensch!!“ schrie Asgar mit ernsten Unterton in seiner Stimme. Den Rest der Dorfbewohner erledigte Asgar schnell und Schmerzlos. Er durchsuchte sogar die Häuser und tötete Frauen und Kinder, insofern noch welche übrig waren die seinem Ausbruch von vorhin entgangen waren. Rücksichtslos und ohne Skrupel vollendete Asgar sein schreckliches Werk. So etwas wie ein Gewissen hatte er schon lange nicht mehr. Als niemand mehr übrig war konnte der Vampir spüren das sein Zorn langsam nachließ und einem Leeren Gefühl in seinem Herzen Platz machte. „Aliane…“ flüsterte Asgar mit leiser Stimme. Sein Blick fiel auf das Massengrab das der Henker vorher in den Boden gegraben hatte. Ihre Leichen waren bereits angezündet worden und brannten trotz des dichten Regens lichterloh. „Ich kann es nicht so enden lassen. Das werde ich niemals!“ Ohne lange darüber nachzudenken sprang Asgar in die verzerrenden Flammen und rettete die Leiche seiner Freundin, mit dem Risiko selber sein Leben zu lassen. Vampire haben aber den Vorteil das sie sich wesentlich schneller Bewegen als normale Menschen und so konnten die Flammen ihm allerhöchstens die Hände verbrennen ehe er ihnen entkommen war.
Schweigend trug er ihre Leiche aus dem Dorf und begab sich mit ihr an den naheliegenden Strand von Shannar. Hier sollte seine Aliane ihre ewige Ruhe finden. Dort war sie in Frieden so wie sie es sich immer gewünscht hatte. Sie konnte es ihm nie mitteilen, aber er konnte es spüren. Im Grunde hatte sie sich nur nach einem Leben ohne Gewalt und Zwietracht gesehnt. „Es tut mir Leid…“ flüsterte Asgar andächtig. Er wusste bisher nicht mal was es war, aber er konnte es nicht mehr zurückhalten. Eine einzelne Träne aus Blut floss entfloss seinem rechten Auge. Nicht einmal mal über die Vernichtung der Menschen konnte sich Asgar an diesem Abend freuen. Er hatte nicht viel mehr bekommen als Blut und dafür war ihm der wichtigste Mensch in seinem Leben genommen worden. Es würde nicht mehr lange dauern bis das Biest in ihm Oberhand übernahm. Asgar hatte sich stets vor diesem Tag gefürchtet, und nachdem er Aliane kennen gelernt hatte, sogar vergessen. Jetzt fiel es ihm jedoch wieder ein. Der Schmerz des Blutes. Der Fluch der Vampire. In einer Strandhöhle die das Wasser nicht erreichen konnte begrub er Alaine und errichtete ihr einen Grabstein. Es war alles was ihn noch an sie erinnerte. Eine letzte Erinnerung an das menschliche Fleisch das er schon in seiner Kindheit abgelegt hatte. Schweigend kniete er Stundenlang vor ihrem Grab und die Zeit verging. Es musste wohl schon nach Mitternacht sein. Er wusste das er sie nie vergessen würde. Vampire vergessen nie. Und Asgar war einer von ihnen. Ein mächtiges, unbarmherziges Wesen. Aber auch eine geplagte und geschundene Kreatur. So wie alle Vampire…
„...Ein Leben voller Leid und Hass…“