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Ritter
Hm... das ist ehrlich ein Thema, dass mich selbst in unzähligen Stunden der Grübelei beschäftigt hat. Deswegen bin ich ganz froh, dass es so spät ist und noch nicht so viele Antworten dazu existieren. Ich verliere ab einer bestimmten Anzahl an Posts per Thread die Lust noch was dazu zu sagen...
Aber kommen wir zum Thema. Im Großen und Ganzen kann ich mit Ifrits Meinung übereinstimmen, er hat sehr viele wahre Ansätze aufgezählt.
Ich bin weder Latencys Meinung, nach der Kinder generell überbehütet werden, noch kann ich Piks Ansicht teilen, dass Kinder nur noch sich selbst überlassen werden.
Wie so oft im Leben: "Es kommt darauf an." Es gibt Eltern, die ihre Kinder nicht ohne dreifache schriftliche Abmeldung außer Haus lassen, es gibt Eltern, denen es scheißegal ist, wo ihre Kinder rum rennen und es gibt den großen Rest, die versuchen ihre Kinder vernünftig zu erziehen. Dabe spielen imho die eigenen Erfahrungen eine große Rolle.
Und leider werden viele, die sich jetzt so groß aufregen und prahlen, was sie alles besser machen werden, irgendwann vor einem grundlos trotzigen Jugendlichen stehen und eine gewissen Ungeduld an den Tag legen.
Bei mir zu Hause war es... nicht so gut. Natürlich hat sich meine Mutter auch ab und zu mal ernsthafte Sorgen gemacht. Naja, eigentlich hat sie sich immer Sorgen gemacht. Darum, wie meine Aktionen von Verwandtschaft und Gesellschaft eingestuft werden. Verbote und Einschränkungen galten nicht meiner Sicherheit, sondern der Besorgnis, was die Nachbarn darüber denken könnten. Zwei bezeichnende Ereignisse gibt es dazu:
Einmal vor 5 Jahren, ich war gerade zarte 17 und naiver als ein Brot. Ich hatte über 700 km von zu Hause weg eine Arbeitstelle verbockt und saß mit einer Tasche und keinem Pfennig am Hamburger Hbf fest. Ich rief natürlich zu Hause an, in Erwartung einer Hilfe. Doch das erste, was mir durch den Hörer entgegen schallte, war kein "wie geht es dir" oder "wo steckst du". Nein, das erste, was kam, war ein lapidares "was hast du jetzt wieder angestellt". Meine Mutter hat mich nur einmal ganz wage in Bezug auf mein künstleriches Interesse gelobt, sonst kamen immer nur "du stellst dich dämlich an" oder "wie sieht das denn aus". Ich war alles andere als behütet.
Der zweite Vorfall war diesen Sommer, meine Muter lies mich in Freiburg, ebenfalls über 700 km von zu Hause, in der Pampa sitzen, weil ich 3 h länger gebraucht hätte zum vereinbarten Trefpunkt zu kommen. Nein, behütet war ich nie.
Andererseits habe ich jetzt schon das zweite Mal erleben müßen, wie eines dieser betüddelten und umsorgten Kinder mich im Stich gelassen hat, weil ihnen die Anstrengung eines Freundschaftdienstes in Not zuviel Aufwand war.
Der Mittelweg liegt also fast schon gesetzmäßig in der goldenen Mitte.
Auf der einen Seite sind Grenzen notwenig, gerne zu eng. Denn wenn man in dieses bestimmte Alter kommt, überschreitet man sie. Jeder wird eine Geschichte erzählen können, wo er eine von Eltern gesetzte Grenze bewußt überschritten hat.
Auf der anderen Seite muß man einem Kind genug Freiraum und Vertrauen lassen, sich selbst zu entwickeln und ein freier, selbstständiger und verantwortungsbewußter Mensch zu werden.
Das ist wohl eine der härtesten Gradwanderungen, die imho aber auch den geringsten Stellenwert hat, denn ich denke, dass jedes Kind von alleine erwachsen wird, durch seine Erfahrungen und... durch das unweigerliche auf-die-Schnauze-fallen.
Aber natürlich hat man einen wesentlich besseren Start, wenn man von Anfang an gewissen Verhaltensregeln eingepleut bekommt.
Als wichtige Eigentschaften für Eltern sehe ich Standhaftigkeit ohne Einzuengen, Vertrauen ohne Blindheit und Lehren ohne Aufzwingen.
Es klingt so schwer und unvereinbar, doch es geht. Man kann seine eigenen Regeln erhalten, aber im Zimmer des Kindes dessen Regeln gelten lassen. Man kann sein Kind zu Freunden, in Discos oder sonstwo hinschicken und trotzdem verlangen zu wissen, wo das Kind ist. Und man kann Vorbild sein ohne ständige Moralpredigt.
Wie Ifrit es sagte, ist das Durchstöbern der persönlichen Dinge eines Kindes erster Vertrauensbruch. Seinem Kind zu verbieten, irgendwo hinzugehen, wenn es sein Ziel angibt, fördert nur heimliches Verschwinden oder Verlogenheit. Und alles Reden hat keinen Sinn, wenn rauchende Eltern ihren Kindern das Rauchen verbieten wollen...
Wenn wir selbst einmal vor einem solchen uneinsichtigen Jungspund stehen, sollten wir als erstes überlegen, wie wir damals die Einschnitte durch die oberste Heeresleitung empfunden haben.
Und man sollte bedenken, das die meisten Menschen zu Hause sterben. Demnach ist nichts gefährlicher als drinnen zu bleiben.
Gegen Strafen alá Hausarrest oder Taschengeldentzug bin ich rigeros. Auch Schlagen sollte höchstes Tabu sein. Ich hab' mir selber Backpfeifen eingefangen und die bewirkten nur eins... dass ich meine Probleme für mich behielt und meinen Eltern ein immer fremderer Mensch wurde. Bis ich mit 16 wegging und sie nie herausgefunden haben, wer ich eigentlich bin.
Eltern werden ist nicht schwer... doch Eltern sein dagegen sehr. Um mal ein altes Sprichwort sinngemäß abzuwandeln.
Wie gesagt, es gibt verwahrloste und überbetüddelte Kinder und die, die einfach nur groß wurden.
Noch ein Satz aus Erfahrung: Die Älteren haben es immer schwerer als die Jüngeren und Mädchen schwere als Jungen etwas bei ihren Eltern durchzusetzen.
Bei ersteren ist es die mangelnde Erfahrung, bei zweiteren eine realle Gefahr.
Als Abschluß... für mich müßen Eltern vorallem eines sein... ein Rückhalt. Wir alle machen Fehler und Eltern sollten die ersten sein, die verzeihen. Dann werden auch die Kinder mit ihren Eltern nachsichtig sein. Sie haben es ja nie anders kennengelernt
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