Die Geschichte eines Brudermörders
Noch immer saß die Angst tief in seiner Seele, und wiederrum fragte er sich, wie er das alles nur überstehen konnte, zu leben, jeden verdammten Tag weiterzumachen. Jedoch war dieses, ihm vom Schicksal geliehende Leben, schlimmer als der Tod.
Unendlich viel Schlimmer...
Niemand solle von ihm Absolution erwarten, niemand auch nur auf ein noch so gequältes Lächeln von ihm hoffen. Trotzdem tut er es. Jeden Tag lächelt er Leuten zu, die ihm ebenso gleichgültig waren wie er sich selbst. In ihm war so ein grenzenloser Hass, ebenso ziellos wie gewaltig, und er war ihm so verständnisslos wie er ihm hilflos ausgeliefert war.
Wie sehr er sich seit jenem Tag verändert hatte wurde ihm selbst erst bewusst, als er die Augen öffnete und feststellte, dass er verbittert war. Bis auf den grund seiner seele verbittert, und es war so sinnlos.
Er hätte sich vor 50 Jahren geschlagen geben sollen, dies wäre bahmherziger gewesen. Denn die Strafe, die sein Schicksal nun für ihn gedacht hatte, war entsetztlich, und ER hatte auch noch darum gebeten, gekämpft wie niemand jemals zuvor, und doch war der Preis für den Sieg ungerecht höher, als er auch nur ansatzweiße gerechtfertigt wäre.
Wie er dahmals mit dem Tod gerungen hatte. Nun kam er ihm jedoch wie ein guter alter Freund vor, und er sehnte ihn herbei, jeden geschenkten Tag seines geliehenen Lebens wünschte er ihn herbei.
Gewaltsam hatten ihn die Ärzte aus seinem Frieden gerissen, tagelang ringte er mit dem Tod, der ihm seit dem schrecklichen Unfall vor 50 Jahren heimgesucht hatte.
Sein 12 Jähriger Bruder starb, so wie ihr 11 Jähriger Bruder zuvor, den sie beide umgebracht hatten..
Seine Mutter war vor Kummer gestorben. Und hätte er einen Vater gehabt, wäre er wohl auch abgehauen... Alle hatten sie ihren Weg gefunden, nur er blieb als Waise zurück.
Beinahe beneidete er es, dass nicht er den flüchtigen Weg des Todes nehmen konnte.
Sein Leben zog jetzt, als er zurückblickte, rasend schnell an ihm vorbei, doch als er es lebte, schien es so unberechtigt lang und qualvoll zu sein.
Winter, in denen er sich als billige Arbeitskraft die Zehen abfror, Sommer, in denen er sich zu harter Feldarbeit verpflichten musste, Kriege, die er mitführen musste, ohne zu wissen, warum er überhaupt kämpfte, Zerstörungen, die er hatte mitansehen müssen, ohne deren Grund zu verstehen, Ungerechtigkeiten einer religion, die ebenso veraltet wie falsch war, hatte er praktizieren müssen, ohne ein Wort davon zu glauben.
Wiederrum , all diese Jahre, verwehrte ihm das Schicksal den letzten Ausweg.
Oh nein, er hätte im Tod wirklich nichts verpasst.
Endlic schlief der alte, gebrochene und verbitterte Mann ein, mit der Hoffnung, den nächsten Morgen nicht mehr mitansehen zu müssen.
Und dieses allerletzte Mal hatte sein Schicksal beschlossen, ihm diesen letzten, gnädigen Wunsch für immer zu erfüllen...
(Anmerkung: Diese Geschicht beruht auf kiner wahren Begebenheit)
Just imagination..
mfg