Da ich grad Lust aufs Klugscheißen hab' und mir Verhaltensbio. taugt, gibts hier mal ne kleine Naturgeschichte der Liebe (auch wenns total unpersönlich und vereinfachend klingt):
Unsere frühen tierischen Vorfahren haben sich null um den Nachwuchs gekümmert bis die Natur draufgekommen ist, dass sich um diesen zu kümmern, dessen Überlebensfähigkeit doch ziemlich steigert. So zB die Ameisen, die fleißig ihre Brut ernähren - nur sind Ameisen völlig unpersönlich (und dumpf), keine wird als Individuum angesehen.
Höhere Tiere leben dagegen einzeln können sich also eben nicht mal einfach um alle Kinder von jedem kümmern und gut ist es zu verhindern, dass mal unabsichtlich die Jungen vertauscht werden, daher braucht es andere (höhere) Verhaltensweisen, damit sie sich um den Nachwuchs sorgen. Also hat die Natur, genial wie sie ist, zweierlei entwickelt:
1. Individualität: Das Gegenüber ist nicht einfach gleich wie alle andern, sondern jemand Besonderes, von den andern Unterschiedliches mit eigenen Merkmalen - eine Person.
2. Bindung: Nicht so neu, es gibt ja bei vielen Wesen Bindung an nen bestimmten Ort (Territorium = Heimat). Das wird wohl halt übertragen auf ein bestimmtes Lebewesen, denn die Geliebten haben ja was stark Heimatliches, Vetrautes an sich (Sprichwort: Heimat is dort, wo die sind die du liebst.).
Das beides zusammen ergibt "persönliche Bindung" = Liebe. Sie kam zuerst auf die Welt mit der Mutter-Kind-Beziehung. Das ist zwar schön und gut doch vorher verstanden die Tiere früher noch nix von Freundlichkeit. Andere Tiere waren zum Fressen und Paaren da oder sie waren halt eine Gefahr vor der man flüchtet (oder sie waren einem völlig gleichgültig). Ne Fliege verstehts nicht, wenn man sie sanft streichelt. Also haben Mutter und Kind vertrauliche, freundliche Gefühle gegenüber entwickelt und ebensolche Verhaltensweisen um sich diese Gefühle gegenseitig zeigen zu können. Das Kind hat dabei allerelei betreuungssuchende Verhaltensweisen (all das was süß wirkt), die Mutter zärtlich-betreuende Verhaltensweisen entwickelt (zB umarmen, streicheln, kussfüttern = sich Nahrung in den Mund stecken, zerkauen und die Nahrung dem Kleinen in den Mund schieben). Somit kam die Freundlichkeit in die Welt. (Erst kam die Bindung durch Betreuung des Nachwuchses - Entstehung der Freundlichkeit. Später kam die "persönliche Bindung" um Jungenvertauschung, Gefahr durch andere Artgenossen etc. vorzubeugen).
Nun gabs ein Problem. Die Mutter musste sich um ihre Nahrung + die Nahrung und Aufzucht ihrer Jungen kümmern. Sehr anstrengend wie man sich denken kann und nicht gerade effektiv in Sachen Überlebenskampf. Nun war das einzige was der Vater mit den Jungen zu tun hatte, deren Zeugung. Es wäre wohl effektiver wenn einer Nahrung besorgt und der andere sich um den Nachwuchs kümmert. Also dachte sich die Natur, da die Mutter-Kind-Beziehung so gut lief, warum nicht einfach das ganze entwickelte Verhaltensrepertoire zwischen Mutter und Kind auf die Erwachsenen (Männchen und Weibchen) übertragen? Somit waren Männchen und Weibchen aneinander gebunden und zueinander freundlich und zärtlich (kussfüttern wurde einfach ins Küssen abgeleitet) und kümmerten sich beide um die Jungen. (Bei Verliebten merkt man ja, dass sie sich etwas kindlich verhalten.) Und da die Natur kein Reduktionist ist und versucht aus allem alles herauszuholen hat sie dem Sex einen zweiten Aspekt hinzugefügt: dem des Ausdrucks der gegenseitigen Liebe ("Liebe machen"). Der 1. Aspekt wär reiner Paarungstrieb (Dominanz und Unterwerfung). Inwiefern beide Aspekte bei jemandem hervortreten kommt natürlich auf Personen und Situation an. Somit war die Familie geboren.
Jetzt haben sich allerlei Verhaltensweisen zwischen den verschiedenen Familienmitgliedern entwickelt. Und da das Prinzip mit der Familie so genial ist, dachte sich die Natur wohl: warum nicht einen Schritt weitergehen? Also nahm sie die Verhaltensweisen der Familie, übertrug sie auf eine größere Gruppe von Menschen und ermöglichte es unseren Vorfahren Unbekannte und Nichtblutsverwandte familiär zu behandeln. Sie wurden somit zu Gruppentieren. Die aus dem (starken) Liebestrieb entwickelte Freundlichkeit kann so auch auf einen Fremden wirken und aus der Freundlichkeit kann eben Freundschaftlichkeit werden - eine Form der Liebe. Diese Übertragung vom Familiären in die Gruppe kann eben auch so weit gehen, dass man einen Nichtblutsverwandten als "Bruder" empfindet und bezeichnet (wie es in vielen Kulturen geschieht). Dasselbe gilt natürlich auch fürs Väterliche, Mütterliche und Großelternhafte welches man in anderen Menschen sieht. Darauf basiert dann natürlich auch die Nächstenliebe, denn mit der Liebe (und eben durch sie) hat sich auch das Mitgefühl entwickelt. Das Problem ist halt, wenn es heißt man soll alle lieben (obwohl man ja viele Menschen lieben kann). Denn Liebe zeichnet sich ja dadurch aus, dass man jemanden (im Vergleich zu anderen) als Besonderen empfindet. Sind alle besonders sind ja alle gleich.
Erst durch die Entstehung der Liebe konnten sich somit höher entwickelte Gesellschaften von Wesen entwickeln. Denn nur dadurch, dass es Individuen gibt, gibt es Vielfalt. Dadurch, dass die Individuen aneinander gebunden sind gibt es Einheit. Durch diese gute Mischung aus Vielfalt und Einheit kann Höheres und Vielschichtigeres entstehen.
zu Liebe und Mitgefühl: Ich schätz mal, dass diese Bindung an eine (oder mehrere) Personen mit einer Art seelischer Einverleibung erfolgt. Finden Kinder etwas süß, möchten sie es essen - sich einverleiben. Findet man eine Person süß oder liebt sie will man ihre Seele (Gefühlswelt) zum Teil seiner Seele machen (wie manche gerne sagen: "ich hab dich zum Fressen gern", "du bist ja zum anknabbern"). Also will man fühlen, was sie fühlt - vielleicht daher Ursprung des Mitgefühls.
zu Verliebtsein und Liebe: Biochemisch gibts da nen großen Unterschied. Der kurzfristige Verliebheitsrausch kommt von Phenylethylamin, welches in winzigen Mengen in Schoko und in großen in manchen Drogen vorhanden ist. Dass der nicht dauerhaft halten sollte is logisch, denn wenn man dauernd blind vor Liebe ist, wie kann man dann klar nachdenken und bei Kindererziehung die Ansicht der geliebten Person, wenn nötig, in Frage stellen? Ausserdem sinkt bei Verliebtheit mit dem Serotoninspiegel die zufriedene Gelassenheit und es steigt die Unruhe (man muss ständig an SIE, SIE und nur SIE denken). Der Serotoninspiegel erreicht dabei ein niedriges Level wie ihn Neurotiker haben - kein dauerhaft nützlicher Zustand. Für die dauerhafte Bindung ist Oxytocin zuständig, welches schon bei Hautkontakt, aber (bei Liebenden) auch beim vögeln ausgeschüttet wird. (Vielleicht auch schon ein wenig bei Freundlichkeit).
Natürlich ist Liebe letztendlich tiefgreifender, als man in Worte fassen kann^^.