Das ist keine Schande, fast niemand kennt all die exotischen Philosophen und Sektenführer, die das späte 19. Jahrhundert hervorgebracht hat. Wenn's dich interessiert: "Beelzebubs Erzählungen für seinen Enkel" ist sein Opus magnus, lesenswert und schwer verständlich, ein Kind seiner Zeit eben (und nicht zu knapp gefüllt mit seltsam Esoterischem Schwachsinn - das sollte man nicht unerwähnt lassen).Zitat
Ich will mal bescheiden sein: Ich liebe dieses Thema. Ich liebe Sokrates und Plato, aber Liebe heißt bei mir nicht, über ihre Fehler und unaktualität einfach hinwegzusehen.
Ins@ne, hat du seine Dialoge gelesen? Wenn nicht, dann fürchte ich, dass meine Argumetation vielleicht unverständlich wird:Zitat
Wenn man die Untersuchungsgegenstände von Sokrates genauer unter die Lupe nimmt, dann kann man erkennen, dass sich die meisten der Dialoge um die 'großen Werte' wie Tapferkeit, Gerechtigkeit, Mäßigung usw. drehen (Der Dialog über die Reinkarnation und das Vorleben in der intellegiblen ist IMO Müll). Sokrates tritt darin als Fragender an eine Person mit hohem öffentlichem Ansehen heran, um sie über ihre spezielle Tugend zu befragen. So spricht er z.B. mit Richtern über Gerechtigkeit, mit Generälen über Tapferkeit usw. (verbessert mich hier, wenn ich falsch liege), und im laufe des Gesprächs kristallisiert sich immer heraus, dass keine der Befragten nun weiß, was ihre Spezielle Tugend denn nun wirklich ist, sie es aber trotzdem schaffen fast ohne Fehl nach der Erfüllung dieser zu streben. Sokrates war verwundert über diesen Umstand: Wie schafften es all diese Männer im Sinne der Tugenden zu handeln, wenn sie selbst keine Ahnung hatten, was diese Tugenden nun genau sind?
Die ist IMO alles, was von Sokrates zur Philosophie beigetragen hat: Sein Erkenntniss, nichts zu wissen und das Erkenntniss, dass auch alle anderen, welche nur ihren eigenen Verstand zur Erkenntnissgewinnung verwendet haben mit diesem allein nichts über die moralisch richtige Art zu handeln aussagen können.
Hier kommt nun IMO Platon ins Spiel: Er legt seinem Lehrer den äußerst schwachsinnigen Dialog mit dem Sklaven in den Mund, welcher beweisen soll, dass jedem Menschen bestimmtes Wissen von einer Wesensschau im Vor-Leben her angeboren ist. Nicht nur das der genaue Wortlaut äußerst blamabel ist, und Sokrates+Platon in ein äußerst schlechtes Licht rückt, in einem Späteren Dialog, den über Eros glaube ich, relativiert Platon sogar noch, dass über eben diese Wesensschau objektives Erkenntniss über moralische Fragen gewonnen werden kann. Somit bleibt von Platons Werk, welches eine der entscheidenderen Grundlagen unserer Kultur bildet eigentlich nur eine ausläufige und wirre Weltvorstellung (die sogenannte 'Ideenlehre') übrig. Denn im Kern muss auch Platon zugeben: "Ich weiß nicht, wie ein Mensch richtig handeln könnte, da er keine Möglichkeit hat, Erkenntnis über die richtige Art der Lebensfürung zu gewinnen - weder mit seinem Verstand, noch durch eine Wesensschau. Mir ist deshalb unerklärlich, warum manche Menschen instinktiv Moralisch richtig handeln, andere aber nicht." Effektiv muss auch Platon am Ende kapitulieren, und resigniert ausrufen: "Ich weiß nun, dass ich nichts weiß!"
Damit wäre die Sache prinzipiell gegessen, Sokrates hat das Hauptwerkzeug des Philosophens - den Verstand - als Instrument der Erkenntnisgewinnung disqualifiziert, und Platon die Wesensschau, das Hauptwerkzeug der Religion. Wenn man die beiden Richtig gelesen hätte, so hätte IMO sowohl die Religion als auch die Philosophie in Europa als wundervoller Rohrkrepierer ein Ende gefunden und anstatt darüber zu schwätzen, wie man nun ein besserer Mensch wird, hätte man einfach gesagt: "Verdammt, ihr wisst es ja alle, tut es einfach, bemüht euch."
Jede Neue Generation der Philosophen sah sich nun mit den Werken dieser Beiden konfrontiert und musste sich entscheiden, ob sie hinsichtlich der schlagenden Argument ihr Geschäft an den Nagel hängen, oder ob sie zu Dumm-Schwätzern werden wollen. Die meisten Philosophen entschieden sich für zweiteres, nur Glücklicherweise bringt jede Generaton wieder ein paar Platons oder einen Sokrates hervor, welche verschämt und leise zugeben müssen: "Wir reden Quatsch, über unseren Untersuchungsgegenstand können wir mit unserer Methode nichts aussagen." Die einzige Entwicklung welche die Philosophie durchmacht ist IMO die Anpassung der Formulierung an die jeweiligen Zeitumstände, an die Sprache der dominanten Philosophischen Richtung und die zunehmende Verwässerung des primitiven Erkenntnisses unserer Unfähigkeit über bestimmte Dinge eine Aussage treffen zu können.
Gurdijeff verfasste keine Negation der Klassiker, dazu müsst er sich intensiv auf ihn beziehen, was aber nicht der Fall ist. Er kritisiert ihn von außen, in etwa so wie es Nietzsche tat (dem man diesen Vorwurf eher machen könnte, hat er sich doch wesentlich intensiver mit den Griechischen Klassikern befasst).Zitat
Das Dreistufenmodell der Geschichtlichen Entwicklung sollte man nicht zu ernst nehmen - Das Dreistufenmodell beschreibt keinen Kreislauf, sondern einen Fortschritt, der auf einen gewissen Punkt hinausläuft und dann endet, und mit ihm endet auch die Geschichtliche Entwicklung. Die letzte Antithese war Napoleon und der Schöpfer des Systems die letzte Synthese, das Dreistufenmodell hat sein Verfalldatum mit dem Tod seines Schöpfers überschritten, da die Geschichte freudig weiterging, es darf deshalb IMO zum denkerischen Sperrmüll gezählt werden.
Pff! wenn ich daran Denke, dass ich diese Zeit besser für's Hiragana-lernen verwenden könnte... ach egal.![]()