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Gebannt!
Zwei Texte:
Heroische Schlachtgesänge zu Ehren Odins
Die Landschaft beschränkte sich auf eine allumfassende Wunde. Die Wunde war nicht fein säuberlich mit einem Skalpell angefertigt worden. Bei den Rippen war keine Knochensäge zum Einsatz gekommen. Alles war mit Haut- und Fleischfetzen verhangen, Knochensplitter rekelten sich aus dem Loch. Niemand hatte auf die wichtigen Adern acht gegeben. Das Desinfizieren hatte man gänzlich unterlassen. Wirklich unsaubere Arbeit. Eine gigantische Ausgabe des Grand Canyon aus verwesender Architektur.
Der anthrazitfarbene Himmel wurde am Horizont kilometerweit in den Abgrund zwischen den Schwermetallklippen gespiegelt, bis er sich in unendlichem Schwarz verlor. Stahl presste seine porösen Arme durch die Industrieabgase und schlug im Zerfallen begriffene Brücken über das Nichts. Funktionsunfähige Röhrensysteme und Kabel zogen sich in derart abstrakten Mustern über die Klüfte, dass es dem Ganzen etwas von den Kritzeleien eines Kleinkindes verlieh. Eines Kleinkindes, zugegeben, dessen Eltern eine Therapie für ihren Nachwuchs ans Herz gelegt werden sollte.
Eine Standard-Endzeit-Kulisse, in deren alles umfassendem Schatten Michael Sewell sich am Kopf kratzte, bis es blutete.
Eine Fabel oder Lebt die Moral, ihr Freaks
Der Wecker klingelte. Vielmehr piepte er; es handelte sich um einen Digitalradiokramblahwecker. Was ihn nicht davor feite, konsequent ignoriert zu werden. Indirekte Proportionalität zelebrierend, schrumpften die Intervalle, in denen die Pieptöne des Esels Schlaf zu (zer-)stören versuchten, unter Ausdehnung des einen Intervalls, in dem der Unpaarhufer ihr Vorhaben mit unverhohlender, schmatzend-schnarchender Ignoranz strafte. Dem Wecker wurde es zu bunt, die Piepton-Intervalle näherten sich asymptotisch dem Ground Zero, und der Equus asinus asinus schmiss das digitale Wunderwerk des Digitalwunderwerkhandwerks an der Wand kaputt. Dann schlief er (tagelang) weiter.
Zwei Gedichte:
I Can't Do Love Songs
Frühling; Sciurus vulgari am Poppen,
Fliederbüsche, blüh'nd und knospend -
Nichts kann die Ästhetik toppen:
Wir, endgekonnt den Walzer klopsend.
Hippiemusikplatten hören -
Eventuell die Nachbarn stören -,
Mit dir auf dem Sofa hocken
Ist Gefühlsweltdauerrocken.
Im übrigen beruhigend zu wissen -
Ich weiß es wirklich sehr zu schätzen -,
Dass, trotz meines dreisten Schachmatt-Setzens,
Wir immer noch uns zungenküssen.
Und die Erinn'rung, wie wir beiden
Das Lernen für die Matheklassen-
Arbeit, die noch war zu schreiben,
Pflichtunbewusst links liegen lassen,
Und was wir stattdessen treiben,
Wird wohl lange nicht verblassen.
Den Weltschmerzscheißerausch Unterdrücken
Mutiert bei mir das Weltschmerzscheiße-
Ich zum federführendem Dichter
Wünscht es sich gruftienderweise
Die Erdbevölk'rung drastisch lichter
Es flennt per Gruftvokabular
Von pseudodepri-pubertären
Problemchen und Malheurchen vor
Als wenn sie weltbewegend wären
Gott sei Dank weiß es mir meist zu glücken
Den Weltschmerzrausch zu unterdrücken
Gott sei Dank weiß es mir meist zu glücken
Den Weltschmerzrausch zu unterdrücken
Pathetiktriefend ruft es aus
Den ewigen Sonnenuntergang
Erklärt das Opfern eines Pfaus
Zum lohnenswerten Unterfangen
Nach Diesseits-Jenseits-Umverlegung
Von unschuldigen Tierparktieren
Wird gezogen in Erwägung
Qualvolles Sich-Selbst-Krepieren
Gott sei Dank weiß es mir meist zu glücken
Den Weltschmerzrausch zu unterdrücken
Gott sei Dank weiß es mir meist zu glücken
Den Weltschmerzrausch zu unterdrücken
Und dieser ganze Alberkram
Lässt mich, wie sich einseh'n lässt
Erröten vor glutheißer Scham
Drum konstatiert der letzte Rest
Gott sei Dank weiß es mir meist zu glücken
Den Weltschmerzrausch zu unterdrücken
Gott sei Dank weiß es mir meist zu glücken,
Denn Weltschmerzscheißerausch zu unterdrücken
Zwei Liedtexte:
Retrophrenologe müsste man sein
Retrophrenologe müsste man sein
Zwecks Gummihammercharakterfeil'n
Retrophrenologe müsst' man lernen
Um manch Charakterfehler zu entfernen
Mit dem Gummihammer, und zwar halten
Feste drauf - Persönlichkeit entspalten
Ein Hammerschlag vom Hardcore-Nihilisten
Zum penetrant fröhlichem Optimisten
Ach, gäb es sie, die
Retrophrenologie
Ich will ein naiver Stumpfling mit Mainstreamgeschmack
Ich will ein naiver Stumpfling mit Mainstreamgeschmack sein, ich
Ich will mit Millionen anderen meine Interessen teilen, denn
Millionen andere sind nie allein
Millionen andere sind nie allein
Und meine allgemeine Sicht der Dinge
Ergibt für kaum jemanden Sinn
Weil ich kein Mainstreamstumpfling bin
Ich will ein naiver Mainstreamstumpfling sein
Ich will ein naiver Mainstreamstumpfling sein
Ich will ein nai-nai-nai-nai-nai-naiver
Ich will ein naiver Mainstreamstumpfling sein
Ich will mir die ganze Welt aus Freude und Eierkuchen vorstellen, ich
Ich will vor debil-naiver guter Laune überquellen, denn
Glückliche Menschen haben mehr Abwehrzellen
Glückliche Menschen haben mehr Abwehrzellen
Und scheißgute Laune soll mich stets dran hindern
In Selbstmitleid unterzugehen
Denn das schwächt mein Immunsystem
Ich will ein naiver Mainstreamstumpfling sein
Ich will ein naiver Mainstreamstumpfling sein
Ich will ein nai-nai-nai-nai-nai-naiver
Ich will ein naiver Mainstreamstumpfling sein
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