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  1. #1

    Wahlen in der Schweiz: Polarisierung der Politik (+ Bundesratswahlen)

    Hmmm, natürlich sind die Wahlen in der kleinen Alpenrepublik kaum so wichtig, wie die in Deutschland oder Amerika (Internationale Schwergewichte), doch immerhin handelt es sich bei der Schweiz um einen der traditionell demokratischsten Staaten der Welt. Die schweizer Demokratie unterscheidet sich durch 2 Dinge von der von Deutschland (oder auch Amerika): 1.Sie ist direkt, das letzte Wort bei Gesetzes- und Verfassungsänderungen liegt beim Souverän, ergo: Das Parlament ist nicht alleinige Legislative. 2.Die Exekutive funktioniert als Konkordanz, nicht als Oppositionssystem, das heisst, dass alle grossen Parteien nach ihrer Sitzstärke in der Exekutive vertreten sind (oder sein sollten) um durch konstruktive Kompromisse zu einer Lösung zu kommen. Der erste Punkt wird sich wohl nicht ändern (höchstens, wenn wir doch noch so blöd sind und dem EU-Klub beitreten) doch der zweite ist nach den Ereignissen gestern stark bedroht. Aber alles der Reihe nach:


    So sieht die prozentuale Zusammensetzung des Nationalrates (Grosse Kammer des 2-Kammersystems aus). Gestern haben vor allem 2 Parteien zugelegt: Die bürgerliche Rechtspartei SVP und die Grünen (ähnliche Ausrichtung wie in Deutschland). Die grossen Verlierer sind die sog. Mitteparteien CVP und FDP, die von Fall zu Fall über eine rechts- oder linkstendierende Ausrichtung entscheiden. Diese beiden Parteien sind durch ihre Konsensfähigkeit in der Lage, dass Land durch Kompromisse zu regieren. Wie ich aber Anfangs schon erwähnt habe, sollten die Parteien in der Exekutive nach ihrer Parlamentsstärke (vor allem in der grossen Kammer) Sitze erhalten. Nun ist es jedoch so, dass die SVP als stärkste Partei nur einen Sitz inne hat, und dieser Sitz wurde von den anderen Regierungsparteien mit einem Bundesrat bestückt, der nicht den ultrakonservativen Flügen der ürcher SVP stützt, sondern den gemässigten der berner SVP. Durch diese Wahl und die Ablehnung eines weiteren Sitzes angestachelt hat die SVP-Führung (zur Zeit in zürcherischer Hand) einen energischen Schritt nach vorne gemacht: Man stellt den Populisten Christoph Blocher als Kandidat für einen zweiten Sitz (der der schwächsten Parte, der CVP, abgenommen werden soll) im Bundesrat aus. Sollte dieser nicht gewählt werden, will die Partei auch den Sitz, den sie schon inne hat, räumen und sich komplett in die Oposition zurück ziehen. DIes würde das Ende des Konkordanzsystemes bedeuten, dass in meinen Augen viel innovativer ist, als ein Oppositionssystem.

    Wie schon weiter oben erwähnt, haben vor allem die Mitte-Parteien stark Wähler verloren. Aber einen Rechtsrutsch, wie es im Ausland heisst, hat es nicht gegeben. DIe Sozialdemokraten und die Grünen haben ebenfalls zugelegt bzw. ihre Position gefestigt. Es ist also keine Rechtsmehrheit im Parlament vorhanden. Die Sitze sind nun einfach so verteilt, dass die Parteien links- und rechtsaussen die meisten Mandate halten. Dass bedeutet, dass die Regierung, sollte Chr.Blocher tatsächlich gewählt werden, sich so zusammen setzt, dass die SVP und die SP jeweils 2 Sitze im Bundesrat innehaben. Und eine solche Regierung ist schwer konsensfähig. Was für Möglichkeiten es gibt, dass die Schweiz weiterhin eine positive Politentwicklung macht, anstatt dass die Entwicklung stagniert, weiss ich selber nicht. Gestern war kurz die Rede von einem 3.Pol durch die beiden Mitteparteien, aber ob sich diese einigen können ist noch sehr ungewiss. Wie es weiter läuft, sehen wir am 10.12.03, wenn Exekutivwahlen durch das Parlament stattfinden.

    Abschliessen möchte ich bemerken, dass das Ergebnis eine ungeheure Tragweite für die Schweiz hat und eine 40 jährige Regierungszusammensetzung sich nun zu 100% ver ändern wird. Soviel aus einer kleinen Alpenrepublik (und dem reichsten Land der Welt...)
    Geändert von Rübe (11.12.2003 um 02:29 Uhr)
    Nur sein Auge sah alle die tausend Qualen der Menschen bei ihren Untergängen. Diesen Weltschmerz kann er, so zu sagen, nur aushalten durch den Anblick der Seligkeit, die nachher vergütet.

    – Jean Paul: Selina oder über die Unsterblichkeit

  2. #2
    Da war jemand schneller als ich.

    Ich habe gerade wenig Zeit für eine Stellungnahme (folgt später), aber will noch folgendes ergänzen:

    Durch eine starke Oppostions-Partei wird die Schweiz nicht mehr regierungsfähig (aufgrund der Volksrechte )

    Die Opposition würde immer das Referendum ergreifen, so dass alle Gesetzes- und Verfassungsänderungen etc. an der Urne erlassen werden müssen.

    Damit stellt sich die Frage, ob sich die Schweiz besser mit einer Opposition oder mit je 2 SP- und SVP-Minister regieren lässt. (wenn überhaupt)
    Diese Beitrag wurde ohne Zunahme von Koffein erstellt. Über Inhalte dieses Beitrages haftet der Ersteller nicht.

    Die 2 schlimmsten Fehlentscheidungen im Fussball:

    England - Deutschland 3:2 (London 1966, WM-Final; Ball nicht hinter der Linie)
    Deutschland - Griechenland 0:1 (München 1972, Final der Philosophen Monty Python; Abseits)

  3. #3

    Amaurosis fugax Gast

    Re: Wahlen in der Schweiz: Polarisierung der Politik

    Ich habe eigentlich das Gefühl, dass die Tragweite dieses Ergebnis lediglich theoretisch so "ungeheuer" ist. Die Schweiz ist vom politischen System her sehr stabil, weshalb ich nicht erwarte, dass sich in der Praxis gross was verändert.
    Zitat Zitat
    Original geschrieben von Rübe
    [...] eine 40 jährige Regierungszusammensetzung sich nun zu 100% ver ändern wird.
    Eine Frage: Wäre es nicht denkbar, dass Blocher zwar nicht in den Bundesrat gewählt wird, sich Samuel Schmid jedoch weigert, zurückzutreten?

    Aber eigentlich bin ich (trotz mangelnden Sympathien für diese Partei) dafür, dass die SVP ihren zweiten Sitz bekommt, um eben diese Konkordanz nicht zu gefährden. Schade, dass die SVP für diesen zweiten Sitz mit einer kaum konsens-/kompromissfähigen Person angetreten ist (aber durchaus verständlich, da Herr Schmid die Interessen der Partei nicht besonders engagiert vertritt).
    Zitat Zitat
    Der erste Punkt wird sich wohl nicht ändern (höchstens, wenn wir doch noch so blöd sind und dem EU-Klub beitreten).
    Da verstehe ich dich weniger. Erstens ist es ungemein schwierig, eine Beinahe-Stagnation zu umgehen, wenn jeder Entscheid angefechtet und vor dem Volk ausgetragen werden kann. Meiner Meinung nach hemmt dies den Fortschritt, die Weiterentwicklung und die Flexibilität der Schweiz ungemein.

    Zweitens sehe ich die Demokratie durch einen Nicht-EU-Beitritt viel eher gefährdet. Die Entscheide, die die EU dauernd trifft, betreffen die Schweiz immer mehr direkt, wobei die Schweiz dabei ganz einfach gezwungen wird, diese Entscheide zu übernehmen. Und dies widerspricht ganz einfach dem Schweizer Demokratieverständnis (und unserem Interesse), das verlangt, dass wir an Entscheiden, die uns betreffen, mitwirken.
    Jetzt bin ich aber ziemlich vom Thema abgekommen.

    Fazit: Die Regierung wird harziger, der Bundesrat wird sich in der Mitte finden müssen, praktisch wird sich kaum was verändern.

  4. #4
    Ich sehe keinen SInn darin, einer Vereinigung beizutreten, die Mitglieder einfach ausschliesst, wenn sie nicht ja und amen sagen (Beispiel: Dänemark). Ausserdem sehen sich die mächtigsten unter ihnen nicht dazu genötig, sich an die eigenen Gesetze zu halten (vergl. dazu: Deutschland und Frankreich im Euroland). Weiterhin ist es definitiv falsch, dass wir EU-Normen übernehmen müssen (das Bankgeheimnis haben wir durchbekommen, wir können die bilateralen Verträge ablehnen (wobei ich ganz klar dagegen wäre)). Aber warum ich gegen einen EU-Beitritt bin, hat eigentlich andere Gründe: Jeder Staat hat an die EU einen Beitrag zu leisten, der sich aus dem BIP errechnet (die Schweiz hat AFAIK eines der höchsten BIP der Welt, darum auch der Titel des reichsten Landes (wechselt ab und an mit Luxemburg)). Jedes EU-Land ist im Parlament (also der Legislative) so vertreten, dass die Gesammtbevölkerung ausschlaggebend ist, wieviele Sitze man inne hat. Dadurch ergibt sich folgendes Bild: Die Schweiz mit ihrem hohen BIP hat relativ hohe Abgaben zu entrichten, hat aber durch die geringe Bevölkerungszahl im Parlament aber praktisch keine Stimmrelevanz. Da kann der Souverän noch so viel sagen, man überstimmt uns einfach. Dazu kommt (und ich mag das Argument im Grunde überhaupt nicht), dass die EU-Eingriffstruppen (laut Schengen... bin mir da nicht ganz sicher) sich definitiv nicht mit der Neutralität vereinbaren lassen. Jedoch poche ich nicht auf diesen recht patriotischen Quatsch: Für mich steht im Vordergrund, dass vor allem wirtschaftlich ein EU-Beitritt sich nicht lohnt und man durch die Bilateralne Verträge sich sehr gut annähern kann, ohne sich gleich zu opfern.
    Naja, das ist auch der Grund, warum ich eher bürgerlich orientiert bin: DIe Linke bringt zwar gute und sozial wichtige Vorschläge, aber man wird das Gefühl nicht los, dass sie selbst nicht wissen, wie sie das alles finanzieren sollen (ja, ist nunmal so). Für mich ist klar, dass eine gut organisierte politische Mitte das einzige ist, dass den Karren irgendwann aus dem Dreck ziehen kann. Rechts aussen kann man ganz vergessen: Die blockieren zu stark und beharren auf Dingen, die vielleicht in den 50ern wichtig waren.

    IMHO kann Samuel Schmid weitermachen, ohne der SVP anzugehören (man wählt ja eine Person und nicht eine Partei zum Bundesrat). Ich bin der Meinung, die SVP muss einen zweiten Kandidaten aufstellen, sollte ja nicht so schwierig sein, einen aus dem Blocherumfeld zu finden.

  5. #5

    Amaurosis fugax Gast
    Joa ich seh schon, ich bin in Sachen EU einfach zuwenig informiert, um Vorteile (die ich v.a. im Bereich der Wirtschaft auch sehe) und Nachteile einigermassen kompetent gegeneinander abzuwägen, darum lass ichs lieber.

  6. #6
    Um mich mal in eure Diskussion einzumischen, Thema EU ist eigentlich gar net schlecht, hatten wir glaub noch gar nicht hier im QFRAT. Oder es ist vielleicht schon ne Weile her...

    Naja, EU schön und gut, das mit dem Euro ist ja ganz praktisch - aber es gibt auch einige Nachteile. Wenn Brüssel sagt "hier, das und das müsst ihr machen", dann müssen sich alle dran halten, ob es nun dem jeweiligen Land passt oder nicht, und die "eigenen Leute" haben nur sehr wenig dabei mitzureden..
    Bin auch nicht so wirklich aktuell mit dem Thema, aber das mit dem "nicht an die eigenen Beschlüsse halten" ist mal wirklich peinlich.
    Deutschland hat sich dafür eingesetzt, dass die Neuverschuldung der Staaten nicht höher als so und so hoch sein darf, sonst gibts Strafe. Und ausgerechnet wir halten uns nicht dran, das ist nicht nur peinlich, das ist auch noch total bescheuert - also entweder unsere Leute in Brüssel haben gepennt (weil DASS wir uns neuverschulden mussten ist ja klar) oder sie sind einfach nur dumm. Letztes Jahr mussten wir, wenn ich einigermaßen richtig informiert bin, auch noch 10 Milliarden EUR Strafe zahlen, dafür, dass wir gegen den Beschluss verstoßen haben Naja, das trägt natürlich dazu bei, dass es dieses Jahr besser läuft

    Auf jeden Fall, ob ihr nun beitretet oder nicht (und ich glaube nicht, schließlich seid ihr neutral, und schon immer gewesen ) finde ich es gut, dass man als Durchreisender oder Schweiz-Urlaub-Genießer fast überall mit Euro zahlen kann. jaja, immer diese Touristen, die auch noch zu faul sind, Fränklis zu wechseln

  7. #7

    Amaurosis fugax Gast
    So, jetzt muss ich doch nochmals was sagen.
    Zitat Zitat
    Aber warum ich gegen einen EU-Beitritt bin, hat eigentlich andere Gründe: Jeder Staat hat an die EU einen Beitrag zu leisten, der sich aus dem BIP errechnet (die Schweiz hat AFAIK eines der höchsten BIP der Welt, darum auch der Titel des reichsten Landes (wechselt ab und an mit Luxemburg)). Jedes EU-Land ist im Parlament (also der Legislative) so vertreten, dass die Gesammtbevölkerung ausschlaggebend ist, wieviele Sitze man inne hat. Dadurch ergibt sich folgendes Bild: Die Schweiz mit ihrem hohen BIP hat relativ hohe Abgaben zu entrichten, hat aber durch die geringe Bevölkerungszahl im Parlament aber praktisch keine Stimmrelevanz. Da kann der Souverän noch so viel sagen, man überstimmt uns einfach.
    Was ich noch nicht wirklich verstehe:
    Die dauernde Argumentation gegen die EU von wegen "dann müssen wir soo viel bezahlen!"
    Wir sind das reichste Land der Welt. Doch deswegen können wir uns noch lange nicht abgrenzen, denn auch dies wird sich ändern (die Schweiz, war soweit ich weiss, z.B. das einzige Land in Europa mit
    Wirtschaftswachstum Null).

    Die Länder sollten ein wenig Solidarität zueinander zeigen, und im Rahmen von dieser Zusammenarbeit empfinde ich es schon fast als Pflicht der Schweiz, dem finanziellen Ausgleich zwischen reicheren und ärmeren Ländern (im Rahmen der EU) etwas beizusteuern. Klar, kurz-/mittelfristig wird die Schweiz von der EU wenig profitieren, aber wer weiss, ob die finanziellen Verhältnisse sich nicht ändern...

    Und mit den Stimmverhältnissen:
    Die EU kann man ja schon fast als "ein Land" ansehen, wodurch wir, da wir weniger Leute sind, ganz einfach weniger mitzubestimmen haben. Und dies, obwohl wir so viel bezahlen! Dies scheint ungerecht zu sein, aber ich sehe die Frage nach dem EU-Beitritt nicht bloss aus ökonomischer, sondern auch aus sozial-solidarischer Sicht. Wir müssen in der EU (kurz- und mittelfristig) Opfer erbringen, andere Länder profitieren davon, die EU kann man auch als Geld-Umverteilungs-Apparat sehen, und ich finde dies durchaus sinnvoll, da (meiner Meinung nach) in der internationalen Zusammenarbeit die Zukunft liegt.
    Zitat Zitat
    Dazu kommt (und ich mag das Argument im Grunde überhaupt nicht), dass die EU-Eingriffstruppen (laut Schengen... bin mir da nicht ganz sicher) sich definitiv nicht mit der Neutralität vereinbaren lassen. Jedoch poche ich nicht auf diesen recht patriotischen Quatsch: Für mich steht im Vordergrund, dass vor allem wirtschaftlich ein EU-Beitritt sich nicht lohnt und man durch die Bilateralne Verträge sich sehr gut annähern kann, ohne sich gleich zu opfern.
    Jaa, die Neutralität... war mal wichtig.
    Und die Bilateralen Verträge sehe ich als Versuch an, "de Füfer und s'Weggli" zu ergattern, also von den wirtschaftlichen Vorteilen der EU zu profitieren und gleichzeitig um die solidarischen Pflichten herumzukommen, und dies ist nun doch allzu egoistisch.

  8. #8
    Mal überlegen: DIe SChweiz befindet sich zur Zeit (wie die meisten Länder Westeuropas) in einer tiefschneidenden Wirtschaftskrise, welche IMHO früher oder später nur durch höhere Steuern gelöst werden kann. Die Krankenversicherungen der SChweiz steigen nächstes Jahr teilweise um 50% (wenn ich mich richtig erinnere). Mit einem EU-Beitritt kannst du auch die relativ niedrigen Mehrwertssteuern vergessen. Und da wäre ich wieder bei den Linken: Fenster auf, Geld raus und pfeifend davon gehen. Was die Überstimmung betrifft: Die wird wiederum in einem Punkt ganz bezeichnend: Lastwagen (50 Tönner) sind auf schweizer Strassen nicht zugelassen. Es ist aber 100%ig sicher, dass diese Schwertransporte von der EU gerne durch die Schweiz geleitet würden. Das ergibt folgendes: DIe Lärmbelastung wird sofort höher und (darauf kannst du Gift nehmen) die Strassen gehen kaputt. Aber die Ausbesserung der Strassen wird nicht die EU berappen... tja, und schon steigen die Steuern wieder. Und es ist nun mal willsgott nicht so, als würden die von irgendwem gezahlt. Die zahlen wir, egal, ob wir nun arm oder reich sind. Der Reichtum der SChweiz ist relativ zu sehen: In Südafrika wärst du alleine mit 2 AHV-Bezügen aus einem mittleren EInkommen in der Lage, einen Neuwagen zu kaufen, hier muss man jeden fünfer schon zweimal umdrehen, weil alles einfach teurer ist. Wir sind also nicht einfach genug reich, das ist WUnschdenken. Dass die EU ein Land ist, bleibt Wunschdenken ihrer Erfinder (Gegenpol zur USA.. pfff, lächerlich). Alleine aus historischen Gründen ist es nicht möglich, dass ein Staat entsteht. DIe USA hat sich ganz anders gebildet. Franzosen und Engländer werden sich immer ernst beäugen, jeder Staat in der EU strebt vorerst für sein eigenes Wohl. Dazu kommt noch die Uneinigkeit ihrer Mitglieder (wieder Dänemark und EUroland). Ausserdem ist die Anerkennung der EU relativ niedrig: Deutschland alleine wird als ernsterer Partner gesehen, als die EU (jop, ihr erhaltet bald einen dauerhaften SItz im SIcherheitsrat der UNO, ich gratuliere).

    Und noch ein Grundgedanke: Jeder Mensch schaut zuerst, dass es ihm gut geht. Das ist nunmal so und wird sich nie ändern. Jegliche gegenteilige Behauptung ist eine Lüge.
    Und bevor du auf die Neutralität spuckst: Irgendwann wird sie nützlich sein, vor allem, wenn man das aktuelle Weltgeschehen betrachtet... ICh denke da an Nordkorea oder gar Syrien/Iran oder auch an Israel. Es gibt genug Pulverfässer für einen neuen WK.

  9. #9

    Amaurosis fugax Gast
    Auf den ersten Teil deines Posts kann ich eigentlich nicht eingehen, da ich mangels Wissen nichts dazu zu sagen habe.
    Zitat Zitat
    Original geschrieben von Rübe
    Und noch ein Grundgedanke: Jeder Mensch schaut zuerst, dass es ihm gut geht. Das ist nunmal so und wird sich nie ändern. Jegliche gegenteilige Behauptung ist eine Lüge.
    Ja.
    Es geht nicht darum, diesen grundsätzlichen Egoismus des Menschen (und der Natur allgemein) in Frage zu stellen.
    Das Ziel einer idealen Form des Zusammenlebens ist die Symbiose: Alle profitieren.

    Ob dieses Ziel mittels der EU erreicht wird, ist sehr fragwürdig.
    Aber ich glaube, dass ihr Grundgedanke ein Schritt in die richtige Richtung ist.
    Zitat Zitat
    Und bevor du auf die Neutralität spuckst: Irgendwann wird sie nützlich sein, vor allem, wenn man das aktuelle Weltgeschehen betrachtet... ICh denke da an Nordkorea oder gar Syrien/Iran oder auch an Israel. Es gibt genug Pulverfässer für einen neuen WK.
    Ich halte wenig von Weltkriegs-Szenarien.
    Und meiner Meinung nach müssten wir erst einmal die Armee abschaffen, wenn wir Neutralität glaubwürdig vertreten wollen.

  10. #10
    Naja, ich gebe zu, dass die Armee und die Neutralität etwas altmodisch sind. Aber IMHO tut es vielen gut, die Armee zu besuchen (teilweise fehlt es der heutigen Jugend an Disziplin)... VOr kurzem ist uns übrigens eingefallen, dass die Schweiz sich eine Armee sparen könnte, wenn sie dafür 3 oder 4 Nukleare Sprengkörper kauft, und damit droht, sie im eigenen Land zu zünden... der Bund könnte Miliarden sparen .

    Klar geht der Grundgedanke der EU in die richtige RIchtung, das hab ich nie bestritten, aber das war doch bei der Sowjetunion auch so. Die Sowjetunion gibt es nicht mehr und die EU (vor allem Euroland) steht kurz vor einem Bruch. ICh glaube kaum, dass die SChweiz (mal abgesehen vom Finanziellen her) eine grosse Hilfe wäre.
    Nur sein Auge sah alle die tausend Qualen der Menschen bei ihren Untergängen. Diesen Weltschmerz kann er, so zu sagen, nur aushalten durch den Anblick der Seligkeit, die nachher vergütet.

    – Jean Paul: Selina oder über die Unsterblichkeit

  11. #11
    So, heute waren Bundesratswahlen. Die Regierung wurde vom Parlament so gewählt, wie es von den beiden Parteien SVP und FDP am 19.Oktober gewünscht wurde. Obwohl sie ob ihrer "Dieser Kandidat oder Keiner"-Strategie stark kritisiert wurde, konnte die Schweizerische Volkspartei heute ihre Ansprüche verwirklichen. Durch eiserne Disziplin kam Nationalrat Blocher zu den für ihn maximal möglichen 121 Stimmen, die Gegenparteien CVP und SP konnten nicht alle 122 Stimmen mobilisieren und so ersetzt Chr.Blocher Frau Bundesrätin Metzler ab nächstem Jahr. Ich hab mich dabei ein bisschen gewundert, dass im Nachhinein von der Gegenseite immer davon gesprochen wurde, Herr Blocher habe es auf Frau Metzler abgesehen. DIes ist so falsch: Frau Metzler hatte das Pech, vor Bundesrat Deiss zur Debatte zu stehen. Wäre Joseph Deiss vorgezogen worden, wäre IMHO er herausgefault. Der weitere Verlauf der Wahlen war jedoch wieder leidlich interessant. Nur im letzten Wahlgang um die Nachfolge von Ferrn Villiger wurde ich nochmals überrasch: Ich hatte stark damit gerechnet, dass Christine Beerli den Sitz gewinnen würde, damit weiterhin 2 Frauen im Bundesrat (und damit die Kirche im Dorf) bleiben. Jedoch konnte der konservativ-neoliberale Hans Rudolf Merz diesen Platz erobern. VIelerorts wird jetzt von einem schwarzen Tag für die Frauen gesprochen, ich teile jedoch Frau Beerlis Aussage, dass man eine fähige Person und nicht ein Geschlecht wählt.

    Summa summarum: Die politische Exekutive hat (im Gegensatz zur Polarisierung der Legislative) einen klaren Rechtsrutsch erlebt. Die Sozialdemokraten halten zwar (mit Recht) weiterhin 2 Sitze, jedoch mussten ihre Verbündeten der letzten Jahren, die CVP, Federn und damit einen Sitz lassen. Auf der rechten Seite springen ein bekannter Rechtspopulist und ein konservativer Freisinniger in die Kutsche. Ich ganz persönlich bin weder vollauf mit der Wahl zufrieden, noch bin ich sonderlich enttäuscht: Die SVP hat den Bundesrats SItz sicherlich verdient, jedoch bin ich nicht mit dem "Diktat Blocher" einverstanden und hatte zumindest auf eine Doppelkandidatur gehofft. Anderseits bin ich ziemlich konservativ eingestellt (nein, ich wähle keine SVP, hab bei den Wahlen ausschliesslich politische Mitte gewählt) und bin der Meinung, dass gerade jetzt die Schweiz eine kleine Bremse brauchen kann, um die "Reifen zu wechseln" (Schuldenberge abtragen und bestimmte Probleme lösen).

    Ich habe übrigens kein Verständnis für Leute, die heute in Bern und Zürich protestieren: Die Wahl mag zwar durch das Diktat schwieriger geworden sein, jedoch ist Blocher immer noch eine demokratische Entscheidung, die durch mangelnde Disziplin in der Linken hervorgerufen wurde (alles IMHO)

  12. #12
    Diesen Thread habe ich auch gesucht.

    Ich bin da schon skeptisch mit den neuen Bundesrat.

    Wenn das Durschnittsalter des Bundesrates jetzt bei 59 Jahre liegt, kann ich nicht rechnen, dass für die Jugend allzu viel geschaut wird.

    Da die Regierung jetzt keine richtige Mitte mehr hat, dürfen wir uns wohl oder übel auf vermehrt für diverse Vorlagen zur Urne gehen. Die Gefahr besteht jedenfalls, dass es keinen grossen Unterschied sein könnte, ob jetzt einer der äusseren Parteien in der Opposition geht oder nicht. Jedoch muss auch gesagt werden, dass sich der Bundesrat schneller einig sein könnte und eine gemeinsame Marschrichtung gehen. Dies wird jedoch nicht helfen, da bei allzu konservativen Vorlagen sowieso das Referendum ergriffen wird.

    Skeptisch bin ich ebenfalls über die zukünftige politische Richtung. Zwar wäre ein ausgeglichener Haushalt schon gut. Jedoch wurden auch gerade tiefere Steuern versprochen (für wenn wohl, wenn alle aus der Wirtschaft kommen. ). Damit wäre wohl wieder ein Defizit vorhanden.
    Ausserdem: Was nützt ein ausgeglichener Haushalt und eine stärkere Wirtschaft, wenn die Verteilung wieder schlechter wird? Das Dilemma ist eben, dass man für eine bessere Verteilung ein Wachstum braucht, aber dieser für die Katz ist, wenn die Regierung genau das Gegenteil tut und die Reichen noch reicher werden und die Armen ärmer.

    Eine Niederlage haben auch die Frauen einstecken müssen. Gerade Ruth Metzler galt als starke Frau aus einem stockkonservativen Kanton kommt (ausserdem war sie die einzige Person, die man noch als jung bezeichnen konnte).
    Jetzt ist - wie in den 80er - nur eine Ministerin in der Regierung. Hätte eigentlich auch nicht weh getan, wenn 3 von 7 Minister Frauen wären, oder?
    Aber da in der Arbeitswelt in der Schweiz (IMHO) nicht viel für Frauen gemacht wird, kann da nicht viel verloren gehen. Schade eigentlich! Es besteht viel Potential für die Wirtschaft. Aber oft müssen sich Frauen hier für Familie oder Karriere entscheiden, da einfach die (rechtliche) Infrastruktur für beides fehlt. Da wird sich jetzt wohl auch nicht viel ändern bei dieser Regierung. Eigentlich könnte es mir ja egal sein, wenn dadurch nicht die Wirtschafts- und Kaufkraft geschwächt würde.

    Dass es Beerli nicht geschaft hat, ist sehr schade. Sie ist die erste nationale Politikerin, mit der ich persönlich gesprochen habe. Sie setzt sich nicht nur für die Jugend ein, sondern ist auch in anderen Bereichen sehr kommpetent. Deshalb ist es umso trauriger, nicht weil sie eine weitere Frau für den Bundesrat gewesen wäre, sondern IMHO sie die kompetentere Person ist.

    Dass es mit dem 2. CVP-Sitz nicht klappte ist IMHO Schuld der CVP selbst. Diese war sich selber nicht einig. Da fehlt es nach meiner Meinung eine gute Führungspersönlichkeit.
    Diese Beitrag wurde ohne Zunahme von Koffein erstellt. Über Inhalte dieses Beitrages haftet der Ersteller nicht.

    Die 2 schlimmsten Fehlentscheidungen im Fussball:

    England - Deutschland 3:2 (London 1966, WM-Final; Ball nicht hinter der Linie)
    Deutschland - Griechenland 0:1 (München 1972, Final der Philosophen Monty Python; Abseits)

  13. #13
    Naja, das Durchschnittsalter hat in meinen Augen aber auch einen kleinen Vorteil: Es wird nicht sehr lange dauern, bis sich die Herren aus ALtersgründen wieder zurückziehen müssen. Vor allem Herr Blocher wird IMHO nicht mehr als 2 Legislaturperioden mitmachen. Die Sache mit der starken Wirtschaft könnte man sich wie folgt erklären: Wenn eine Firma wieder expandieren kann, sollten (und ich rede von "sollten" weil es ja leider nicht so ist) im Grunde gerade die Arbeitsnehmer indirekt durch höhere Löhne profitieren. Aber das in unserer Gesellschaft nicht fair verteilt wird, sollte uns schon lange klar sein (ich denke da an dicke Abgangsentschädigungen für Manager, während der "Büetzer" im Vergleich dazu mit einem Sackgeld abgespeist wird.)
    Bei Ruth Metzler bin ich eigetlich ein wenig der Meinung, dass ihr die CVP einen Dolch in den Rücken gerammt hat indem man sie im Wahlgang um Herrn Deiss nicht mehr unterstützte; so ist es natürlich später einfach sagen zu können, dass die Rechten Schuld an ihrer Niederlage tragen.

    DIe Gleichberechtigung in der SChweiz ist in meinen Augen eben eine sehr verworrenen Sache: Das Wahlrecht haben sie erst Mitte letztes Jahrhunter erhalten und in den Geschäftern (ich kann da gerade Manor erwähnen) verdient eine Frau immer noch weniger als ein Mann. Vielleicht ist es gar nicht mal so falsch, wenn die Deutschen den Schweizern Langsamkeit vorwerfen. Revolutionen in der SChweiz laufen so schnell ab wie Evolutionen in anderen Ländern. Vielleicht müsste man bedenken, dass viele Schweizer Bauern sind/waren und deshalb die Starrköpfigkeit dieses Berufes uns allen etwas anlastet...

    Zur CVP-Führung muss ich eigentlich sagen, dass mir a Herr Stähelin von allen Parteipräsidenten wohl am sympatischsten ist. ER scheint immer die RUhe zu behalten und bei pol. Diskussionen kann er tatsächlich andere ausreden lassen (Anstand, den ich beim Gross der Politikerinnen heute einfach misse). Leider scheint er keiner dieser Charakterköpfe zu sein, die heute gefragt sind (Ueli Maurer, CHristiane Brunner, Frau Fässler, ect. Leute, die alleine durch ihr Auftreten wahnsinnig EIndruck schinden).

  14. #14

    Amaurosis fugax Gast
    Zur Wahl von Christoph Blocher:
    Da bin ich eigentlich gar nicht mal so unzufrieden, und zwar nicht, weil ich Herrn Blocher für besonders kompetent einschätze, sondern weil er einen Grossteil der rechts-konservativen Wählerschaft hinter sich hat. Meine Hoffnung ist, dass dadurch, dass sich auch diese Wählerschaft im Bundesrat vertreten fühlt, Entscheide getroffen werden können, hinter denen die Parlamentarier und das Volk eher stehen kann.
    Mit der Wahl von Herrn Merz ist dem Bundesrat auch eine klarere Richtung (die ich persönlich leider nicht vorziehe) gegeben.
    Insgesamt erhoffe ich mir also eine erhöhte Effektivität des Bundesrates.

    Zum Thema Frauen im Bundesrat:
    Ich bin durchaus dafür, dass mehr Frauen unser Land vertreten, und trotzdem muss die Priorität selbstverständlich auf die Qualität der Anwärter gelegt werden.
    Gleiches gilt für das Alter: Ich wünsche mir durchaus jüngere Bundesräte, aber dieses Kriterium geniesst nicht Priorität.
    Interessant finde ich auch, dass sich nun neu zwei Personen im Bundesrat befinden, die sich damals gegen das Frauenstimmrecht ausgesprochen haben.

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