So, ich habe die Geschichte mal fortgesetzt.
Wie nicht anders zu erwarten schildert der nächste Teil den darauf folgenden Tag. Deshalb heißt er auch "am Tag"
Am Tag
Das Frühstück war langweilig. Es passierte nichts, es schmeckte nach nichts. Was aber in seinem Leben war schon nicht langweilig… der grausame Teil, natürlich, aber sonst?
Ihm gegenüber saß sein kleiner Bruder. Kein Mensch, mit dem es sich leicht leben ließ. Nicht, dass sein Bruder ihn absichtlich ärgern würde. Es war die schlichte Anwesenheit dieses Menschen (?), die er abstoßend fand.
Niemand sonst den er kannte war so durchweg ekelerregend. Beim Zähneputzen würde ihm schlecht werden, weil sein kleiner Bruder dabei immer spuckte und rotzte.
Ekelhaft.
Leider konnte man dem eigenen Bruder kaum aus dem Weg gehen.
Nicht in dieser Wohnung, nicht in diesem winzigen Badezimmer.
Das allein war schon kein guter Start…
Auch der Schulweg hielt nichts für ihn bereit. Kalt war es und windig.
Der Bus war vollgestopft mit kleinen Blagen, die lautstark Schwachsinn durch die Gegend brüllten.
Waren denn alle um ihn herum dumm?
Wie kam es, dass in diesem Bus keiner den Anschein erweckte wenigstens 2 Gehirnzellen zu besitzen?
Er hasste sie alle. Sie sahen dumm aus. Sie waren dumm.
Aber sie hatten Freunde. Keiner außer ihm schien sie zu verspotten….
Vielleicht gab es einfach Menschen, die, was immer sie auch leisteten, ihren Außenseiterstatus nie würden ablegen können. Menschen wie ihn…
Auch als er in der Schule angekommen war und den Fehlplan der Lehrer betrachtete wurde er enttäuscht. Es standen viele Lehrer darauf. Keiner der ihn betraf.
Natürlich nicht.
Neben ihm freute sich ein Mädchen, heute nur 2 Stunden zu haben. Es war zum Verzweifeln.
Seine Freunde waren ebenfalls eingetroffen und standen nun im Kreis.
Sie unterhielten sich, lachten.
Erst nach mehrminütiger Anwesenheit wurde durch Zufall endlich soviel Platz frei, dass er sich in den Kreis eingliedern konnte.
Seine Freunde witzelten über irgendwas.
Er versuchte sich zu beteiligen, aber noch während er redete merkte er, dass das was er sagte nicht im Geringsten witzig war.
Es folgte, die übliche Reaktion: „Ääh…ja, klar. Ach übrigens…“
Der Rest der Konversation zog an ihm vorbei.
Nicht, dass das irgendwer gemerkt hätte.
Dann begann der Unterricht.
45 Minuten Langeweile, gefolgt von 5 Minuten Pause, gefolgt von 45 Minuten Langeweile, gefolgt von 15 Minuten Pause, gefolgt von…
Irgendwann stand Religion auf dem Plan.
Er war gut darin, denn er war nicht dumm und hatte zu vielem etwas zu sagen.
Die Anderen schienen teilweise jedoch sehr dumm zu sein und brachten nichts als Schwachsinn zustande.
Er meldete sich und reagierte hochgradig sarkastisch auf den Beitrag einer Mitschülerin.
Ein gutes Gefühl.
Dann klingelte es.
Die Schule war aus.
Auf dem Weg nach Hause saß eine ältere Dame neben ihm.
Sie redete unaufhörlich von ihrem Sohn, was der so alles geschafft habe etc…
„Bist du denn schon in der 8. Klasse, wie mein Enkel?“
„Nein, ich bin jetzt in der 12. …“
So lief das eben. Keiner schätzte ihn auch nur annähernd richtig ein.
Keiner schätzte ihn…
Zuhause zog er sich auf sein Zimmer zurück. Er machte Hausaufgaben.
Er gab sich keine Mühe, es kümmerte ihn nicht.
Es würde eh jemand Anderes vorlesen. Wozu sich also anstrengen?
Dann kam der Abend. Abendessen.
Schließlich kam das, worauf er den Tag hingelebt hatte.
Sein Japanisch Kurs.
Das war eine völlig andere Welt.
Der Unterricht dort verlief völlig anders als in der Schule.
Als er einen dämlichen Fehler machte lachten sie alle, aber er nahm es ihnen nicht Übel.
Sie lachten nicht aus Bosheit. Solche Fehler machte jeder mal. Sie würden jedes Mal lachen.
Und er mit ihnen.
Vielleicht lag es daran, dass jeder freiwillig hier war.
Japanisch war nichts, was irgendwer lernte. Die Idioten aus der Schule, die über ihn immer spotteten würden niemals Japanisch lernen.
Sie machten sich nur darüber lustig.
„Hey du, ich kann auch Japanisch“, würden sie sagen. Dann kam das obligatorische „Heiyaa oioi sching schang schong!!!!!“. Gelächter.
Er konnte sich nicht wehren. Er konnte nur in der Gewissheit leben, dass keiner, der mit ihm in diesem Raum saß und Japanisch lernte sich darüber lustig machen würde.
Sich über ihn lustig machen würde.
Es war das einzige Mal, dass er sich entspannen konnte.
Die Leute hier beachteten ihn, achteten ihn.
Sie nahmen ihn war.
Für ganze 90 Minuten.
Dann ging es wieder nach Hause.
Dort angekommen verschanzte er sich wieder in seinem Zimmer. Er dachte an den vergangenen Tag. Schwermut legte sich über ihn.
Die Nacht begann…
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Jetzt bin ich mal gespannt, ob das was geworden ist![]()