Luc ist einer der interessantesten und am besten ausgearbeiteten Bösewichte in allen weitgehend bekannten Rollenspielen. Was Luc mir gegenüber so unwiderstehlich macht, ist, dass ich seine Rechtfertigungsgründe für seine Vorgehensweise sehe und nachvollziehen kann, auch wenn das Resultat seiner Verschwörung böse und verabscheuungswürdig ist. Luc ist absolut davon überzeugt, dass die Welt so sein wird, wie er sie dem Flame Champion am Ende vermittelt, wie sie ihm durch die True Wind Rune gezeigt wird. Um die Welt vor diesem Schicksal zu bewahren, will er sich selbst und eine Million anderer Leben dafür opfern.
Luc spielt bedeutende Rollen in Suikoden I und II und sieht dort in erster Linie Tausende erst einmal dafür sterben, um danach eine bessere Welt für alle zu erreichen. Wieso, mag er sich verständlicherweise selbst denken, ist meine Verschwörung denn so anders? Er kann nicht den wesentlichen Unterschied erkennen, dass die Leben, die in diesen Kriegen dafür geopfert wurden, eine Folge deren menschlichen Entscheidungen war und nicht eine vage abstruse Vorstellung von Schicksal. Teo entschied sich, gegen Tir zu kämpfen und starb dabei, Luca wählte die Kraft der Beast Rune, die Leute von Muse zu töten, die Soldaten der Armeen waren bereit, ihr Leben für ihr Land zu lassen. Wenn Luc sich entschließt, die True Rune zu vernichten, trifft er die Entscheidung für die Millionen Menschen, die er dadurch töten wird, in der vagen Annahme, das [für ihn unabwendbare] Schicksal herauszufordern. Das macht ihn zum Mörder. Nachdem er besiegt ist, erklärt er, dass sein Untergang durch das Schichsal vorgegeben war. Er sieht nur Punkt A und Punkt B und ignoriert dabei all die Vorgänge, die passieren mussten, dass es zu diesem Ende kam, um es zu nennen: Seine Entscheidung für seine Verschwörung und die Entscheidung der Fire Bringer, dagegen vorzugehen, das nicht zuzulassen. Luc beschafft sich sein sich selbst erfüllendes Schicksal durch seinen Glauben, nur als eine Geisel seiner Macht [True Wind Rune] und seiner Informationen [Die Erinnerungen der True Wind Rune] geschaffen zu sein, und genau das wird er auch. Er ist bis zum Ende unfähig, irgendeine Wahl aus sich heraus alleine zu treffen.
Dass Luc seinem Glauben über sich so treu bleibt, stellt ihn weitgehend über alle anderen eher konventionellen Bösewichte. Er glaubt wirklich daran, dass das, was die True Wind Rune ihm als Endzustand vermittelt, eintreten wird und alle, die eine True Rune tragen, so wie er, dazu bestimmt sind, dieses leere ewige Leben zu leben. Als er Geddoes True Rune an sich zieht, sagt er zu ihm, dass ihn dies vielleicht verletzen wird und ihm Schmerzen verursacht. Wenn Leben genommen werden, dann sieht er nur darin, sie vor diesem unabwendbaren stillen ewigen Ende zu bewahren, er kann nicht die andere Seite des Lebens sehen, die die anderen "ihr Leben" nennen. Nicht einmal im Spiel tötet Luc irgendwen, wenn es nicht zu seinem Plan gehört und notwendig ist, und mehre Male im Spiel zeigt er Gnade, wenn es möglich ist. Das zeigt sich dadurch, dass er Geddoe in Mt. Senai nicht anrührte und ihm nur ein Geschenk hinterliess und ebenso Chris in Kuput Forrest, die beide in seine Falle geraten: es wäre für ihn ein leichtes, sie zu töten, aber es bringt ihm nichts. Ebenso wie er den Karayan Kämpfer und das Kind in seinem eigenen Quest nur verschreckt und verschont. Luc ist nicht so ein abschlachtender Psycho Killertyp wie Luca Blight, er ist mehr in der Art, wie auch Jowy zum Bösewicht mutierte. Er hat nicht nur Gründe und verständliche Motive für seine Aktionen, seine Aktionen bringen auch in etwa seine Motive und Gründe für den Spieler hinüber.
Auch wenn er unübersehbar der Bösewicht im Spiel ist, so besitzt Luc doch einige Qualitäten, die ähnlich erscheinen wie bei einigen tragischen Helden. Er ist unsterblich, hat große Magiekraft [Power], ist smart und hat noch jede Menge weiteres Potential, was er allerdings unterdrückt, denn dieses würde ihm vielleicht zeigen, wie schwer fehlerhaft sein Denken ist. In beiden vorangegangenen Spielen von Suikoden lernte man Luc als sehr mächtigen, aber total emotionslosen Charakter kennen, auch als einer, der seine Macht gerne zeigte und ausspielte. Streit mit Flik in Suikoden II, z.B. Seine in den beiden Suikoden-Vorgängern gezeigte Persönlichkeit kann man nur als erhaben und menschlich unreif bezeichnen. Man kann ihn nicht verstehen, denn bis zu Suikoden III ist Luc nur ein Träger einer True Rune, der keine wirkliche Erfahrung mit dem Leben hat. In seiner Nußschale ist er ähnlich einem unentwickelten Gott.
Ein paar Mal im Spiel wird er in seinem Glauben an das Leben sehr stark angegriffen, aber er nimmt nicht die Chance wahr, sondern verkapselt sich weiter in Seinem Weltbild. Das ist bei der Begegnung mit Chris, Geddoe und Hugo im Flame Champion Hideaway und ebenso bei der Begegnung mit Jimba in den Cindar-Ruinen: Alle diese Träger der True Rune nehmen an einem normalen Leben teil, sie haben Freunde, Feinde, Freud und Leid, sie haben Emotionen, und dadurch sind sie anders. Darin liegt das Wesen seiner Arroganz, er glaubt fest daran, dass andere mit dem Wissen, was er über die Endzeit der Welt hat, die gleiche Entscheidung treffen würden wie er. Er sieht nicht, dass das Leben noch weitaus mehr zu bieten hat, weil die zwei einzigen Gelegenheiten, die ihn ein wenig ins Leben hinausliessen, ihn auch wiederum in einer beschützten Gruppe untertauchen liessen, wo er niemand an sich heranlassen musste...