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Thema: Klunkys Game Boy Challenge - ALLE Gameboyspiele die jemals existierten (2025 - 2035) - Aktuell: Taikyoku Renju

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  1. #10


    Wizards & Warriors X: The Fortress of Fear

    Durchspielbedingung: Den bösen Zauberer Malkil besiegen


    X?

    Mensch, schon der 10. Teil dieser Wizards-&-Warriors-Reihe, und doch habe ich noch nie etwas davon gehört. Was ist denn da los?

    Ohne den Titel richtig gelesen zu haben, bin ich erst von einem Might & Magic‑Spin‑Off ausgegangen, das dann zufällig ein Plattformer ist.
    Tatsächlich handelt es sich hierbei jedoch um eine eigene Fantasy-Reihe von niemand Geringerem als die britische Spieleschmiede Rare. (die ihre größten Titel noch produzieren- und damit ihren legendären Status verdienen würden)
    Die Vorgänger waren Action-Plattformer auf dem NES. Das „X" steht hierbei wohl für eine weitere Form der Nummerierung und soll, wie vermutet, signalisieren, dass es sich um keinen Teil der regulären Spiele handelt. (von denen es bis dahin erst 2 Teile gab, ein Dritter würde noch auf dem NES folgen), sondern ein Spin-off, das außerhalb der Kontinuität der Haupthandlung fungiert.

    Wenn es denn eine geben sollte, ich gebe zu, ich habe die Vorgänger nicht gespielt und mich mit diesen auch nicht weiter beschäftigt. In diesem Teil müssen wir die Prinzessin vor dem bösen Magier „Malkil" retten. Die Spielanleitung schmückt die Geschichte etwas aus, aber im Großen und Ganzen geht es hier wieder um die „Damsel in distress".
    Also nicht länger darüber nachdenken und rein in den romantisierten Reckenepos!

    Ich würde das hier als das „Dark Souls" unter den Game-Boy-Spielen bezeichnen.
    Sicherlich wird der ein oder andere jetzt aufstöhnen, ja, ich kann diesen inflationär verwendeten Begriff auch nicht mehr hören/sehen, doch in diesem Fall finde ich es angebracht.



    Damit will ich mich gar nicht auf den Schwierigkeitsgrad des Spiels beziehen, der ist ebenfalls berüchtigt, aber schwierige Spiele gab es damals reichlich.
    Es ist der Gameplay-Flow des Spiels. „Fortress of Doom" (wie ich es fortan nennen werde) bestraft unvorsichtiges Spielen, wo unter „unvorsichtigem Spielen" in erster Linie, den Bildschirm zu schnell scrollen zu lassen, zählt
    Schon von Level 1 an kommen allerhand Projektile und Gegner ganz plötzlich aus dem Nichts auf einen zugeflogen. Wenn man getroffen wird, gibt es zwar keinen Knockback, der Schaden ist aber derart hoch, dass man sich mehrere Treffer nicht leisten kann.
    Es gibt nur wenig Gegner, die irgendwo in Seelenruhe campieren oder patroullieren, fast alles ploppt ganz plötzlich auf, ob heranfliegende Fledermäuse, Riesenschlangen, die aus dem Boden kommen, Spinnen, die sich abseilen, vorbeizischende Totenköpfe, Kanonenkugeln – you name it…
    Dann steht man blitzschnell vor Entscheidungen: springe ich? Ducke ich mich? Laufe ich weg und springe ich? usw.

    Blöd ist dabei, dass es nicht wirklich ein Gefühl für Trefferfeedback gibt: Wenn man eine halbe Sekunde länger im Feind steht, kommt gleich die nächste Schadensladung. Gegner wie die Schlangen oder Spinnen, die auf ihrer Position verharren, machen einen damit im Nu den Gar aus. Dann verliert man 1 Leben und startet erneut sehr nah an der Stelle, wo man gestorben ist.
    Das Level setzt sich eben nicht zurück, zumindest was die geographische Position der Spielfigur betrifft. Das macht einiges in dem Spiel ungemein einfacher. Gerade wenn man einen Bosskampf nicht raus hat, kann man ihn mit einem ausreichenden Lebenskontingent sozusagen „tanken". Wenn man es weit schaffen möchte, ist davon jedoch abzuraten. Die 3 Leben, mit denen man startet, sind alles. Es gibt keine Continues. Einmal alle Leben futsch, muss man das Schloss von vorne beginnen.



    Interessanterweise musste ich dabei unweigerlich an Yooka-Laylee & The Impossible Lair denken, ein Spiel von Playtonic, das ja aus ehemaligen Rare-Mitarbeitern besteht. Auch dort ist der maßgebliche Schauplatz namensgebend, auch dort muss man mit begrenzten Leben es bis zum Ende der „unmöglichen Höhle" schaffen (die man sich in anderen Leveln langsam dazuverdient), ohne Rücksetzpunkte dazwischen. Oder zumindest „musste“. Entsprechendes Spiel ist schließlich schon 27 Jahre älter, da werden die Dinge etwas anders gehandhabt und so wurde es nach einigen Wochen wegen zahlreicher Spieler-Beschwerden mit einem neuen Patch so weit verwässert, dass man entsprechende Parallelen nicht mehr wirklich erkennen kann.
    Gut möglich, dass das auch Haarspalterei ist, immerhin waren solche Spielstrukturen damals nicht ungewöhnlich, aber die Fokussierung auf einen einzigen Schauplatz innerhalb eines Plattformers ist etwas, was Rare meines Wissens so in der Form nicht noch mal wiederholt hat. Für mich markiert damit die „Fortress of Doom", die im Titelbildschirm prominent herausragt, so eine Art Ruf der Herausforderung: „Trau dich doch, versuch doch, ans Ende zu kommen.“ ⁣könnte er lauten.

    Und so ergibt sich der natürliche Core-Gameplay-Loop aus probieren, scheitern, es erneut versuchen, adaptieren.
    Es mag sich ein wenig wie Trial & Error anhören, doch es gibt keinen Zeitdruck. Wer langsam voranschreitet oder den Bildschirm voraus tastet, wird auf eine Menge der herannahenden Fallen reagieren können. Dank eines „floaty jump“ ist zu frühes Springen im Zweifelsfall immer noch von Erfolg gekrönt. Generell: Dadurch, dass sich der Sprung in seiner Höhe anpassen lässt, steuert sich unsere Ritter-Spielfigur erstaunlich agil, lediglich die Hitboxen sind fragwürdig und eine Schwäche des Spiels. Das gilt jedoch für den eigenen Charakter wie auch für die Gegner: Die Trefferzonen liegen immer ein paar Pixel vorne, weswegen man auch kurz vor dem Gegner in die Luft schlagen kann, um ihm Schaden zuzufügen. Als einziger Hinweis, dass man getroffen hat, dient ein Laut. Daher sollte man unbedingt den Sound beim Spielen anlassen. (der übrigens konträr zum Namen des Schlosses wirklich sehr verspielt klingt)



    Gegner sind das eine, doch auch Plattforming erwartet einen im Untergangsschloss, und gerade hierbei kann es einige Bottlenecks geben. Mehrmals im Spiel, schon im 2. Abschnitt des ersten Levels, erfordert das Spiel, dass man die Sprungdistanz nahezu ausreizt, ergo: Man sollte so spät wie möglich abspringen, und das gerne mal noch mit Timing-Elementen kombiniert. Da ich mich in Timing und Präzision recht kompetent fühle, hatte ich weniger Schwierigkeiten damit, ich kann mir aber gut vorstellen, dass das Frustpotenzial in diesen Segmenten am höchsten ist, denn anders als bei den Gegnern gibt es hier keinen Weg herum.
    Doch selbst wenn das Terrain des Schlosses nicht immer mit Fallgruben übersät ist, kann ein zu hohes Fallen von großer Höhe zu Fallschaden führen, und sagen wir so: Die Entwickler von Rare sind richtige Schlitzohren, der Fallschaden ist mit die häufigste Art, wie man im Spiel getroffen wird, zahlreiche Segmente machen ihn nahezu unvermeidbar oder zwingen den Spieler, anders zu springen, als er es sonst tun würde. Wenn man z. B. auf zwei auf- und ab schwebenden Plattformen steht, sollte man vielleicht nicht versuchen, die nächste Plattform zu erreichen, während sie zu tief steht.

    Der Schaden selbst ist nicht sonderlich tragisch – ein halbes Herz von 6, doch Kleinvieh macht auch Mist und so stapeln sich diese kleinen „Upsies" und ehe man sich versieht, könnte das nächste Leben durch Fallschaden eingefordert werden.
    Ich finde dieses Element besonders interessant, wenn man so etwas wie einen „No-Damage-Run“ versucht, weil man dann wirklich überlegen muss. Häufig springt man nicht mal, sondern lässt sich fallen. Allerdings ist das Ganze auch weniger relevant, sobald man ein temporäres Upgrade erhält, das die Höhe bis es zum Fallschaden kommt drastisch erhöht.

    Ein anderer Bottleneck sind die Bosskämpfe. Die sind ziemlich typisch für derartige Retrospiele: unglaublich primitiv, aber gleichzeitig beim ersten Spielen unberechenbar, da sie sich ständig in Bewegung und in der Luft befinden. Denn ein großer Nachteil unseres Ritters ist, dass er im Sprung nicht schlagen kann. Die einzig andere Möglichkeit, die sich neben dem regulären Schlag noch bietet, ist ein Schlag nach oben aus dem Stand.
    Damit ergibt sich das gleiche Spielchen wie bei Castlevania: The Adventure: Muster analysieren, tote Winkel ausmachen und diese hemmungslos ausnutzen. Das funktioniert dann so weit bis zum Endboss ziemlich gut, doch bis es so weit kam, endeten meine Versuche immer aufgrund jener Bosskämpfe. So hatte ich diese beim ersten Mal stets mit meinen Leben getankt, doch das hilft auf lange Sicht natürlich nicht. Erst beim Endboss kann man dann all-out gehen. Wer bis dahin ordentlich Leben verdient hat und nicht zu oft gestorben ist, kann ihn einfach bruteforcen und muss diesen nicht zwingend erlernen.

    Übrigens, für Level 2 wird statt eines Bosses eine Totenschädel-Pforte eingesetzt, die in einem bestimmten Intervall auf und zu geht. Diese ist damit kein wirklicher Boss, sondern es geht lediglich um das Timing, rechtzeitig durch die Tür zu springen.



    Die Fortress of Doom ist unterteilt in 5 Level, die eine unterschiedliche Anzahl an unterschiedlich langen Abschnitten beinhalten können. Ich glaube, insgesamt sind es 17 Abschnitte. Diese sind auch nicht immer strikt linear angelegt, sondern können auf unterschiedliche Art verzweigen, mal offen, mal durch Geheimgänge, die man ausfindig macht, oder durch verschlossene Türen, die man mit Schlüsseln öffnet.
    Und darin liegt ein ganz großer Reiz des Spiels. Auch hier kommt mir unweigerlich die „Proto-Dark-Souls“-Assoziation in den Sinn. Eine belohnende Erkundung ist eine der großen Säulen des Klassikers und die Fortress of Doom ist vollgepackt mit alternativen Pfaden, geheimen Räumen, versteckten Goodies etc.

    Ich habe Horrorgeschichten über das Spiel gehört, manche Leute aus Gamefaqs behaupten, dass es eines der teuflischsten Spiele ist, die jemals kreiert wurden, dass sie sich damit abgefunden haben, nie zum Ende zu kommen. Dementsprechend hatte ich eine sehr zaghafte Erwartungshaltung, ich war ziemlich angespannt. Aber wie sich herausstellt, ist The Fortress of Doom zwar ein konsequentes Spiel, dafür jedoch noch lange kein „grausames". Denn gerade die hohe Dichte an Belohnungen, worunter allen voran Leben, aber auch Power-Ups wie ein höherer Sprung, Unbesiegbarkeit oder eine Schadensreduzierung bis zum nächsten Tod zählen, erlaubt dem Spieler wirklich eine Menge Fehler. Solange man weiß, wonach man zu schauen hat, kann man Verluste schnell wieder ausgleichen.

    Ich denke, Rare musste hier eingreifen, um es nicht zu leicht zu machen oder gewisse Geheimgänge zu entfernen. So ist nach 9 Leben Schluss, höher geht der Zähler nicht.
    Das wird man dann in Level 2 auch merken, sobald man etwas Routine intus hat. Das ist der Punkt, wo man eine Menge Leben auslassen muss, weil man zu viele von ihnen hat. Das gleiche gilt für Kristalle, von denen 10 ebenfalls ein Leben ergeben.
    Auf der positiven Seite bedeutet das, dass man sich nicht genötigt fühlt, wegen eines blöden Fehlers am Anfang gleich das Spiel neuzustarten, denn Auffrischung hat man mehr als genug.
    Nach Level 3 wurde das merklich weniger, aber ich bin mir sicher, dass es immer noch den ein oder anderen unentdeckten Geheimgang bei mir gab.

    Ein anderes Element sind die Schlüssel. Während manche Leben einfach so rumliegen, sind viele andere sowie Power-Ups in Truhen verborgen, die sich nur mit Schlüsseln öffnen lassen. Entsprechende Schlüssel liegen im Level herum, gerne mal an kniffligen Stellen, für die man ein Risiko eingehen muss, oder sie sind ebenfalls versteckt. Man kann niemals mit allen Schlüsseln, die man findet, alle Truhen öffnen, noch weiß man von vornherein über den Inhalt Bescheid. Das führt zu einem Moment der Überraschung. Gerne mal versucht man anhand der Positionierung von Kisten zu erraten, ob sich in denen etwas Nützliches befindet. Diese Art des „Ressourcen-Managements", kombiniert mit ein bisschen „Guesswork", fügt dem Spiel eine winzig kleine weitere Ebene von Entscheidungstiefe hinzu und kommt ebenfalls dem Wiederspielwert zugute. Denn beim nächsten Mal wird man sich sicherlich fragen: „Was wäre, wenn ich stattdessen diese Truhe nun öffne?“ Selbes Schema verfolgt das Spiel dann auch mit Abzweigungen, die gerne am Ende eines Bildschirms stehen.



    Wenn man das alles zusammenzählt. Die zahlreichen Momente, in denen man Leben einsparen kann, die Truhen, die unterschiedlichen Wege, das Erkundungspotenzial, Schwierigkeiten, die man mit vorhandenem Wissen besser ausmanövrieren kann - da kommt echt einiges zusammen. Das macht das Prinzip eines totalen „Game Overs" am Ende zu keiner unnötig bestrafenden Last, sondern es ist schlichtweg eine ausbalancierende Designentscheidung, um dieses spezielle Spielgefühl zu bekommen. Es ist möglich, das Spiel in 25 - 40 Minuten durchzuspielen, je nachdem, wie eifrig man erkunden will. Das letzte Level ist ein Labyrinth, an dem man länger sitzen könnte, da man dort auch durch Räume loopen kann. (was mangels Zeitlimit leider dazu führt, dass man Highscore-Farming betreiben kann. )

    Es ist also eine große Herausforderung ohne Checkpoints, aber gütig genug Fehler zu verzeihen und dem Spieler die Hand zu reichen, es noch mal zu versuchen.

    Man wird vermutlich im zweiten Level scheitern, doch dann probiert man es wieder, kommt doch ein Stückchen der Prinzessin näher, stellt sich neuen Herausforderungen, adaptiert sich und schreitet wieder ein bisschen weiter. Wären die Bosse nicht so ein großer Trial-and-Error-Jank (und stattdessen lieber auf mechanisch interessante Art „schwierig"), wäre die Progression noch ungehemmter, noch natürlicher. Gäbe es möglicherweise noch ein paar zusätzliche Routen, welche die Schwierigkeit vom sehr tighten Plattforming auf solche mit mehr Fallen gespickteren – oder vielleicht längeren und ausdauernderen Wegen – verlegen würde, wäre die Entscheidungstiefe beim Voranschreiten des Schlosses noch interessanter. Doch auch so ist der Wiederspielwert bereits sehr hoch. Dieses Spiel verfolgt die richtigen Ansätze, könnte diese lediglich noch ausbauen. Für mich war es jedoch ausreichend, dass ich mich zwingen musste, dieses Spiel aus der Hand zu legen. Meinen letzten Versuch könnt ihr im beigefügten Video bestaunen.



    Wertung: B+

    Schwierigkeitsgrad: 74%



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    NEXT UP: Othello

    Geändert von Klunky (Heute um 04:59 Uhr)

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