SD Gundam: SD Sengokuden: Kunitori Monogatari
Durchspielbedingung: Mindestens eine Schlacht gewinnen
Gundam – nicht nur Anime, nicht nur Spielzeug, sondern auch ein Phänomen. Eines, welches seit jeher komplett an mir vorbeigegangen ist.
Was läge da nicht ferner, als mit irgendeinem obskuren, niemals außerhalb Japans veröffentlichten Game-Boy-Spiel einzusteigen?
Dank etwas Recherche weiß ich, dass der Präfix „SD" für „Super Deformed" stehen soll.
Super Deformed ist eine Spin-off-Reihe des Animes, in der die Gundams, welche ja eigentlich zu bemannende Mechs sind, in anthropomorpher Gestalt dargestellt werden.
Es sind kleine Chibi-Figuren, die quatschen können und irgendwelche Abenteuer erleben.
Mensch gewordene Gundams werden bestimmt einige Fetische befriedigen, aber der Gedanke ist wohl, auch eine kindliche Zielgruppe anzusprechen.
Jetzt ist mit dem Zusatz „Sengokuden" noch eine besondere Auskopplung der SD-Gundam-Serie gemeint, die in der Sengoku-Ära spielt und wo sich die Mechs in feudalen Strukturen mit Schwertern gegenseitig bekriegen.
Ein Spin-off eines Spin-offs sozusagen. Ich sehe schon, der Gundam-Brunnen reicht tief, und im Rahmen dieser Challenge muss ich kurzzeitig den Zeh ins kalte Wasser tunken.
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Ich habe nur Negatives über das Spiel gehört.
Es sei eines der schlechtesten Game-Boy-Spiele der Bibliothek, schlimmer als Master Karateka. Insbesondere Jeremy Parish hat kein gutes Haar an dem Titel gelassen.
Normalerweise schaue ich mir Rezensionen erst an, wenn ich mit meiner eigenen fertig bin, um mich nicht zu sehr davon beeinflussen zu lassen. Im Falle dieses Spiels habe ich jedoch gehofft, dass mir fremde Reviews helfen könnten, das Spielprinzip zu verstehen, da die Texte alle auf Japanisch sind.
Leider geht niemand wirklich auf das Spiel genauer ein und die einzigen Stellen, wo mal Bezug aufs Gameplay genommen wird, sind, um das Spiel herunterzuputzen. Nun gut – ich habe auch nur 2 Reviews zu dem Spiel finden können… Das hier ist eine Obskurität, bei denen man sich lieber an übersetzten japanischen Quellen richten sollte, um es erklärt zu bekommen.
Bei mir war es ein Mix aus Trial- and Error und maschinellem Übersetzen bestimmter Bildschirme per GPT-4o.
Wenn man weiß, was die japanischen Menüoptionen machen, ist man eigentlich schon fein, denn es gibt keine Handlung, der man folgen müsste, einzig und allein Skirmishes in einem Mix aus Strategie und ’ner Art „Fighting-Plattformer“.
Zu Beginn des Spiels wird man erst mal mit zahlreichen Einstellungen konfrontiert, bei denen ich mich einfach wie irgendwie durchgeklickt habe. Später hat sich mir aber dann herausgestellt, wofür die Punkte stehen.
Gehen wir das einfach mal sukzessive durch:
Der erste Bildschirm ist die Auswahl des „Szenarios". Man kann mit den Richtungstasten zwischen 2 Seiten wechseln, was insgesamt 10 Szenarien ausmacht. Jedes Szenario ist ungefähr so benannt wie eine Anime-Episode, aber tatsächlich sind es einfach nur unterschiedliche Umgebungen, auf denen man sich fortbewegt.
Man kann das Spielprinzip in 2 Modis unterteilen:
Die klassische Strategie-Ansicht, wo man sich auf einem Grid fortbewegt, weit rausgezoomt wie auf einer Karte, so wie man es aus Fire Emblem, Advance Wars und Konsorten kennt.
Und die Seitenansicht, bei denen die Konfrontationen ausgetragen werden, sobald sich 2 Einheiten auf jener Karte treffen.
Das Besondere an den Karten ist vor allem das Terrain, denn abhängig davon, wo man einen Kampf initiiert, ändert sich die Umgebung. So kann es sein, dass man in einem Wald kämpft, wo man auf Baumkronen springen kann, unter Wasser, wo das Springen durch ein Nach-oben-Schweben ersetzt wird, auf flachen Ebenen etc.
Außerdem gibt es sowas wie neutrale Einheiten, die man selbst oder der Gegner rekrutieren kann. Welche das sind, ist auch von Szenario zu Szenario unterschiedlich.
Anschließend wählt man die Spielregeln, hier der Reihe nach:
1. Ganz oben entscheidet man sich für eine Partei, Weiß oder Schwarz.
Ich würde definitiv empfehlen, es auf Schwarz zu lassen. Denn der Computergegner wird sich, wenn er Schwarz ist, defensiv verhalten und seine Truppen nur bei seiner Basis ausbreiten, was gelinde gesagt einfach stinklangweilig ist. Der weiße Gegner wird versuchen, neutrale Truppen zu übernehmen, Schlösser zu bauen und Landminen zu legen, aber hey, ich greife zu weit vorweg.
2. Sichtbarkeit der Truppen des Feindes auf der Karte
Selbsterklärend, das ist dann so als würde man in Random Encounter reinlaufen.
3. Echzeit- oder rundenbasiertes Ziehen
Das ist auch etwas, was eine Review negativ angekreidet hat.
Man würde in dem Spiel simultan ziehen, und damit völlig die Struktur flöten gehen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit nacheinander zu ziehen, jeder Spieler hat dabei 2 Züge pro Runde.
Ich empfehle jedoch definitiv auf Echtzeit zu stellen. Das Spiel ist einfach viel zu langsam, wenn man alle 2 Züge warten muss. Die KI mag zwar deutlich schneller ziehen als man selbst, da sie quasi alle Einheiten gleichzeitig steuern kann, aber tatsächlich ist es gar nicht so wichtig sich viel zu bewegen, wozu ich noch später komme.
4. Der Schwierigkeitsgrad
Oder so. Ich bin mir gar nicht so recht sicher, was er beeinflusst, ich habe jetzt nicht bemerkt, dass Gegner schlauer werden oder mehr aushalten. Ich vermute, dass der Gegner in dem Fall einfach bessere Gundams hat.
Und „bessere Gundams" ist eine gute Überleitung.
Dieses Spiel ist vollgepackt mit unterschiedlichsten Einheiten, was wohl vor allem den Reiz ausmachen soll. Am Ende besitzt die Spielzeugreihe einen gewissen Sammelfaktor, den so ein Spiel versuchen wird zu replizieren.
Entsprechend sind auch unterschiedliche Gundams unterschiedlich stark. Mit wie vielen man startet, hängt von der Karte ab, aufstocken kann man sein Arsenal dann nur noch durch neutrale Truppen, deren Stärke variieren kann.
Anfangs sind alle Gundams in der Basis und man entscheidet, welche man aufs Feld schickt.
Man hat nicht direkt verloren, wenn alle Gundams im Eimer sind, denn einer wird immer erst zum Schluss fallen und das ist der Shōgun. Dieser ist ein extrem starker Gundam, der ausschließlich in der eigenen Basis hockt. Die Vernichtung des Shoguns ist das Ziel eines Matchs.
Wenn beide Spieler keine Truppen mehr haben, aber der Shogun in beiden Festungen noch lebt, endet der Kampf in einem Unentschieden.
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Der Shogun ist dann aber auch leider so ziemlich der größte Schwachpunkt des Spiels. Wie erwähnt ist dieser super stark. Extrem stark. Wirklich, er bekommt kaum Schaden, ist extrem schnell und vernichtet die Gegner in Sekundenbruchteilen. Für die eigene Seite macht es das extrem unwahrscheinlich, dass man überhaupt jemals verlieren könnte, mit einer derart starken Einheit, sofern man nun wirklich nicht zulässt, dass der Gegner sämtliche Truppen zum Shogun schickt.
Auf der anderen Seite macht es das für einen selbst auch extrem schwierig, das Spiel zu gewinnen, denn auch ich habe in meinen ersten paar Runden sämtliche Truppen verballert und überhaupt kein Land gesehen.
Das Problem ist hierbei vor allem auf das Kampfsystem an sich gemünzt. Die unterschiedlichen Gundams haben auf der Karte keine besonderen Funktionen, sondern bewegen sich nur. Wenn es zum Kampf kommt, kommen ihre Specs zum Einsatz. Sie können unterschiedliche HP und Angriffskraft haben etc. andere Waffen…
Das sind allerdings derart subtile Änderungen, dass bis auf die HP nichts davon im Kampf auffällt, hätte man gar die Zeit dafür.
Denn das Spielgeschehen ist hektisch, die KI rennt selbstmörderisch auf einem zu und springt wild durch die Gegend, da gibt es keinerlei Muster. Währenddessen fühlt sich die Framerate so an, als hätte man sie verdoppelt. Das Ganze endet in reinem Button-Gemashe. Es gibt einen Nahkampfhieb, Schusswaffen (mit begrenzter Munition) und eine Blocken-Taste.
Aber da der Gegner wie ein tollwütiger Dobermann auf einen zuspringt, ist man meistens damit beschäftigt, das Schwert oder die Naginata zu schwingen. Andere Waffen gibt es scheinbar nicht. Im Nahkampf und im Fernkampf konnte ich nur 2 Waffen ausmachen, das wären dann läppische 4 Kombinationen pro Gundam, was all den verschiedenen und teilweise echt cool aussehenden Figuren wiederum ihre Einzigartigkeit entzieht. Denn ob ich mit einem nun 10 % mehr Schaden mache, so etwas würde ich spielerisch nicht wirklich merken.
Am Probatesten hat sich erwiesen, wenn möglich auf irgendwelche Objekte im Hintergrund zu springen, wieder runterzufallen und den Gegner dann zu versuchen, über einem zu halten, während man dann die Schwertwaffe schwingt, da diese im Diagonal Schaden anrichtet. Unter Wasser ist das am leichtesten, da man dank Auftrieb permanent unter dem Gundam klebenbleiben kann.
Im Hintergrund läuft übrigens ein Timer. Ist dieser bei Null, wird der Kampf unterbrochen und der Zug endet.
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Wenn dann der Kampf ausgetragen wurde, mit welchem Ergebnis auch immer, bleiben die Rest-HP der überlebenden Gundams bestehen. Schmeißt man sich also in ein Getümmel aus, sagen wir mal, 4 Gundams und mehr, ist es wahrscheinlich, dass man, auch wenn man so gut spielt, wie es nur möglich ist bei diesem kruden Kampfsystem, trotzdem in der Masse durch hintereinander folgende Kämpfe geschlagen wird. Um das zu vermeiden, heißt es Rückzug zur Basis, oder man baut ein Schloss.
In Gebäuden werden nämlich relativ schnell, schon nach ein paar Zügen, sämtliche HP wiederhergestellt und der Gundam kann wieder beruhigt aufs Feld. Um sich diesen langen Weg zu ersparen, kann man taktisch Schlösser bauen und diese bemannen. Der Gundam ist dann zwar nicht einsatzfähig, kann aber die Position halten und gleichzeitig nach jedem Kampf geheilt werden. Wenn man dann wieder aggressiver spielen möchte, kann man auch einfach den aktuellen Gundam im Schloss abziehen und ’nen anderen verwundeten dort platzieren.
Klingt eigentlich ziemlich spannend, ich könnte mir vorstellen, dass ein derartiges System durchaus einen großen Einfluss im Multiplayer hat. Im Singleplayer jedoch ist das nicht wirklich hilfreich, da die KI strohdumm ist. Ja, sie baut Schlösser, aber viel zu selten nutzt sie diese auch, um die Truppen zu heilen. Da werden geschwächte Einheiten auf meinen Truppen gehetzt, trotz Nähe zur Basis, egal auf welchen Schwierigkeitsgrad.
Da die KI Truppen simultan bewegt, könnte sie hier sehr gefährlich agieren. Dazu sei aber gesagt, dass sie auch in diesem Fuchtelkampfsystem, wo sich Schaden schwer vermeiden lässt, nicht die beste Figur macht. Meistens ist so mein Verhältnis aus Sieg und Niederlage 1:3 - mit einem Mech wohlgemerkt, wenn ich diesen nicht zwischenzeitlich zum Heilen zurückschicke.
Das in Kombination macht es im Kampf gegen die KI zu einem sehr stumpfen Spiel, bei dem eigentlich der Schlachtverlauf bis zum Kampf gegen den Shogun keine Rolle spielt. Greift die KI meine Basis an, macht der Shogun diese schon platt.
Also kann ich so langsam sein, wie ich will. Es gibt ’nen Anreiz, neutrale Truppen vor dem Feind zu rekrutieren, aber auch der ist eher schwach, weil eine Truppe mehr oder weniger im Großen und Ganzen nicht viel ausmacht und generell bereits viele in der eigenen Nähe sind. Diese zu rekrutieren hängt übrigens vom Gundam ab, teilweise ist es nicht möglich, wenn deren „Charisma" nicht hoch genug ist. So gab es auch viele, die ich einfach ignoriert habe, weil ich keine Lust hatte, herumzuprobieren.
Landminen, die der Gegner auslegt, können prinzipiell nerven, aber da auch hier keine Strategie stattfindet, kann man einfach zurücklaufen, wenn man erwischt wird. Selbst Minen zu legen, hat auch nicht so recht geklappt, zumindest ist es mir nie passiert, dass diese der Gegner ausgelöst hat, auch wenn er auf einem Feld gelandet ist. Gute Frage, ob das ein Bug ist oder ich hier etwas nicht verstanden habe. Aber sei's drum, nötig hat man es nicht.
Alles kulminiert dann also beim Kampf gegen den Shogun. Der Modus operandi auf jedem Szenario ist damit erst mal alle Truppen sukzessive zu vernichten, so dass man sich ungestört auf der Karte bewegen kann. Anschließend baut man vor der Basis des Gegners ein Schloss. Jetzt holt man seine 2 stärksten Gundams. Einer bleibt im Schloss, der andere kämpft. Der Palast des Shoguns ist eine spezielle Kampfarena mit 2 Stockwerken. Normalerweise würde mein Gundam in Sekunden geschreddert werden und ich würde nur minimalen Schaden anrichten, so aggro und overtuned ist die KI. Wenn ich mich aber rechtzeitig auf den 2. Stock verziehe, ist die KI zu blöd mir zu folgen. Daher kann ich dort dann den Timer verstreichen lassen, bis der Kampf unterbrochen wird. Mein dem Tode nahe stehender Gundam tauscht dann die Plätze mit dem Gundam, der sich noch im Schloss nahe der Basis befindet, so dass dieser sich dann während des nächsten Kampfes erholt. Rinse & Repeat. Der Shogun ist die einzige Einheit, die sich nicht in der Basis von selbst heilt (was sinnig ist), daher ist so eine Strategie möglich.
Sollte einem doch mal währenddessen ’n Gundam futschgehen, ist das auch nicht so tragisch, denn man hat sicherlich noch genug Ersatz anderswo auf dem Feld oder in der eigenen Basis.
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Und damit habe ich im Prinzip das gesamte Spiel heruntergebrochen.
Es ist ein auf dem Papier wirklich interessantes Spiel, wenn man bedenkt, wie es mehrere eher unorthodoxe Spielmechaniken von Strategie-Spielen mit einem Action-Plattformer-Kampfsystem vermengt.
Ich kann nur erahnen, wie viel Potenzial sich dabei entfaltet, wenn man tatsächlich gegen einen menschlichen Kontrahenten spielt, der weiß, was er tut. Bei näherer Betrachtung denke ich jedoch, dass kein Spieler jemals die Chance hätte, gegen einen Shogun anzukommen, der von einem Menschen gesteuert wird, weswegen man unter sich ausmachen müsste, dass das Spiel vorbei ist, wenn alle Truppen erledigt sind. Das ist eine Option, die das Spiel dringend nötig gehabt hätte im Regelwerk. Entweder schwächere oder gar keine Shoguns, das Spiel ist vorbei, wenn die Truppen erledigt sind.
Ist es also so schlecht, wie es dargestellt wird? Keineswegs, hier stecken schon Ambitionen und Gedanken dahinter, nur wurden diese nicht zu Ende gedacht. Eine deutlich cleverere KI, zumindest auf den Strategie-Maps, hätte hier für ein deutlich spannenderes Spielerlebnis gesorgt. Das Kampfsystem ist natürlich der Elefant im Raum, der sich schwerlich schönreden lässt. Aber ehrlich gesagt, ich finde es nur „chaotisch“, aber nicht unspielbar. Es ist ein stumpfes Draufgekloppe mit unberechenbaren Gegnern, aber wenn man weiß, wie man den Gegner in die Luft baitet, kann man relativ realistisch seine Gewinnchancen einschätzen, der Rest ist dann abhängig davon, wann man welchen Gundam in die Schlacht schickt.
Da es noch Fortsetzungen von dem Spiel geben soll, hoffe ich hier gerade in diesen Punkten auf eine Steigerung, möglicherweise auch auf eine richtige Kampagne. Denn selbst bei einer dummen KI können Kampagnenmissionen, wo die Voraussetzungen sehr einseitig gegen einen gerichtet sind, immer noch interessante Herausforderungen bieten.
Ich könnte mir vorstellen, sehr viel Spaß mit dem Konzept zu haben, sollte man das Spiel ausbauen und in eine klare Richtung führen. In dem Sinne fühlt es sich ein Stück weit wie eine Tech-Demo an, aber eben auch nicht so katastrophal, dass ein Videospiel-Historiker es als Schandmal des Game Boys darstellen sollte, immerhin gab es auch bis dato nichts Vergleichbares auf dem System. Man vergisst schnell. dass solche Spieler eher darauf ausgelegt sind, im Mehrspieler gespielt zu werden, was in Japan auf dem Game Boy etwas verbreiteter war als im Westen, zumindest vor Pokémon.
Wertung: D
Schwierigkeitsgrad: 43%
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NEXT UP: Ob ich Flappy Special noch diesen Monat schaffe, ist fraglich. Der Nächste Titel wäre damit Trump Boy.