Othello
Durchspielbedingung: Keine / Jede CPU "schlagen"
Othello - oh Mann, ist das ewig her, bzw. ich kannte es nur unter dem Namen „Reversi", was ich vor vielleicht 20 Jahren mal gespielt habe. Und ehrlich gesagt ist mir letzterer Name lieber als diese historisch-kulturelle Anspielung, die sich auf einen Shakespeare-Roman bezieht, bei dem es um einen Kampf gegen Venezianer und Osmanen geht. Versteht ihr? Schwarz gegen Weiß? - Irre.
Reversi wiederum beschreibt ziemlich genau, worum es in dem Spiel geht: ums Umkehren.
Die Regeln sind denkbar einfach. Mattel vermarktet es als [I]„A minute to learn, a lifetime to master“ – nun, so viel Zeit haben wir wahrlich nicht.
Und doch ist es ohne Routine schwierig, intuitiv zu greifen, wie man das Spiel spielt, und damit meine ich nicht die Regeln, die sind wirklich sehr einfach.
- Zu Beginn liegen 2 schwarze und 2 weiße Steine in dieser Formation:
- Schwarz und Weiß legen nacheinander Steine in Zügen, wobei Schwarz anfängt.
- Ein Stein kann nur dann gesetzt werden, wenn er die gegenteilige Farbe aus einer waagerechten, senkrechten oder diagonalen Richtung umschließt.
- Die umschlossenen Steine wechseln ihre Farbe und damit ihren „Besitzer"
- Ein Stein kann nicht an einen anderen Stein der gleichen Farbe gesetzt werden.
- Wenn ein Spieler keinen Stein setzen kann, wird der Zug dieses Spielers übersprungen.
- Das Spiel ist vorbei, wenn sämtliche Felder mit Steinen befüllt sind oder beide Spieler keine Steine mehr setzen können.
- Gewonnen hat, wer am Ende mehr Steine seiner Farbe besitzt.
Ziemlich simpel, man muss sich nicht groß irgendwelche besonderen Regeln merken.
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Dennoch ist es eine frustrierende Angelegenheit, gegen einen erfahrenen Spieler zu spielen. Wenn man das Spielbrett genauer analysiert, wird man feststellen, dass es durchaus einige Herangehensweisen gibt, die man verfolgen sollte. Der größte Trugschluss ist hierbei zu glauben, dass man führt, nur weil man ab Mitte des Spiels nahezu sämtliche Steine auf dem Feld in der eigenen Farbe hat. Denn exakt das Gegenteil ist der Fall: Je weniger Steine in der eigenen Farbe vorhanden sind, desto mehr Zugmöglichkeiten bieten sich, neue Steine zu setzen.
Die Kür ist es, dafür zu sorgen, dass die eigenen Steine von den gegnerischen so weit umschlossen sind, dass dieser sie aus keiner Richtung mehr umdrehen kann. Dann kann man praktisch immer aus irgendeiner von 8 Richtungen agieren. Das ist eine Lektion, die ich erst nach dutzenden kläglichen Spielsessions gelernt habe.
Vielmehr noch, das eigentliche Ziel, worauf man hinarbeiten sollte, sind die 4 Steine in den Ecken.
Sobald man auch nur einen frühzeitig erlangt, hat man das Spiel quasi schon gewonnen. Aus der Ecke umschließt der Stein das komplette Spielfeld, waagerecht, senkrecht und diagonal. Also wo immer in diesem Kurs sich irgendein Stein befindet, kann man einen weiteren setzen. Vor allem lassen sich damit Ränder leicht bestücken und damit auf kurz oder lang eine weitere der angrenzenden Ecken. Ich hatte in meinen vielen Spielsitzungen nicht ein Match, wo ich noch gewinnen konnte, wenn eine Ecke besetzt war, selbst in den letzten Spielzügen nicht. Höchstens, wenn man gleich darauf ebenfalls noch eine Ecke für sich pachten kann.
Um zu vermeiden, dass so eine Ecke frühstmöglich eingenommen wird, sollte man vermeiden, einen Stein auf den angrenzenden Feldern der Ecke zu spielen. Doch das ist leichter gesagt als getan. Die KI ist nicht dumm, sie wird genau das Gleiche versuchen. Man muss den Gegner dazu bringen, einen Stein zu setzen. Durch einfache Tricks wie „Köder“ auslegen, was man z. B. aus Schach kennt, ist das nicht möglich, da man nie darum spielt, möglichst viele Farben zu erhalten, sondern eben um jene Ecke, denn der Rest erledigt sich dann von alleine.
Das heißt, man muss den Spieler dazu ZWINGEN, einen angrenzenden Stein zusetzen, was eben nur möglich ist, wenn diesem keine Möglichkeiten mehr für andere Züge bleiben, denn Züge freiwillig aussetzen ist nicht möglich.
Das ist im Prinzip die Krux, die ich nicht wirklich überwinden kann. Ich bin einfach zu blöd für das Spiel.
Die KI ist knallhart. Man kann zwischen 4 Gegnern wählen, alle mit unterschiedlicher Spielstärke. Mir war es nur möglich, den leichtesten und den „schwierigsten“ Gegner „fair" zu schlagen. Letzteren nur, weil man in diesem Spiel ein Zeitlimit definieren kann.
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Das ist interessant und gleichzeitig nervig. Während die ersten 2 Gegner ihre Züge meist imminent ausspielen, braucht die KI bei den anderen beiden lange zum Rödeln, teilweise zwischen 30 Sekunden bis einer Minute, was natürlich unglaublich nervig ist. Doch am Ende kommt wohl damit ein optimierter Zug heraus.
Vermutlich werden für diese beiden Gegner zeitaufwändigere, aber erfolgsversprechendere Algorithmen verwendet, die der Game Boy nicht so schnell verarbeiten kann. Doch diesen Umstand kann man zu seinem Vorteil wenden. Indem man die Zeit einfach auf 5 Minuten stellt.
Beim „COM3" reicht die Zeit leider nicht aus, denn dieser wird nach hinten heraus wieder schneller. „COM4“ brauchte jedoch lange genug, dass ich die Runde kurz vor Setzen des letzten Steins gewonnen habe.
„COM1" war schwierig, aber irgendwie habe ich ihn... irgendwie geschlagen, und „COM2" habe ich für Stunden probiert. Immer wenn man glaubt, man dominiert jetzt so langsam das Spiel, passiert genau das Gegenteil. Man merkt gar nicht, wie man die ganze Zeit über wie eine Geige gespielt wird.
Angeblich sei Schach komplexer und vermutlich stimmt das auch, durch die Anzahl an Formationen, aber ich komme wesentlich leichter in eine bestimmte „Strategie" in Schach, als das bei Othello/Reversi der Fall ist.
Ich wüsste zu gerne, wie ich solche smarten 200 IQ Moves mache, die den Gegner regelmäßig in Zugzwang schicken, wie ich permanent meine eigenen Steine isoliere. Das Problem ist nur … Der Gegner ist einfach zu schlau, er wird jegliche Versuche stets verhindern. Wenn es einen Elo gibt, wüsste ich gerne, in welchem Bereich sie sich bewegen. Gegen „COM2" und „COM3" sah ich einfach kein Land.
Jetzt könnte ich natürlich Literatur dazu lesen oder Othello-Videos von Großmeistern betrachten, die mir wirklich alle Ins und Outs erklären.
Aber wie schon gesagt, ich habe keine „Lifetime“, das zu meistern, und eigentlich ist es auch gar nicht nötig...
Denn jederzeit ist es möglich, aus dem Spiel über Select in das Spielfeld einzugreifen. So lassen sich einfach die Steine ändern oder gar der Spieler. Der COM ist kurz davor zu gewinnen? Na dann tausch einfach die Spielerplätze und schon bin ich derjenige, der den Gewinner-Zug macht. Oder plästere gleich alles mit gegnerischen Steinen zu bis auf die 4 Mittleren und die Ecken.
Fair ist das keineswegs, aber wenn man mal auf die Regeln blickt, auch nicht verboten!
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Naja, als so wirklich als Spiel zum „Durchspielen" ist es damit ja nicht konzipiert, wenn man es nüchtern betrachtet. Sondern ähnlich wie Shogi zum Üben.
Es gibt keine Endings, kein übergreifendes Ziel oder Endstand, wo man das Spiel als geschafft betrachten kann.
Ich war intrinsisch motiviert, es auf eigenen Anreiz zu schaffen, Othello so weit zu begreifen, um die Gegner zu schlagen, doch jetzt, wo alle Stricke reißen und ich ehrlich gesagt keinen Bock auf dieses Brettspiel habe, gibt es keinen Grund, nicht die Regeln der Challenge zu meinen Gunsten zu nutzen, wenn sie an anderer Stelle wiederum gerne mal zu meinem Ungunsten ausfallen.
Jedenfalls ist der „Edit“-Modus, den man über Select aufruft, eine interessante Ergänzung, da es damit möglich ist, einzigartige Spielsituationen zu kreieren, sich selbst ein Handicap zu verpassen oder was auch immer.
Puh, das waren auf jeden Fall jetzt mehrere Tage Reinhängen, auch wenn ich es nicht musste, aber ich war wirklich darum bemüht, das Spiel nicht einfach so wegzuwischen und mich bis zu einem gewissen Rahmen drauf einzulassen. Wer weiß, vielleicht werde ich in „Othello World“, welches ebenfalls für den Game Boy existiert, nicht mehr drumherumkommen.
Summarum fällt es mir auch hier schwer, eine Einschätzung zu treffen. Die Adaption ist gelungen, aber mit der Vorlage werde ich nicht wirklich warm. Daher werde ich auch dieses Brettspiel nach meinem subjektiven Empfinden bewerten, wie viel Spaß ich damit hatte, und naja – es geht.
Belassen wir es im unteren Mittelfeld.
Fazit:
Dies ist eine typische Brettspiel-Umsetzung, wie es sie auch schon auf dem NES gab, nicht hingeschludert, sondern kompetent. Der eigentliche Spaß kommt mit menschlichen Kontrahenten auf, die sich auf einem ähnlichen Level bewegen.
Der Rest hängt wirklich vom Rezipienten ab, ob diesem das Spielkonzept zuneigt … und dafür weniger zu blöd ist als ich.
Wertung: C-
Schwierigkeitsgrad: / (Edit mode machts relativ)
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