Quarth
Durchspielbedingung: Spiel durchspielen
Wieder so ein Name, unter dem sich keine Sau etwas vorstellen kann. Hauptsache, die Steine, die auf dem Cover runterfallen, sehen so aus wie Tetrominos.
Wie so viele Game Boy Spiele handelt es sich hierbei auch um eine weitere Umsetzung die es so auch mal auf dem Famicom, MSX-Heimcomputer und für Arcade gab. Entwickelt von Konami, soll es wohl unter dem Namen „Block Hole" im Westen bekannt sein. Ich schätze, das muss jedoch für eine andere Version als die auf dem Game Boy gelten, hier konnte ich es unter keinem anderen Namen finden.
Der Pitch für die Idee des Spiels muss wohl so gewesen sein:
„Was ist, wenn wir das Phänomen ‚Space Invaders' mit dem Phänomen ‚Tetris' kreuzen!?“ Doch wie sagt man so schön: Spiele können gerne mal weniger als die Summe ihrer Teile sein, Genremixe beliebter Spiele müssen nicht zwingend aufgehen, wenn man nicht weiß, wie man die Prämisse langfristig motivierend gestaltet.
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Jetzt habe ich es hier etwas vereinfacht. Quarth spielt sich genauso wenig wie Tetris, wie als ein klassisches Shoot 'em up. Zunächst einmal erfolgt die Steuerung über ein Raster statt Pixel für Pixel. Eines der 6 auszuwählenden Raumschiffe (die alle spielerisch keine Unterschiede besitzen) ist auf einer horizontalen Achse unten am Bildschirm festgenagelt.
Soweit die Assoziation zu Space Invaders. Statt Feindeswellen kommen – ihr könnt es euch bereits denken – Blockformationen vom oberen Bereich des Spielbildschirms zugeflogen. Das Spiel ist vorbei, wenn es irgendein Block schafft, die Achse zu berühren, auf der sich unser Schiff befindet.
Die Blöcke lassen sich jetzt nicht einfach abschießen, dann wäre das hier ja kein Puzzlespiel. Stattdessen verschießt unser Schiff ganz eigene Blöcke, die bestehende Blockformationen erweitern. Blöcke verschwinden nur, wenn man ihre Kontur so weit auffüllt, dass sich ein Rechteck ergibt.
Ungefähr so:
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Skizze 1 Skizze 2 Skizze 3
Wie man in der zweiten Skizze sieht, kann man, bevor man die Formation abschließt, das Rechteck größer werden lassen, um dann im Nachhinein mehr Punkte abzustauben.
Das ist durchaus notwendig, so muss man vor Abschluss eines Levels eine bestimmte „Quote" an Punkten erfüllen.
In späteren Levels reicht es nicht mehr aus, die Blöcke einfach nur auf dem direktesten Weg aufzulösen. Stattdessen sollte man Rechtecke entweder mit den eigenen Schüssen künstlich aufblähen oder mehrere Formationen kombinieren. Ist das Level zu Ende und die Quote nicht erreicht, muss man das Level noch mal spielen. Hat man die Quote vor Levelende erreicht, sind alle nachträglich erhaltenen Punkte ein Bonus für den Highscore.
Wie in Skizze 3 zu erkennen ist, müssen Kombinationen aus mehreren Blockformationen nicht zwingend beide ein Rechteck ergeben, das wäre auch gar nicht möglich, ohne dass man zu früh eine Form auflöst. Wie bei einem Tangram ist die Konstellation der Einzelformen egal, solange das große Ganze rechteckig ist.
Das Ganze geht sogar noch weiter. Ein Rechteck muss nicht mal ausgefüllt sein. Solange lediglich die äußere Form rechteckig ist, wird der leere Inhalt am Ende als Punkte hinzugezählt. Das ist sozusagen der „best case", denn dann kriegt man buchstäblich Punkte aus „Nichts“ .
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Da man nur Böcke an die Front tackern kann, gibt es viele Formen, wo derartige Späße gar nicht möglich sind. Ist die Formation hinten nicht eben oder von einer Seite geöffnet, ist das direkte Auflösen die einzige Möglichkeit. Es gibt sehr große, verschachtelte Formen, die man nicht auf einen Schlag überblicken kann. Sobald sie in den Bildschirm gescrollt kommen, zögert man es zu lange hinaus, bleibt nicht mehr die Zeit, die Blöcke aufzulösen, sollte sich wider Erwarten doch kein Rechteck bilden lassen.
Derartige zu späte Erkenntnisse treiben den Spieler dazu, „safe" zu spielen. Und das ist mitunter mein größtes Problem bei der Prämisse, dass es häufig unmöglich ist zu sagen, wann man solche „Kombos" durchführen kann, ohne das Level zu kennen.
Sollte es einem doch gelingen, winken je nach Größe der aufgelösten Fläche verschiedene Power-Ups, die ab beliebiger Stelle aktivierbar und sogar ins nächste Level übertragbar sind. Jedoch ist immer nur eines jeder Art tragbar.
Das System ist dabei immer gleich:
- Ab 20 auf einmal aufgelösten Blöcken kann man schneller schießen.
- Ab 30 lässt sich die Zeit für kurze Zeit anhalten,
- Ab 40 kann man einen Blitz aktivieren, der alle Blöcke im Bildschirmausschnitt auflöst.
- Ab 50 scrollen die Blöcke langsamer rein für längere Zeit (was auf den früheren Stufen lame klingt, ist in den späteren Stufen das beste Power-up)
- Ab 60 gibt es ein „?“-Power-up, bei dem der Effekt zufällig ist und sogar negativ sein kann. Dieses Power-up ist schlechter als die vorherigen und sollte, wenn überhaupt, nur als Extra mitgeführt werden, wenn man sonst nichts mehr hat.
(Wie man sieht, sind die Power-ups bis auf das Fragezeichen einigermaßen gut gebalanced.)
In den ersten Leveln scrollt der Bildschirm noch extrem langsam, so sehr, dass man diesen mit Gedrückthalten der Nach-Oben-Taste lieber selbst beschleunigte. Das lässt einem die Freiheit, sich in seinem Größenwahn auszutoben und die Blockformationen so groß wie möglich zu machen, noch geeeeerade so, bevor Sie die Linie überschreiten. Das war so ziemlich auch die häufigste Todesursache, nicht der Stress, all die Formationen zu Multitasken, sondern meine eigene Hybris, unbedingt mit „Style" zu gewinnen. Da spielt auch die Quote keine Rolle, da man sie meistens ohnehin erfüllt.
Das hat dazu geführt, dass ich Quarth zunächst monotones, aber eben auch einfaches Spiel abgeschrieben habe. „Pah, ich könnte schon am nächsten Tag den Bericht schreiben“, dachte ich mir, und so habe ich es langsam angehen lassen. Immer eine Welt pro Tag.
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In Quarth spielt man zwar alle Level hintereinander und füllt den Highscore, bis man irgendwann draufgeht, doch wo man nach dem Draufgehen startet, das kann man selbst entscheiden. In typischer Manier, wie ich es inzwischen von Konami Spielen für den Game Boy dieser Zeit gewohnt bin, stehen augenscheinlich alle Level bereits zur Auswahl, weswegen ich ja eigentlich direkt im „letzten" Level hätte starten können.
Aber nein, da ich ja unbedingt ein „Ehrenmann" sein will. Habe ich mir den ganzen langweiligen Slog davor angetan und es auf Tage verteilt. Erst ab 3–8 wurde es wirklich anspruchsvoll und ich konnte mich nicht länger darauf konzentrieren, irgendwelche Formen zu bauen, sondern musste jeden Schuss auf Zack setzen, um einfach nur zu überleben. Nach 3-9 dann die böse Überraschung... Schockschwere Not: Ich bin in 4-1.
Das Spiel geht also noch viel länger, lediglich die ersten 3 Welten stehen bei Start des Spiels zur Auswahl. Danach spielt man die Level in linearer Reihenfolge bis 5–9 frei. Ich war also noch lange nicht am Ende und mittlerweile begann das Spiel, seine Krallen auszufahren.
So waren es immer vor allem die letzten paar Level einer Welt, die mir ernsthafte Probleme bereitet haben. Das liegt unter anderem auch daran, dass jedes Level innerhalb einer individuellen Welt nahezu gleich aufgebaut ist. Sprich, 1-1 ist genauso lang wie 2-1. Es wurden hier und da ein paar einzelne Blöcke ausgetauscht, aber im Großen und Ganzen ist es gleich geblieben. Auch das kann ich euch anschaulich zeigen.
Zum Vergleich - die Änderung zwischen Welt 1 und Welt 5.
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Na? Findet ihr alle Unterschiede? Und das betrifft den Sprung von der ersten zur letzten Welt, dazwischen tut sich noch weniger. Man hat ständig Déjà-vu-Erlebnisse, dass man dieses eine Level doch schon mal gespielt hat, auch wenn man sich bei der abstrakten Präsentation nur schwer daran erinnern kann, was alles auf einen zugeflogen kommt. Doch beim Spielen merkt man irgendwie, dass einem häufig die gleichen Situationen begegnen.
Das eigentlich Gravierende ist die Geschwindigkeit, die immer weiter ansteigt. Ab Welt 4 ist es dann so weit, dass man die letzten Level durch reines Geschick nicht mehr bewältigen kann. Man ist schon an dem Punkt, wo jede Eingabe möglichst präzise erfolgt, man kann es sich in den meisten Situationen nicht leisten, zu „overshooten" und ein Rechteck größer werden zu lassen als nötig, genauso gut darf man keine Lücke freilassen, um sie später erst zu schließen.
Man sollte bedenken: Jede Bewegung kostet eine halbe Sekunde und auch jeder Schuss ungefähr eine Viertelsekunde. Priorität hat vor allem das, was einem am nächsten ist, doch wenn man immer nur die vordersten Hindernisse anpeilt, muss man sich bei all den Verschachtelungen unnötig von links nach rechts bewegen, was viel Zeit frisst. Also muss man hier etwas flexibel sein, dass man sich gerade so noch genug Freiraum verschafft, dass man noch hintere Blöcke an der Position, wo man gerade steht, auflöst, um dann rechtzeitig die vorderen Blöcke aufzulösen, bevor sie die Linie überschreiten. So verschafft man sich kurzfristig mehr Stress, aber langfristig mehr Luft. Brenzlig wirds vor allem bei Blöcken, die man erst erreichen kann, wenn andere davorstehende aufgelöst sind.
Wenn ihr auf die Karte schaut, seht ihr für Level 5-9 so ein richtig großes, verschachteltes Monstrum:
Es ist unmöglich, die Formation rechtzeitig ohne ein Power-up aufzulösen. Es ist essentiell, dass man zuvor größere Rechtecke durch künstliches Aufblähen und das gelegentliche Kombinieren mehrerer Formen erhält.
Normalerweise erstelle ich mir am Anfang eine Formation, die groß genug ist für ein Stop Power-Up. Das Stop Power-Up verwende ich dann in der Formation vor diesem verschachtelten Monstrum. Nun habe ich genug Zeit, um ein größeres Rechteck zu erstellen. Wobei „genug“ untertrieben ist, man muss sich ganz schön beeilen und auch die Reihenfolge ist wichtig, man möchte nicht versehentlich ein einzelnes Rechteck auflösen, bevor unser Tangram fertig ist.
Ungefähr so sieht das aus. Den ganzen Mist drumrum entfernen wir vorher, dann wird „Stop" aktiviert und dann wird alles, soweit die gelbe Fläche reicht, ausgefüllt. Je nachdem, wie weit ich es treibe, erhalte ich ein Blitz-Power-Up oder eine Slow-Motion. Beides ist ausreichend, damit man die Monsterformation danach bewältigen kann. Ich spiele jedoch lieber auf Slow-Motion, denn der Effekt hält lange genug, dass ich ihn, wenn richtig eingesetzt, nutzen kann, um für die anderen Blöcke auch noch mehr Zeit zu haben.
Und das ist so ziemlich der spaßigste Aspekt an Quarth, solange man ihn noch nicht raus hat. Das Management der Power-Ups. Die späten Level sind dahingehend wirklich kleine „Puzzle", die man ohne die richtige Herangehensweise nicht schaffen kann, passen, aber dadurch auch überhaupt nicht in das Arcade-Gewand. Niemals würde man diese durch intuitives Spielen beim ersten Mal lösen. Das ist ein Grund, warum überhaupt die Review hier auf sich hat warten lassen: Das Spiel lässt einen ordentlich leiden. Auch wenn man vorherige Level nicht noch mal spielen muss, jedes mal so weit zu kommen und dann nicht zu wissen was zu tun ist, hat mich teils mehrere Stunden an diesen Leveln knabbern lassen. Level 4-9 war demnach anspruchsvoller als 5-9, obwohl 5-9 noch schneller war, einfach weil sich das grundlegende Layout nicht in signifikanter Weise geändert hat. Alles davor konnte ich bis dahin durch intuitives Spielen lösen.
Hat man das also einmal raus, bietet das Spiel dahingehend nur noch den „Random“-Modus
Dort spielt man alle Formationen einer Welt in zufälliger Reihenfolge. Es sind keine neuen Formationen, sondern die bekannten, anders aneinandergereiht. Und das macht man dann genauso für alle 5 Welten.
Das Spielprinzip verliert sich viel zu schnell in Routine und ich verspüre keinen Wiederspielwert, ich war froh, als es vorbei war. Es war knackig, als es Schwierigkeiten gab, aber ich würde lügen, würde ich nicht behaupten, dass mich die vielen Ableben nicht irgendwann genervt haben, weil das Spiel keine Variation zulässt und es auch nicht den Zufall eines Tetris hat, der zu immer neuen Spielsituationen führt.
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Die „Redeeming Quality" könnte der 2-Spieler-Modus sein. Doch dieser ist quasi der Random-Spielmodus. Ein Spieler kann durch größeres Auflösen der eigenen Blöcke negative Effekte beim Bildschirm des anderen Spielers auslösen.
Was hierbei aber meiner Meinung nach keinen Sinn ergibt. Beide Spieler haben völlig andere Level-Layouts, was es auch nicht wirklich fair macht. Ansonsten kocht jeder so sein eigenes Süppchen, was es nicht wirklich erheblich vom Einzelspieler unterscheidet.
Fazit: Die augenscheinlich interessante Prämisse entpuppt sich als hinziehender Slog in den frühen Spielleveln, für die späten Spiellevel sind die Anforderungen an den Spieler zu deterministisch, was bei einem automatisch scrollenden Bildschirm, bei dem man eigentlich schnell reagieren sollte, zu einem Konflikt führt. Das führt zu Ratespielchen, die meistens zu Ungunsten des Spielers ausgehen. Die gleichen Passagen dann immer wieder zu spielen nervt auf Dauer.
Wenn man sie dann ausreichend kennt, kann man entsprechend reagieren. Das macht es gerade so akzeptabel für das einmalige Durchspielen in Trial-and-Error-Manier, doch die Monotonie aufgrund der nur wenigen Formen und dem geringen Kombopotenzial, was auf dem beschränkten Handlungsspielraum der Spielfigur zurückzuführen ist (man kann die Blöcke nur nach vorne schießen), killt in mir jeglichen Wiederspielwert. Ich habe den Random-Modus irgendwann ausgemacht, einfach weil ich vor Langeweile keine Lust mehr hatte.
Wertung: D+
Schwierigkeitsgrad: 79%
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