Tasmania Story

Durchspielbedingung: Alle 5 seltenen Tiere und den Tasmanischen Tiger finden


Wenn man bereits „Pony Canyon“ auf dem Bildschirm prangern sieht, weiß man bereits mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass man es hier mit Shovelware zu tun hat.

Tasmania Story ist ein Spiel zu einer gleichnamigen Filmvorlage aus Japan, die wohl dort derart populär war, dass ein nur sehr lose daran anknüpfendes Spiel irgendwie den Weg in den Westen gefunden hat.



Mir sagt der Film jedenfalls überhaupt nichts. Es soll sich dabei um ein Familiendrama mit einem Jungen und seinem verwitweten Vater handeln, die nach Australien reisen, um nach Spuren des als ausgestorben geltenden Tasmanischen Tigers zu suchen.
Ich bin mir sicher, mir würden die Tränen bei dem Film kommen. In derlei Hinsicht scheint das Spiel dann wohl doch seinen Job zu erfüllen… aus den falschen Gründen natürlich.

Ohne den Film gesehen zu haben, bin ich mir sicher, dass sich der Stoff nicht für eine Versoftung eignen würde. Wie es sich für krampfhafte Lizenztitel gehört, wird das Gameplay nicht originell entworfen, sondern sich anderswo bedient. In diesem Fall an den Arcade-Klassiker „Mappy“ von Namco. Dann packt man irgendwelche Trivia über den Tasmanischen Tiger in den Prolog, wo ich zunächst dachte, es würde sich bei der Vorlage um eine Tierdoku handeln, und fertig ist das Paket.



Wem Mappy nichts sagt:


Jaja, richtig fleißig sind wir heute

Nun, in dieser Vorlage sind die Regeln intuitiv viel greifbarer als in Tasmania Story, zumal man auch einen weitaus größeren Bildschirmausschnitt – und damit eine höhere Gegnerdichte – hat.
Man könnte es als eine stark vereinfachte und beschnittene Version des Spielkonzepts bezeichnen, was jedoch immerhin seinen eigenen Effekt hat und damit dem Titel tatsächlich noch sowas wie die Spur einer Identität verleiht.

Um konkreter zu werden. Tasmania Story und Mappy sind beides „Maze-Chase“-Games à la Pac-Man oder Lock'n'Chase, finden jedoch auf einer 2-dimensionalen Seitenansicht statt, also nicht viel Platz, um auszuweichen.

Soweit nichts Außergewöhnliches, hatten wir mit Hyper Lode Runner und Mickey Mouse Spiele ähnlichen Kalibers. Doch anders als die meisten Titel dieser Art, die sich auf Leitern oder Türen verlassen, um die vertikale Ebene zu erklimmen, verlässt sich Mappy auf Trampoline und so auch Tasmania Story.

Während man sich auf einem Trampolin befindet, ist man unverwundbar, selbst wenn die Verfolger sich mit einem überlappen, denn diese können davon ebenfalls Gebrauch machen und nutzen es zum Weiterverfolgen. Hüpft man zu häufig in kurzer Zeit auf das Trampolin, reißt es und man verliert ein Leben. Daher ist das Trampolin kein sicherer Ort, um sich zu verschanzen.
Den gibt es eigentlich nirgendwo, zumindest nicht permanent, aber das ist auch so das Kuriose am Titel. Wenn man das Spiel startet, wird es sich unspielbar anfühlen.



Man startet in der Mitte von 5 Plattformen. Die Trampoline befinden sich jeweils an den Rändern der Map. Dies ist ein grundlegendes Layout, das alle 10 Level beibehalten und sich lediglich darin unterscheidet, wie langgezogen die Plattformen sind und wo sich die Löcher befinden.
Ebenso sind die 4 Verfolger immer die gleichen. Alle Figuren starten stets an derselben Position. Man selbst in der Mitte, die Verfolger an den Seiten in symmetrischen Abständen.
Wenn das Spiel losgeht, wird man überfordert sein. Keine 5 Sekunden werden vergehen, da ist man umzingelt, nicht mal eine halbe Minute vergeht und man sieht den Game Over Bildschirm.
Tasmania Story versagt auf ganzer Linie, sein Spielkonzept intuitiv greifbar zu gestalten. Vor Spielstart wird einem lediglich gezeigt, dass man sich mit den Richtungstasten bewegt und mit A eine Bombe ablegen kann.
Entsprechend auf letzteres fällt zunächst die Aufmerksamkeit.

Doch Bomben sind lediglich eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme, falls man von den Gegnern umzingelt wird, etwas, was nicht passieren sollte.
Schlimmer noch: Auch deren Anwendung erschließt sich erst durch Trial & Error. Genauer genommen handelt es sich nämlich um Landminen, die den vorbeiziehenden Gegner für eine Weile betäuben.

Was mir jedoch lange nicht klar war: Um den Gegner vor einem zu erwischen, sollte man an der Position stehen bleiben. Die Bombe wird an derselben Stelle abgelegt wie das Player-Sprite, das reicht, um nicht erwischt zu werden. Bei meinen ersten Versuchen habe ich versucht, vor den Feind zu rennen, die Bombe abzulegen und zurückzugehen, doch das geht in der Regel schief, wenn die Gegner sich von beiden Seiten synchron annähern, die Feinde hinterrücks sind viel zu schnell, denn Tasmania Story ist ein extrem schnell gepacetes Spiel und man kann es auf Wunsch sogar noch schneller stellen.



Bomben sind begrenzt, doch da man weitere finden kann und bei Verlust eines Lebens mit ihnen zugeschmissen wird, fällt das kaum auf, da man sie längst nicht so oft benötigt.
Nein das Rezept um den Gegnern auszuweichen ist ein anderes. Um Tasmania Story überhaupt vernünftig spielen zu können, muss man sich über ein bestimmtes Verhalten des Spiels im Klaren sein.

Hier an diesen markierten Stellen:



wird man nicht getroffen. Zumindest für ein paar Sekunden während des Übergangs, also quasi jede Plattformkante auch um das Trampolin, inklusive Trampoline selbst und auch die kleineren Plattformen an den Rändern.
Wenn sich also Gegner und man selbst für kurze Zeit an der Stelle aufhalten, kann man einfach an ihnen vorbeilaufen, wenn man innerhalb von circa 2 Sekunden wieder verschwindet. Man hat sowas wie begrenzte i-frames.
Diese Mechanik wird vom Spiel in keinster Weise kommuniziert, noch irgendwie gekennzeichnet, so dass es sich wie ein Bug anfühlt, aber nein, es ist ein Feature.
Mit diesem Wissen kann man das Spiel nun endlich vernünftig angehen und dann… stellt es sich als überraschend kurzweilig heraus.



Ziel ist es, alle im Level verstreuten Pflanzen einzusammeln.
Das ist je nach Level eine andere, weil das … wohl irgendwie den grünen Daumen des Jungen aus dem Film darstellen soll oder so.

Sollten wir dabei 3x erwischt werden, war es das. Nach 10 geschafften Leveln looped das Spiel. Ist es also endlos?
Nein, offensichtlich nicht, sonst hätte ich keine Durchspielbedingung angegeben. Unser ultimtatives Ziel ist der tasmanische Tiger und das ist nicht, was auch immer da unseren hakenkreuzförmiggliedrigen Protagonisten verfolgt.

Um den Tasmanischen Tiger zu finden, gilt es, 5 andere seltene Tiere zu finden, die nur erscheinen, wenn man den Gegnern auf den Kopf fällt. Man hat damit also alle 2 Stages ein sekundäres Ziel, sprich 2 Stages Zeit, den Koala, das Wallaby, den Pinguin, das Wombat und die Wüstenrennmaus zu finden. Mit jeder weiteren ungeraden Levelzahl wechselt das Tier und wenn am Ende von Level 10 nicht alle gesammelt wurden, geht der Spuk wieder von vorne los.
Etwas, was man bewusst forciert, wenn man eine hohe Punktzahl möchte, denn nach dem Spielende lässt sich nicht mehr weiterspielen. Statt also wie in Tetris oder QIX die Szene als Extra nach dem unausweichlichen Game Over einzuspielen, ist es hier einfach vorbei.

Die Level werden damit wesentlich anspruchsvoller, da die Anzahl der Gegner, denen man auf den Kopf zu fallen hat, mit jedem weiteren Tier um 1 ansteigt. Daher ist es später unabdinglich, dass man die Gegner mittels Trampolin auf eine hohe Position baitet (nachdem man sichergestellt hat, dass sie einem alle nur von einer Seite folgen), und dann möglichst schnell auf dem langen Weg wieder nach unten fällt, um ihnen dann von der gegenüberliegenden Seite auf den Kopf zu fallen, während sie noch von einer unteren Ebene zurückkehren. Die Route variiert da ein bisschen je nach Stage-Layout.



Da die Sprünge über die jeweiligen 2 Stages hinweg zählen, kann man sich mit diesem Ziel etwas Zeit lassen und z. B. auch die Startbedingung nutzen, um gleich 2 Gegner wohlgetimed mitzunehmen, um den Rest dann im nächsten Level zu holen.
Das Tier erscheint dann auf einer der am Rande befindlichen kleinen Plattformen und muss innerhalb von 5 Sekunden eingesammelt werden, sonst verschwindet es wieder. Die Tiere werden wohl vom Spektakel angelockt … oder so... es ist alles ein bisschen arbiträr mit der Spiellogik.

Hat man alle Tiere, heißt es nur noch, Level 10 abschließen.
Da es wie erwähnt ein extrem schnelles Spiel ist und man auch nicht die Pausetaste betätigen kann, um Pausescumming zu betreiben, muss man blitzschnell Entscheidungen treffen. Dank des vorhersehbaren Verhaltens der Gegner wird man jedoch jede Runde besser.
Um den tasmanischen Tiger zu sehen, dauert eine erfolgreiche Runde vielleicht gerade mal 6 Minuten. Selbst Minigames sind in modernen Spielen wohl umfangreicher.
Dennoch werden nicht viele eine derartige Substanz haben, und lässt man die scheußliche Präsentation und die mangelhafte Spielkommunikation weg, hat man hier einen erstaunlich funktionstüchtigen Mappy-Klon, dessen Wegfall von Spielfeatures und der wesentlich kleinere Spielabschnitt die Dynamik des Spiels erhöhen. Ob jetzt ungewollt, kann ich nicht sagen, da es hier wie ein Shovelware-Versuch aussieht, aber irgendwie funktioniert es halbwegs.

Fazit:

Den Tasmanischen Tiger hätte man nicht schon im Intro zeigen sollen, so fühlt man nichts im Ending-Screen, der nichts Neues bereithält, bis auf das Trivia, dass „Tasmanien“ auch „Apple Island“ genannt wird … Bildungsauftrag erfüllt.
Mir tun die Kinder leid, die dieses Spiel von ihren Eltern geschenkt bekommen haben. Diese werden sicherlich überfordert und selbst als Erwachsener muss man sich erst mal reinsteigern, um zu verstehen, wie man nicht innerhalb von 5 Sekunden abnippelt.
Tut man das nicht, hat man nicht mal ein Quäntchen Spielzeit in einem Titel, der auch so bereits grundsätzlich viel zu wenig bietet, um den damaligen Preis zu rechtfertigen.

Andere bockschwere Retrospiele erlauben einem zumindest noch in den ersten paar Leveln eine Schonkur, hier werden gleich die Daumenschrauben angelegt, was gewiss sehr viele Spieler abgeschreckt haben wird. Sollte man jedoch diese Hürde überwinden, hat man einige Minuten High-Tension-Unterhaltung, die aber aufgrund eines mäßigen Scoring-Systems nicht über viele Stunden begeistern wird. Nett, aber letztlich vergessenswürdig.

Wertung: D+

Schwierigkeitsgrad: 79 %



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NEXT UP: Dr. Mario (Ihr glaubt das Spiel wird mich brechen?! Hah! macht euch gefasst auf God-Gamer Skills Regelklauberei.)