TETRIS - Der Puzzlespaß aus Russland!
Durchspielbedingung: Die jeweils besten Enden von Spielmodus A (große Rakete) und Spielmodus B (Space Shuttle) erhalten
Unbestreitbar ein perfektes Videospiel?
Tetris bedarf keiner Einführung, der Schatten, den es auf die Videospiel-Industrie geworfen hat, ist bis heute noch spürbar, in vielen Listen der „einflussreichsten Videospiele überhaupt" rangiert es in den Top-Plätzen, wenn nicht sogar auf Platz 1.
Tetris war für Generationen von damals Erwachsenen der Eintritt in das so skeptisch beäugte und als Kinderspielzeug abgetane Medium. Dank westlicher Geschäftsleute hat es seinen Weg nach Japan gefunden (erst inoffiziell für den Famicon), wo es im Juni als eines der ersten Gameboy-Spiele veröffentlicht wurde und vermutlich zu einem erheblichen Teil dazu beitrug, dass das Gerät in den kommenden Monaten so ein großer Erfolg werden würde, was man an dem explosionsartig ansteigenden Software-Angebot für das Gerät von Jahr zu Jahr merken wird.
Spätestens mit der Markteinführung des Gameboys in den USA nur einen Monat später, wo es als Pack-in-Game mit dem Gerät beigelegt wurde, war der Gameboy als Verkaufsgarant etabliert.
Ich kann mir auch kein besseres Pack-in-Game für den Gameboy vorstellen. Tetris und der Gameboy sind eng miteinander in den Köpfen der Menschen verwoben. Gerade um ein derart abstraktes Spielkonzept Menschen näherzubringen, war es einfach ein schlauer Schachzug. Anders ist nur schwer vorstellbar, was eigentlich so süchtig machend an Tetris ist.
Doch kommen wir zur Eingangsfrage zurück: Häufig hört man, dass Tetris als Videospiel perfekt ist. Es handelt sich um ein geschlossenes Spielkonzept, ähnlich wie Schach. Was lässt sich an dem Spiel noch groß verbessern? Die Steine kommen mit der Zeit schneller herunter, damit man konstant gefordert bleibt, es gibt per Definition keine weiteren „Tetrominos", Platz für Innovation ist gar nicht notwendig.
Mit der Frage hat sich übrigens auch der von mir geschätzte Youtuber und Video-Essayist „Matthewmatosis" beschäftigt:
Hierbei stimme ich zu: Tetris als Konzept ist perfekt, ich sehe keine Möglichkeiten, die Raum für Kritik lassen. Wer Tetris nicht mag, kann mit dem Konzept „Tetris" nichts anfangen.
Allerdings - betrachten wir Tetris als Spiel für den Gameboy, kann ich nicht all die Iterationen davon ignorieren, die ich seitdem gespielt habe. Denn diese Version ist … rough … dass es an Komfort mangelt durch einige Besonderheiten, die in den späteren Tetris-Spielen dazugekommen sind, damit kann ich noch leben. Ein Stück nicht auswechseln zu können oder 4 Teile im Voraus zu sehen, sind besondere Eigenschaften, die durchaus viel am Spielfluss ändern. So gibt es auch Classic-Spieler, die vorziehen, ohne diese Möglichkeiten zu spielen.
Doch womit ich absolut zu kämpfen hatte, was mich absolut abgefuckt hat und auch ein Grund dafür ist, warum der Bericht auf sich hat warten lassen, ist der verdammte Zufallsalgorithmus, wenn überhaupt einer vorhanden ist.
Die Tetris-Steine erscheinen alle mit einer festen Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Seeds, wobei speziell „I“-Blöcke von der Verteilung her die niedrigste Wahrscheinlichkeit haben, aufzutauchen. Wer neuere Tetris-Spiele mal gespielt hat, wird vielleicht bemerken, dass man nie zu lange auf ein Stück warten muss, dass, wenn ein Stück häufiger auftaucht, damit zu rechnen ist, dass es nachfolgend weniger oft gezogen wird usw.
Das liegt daran, dass neuere Tetris-Spiele einen sogenannten 7-Bag-Random-Generator benutzen. Man bekommt nicht einen Stein, jeweils einen in einer langen, endlosen Sequenz, übergeben, sondern „Taschen", eine Sequenz, in der sich jeweils immer 7 Steine verbergen. Diese 7 Steine sind alle unterschiedlich. Ist eine Tasche aufgebraucht, wird die nächste gezogen, so kann man nur maximal 2 Steine hintereinander setzen. Es gibt genügend Tetris-Spiele, die das noch mal anders handhaben, aber das ist die gängigste Variante, die meines Wissens nach auch in Turniervarianten verwendet wird.
Bei dem Gameboy-Spiel hat man wohl noch nicht so weit gedacht. Sprich, wenn ihr einen großen Stack gebaut habt, in dem mehrere Prengel eine Viererreihe vervollständigen könnten, dann betet zu RNGesus, dass er euch auch einen solchen Prengel an die Hand drückt. Nur zu gerne verbaut man sich in gigantischen Türmen-Konstrukten, nur damit der erhoffte I-Block EXAKT nach dem Stein kommt, den man dann verwendet hat, weil man jetzt die Reihe vorschnell auflösen müsste. Damit einem das Spiel noch mal so richtig reindrückt, was für ein dummer Spacko man ist, spawnen nun 3 I-Blöcke hintereinander, mit denen man nun nichts mehr anfangen kann und die die horizontale Beschaffenheit des Stacks durcheinanderbringen.
Da man nur den nächsten Stein sehen kann, aber niemals darüber hinaus, lässt sich praktisch auch nicht wirklich langfristig planen. Was bleibt einem also übrig? Ich nenne es „defensives" Spielen, sprich, ab einer bestimmten Höhe sollte man sich von der Idee verabschieden, 4er-Lines zu vervollständigen. Im besten Fall platziert man „L"- oder „O“-Blöcke so, dass sie den Stack abtragen, aber ein Tetris immer noch möglich ist. Aufgrund der Auflösung des Bildschirms ist auch die vertikale Begrenzung des Bildschirms knapper, was das Stapeln von Blöcken zusätzlich erschwert. Glaubt ja nicht, ihr könnt irgendwie Teile wie in den neuen Spielen „durchwiggeln“, so dass sie nicht sofort einrasten. Diesen Luxus bietet das Gameboy-Spiel nicht, da geht es Schlag auf Schlag, bäm! Babam! Babam! Ab einer bestimmten Höhe und Geschwindigkeit ist es teilweise physikalisch gar nicht mehr möglich. bestimmte Blöcke bis an die Seite des Trichters zu führen, gerade wenn diese auch noch gedreht werden müssen.
Und genau das ist das Problem am „defensiven" Spielen: Hält man die Reihe immer möglichst niedrig, mag man damit so einem Szenario weitestgehend entgehen, doch so erhält man auch weniger Punkte. Ein Tetris gibt das 30-fache (!) der Punkte eines Singles. Wenn man also, so wie ich, die Zielsetzung hat, die große Rakete zu erhalten, für die man 150.000 Punkte braucht– in der japanischen Version (statt 200.000, aber das war mir erst später bewusst, aber come on, cut me some slack!). Dann kann man unmöglich sich mit diesen Peanuts zufrieden geben, die Reihen steigen trotzdem, demnach wird das Spiel immer schneller und schneller und damit irgendwann nicht mehr handhabbar.
Nach langem Probieren war mir dann aber klar: Die Geschwindigkeit ist gar nicht so sehr das Problem, sondern dieser vermaledeite Zufall. Es kann auf einen Blick alles gut laufen und auf einmal wird man 3 × hintereinander mit „O“-Blöcken geflutet, gefolgt von falsch ausgerichteten „s“- bzw. „n"-Blöcken. Wenn ich also bei Level 0 starte, ist der Multiplikator noch sehr niedrig, da kann ich super viel Glück haben in den ersten Runden, aber die Punkte sind ja dennoch nur ein Bruchteil von dem, was man auf den höheren Stufen erhält.
Daher also blieb mir nichts anderes übrig, als direkt von Stufe 9 zu starten und dort dann möglichst risky zu spielen, damit ich früh ’nen fetten Punktestand aufbaue und dann defensiver spiele. Dann verschwende ich nicht so viel Zeit, mich jedes Mal von Level 0 hochzuarbeiten, wo ich trotzdem schon vorzeitig ausscheiden kann, wegen des absolut grottigen Zufalls.
Und genau darum ging es nur noch: beten, dass die richtigen Steine kommen. Von 20k bis zu den besagten 150k war alles drin, ich sah keine wirkliche Kontinuität darin, dass ich besser wurde, weil das Chaos bezüglich der verteilten Steine ein viel zu erheblicher Faktor war, der mir einfach wohlgesonnen bleiben musste. Natürlich steckt da auch viel Improvisation und die angesprochenen „defensiven" Taktiken, aber summa summarum: Am Ende kann man auch mit noch so viel Voraussicht von Fortuna einfach gef*ckt werden.
Ähnlich ist es da auch im Spielmodus B, wo man 25 Reihen auf Level 9 mit einer Höhe von 5 abschließen muss. Ich habs einfach so oft probiert, bis es mal gepasst hat. Immerhin, weil es deutlich kürzer geht, ging es auch deutlich schneller.
Tetris ist wahrlich kein guter Kandidat für so eine Challenge. Zum für sich hin Daddeln ist zweifelsohne der Suchtfaktor vorhanden. Aber gleichzeitig macht sich da die Frustration breit bezüglich der Ohnmacht, wie einem der Zufallsfaktor behandelt. Früher oder später bekommt man nun mal Abfuck, bei dem man einfach nicht so ohne weiteres ein Tetris erzielt. Eine weitere Unzulänglichkeit, zumindest wenn man eben um Punkte statt um Reihen spielt.
Ich bin ganz ehrlich: Ohne einen derartigen Vorsatz, die Spiele koste es, was es wolle, „abzuschließen“, hätte ich mich da nicht so reingekniet. Schließlich kenne ich es von zukünftigen Iterationen auch einfach besser. Und naaaatürlich bin ich auch nicht der beste Tetris-Spieler, der das jeden Tag spielt.
Unterm Strich ist das Phänomen greifbar und einfach zugänglich. Unkompliziert, würde man nicht die ganze Zeit maulen müssen, dass nicht die richtigen Steine kommen, könnte man schnell in eine Art „Alpha-Zustand" verfallen, das Spielkonzept bleibt damit ungebrochen „perfekt“, aber man merkt retrospektiv dann doch, wie viel Luft nach oben bei der Ausführung noch war.
Tetris auf dem Gameboy wird damit für mich aber vor allem nicht nur als eine der frühesten, sondern auch brutalsten Varianten in Erinnerung bleiben.
Wertung: C+
Schwierigkeitsgrad: 85%
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NEXT UP: Shanghai
(könnte etwas schneller gehen, wenn ich mich in die Regeln von Shanghai Solitaire eingelesen habe.)