Cyraid
Durchspielbedingung: Spiel durchspielen
Es gibt Zeiten, da verfluche ich die Game-Boy-Challenge manchmal. Der Monat März 1990 war qualitätstechnisch sicherlich kein glanzvoller Zeitraum für das Gerät.
Aber jedes noch so große Tal geht irgendwann wieder bergauf.
Und dies ist so ein Fall, für den ich froh bin, die Game-Boy-Challenge zu tätigen.
Ich habe noch nie in meinem Leben von Cyraid gehört und hätte es vielleicht andernfalls nie gespielt. (auch zum Entwickler gibt es kaum Informationen)
Es handelt sich um ein weiteres Puzzle-Spiel, könnte man meinen, ist aber vielmehr ein Hybrid aus Puzzle und Geschicklichkeit.
Statt hunderten von ähnlichen Bildschirmen ohne Kontext wie in Flappy Special ist das Spielgeschehen in eine simple Handlung eingewoben, bei der sich Schauplätze ändern und neue Spielelemente hinzugefügt werden.
Der böse Doktor ROGUE hat die Mutter des Protagonisten-Duos WARRIOR und FIGHTER entführt und zu seiner Basis auf den Mond verschleppt, der namensgebenden mechanischen Festung Cyraid.
Wir können uns zu Beginn für einen dieser beiden Helden entscheiden, dies hat aber, soweit ich bemerken konnte, keine spielerische Auswirkung, bis auf eine kleine Stelle im Spiel, zu der ich später komme.
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Prompt wird man nach einem kleinen charmanten Intro auch schon ins erste Level geworfen. Wie man wohl bereits anhand der Screenshots erkennt, besteht jedes Level aus einem Screen. Das ist sehr gut, so behält man jederzeit die Übersicht. In Mickey Mouse führte das häufig zu plötzlichen Sackgassen, aus denen man nicht mehr rauskam. Auch in einem Hyper Lode Runner war es eher suboptimal, doch da konnte man wenigstens noch eine Karte öffnen.
Die Gegner verhalten sich ebenfalls primitiv und durchschaubar, was eine vorausschaubare Planung ermöglicht. Sie bewegen sich schlichtweg von links nach rechts, bis sie auf ein Hindernis stoßen. Leitern, die ebenfalls in der Stage existieren, werden dabei automatisch mitgenommen, während sie jeden möglichen angrenzen Bereich durchforsten. Das heißt, prinzipiell decken die Gegner jedwede betretbare Fläche ab. Ergänzend gibt es hierzu eine weitere fliegende Variante, diese bewegen sich diagonal, bis sie ebenfalls auf Hindernisse stoßen. Auch wenn sie manchmal anders aussehen, jeder Gegner folgt diesen Regeln.
Und man selbst? Nun, dafür dass WARRIOR und FIGHTER solch martialische Namen haben, sind sie erstaunlich unbewaffnet. Doch lasst euch davon nicht täuschen, ihre Waffe ist das gesamte Level für sich!
Jedes Level besteht vor allem aus 2 Materialien. Blöcken und Leitern, nichts davon ist statisch. Blöcke lassen sich in alle 4 Richtungen komplett durch den Bildschirm feuern. Entweder fällt man zusammen mit dem Block auf den Gegner oder ballert den Block, der über einem steht, nach oben, gerade als der Gegner sich über einem befindet. Oder schubst diese nach vorn. Leitern lassen sich genau so schubsen, und sie fliegen, bis sie auf eine Kante stoßen, als stünden sie auf Eis. Dabei sind sie ebenfalls in der Lage Gegner zu zerquetschen. Ebenso, sollten diese sich auf einer Leiter befinden, schubst man die Gegner nicht von der Leiter, sondern die Leiter weg vom Gegner, doch Vorsicht! Der fallende Kadaver kann einem immer noch zerquetschen. Mehr als einen Treffer hält unser kriegerisches Gespann nicht aus.
Ziel ist es nun, das Level so zu manipulieren, dass man an alle im Level verteilten „E-Blöcke“ gelangt und die darin enthaltenen Glocken einsammelt. Danach öffnet sich der Ausgang ins nächste Level.
Wie man das anstellt, bleibt einem selbst überlassen. Es gibt keinen fest vorgeschriebenen Weg. Man merkt zwar durchaus einen gewissen Designgedanken, bei dem man die Level durchaus wie ein Puzzle löst, doch die Spielmechaniken sind so weit offen, dass selbst ein vermeintlicher Softlock schlicht zu einer anderen, vermutlich umständlicheren Lösung führt. Nicht immer, aber recht häufig.
Die Leitern sind hierbei vermutlich das wichtigste Element – es gibt kein Level ohne sie, da die Figuren ohne eine Sprungtaste sich nicht vertikal bewegen können.
Zerstreut in viele kleine Segmente fügen sie sich automatisch zusammen, sollten sich die Segmente auf Kollisionskurs mit einem Feld über ihnen befinden. Danach ist die Leiter länger – ein Organ – , die Segmente lassen sich mehr auseinander ziehen, so wird natürlich die längere Leiter nach dem Wegtreten leichter von Blöcken in der Luft blockiert.
Doch das ist kein Problem, da sich diese Blöcke nicht höher befinden als die eigene Leiter. Lassen sie sich von selbiger wegtreten und damit den Weg fortsetzen. Das Schöne hierbei ist: Selbst wenn sich eine Leiter am Rand befindet, kann man diese vom Rand wegtreten. Es ist also unmöglich, Leitern in einem Softlockzustand zu versetzen. Es ist höchstens möglich, sie außer Reichweite zu treten, wo man später nicht mehr rankommt, aber auch das wird manchmal durch Türen mitigiert, die einen gerne auf die andere Seite eines Levels befördern
Hier mal ein kleines Beispiel:
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Jetzt könnte man sich fragen: „Naja, aber was ist mit den Blöcken?“ Schließlich sind sie das Fundament, auf dem man sich bewegt. Man muss nur eine Lücke in den Boden schießen und kann das Level möglicherweise nicht mehr beenden.
Da kommt dann der besondere Kniff von Cyraid zum Vorschein, bei dem ich manchmal nicht weiß, ob ich ihn lieben oder hassen soll.
Circa alle 30 Sekunden kommt ein riesiger Metallkopf mit Füßen durch eine sich plötzlich öffnende Pforte geschritten. Dieser rennt einmal komplett in eine Richtung, bis er auf ein Hindernis stößt, und dreht wieder um. Während dieser Zeit respawnen allmählich Blöcke, die man beseitigt hat.
Das ist für sich genommen wirklich ein Segen. Egal, was man macht, früher oder später wird der Block erneut generiert. Das Level ist durch Leitern in seiner Vertikalität vollständig erklimmbär, während die Strukturen vollständig regenerierbar sind.
Leider tritt der Effekt nur allzu plötzlich ein: In dem Moment, in dem sich die Tür öffnet, regeneriert sich bereits der erste Block und die Priorität scheint dabei willkürlich zu sein. So kann es sein, dass ein Block, den man gerade eben noch entfernt hat und an dessen Stelle man getreten ist, sofort erneut respawnt, gerade da, wo die Musik einsetzt und der Metallkopf nun erscheint. Und dann ist man ohne Umschweife sofort erledigt. Das ist mir bereits so häufig passiert, dass ich irgendwann gar nicht mehr Blöcke vernichtet habe, wenn es dazu führt, dass man dessen Spawnplatz passiert. Das bedeutet dann leider auch, dass man alle 30 Sekunden eine variable Downtime hat. (meist so zwischen 8 und 12 Sekunden) In der Zeit sind Gegner locker wieder respawned – jaaa, die Gegner kommen auch jederzeit wieder und deren Respawn-Zeit beträgt gerade mal um die 20 Sekunden. Bei größeren Vorbereitungen führt das dazu, dass man sich im Hamsterrad befindet. Dann schießt man Leitern hin und zurück, nur um gerade ein Mordwerkzeug in greifbarer Nähe zu haben, während man vielleicht darauf wartet, dass nun bestimmte Blöcke endlich wieder erscheinen.
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Früher oder später gewöhnt man sich an den Rhythmus und es ist nicht so, dass man nicht durchaus manchmal Wagnisse eingeht, aber umso ärgerlicher ist es, wenn das RNG einen dann umbringt.
Daher mein Tipp: ruhig gegen Ende einer Stage etwas vorsichtiger werden, denn Fehlschläge lassen sich durchaus leisten.
Im Spiel ist es so, dass in jedem normalen Block zufällig ein Pick-up spawnen kann. (zumindest noch am Anfang des Levels. Mir ist aufgefallen, dass irgendwann keine Pick-Ups mehr spawnen. Wovon das abhängt, bin ich mir jedoch nicht sicher.)
Darunter gerne mal Leben. Leben erscheinen häufig genug, mindestens 1x pro Level, was bedeutet, dass man bei einer Streak, ohne den Löffel abzugeben, schnell Leben im zweistelligen Bereich anhäuft. Zusätzlich helfen Bonuslevel, die von Zeit zu Zeit erscheinen, diesem Prozedere.
Verliert man sämtliche Leben, muss man das Spiel von neuem starten. Glücklicherweise gibt es am Ende jeder Welt ein Passwort, wodurch die Frustration abgefangen wird. Man sollte jedoch bedenken, dass man dann wieder mit dem Minimum startet. Für mich war es einfacher, das komplette Spiel neuzustarten und mit den bis dahin ergatterten Leben zu der Unglücksstelle zurückzukehren, die mir ein Game Over beschert hat. Und gerade diese Stellen sind dann aber auch die Krux, warum ich das Spiel manchmal verfluchen könnte, dazu gleich mehr.
Zu den weiteren Pickups zählen typische positive wie auch negative Effekte. Vorrübergehende Unbesiegbarkeit, schnelleres Rennen (zu schnell, wenn man mich fragt), Lahmarschigkeit und … ein ganz besonderes Upgrade in Form eines schwarzen Kreuzes, was unsere Charaktersstufe erhöht.
Das ist eine Sache, die habe ich zu Beginn im Spiel noch nicht kapiert. Plötzlich konnte mein Charakter Dinge, die ich zuvor nicht bemerkt hatte. Es gibt statische Blöcke, doch in einem Level konnte ich sie plötzlich wie alle anderen Blöcke wegschießen und ehe ich mich versah, ist mein Charakter … gesprungen!?
Ich könnte schwören, ich habe die A-Taste zuvor ausprobiert und sie hat nichts gemacht! Aber das ist es ja: Dank der Kreuze kriegt unsere Spielfigur neue Fähigkeiten, die das Spiel mehr in Richtung Plattformer statt Puzzle schieben.
Mit jedem Kreuz wird die Charakterstufe höher und folgende Effekte und Fähigkeiten gesellen sich dazu:
Level 1: Standard
Level 2: höhere Laufgeschwindigkeit
Level 3: Unverschiebbare Blöcke werden verschiebbar
Level 4: Sprungfunktion, die einen 2x2-Radius in Blöcken als Maßstab abdeckt.
Level 5: Erhalt einer Pistole mit 3 Schüssen, die Gegner betäuben
Weitere Kreuze laden dann nur noch die Knarre wieder auf.
Wird man jedoch nur einmal getroffen und verliert ein Leben, sind sämtliche Upgrades wieder weg.
Das erinnert mich stark an Bomberman. Wenn man es schafft, einen Lauf zu haben und seine Streak aufrechtzuerhalten, werden die Level BEDEUTEND einfacher, doch verliert man auch nur 1 Leben, startet man wieder ganz bei Null, was in späteren Leveln zu einem besonders bitteren negativen Feedback-Loop führt.
Glücklicherweise ist Cyraid zum vermutlich erheblicheren Teil des Spiels auch ein Puzzle-Titel d.h. die Level wurden für eine Level-1-Charakterstufe designed, alles darüber hinaus ist einfach nur ein Bonus.
Wer über Hindernisse springen kann, wird viele der angedachten Komplikationen auch einfach so überwinden. Viele E-Blöcke am Stück zu erwischen, ist meistens kein Problem, und das Spiel fühlt sich plötzlich noch offener an, was die Herangehensweise betrifft.
Es ist in dem Sinne wie ein Pistol-Start im Original-Doom, was das Scheitern für mich nicht unbedingt frustrierend gestaltet hat. Ja, ich habe vielleicht keinen Lauf mehr und keine Ressourcenhoheit, dafür würde ich das Level nun so spielen, wie es wohl gedacht war. Deswegen nenne ich es eine Symbiose aus Geschick- und Puzzle, wer lange genug überlebt, den belohnt das Spiel mit der Möglichkeit, Hindernisse buchstäblich zu „überspringen“. Da man sich diesen Punkt aber auch verdient hat und er so schnell verschwinden kann, wie er wiedergekommen ist, hatte ich nie so meine Probleme damit. Meistens habe ich die Fähigkeiten durch einen respawnenden Block wenige Level danach wieder verloren.
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Welt 1 in Cyraoid ist relativ kompakt. Nach 6 Leveln (von denen 2 Bonuslevel waren) landet man auch schon beim ersten Boss.
Ja - es gibt Bosse. Jeder von ihnen feuert irgendwelche bestimmten Projektile auf die Stage und Ziel ist es, im Super-Mario-Bros.-Style auf einen Schalter zu treten, der die Plattform des Bosses zerstört, bzw wenn sie über ihn steht, auf ihn krachen lässt. Das funktioniert recht gut, die Level sind kompakt, die Patterns der Schüsse frühzeitig telegraphiert. Hier geht’s vor allem um Reflexe, Vorausplanung und Geduld.
Ich würde sagen, ab Welt 2 beginnt dann das „eigentliche“ Spiel. Der Boss hinterlässt uns eine Karte, die wir fortan im Pausemenü immer auf Select öffnen können. Der Schauplatz wechselt von einem Space-Bunker in einen unterirdischen Komplex.
Per se ändert sich nicht viel, wir zerstören immer noch alle E-Blöcke und betreten den Ausgang. Es kommt jedoch manchmal vor, dass wir auf der Karte 2 offene Markierungen für Ausgänge sehen. Diese Level sind entweder Abzweigungen oder beherbergen geheime Bonusräume. Diese Bonusräume lassen sich nur betreten, wenn man sehr spezifische und kryptische Bedingungen erfüllt, von denen ich viele selbst nicht herausgefunden habe.
Als Beispiel: so nach dem ersten Drittel von Welt 2 kommt die erste Abzweigung. Welches Level wir danach spielen, ist abhängig von der Zielpunktzahl. Ist die 5. Zahl im Score gerade, geht es nach links, ist die Zahl ungerade, geht es nach rechts. 2 völlig unterschiedliche Level, die man im selben Spieldurchgang nicht betreten kann. Sie führen beide wieder zum gleichen Ausgangspunkt, aber trotzdem führt es dazu, dass man das Spiel gerne ein zweites Mal einlegt oder ein drittes Mal. Schwer zu sagen, ob jemand ganz alleine auf alle Secrets kommen kann. Ich habe viel eigenartigen Shit ausprobiert, weil ich gespannt drauf war und im Internet nirgends Informationen dazu finden konnte. Hier sind Bedingungen, die ich herausgefunden habe, ohne Levelangabe, weil die eh variabel ist, je nachdem, welche Räume man betreten hat:
Welt 2 – Bonusraum: Nach Levelabschluss, bevor man zum Ausgang rennt, die Karte mit Select öffnen und wieder schließen.
Welt 2 – Bonusraum: Level abschließen, ohne auch nur ein einziges Upgrade zu besitzen oder eingesammelt zu haben, führt in einen Bonusraum mit Tonnen von Leben und Upgrades mit der Aufschrift „HELP“, aus Blöcken geformt.
Welt 3 – Bonusraum: Nach Levelabschluss, bevor man zum Ausgang rennt, 2x durch eine Tür gehen, die einen von einem Punkt der Stage zur anderen befördert.
Welt 3 – Bonusraum-Abzweigung: abhängig von der Spielfigur; WARRIOR geht nach links, FIGHTER nach rechts.
Welt 4 – Bonusraum (geheime Cutscene mit Mutter): Level abschließen, wenn der Metallkopf gerade aus der sich öffnenden Pforte schreitet. Diese bleibt dann offen.
Da ist einiges los und wenn man die Ausgänge findet, hat man dadurch in der Regel nur Vorteile, mit denen sich das Spiel leichter abschließen lässt. Die Welten werden immer länger, manchmal fragt man sich, ob das überhaupt ein Ende nimmt. Nach Welt 2 geht es dann in das Schloss, das auf dem Titelbildschirm prominent prangt. Rund 27 Level muss man in Folge bewältigen. (manche davon Bonuslevel) Doch selbst danach ist es nicht vorbei und der böse Doktor ROGUE entkommt mit einer Rakete zu einer weiteren Spacefestung, nur jetzt im Weltraum, bei der es weitere rund 15 besonders knifflige Level zu bewältigen gibt. Per se sind die meisten Level gut machbar und fair. Immerhin gibt es kein Zeitlimit, wofür ich dem Spiel unglaublich dankbar bin. Man kann sich so viel Zeit lassen, wie man will, und seine Route überlegen. In so einem Spiel mit eingeschränkter Dynamik macht ein Zeitlimit wenig Sinn und führt nur zu Trial & Error.
Aber ab der dritten Welt alle paar Level – es kommt nicht oft vor, aber es kommt vor – meinen die Entwickler, unbedingt ein Level mit schwebenden Plattformen und Stacheln einzuführen. Und plötzlich kommt all der Flow zu einem ganz plötzlichen Halt..
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Das ist so ziemlich die schlimmste Implementierung von schwebenden Plattformen, die ich jemals zu Gesicht bekommen habe. Der Charakter lässt sich zwar flüssig bewegen, die Kollisionsabfrage funktioniert dennoch in Blöcken. Heißt, selbst wenn es so aussieht, als würde man auf der Plattform landen, fällt man durch diese durch, weil sie zum Zeitpunkt des Eintreffens der Spielfigur schon rein logisch für das Spiel beim nächsten Block war. Heißt, eigentlich muss man fallen, wenn die Plattform sich noch gar nicht vor einem befindet.
Das ist bei einer niedrigen Höhe noch kein großes Problem, doch irgendwann lässt einen das Spiel bis zu 10 Blöcke fallen und dann mal viel Spaß beim Einschätzen.
Und da hört die Unverschämtheit noch nicht auf. Sobald man landet, muss sich die Spielfigur bewegen, sonst befindet sie sich in einem "neutralen Zustand", wo sie in der Luft schwebt und die Plattform von ihr wegdüst. (fragt mich nicht was das soll) Dann muss sich ganz schnell zusammen mit der Plattform bewegen, nicht zu früh und auch nicht zu spät. Selbiger neutraler Zustand tritt auch ein, wenn man einen Block wegbefördert, während man sich auf der Plattform befindet. Alles Dinge, für die man unzählige Male sterben wird, bevor man überhaupt herausfindet, wie sie sich verhalten. Das ist, um es nett auszudrücken, alles andere als intuitiv und führt zu extremen Difficulty-Spikes, und das nicht nur, weil die Level mit Stacheln zugepflastert sind. Ich habe gut und gerne 20 Leben nur an solchen Stellen gelassen, während der Rest wieder gewohnt gut machbar war, einfach weil er sich nicht wie Arsch steuert. Wenn das noch mit fliegenden Gegnern kombiniert wird, dann Gnade euch Gott. Alleine diese Passagen mit der stümpferhaften Implementierung der Plattformen haben das Spiel für mich eine halbe Wertung runtergezogen, leider. Solche Elemente passen einfach nicht zu der entworfenen Engine und da helfen auch keine Sprungupgrades.
Huso Level:
Daher habe ich auch irgendwann lieber das ganze Spiel neugestartet. Mit 5 Leben eine Welt zu starten, um dann irgendwo mitten in der Welt kurzerhand alle zu verlieren, ohne zu wissen, warum man überhaupt stirbt, ist zermürbend, wenn eine davon so lange dauert wie manches Game Boy Spiel.
Sicherlich habe ich dabei noch einige Sachen gelernt. z. B. lassen sich freigesetzte Glocken aus E-Blöcken zerstören. Zerstörte Glocken gelten so wie eingesammelte. An einer Stelle im Spiel muss man eine Leiter auf eine Glocke feuern, die auf Stacheln liegt. Ich habe da ewig gebraucht, bis ich draufgekommen bin, und jetzt könnt ihr sicherlich herauslesen, warum dieser Bericht so lange auf sich hat warten lassen.
Wenn man dann alle Herausforderungen gemeistert hat, gibt uns ROGUE eine Waffe. Was ich zunächst für eine Falle gehalten habe, ist tatsächlich eine Befreiungsgeste. Der Endboss ist gegen einen bewaffneten Supercomputer und es ist die einzige Stelle im Spiel, wo wir unendlich oft schießen können und damit einen Boss erledigen müssen. Dieser ist wie die anderen Bosse erstaunlich einfach. Warum uns ROGUE nun geholfen hat, ist unklar, ob er vom Computer eigentlich kontrolliert wurde, tja, ich kann nicht in die Köpfe der Entwickler schauen.
Wir fliehen mit unserer Mutter aus der Space-Festung. (Wie erfrischend, dass es mal nicht eine Love-Interest ist.) Und die Credits beginnen. Wow! Das hat sich unterm Strich wie ein rundes kleines Abenteuer angefühlt. Dank der kleinen Narrative hatte es nicht diesen „Rätselbuch“-Charakter, wie wir ihn schon aus anderen puzzeligen Spielen kennen.
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(Noch ein Huso Level)
Eine letzte Überraschung hat das Spiel aber dann noch parat. Zum Schluss flimmert „THE END“ über den Bildschirm und so lässt sich nur noch der Game Boy ausschalten. Passwörter haben aber immer 6 Buchstaben gehabt und kamen am Ende einer Welt. Was ist also, wenn …
… und tatsächlich, es funktioniert. Wow, war ich da stolz drauf, das herausgefunden zu haben.
Wenn man „THEEND“ im Passwortbildschirm eingibt, startet man einen zweiten Durchgang des Spiels. Dieser ist identisch mit dem ersten, mit einem Unterschied. Man startet und bleibt auf Charakterstufe 2 für den Rest des Spiels, schwarze Kreuze haben keine Effekte mehr.
Das ist etwas unterwältigend, aber zwingt den Spieler damit auch, mit den Leveln zu interagieren, so wie sie designed waren. Da ich jedoch ziemlich oft in Leveln vereinzelt gestorben bin, habe ich das sowieso schon meistens. Nun starte ich aber direkt mit etwas mehr Geschwindigkeit dafür – danke... schön?
Naja, es gab ein paar Stellen, die sind etwas ätzend ohne Sprungfunktion. Jedenfalls konnte ich herausfinden, dass dieser „Hard Mode“ kein weiteres Ending hat, und so habe ich es auch sein gelassen, ihn bis zum Ende zu spielen, wenn es bedeutet, dass ich schon wieder mit dieser schwebenden Scheiße von Plattformen interagieren muss.
Wer im unwahrscheinlichen Fall damals ein Link-Kabel besaß und in einem noch unwahrscheinlicheren Fall einen weiteren Freund mit diesem Exoten von einem Spiel, der kann auch noch einen Zweispieler-Modus starten. Hier wählt man eine Stage aus und schaut, wer mehr E-Blöcke zerstört. Nette Dreingabe, aber nicht allzu unterschiedlich vom Rest des Spiels.
Cyraid ist also für Game-Boy-Verhältnisse ein recht umfangreiches Spiel, besonders wenn man bedenkt, dass sich Kinder lange die Zähne an diesem Titel ausgebissen haben werden. Das macht es zu einem wirklich guten Preis-Leistungs-Verhältnis, von dem man lange etwas hat. Es ist auch bemerkenswert, dass jede der Welten ihr eigenes Musikthema hat und auch zwischendrin immer wieder eigene Stücke gespielt werden, die nicht so schlecht klingen. Auch die Grafik ist für so ein frühes Game-Boy-Spiel überdurchschnittlich. Das Schloss ist von den Schattierungen her gut getroffen, man merkt schöne Farbübergänge, wenn man dann andere Paletten ausprobiert. (gut, hier habe ich es für die Screenshots schwarz-weiß gelassen)
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Fazit:
Das Gameplay, das aus Improvisation und dem cleveren Nutzen der Stage-Bestandteile zum eigenen Vorteil besteht, hat seinen Reiz. Lästige Softlocks werden reduziert, zum Preis regelmäßiger Besuche von Onkel Metallkopf.
Die Level haben ne sehr gut abgepasste Länge, sind immer dann fair, wenn sie keine schwebenden Plattformen besitzen, also die meiste Zeit, und selbst für die simple Story bleibe ich gerne noch am Ball. Dieses Spiel wurde rein für den Game Boy erschaffen, es ist keine Portierung und nicht mal Teil eines bestehenden Franchises. Dieses Spiel steht für sich und repräsentiert damit den Game Boy nicht als Kompromiss-Plattform, sondern als etwas was es nirgendswo sonst gibt, was nicht selbstverständlich zum Zeitpunkt ist.
Das, gepaart mit dem ausgefallenen Spielkonzept, macht Cyraid für mich zu einem der Titel, bei denen ich unterm Strich klar eine Empfehlung ausspreche, diesen Mal für das System ausprobiert zu haben, selbst wenn man nicht der größte Puzzle-Fan ist. Bisher gab es selten so eine (halbwegs) runde- und abgeschlossen wirkende Erfahrung, die nicht nur eine Sammlung aus Leveln ist, sondern auch ein übergreifendes Abenteuer im Weltraum darstellt.
Es ist ein sonderbar exotischer Titel, der vermutlich nicht massentauglich vermarktet wurde und aus der Folge heraus nur von wenigen jemals gespielt wurde.
Das ist schade, da ich denke, dass das Spiel mit vielen der bekannteren Vertretern mithalten kann. Damit bekommt es von mir vorerst Bronze.
Wertung: A–
Schwierigkeitsgrad: 71%
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