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Thema: [P&P-Review] HeXXen 1733

  1. #1

    [P&P-Review] HeXXen 1733

    Ich spiele seit September einmal wöchentlich mit GSandSDS (Spielleiter), Ineluki, Dr. Alzheim und wusch eine Runde HeXXen 1733. Wir sind inzwischen in unserem dritten Abenteuer und entsprechend will ich mal meine Eindrücke mit euch teilen.

    Alles, was ich hier schreibe, bezieht sich auf die 1. Edition. Nach allem, was ich gelesen habe, hat sich aber in der 2. Edition nicht besonders viel geändert, was mein Review beeinflussen würde.

    Das Setting
    HeXXen 1733 spielt in einer alternativen Version des barocken Mitteleuropa. Im Jahr 1640 hat eine Gruppe Söldner in einem verlassenen Kloster im Schwarzwald ihr Nachtlager aufgeschlagen und dabei versehentlich das Tor zur Hölle geöffnet. Nun, 93 Jahre später, im namensgebenden Jahr 1733 treiben sich in Europa nicht nur Dämonen herum, sondern auch Hexen, Vampire, Werwölfe, Geister, Untote und allerlei andere Sagenkreaturen. Was wir als den Dreißigjährigen Krieg kennen, hat in der Welt von HeXXen nie offiziell geendet, allerdings ist man mehr damit beschäftigt, die Reiche der Menschen gegen die widernatürlichen Horden zu verteidigen. Sowohl der eigentlich schon als antiquiert abgeschriebene Deutschritterorden als auch der Wächterbund, eine lose Vereinigung von Hexen- und Monsterjägern stellen sich den dunklen Mächten, während die findigen Gelehrten der Faust-Gesellschaft immer neue Wege finden, Sturmgeister als Energiequelle zu nutzen.

    Insgesamt gefällt mir das Setting sehr gut. Barock ist eine Epoche, die in Pen & Paper Rollenspielen eher selten aufgegriffen wird und der Fantasyanteil, der deutlich in europäischen Sagen und Märchen verwurzelt ist, passt sehr gut dazu. Wer will, kann tief in den realhistorischen Aspekt eintauchen (ich spiele derzeit einen Adligen aus einer Seitenlinie des Hauses Württemberg, dessen Stammbaum zum Großteil aus realen Personen besteht) und wem das zu trocken ist, der genießt eine gruselige Popcorn-Monsterjagd, die sich vom Feeling her explizit an Filmen wie Sleepy Hollow und Brothers Grimm orientiert.

    Die Regeln
    Das Grundregelwerk beschreibt sich selbst mit Sätzen wie "HeXXen 1733 ist ein leicht erlernbares und auch für Rollenspiel-Einsteiger gut geeignetes, actionlastiges Rollenspiel." (Seite 9) und da kann ich leider nicht so recht zustimmen. Der Grundgedanke ist tatsächlich simpel und ähnelt bekannten Systemen: ein Poolsystem, bei dem die Poolgröße durch eine Kombination aus Attributen und Fertigkeiten bestimmt wird. Das kennen wir aus Shadowrun, WoD, Exalted, Opus Anima und so vielen anderen. Allerdings kommen hier keine Standardwürfel zum Einsatz, sondern eine Kombination aus drei verschiedenen Spezial-W6. Hexxenwürfel (3x nichts, 2x Erfolg, 1x Espritstern) bilden den Großteil des Pools, wobei Espritsterne als halbe Erfolge gelten und bei manchen Kampffähigkeiten Sondereffekte auslösen. Sowohl Boni als auch Mali werden mit Januswürfeln (3x nichts, 3x Janusköpfe) abgebildet. Dazu werden einfach alle Boni und Mali miteinander verrechnet, der Endbetrag gibt die Anzahl der Würfel an. Wenn die Boni überwiegen, werden die Janusköpfe zu den Erfolgen addiert, wenn die Mali überwiegen, werden sie abgezogen. Die dritte Art sind Segnungswürfel (1x leer, 2x Erfolg, 2x Espritstern, 1x Doppelerfolg). Und hier beginnt das Problem. Heutzutage haben viele Rollenspiele ein System, mit dem Spieler Karmapunkte (oder wie auch immer sie heißen mögen) sammeln, die sie dann für zusätzliche Würfel, Probenwiederholungen oder andere rettende Effekte ausgeben könnnen. HeXXen 1733 hat hiervon gleich einen ganzen Stapel. Segnungen können ausgegeben werden, um einer Probe einen Segnungswürfel hinzuzufügen oder zusätzliche Aktionen im Kampf zu erhalten. Ideen geben einen +3 Bonus auf Probem mit geistigem Attribut, Coups auf Proben mit körperlichem Attribut. Dazu gibt es noch andere Resourcen wie Aktionspunkte, temporäre Lebenspunkte und die klassenspezifischen Ressourcen wie Rage bei der Hexe und Konstruktionspunkte beim Konstrukteur. Die meisten dieser Ressourcen müssen auch ausgegeben werden, um bestimmte Kampffertiggeiten auszuführen. Dazu kann man dann schon mal noch so viele Statuseffekte haben, dass ein durchschnittliches Final Fantasy sich beschämt in eine Ecke verzieht. Natürlich auch jeweils in kumulativen Stufen.

    Das fühlt sich am Ende ehrlich gesagt weder leicht erlernbar noch actionlastig an. Ich spiele seit über 20 Jahren Pen & Paper Rollenspiele und ich mag auch Brettspiele, bei denen man einen ganzen Stapel an verschiedenen Ressourcen managen muss, aber was HeXXen 1733 da tut, fühlt sich einfach nur unübersichtlich und mühsam an. In quasi jeder Kampfrunde verliert irgendwer den Überblick darüber, wer wann dran ist, wie viele Aktionen man hat, welche Boni und Mali anzuwenden sind oder welche Sonderregeln für bestimmte Aktionen gelten. Da sind selbst DSA und D&D übersichtlicher.

    Das Balancing scheint mir auch noch etwas unausgewogen. Mein Ordensritter ist zwar mit seinem Schwert und seiner schweren Panzerung recht behäbig und kriegt so nur 1-2 Aktionen pro Kampfrunde, während seine Gefährten auch mal auf 4-5 kommen, aber am Ende teilt er dann doch mit am meisten Schaden aus, kann mit Abstand am meisten einstecken, kriegt Boni auf fast alles, was mit widernatürlichen Gegnern zu tun hat und regeneriert Segnungen schneller, als er sie ausgeben kann (eine pro gewürfeltem Espritstern und eine pro Kampfrunde).

    Die Abenteuer
    Hier kann ich leider noch nicht wahnsinnig viel sagen, weil ich bisher nur Spieler war und deshalb vermeide, selbst in den veröffentlichten Abenteuern zu stöbern. Entsprechend kenne ich nur das, was SDS bisher für uns ausgesucht hat. Das waren bisher zwei klassische Monster of the Week Szenarien. Wir kommen an einen relativ abgelegenen Ort, an dem es zu mehr oder weniger mysteriösen Todesfällen gekommen ist, finden heraus, dass es sich in beiden Fällen im weitesten Sinne um ||Untote handelt, die sich dafür rächen wollen, dass sie unschuldig hingerichtet wurden|| und nach 1-2 Tagen kommt es zum großen Bosskampf. Das hätte alles genau so auch in Aventurien oder den vergessenen Reichen stattfinden können. Da erhoffe ich mir für die Zukunft noch etwas mehr Abwechslung und vor allem mehr von dem, was das Setting so besonders macht. Mehr Interaktion mit anderen Jägern, mehr Seelenlicht-Technologie, mehr übergreifender Plot, mehr Barock.

    Das Fazit
    Sehr vielversprechendes und unverbrauchtes Setting, das von höfischer Intrige über Magepunk bis hin zu Horror alles bieten kann, aber in meinen Augen von einem Regelwerk, das seine selbst gesteckten Ziele weit verfehlt, deutlich zurückgehalten wird. Ich wäre durchaus interessiert, das Setting mal mit einem anderen System zu kombinieren.

    Am Ende gebe ich 2,5/5 glücklichen Smileys

  2. #2
    Danke für deinen Bericht!
    Willst du den Thread für dich oder könnte man daraus ein P&P Review Thread machen? Du hast bei mir damit angeregt auch zu 2-3 gespielten Systemen was zu sagen (zt auch Homebrew Stuff).

  3. #3
    Ich würd mich wahnsinnig über mehr Reviews freuen. Der Übersicht halber aber wahrscheinlich am besten jeweils in einem eigenen Thread. Sonst kommt alles durcheinander, wenn doch mal jemand drüber diskutieren will

  4. #4
    Cooles Format!

  5. #5
    Ich fand es auch echt toll zu lesen und freue mich von allen darauf mehr davon zu lesen! Ich persönlich würde wohl eher hier und da mal ein Review zu einem Brettspiel da lassen. Vielleicht sollte ich demnächst mal was zu Stationfall texten.

  6. #6
    Alles klar (oh jetzt muss ich liefern, dieser Post hält mich accountable^^).

    @Blue: Das würde ich auch sehr gerne lesen!

  7. #7
    Zitat Zitat von poetBLUE Beitrag anzeigen
    Vielleicht sollte ich demnächst mal was zu Stationfall texten.
    Da bin ich ja mal gespannt. Hast du das abgesehen von den drei Runden, die wir zusammen gespielt haben, nochmal angerührt?

  8. #8
    Danke für das Reviw. Ich finde das Setting sehr interessant und es würde mich reizen, wobei das glaub ich ne Warnung für Historiker braucht. (Ich hab mal gelesen das Ludwig XIV noch am Leben ist, how?)

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