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Auserwählter

Soul Blazer
Eigentlich habe ich das Spiel schon letzten Monat abgeschlossen, war jedoch nicht allzu motiviert, dazu etwas zu schreiben.
Ich hatte eine ziemlich durchmischte Spielerfahrung, die vermutlich einschneidender gewesen wäre, hätte ich sie viiiiiiel viel früher getätigt.
Wie alle Quintet-Spiele ist das hier mindestens interessant, jedoch mehr von seiner Prämisse als von seiner Ausführung.
Ich habe bisher nur Terranigma und die Actraiser-Teile gespielt, aber die typischen Themen von Wiedergeburt lassen sich auch hier wieder, eingebettet ins Gameplay, vorfinden, nur alles noch mal eine ganze Ecke simpler und auch irgendwie stumpfer.

Vom Kern her ist es ein simplistischer Dungeoncrawler mit der eigenartigen Entscheidung, dass man einen Großteil der Gegner aus Spawnpunkten erledigt, bei denen eingeschränkt ist, wie viele gleichzeitig von ihnen spawnen können. Das alleine ist bereits ein extremer Pace-Breaker, da man in aller Regel einfach nur vor dem Spawnpunkt campt und die Gegner erledigt, bevor sie auch nur irgendwas machen konnten. Das macht man dann die ganze Zeit für rund 40–50 von den Dingern pro Dungeon. Klar, gerne auch mal mehrere auf einmal oder mit kleinen Hindernissen, aber nichts Weltbewegendes.
Die eigentlichen Reize des Spiels sind eher extrinsisch, denn für viele dieser Spawnpunkte schaltet man dann nach und nach Bestandteile irgendeiner Siedlung frei, die sich je nach Welt unterscheiden. Die Neugier, eine zuvor leere Fläche immer mehr befüllt zu sehen, lässt einen bei jedem befreiten Monsternest erneut aufhorchen. Es ist motivierend, eine einsame Gegend langsam, nur durch das Töten von Monstern, zu besiedeln.
Nur leider schwindet dieser Effekt allmählich, wenn man immer wieder durch die gleichen Strukturen getrieben wird. Von Welt zu Welt macht man immer wieder dasselbe, 6x dasselbe Muster.
Häufig schaltet man nur einzelne NPCs frei, die irgendwelche, mal mehr und mal weniger interessanten Monologe bieten. Spätere Biome wie der Meerjungfrauenpalast, die Berghöhle oder das Haus von Dr. Leo finde ich an sich auch einfach nicht so interessant und befriedigend zu begehen. Da regt sich bei mir nichts, wenn nun mehr Figuren auf deren Innenflächen gesetzt werden.

Ich dachte, aufgrund seiner super stumpfen Spielstruktur könnte sich vielleicht ein schnelles Pacing und damit auch eine Art „Flow-Effekt“ einstellen, wie man es z. B. aus klassischen YS-Spielen kennt. Leider ist das nie eingetreten, zum einen eben wegen der Spawnpunkte, die einen zum Warten verdonnern, aber eben auch, weil man regelmäßig aus den Dungeonabschnitten zurückkehren muss, um dann in den Siedlungen herauszufinden, wie es weitergeht.
Ab da beginnt dann sozusagen der „Adventure-Teil“ des Spiels. Das war vermutlich auch der beste Teil des Spiels für mich, obgleich hin und wieder einige Hinweise recht kryptisch kommuniziert werden. Bei mir scheiterte es z.B. daran, eine Tulpe zu verschieben, weil ich nicht wusste, dass ich längere Zeit dagegendrücken musste, ohne die Aktionstaste zu drücken. Solche Sachen wären heutzutage durch Playtesting wohl schnell herausgefunden worden, aber sei’s drum: dafür schäme ich mich dann nicht, noch mal kurz im Internet zu prüfen, ob mich das Spiel auch wirklich nicht „gaslightet“. („Moment", *guckt auf die Challenge-Regeln* „oh shit!") Hey, es war ne Bestätigung der Ausführung! 
Eines der besseren Stellen ist z. B., wenn man die vergrabenen Reste eines Hundes finden muss, welche einem in einem Traum gezeigt werden. Darauf kann man durch Kombination durchaus kommen – oder wenn man Hinweisen nachgeht, dass irgendwer mal das Key-Item besaß, was man braucht, und dieser zu Tode gefoltert wurde. Man weiß leider nicht, in welcher Form man diesen Gegenstand erhalten soll, aber es grenzt die Suche mit einem klaren Hinweis ein, und so stolperte ich dann einfach durch einen systematischen Ansatz drauf.
Solche Curveballs schränken das Pacing ein, aber sie führen dazu, dass der Spieler überhaupt ’nen Grund hat, zurückzukehren, und nicht erst im Endstadium zu den Siedlungen zurückkehrt, was diesen „nach und nach freischalten“-Effekt unterminiert. So befaßt man sich auch mehr mit den Bewohnern dieser Welten und kann damit subtil Storytelling einarbeiten, bei dem alle Orte auf die ein oder andere Art miteinander verbunden sind.
Da zeigen sich auch die größten Qualitäten von Quintet-Spielen, meiner Auffassung nach: die mehrdeutigen Dialoge, die in der Lage sind, durch wenig Text sehr viel zu implizieren.
Die Texte fühlen sich häufig an ein weniger kindliches Publikum gerichtet an, und seien es nur Kleinigkeiten wie „Es ist erstaunlich, wie die gleiche Melodie je nach Stimmung anders klingt“. Immer wieder gibt es kleine Nebengeschichten zu entdecken, die sich nur beiläufig abspielen. Gerne wird dafür die „Traumrute“ genutzt, ein Gegenstand, bei dem man sich denken kann, was er tut.

So findet man in einer Truhe auf einem Schiffswrack nur einen einzigen Kristall, was so wirkt, als wollten die Entwickler einen trollen. Später ist es möglich, im Traum eines schlafenden Fischs die Vorgeschichte für den Grund herauszufinden, der in einer Tragödie endet. Auch hier wird wieder impliziert, dass viele der Tierwesen, Pflanzen, aber auch Gegenstände, denen man im Laufe des Spiels begegnet, früher Menschen waren. Es zeigt damit, dass das Ende nur ein neuer Anfang ist, im Zeichen von Reinkarnation. Tragische Schicksale untermauern das Ganze noch mal besser.
Die Hauptgeschichte rund um Dr. Leo und seine Tochter namens Lisa wird auch viel Aufmerksamkeit spendiert und endet Quintet-typisch bittersüß, wunderbar untermalt in den Credits mit dem Stück „A Night Without a Lover“.
Von der Seite also wurde ich mit einem deutlich reiferen Rollenspiel konfrontiert, wie die meisten zu dieser Zeit. Viele der Themen, die ich schon aus Terranigma kenne, finden sich auch hier wieder, zwar auch nicht immer logisch oder nachvollziehbar präsentiert, aber genug, dass es die Abstraktion etwas auffängt. (z. B. die Sache mit dem tyrannischen König, der plötzlich ’nen Sinneswandel erfährt, ohne Buße tun zu müssen)
Dahingegen steht das strunzlangweilige Dungeon-Gameplay mit minimalen, kaum relevanten Rollenspielsystemen. Manchmal werden einem Blockaden vorgeworfen, die man 10 Sekunden später schon wieder los ist. Ala: „Hey, du brauchst das Geisterschwert, um Geister zu bekämpfen!“ Dann geht man einen halben Bildschirm weiter und findet sogleich die Truhe mit dem Geisterschwert, wo man bis dahin vielleicht 2–3 Geistern begegnet ist, die man nicht verwunden konnte.
In der Wasserwelt findet man die Rüstung, um unter Wasser zu atmen, noch bevor man überhaupt unter Wasser gelangt.
Diverse weitere Stellen gibt es mehrmals, die designtechnisch irgendwie des Gimmicks als Selbstzweck wegen eingestreut wurden, aber keinerlei Effekt erzielen.

Mir wurde es auf jeden Fall spätestens ab Welt 3 langsam genug und ich habe mich durch den Rest durch Hören eines Podcasts ablenken lassen. Hat man die erste Welt gespielt, hat man im Grunde alles vom Gameplay gesehen, dann hackt man sich nur noch gedankenlos durch die Massen. Da es keine gravierende Strafe für das Ableben gibt (man respawnt einfach im jeweiligen Hub ohne Magiekristalle, die man eh nicht zwingend braucht, außer beim Endkampf), braucht man sich nicht um Konsequenzen für eine sloppy Spielweise groß Sorgen machen. Der Schwierigkeitsgrad war eh etwas „all over the place“. Schnell machen die Gegner kaum noch genug Schaden, dann wiederum sind sie ab und zu plötzlich sehr gefährlich (besonders in der Toybox in Leos Labor), bevor sie dann wieder kaum noch Schaden anrichten. Aber selbst wenn man die ganze Zeit nur sterben würde, blieben Spawnpunkte geschlossen. Also kann man eigentlich nur Fortschritt machen. Das alles führt zu einer Dungeon-Crawl-Erfahrung, die keinerlei Schrecken bereitzuhalten hat. Bis auf den ein oder anderen Boss, dessen Angriffe nur schwer auszuweichen sind.
Aber das lässt es irgendwie noch unbefriedigender erscheinen, wenn man einen Großteil von ihnen auch sehr gut tanken kann. Es sind die üblichen Probleme eines schlecht durchdachten Werte-Scalings eines Action-Rollenspiels. Wer aber bewusst einen niedrigen Standard setzt, der kann vielleicht trotzdem einen primitiven Reiz daraus ziehen, ich kann es zwar nicht nachvollziehen, aber auch solche Leute wird es sicherlich geben.
Ich habe am Ende nicht alles geholt, manche Geheimnisse habe ich schlichtweg nicht gefunden, sind aber auch nicht wichtig in dem Spiel. Für 8 versteckte Medaillen kann man unendlich zaubern, Kristalle zu bekommen, ist aber ohnehin kein Problem in dem Spiel. Von den Zaubern habe ich meistens immer nur den zweiten benutzt. (der kreuzförmige), bis ich irgendwann die Flammen bekommen habe. Bei den Bossen sind sie jedoch komplett nutzlos und wirklich gezwungenermaßen muss man sie nur an einer Stelle im Spiel benutzen (Toybox).
Beim Schwertkampf mochte ich den „Crab-Walk“, wie das Spiel ihn nennt, zumindest eine Sache, die man neben Draufhauen noch machen konnte. Ist jetzt auch selten optimal, aber den Gegner beim Abstand gewinnen Damage over Time zuzufügen, macht zumindest ein bisschen Spaß.

Fazit: Spannende Ansätze in dem gewohnt mystisch, neugierig machenden Setting, wie man es aus Quintet-Spielen kennt. Auf dem Papier einzigartige Mischung aus Adventure und Dungeon-Crawler, in der Ausführung jedoch extrem simplistisch und wenig durchdacht.
Ich glaube, der beste Faktor des Spiels war für mich persönlich die Musik und die ein oder anderen Vibes, dank der versteckten Tiefe hinter der Narrative und dem World-Building.
Wertung: D+
Geändert von Klunky (Gestern um 17:40 Uhr)
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