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  1. #12


    Soul Hackers 2

    Wir leben in unbeständigen Zeiten, das gilt vor allem für den Zustand von Videospielen. Das meiste, was man auch heutzutage zu einem Spiel noch ganz vorne lesen wird, stammt aus einem Zeitpunkt, kurz nachdem es veröffentlicht wurde, anschließend flacht das Interesse rapide ab.
    Soul Hackers 2 ist so ein Spiel, bei dem zu Beginn unliebsame Entscheidungen getroffen wurden, dessen „Verbesserungen" jedoch reichlich zu spät kamen, um irgendwas an der öffentlich-allgemeinen Reputation noch zu ändern – die Leute sind bereits weitergezogen und haben Soul Hackers 2 abgeschrieben.
    Änderungen, von denen ich jetzt massiv profitiere, aber auch einen Aspekt unterschlagen, der sonst deutlicher zur Geltung gekommen wäre. Es ist ein zweischneidiges Schwert, das auch mich stets fraglich zurücklässt, in welcher Form und wie weit Änderungen nach Release in das Spiel eingreifen sollen.
    Dazu jedoch später mehr, ich möchte hiermit nur eine kurze Entwarnung geben: Soul Hackers 2 ist nicht mehr das lahmarschige RPG, in dem alles ewig dauert – im Gegenteil, es ist jetzt mit eines der schnellsten RPGs durch die Turbo-Taste, und auch ich kann nicht leugnen, dass es erheblich dem allgemeinen Spielfluss zu Gute kommt. Einen Spielfluss, der so süchtig machend ist, wie man es seit jeher aus der SMT-Reihe kennt, doch von dem, was ich unter seinesgleichen alles spielen konnte, ist Soul Hackers 2 noch mal besonders bemerkenswert.



    Die Spirale aus Dämonen fusionieren, Looten & Leveln, Charaktere verstärken, stärkere Dämonen fusionieren, weiß seit jeher zu begeistern, ständig ändert sich die eigene Konstellation der Party, es gibt immer Fortschritt, nie Stillstand, alle Nase lang schaltet man neue Dinge frei, während die Kämpfe anspruchsvoll bleiben.
    Ein SMT 5 beispielsweise hat sich alleine darauf fokussiert und das komplette Pacing der Handlung nach hinten gestellt, um in semi-offenen Arealen einen Sandkasten für die serientypischen RPG-Elemente zu bieten, denn es wusste um den Appeal seiner bewiesenen Formel, bei der immer nur Details ausgetauscht werden, aber der Kern erhalten bleibt. SMT bleibt für mich Rollenspiel-Crack, doch Soul Hackers 2 ist das Crystal Meth unter den SMT-Spielen!
    Noch nie hat die Spirale für mich so gut funktioniert wie hier, und das liegt vor allem daran , dass die Progressionselemente sich einander so gut unterstützen und wie Zahnräder ineinandergreifen.

    Eine Übersicht des Ganzen zu vermitteln ist ehrlich gesagt gar nicht so leicht. Zunächst einmal muss ich als Kontext mitgeben, dass ich nicht genau wusste, woran ich im Spiel bin, daher eine generelle Erklärung:

    • Die erste Frage, die ich mir gestellt habe: „4 Partymitglieder?“ „Also gibt es keine Dämonen?“ Doch die gibt es. Gekämpft wird ähnlich wie in Persona mit seinen menschlichen Mitstreitern, Dämonen können und sollten an die Gruppe gekoppelt werden. Diese verleihen der Party dann ihre Fähigkeiten und bessere Stats, da sich die Werte addieren.
    • Die Partymitglieder haben (erst mal) keine eigenen Fähigkeiten, sie fühlen sich nahezu identisch an, jeder hat ’nen anderen Fokus bei den Stats. Ringo, die Hauptfigur, ist physisch sehr stark, Arrow ist mehr der Tank, Milady besonders in Zaubern und Saizo hat die höchste Beweglichkeit.
    • Außerdem hat jeder seine eigene Waffe, die sogenannten „Comps". Am Anfang spielt das nicht so wirklich eine Rolle, außer dass die physische Schadensart des normalen Angriffs davon abhängig ist. Ringo und Milady, die beiden Frauen, machen Nahkampfschaden, während Arrow und Saizo mit Pistolen schießen.
    • Auch ist eine gewisse Affinität zu den Elementen an den Comp geknüpft, die von „D" bis „S" reicht. Sie alle starten erst mal auf D oder C oder haben gar keinen Rang und lassen sich später aufwerten. Die Affinität hat inhärent keinen Einfluss auf die Fähigkeiten, entscheidet jedoch darüber, welche sogenannten „Arkkristalle" sich ausrüsten lassen. Ringo hat eine Blitz-Affinität, Arrow Eis, Milady Feuer und Saizo Wind.
    • Arkkristalle wiederum lassen sich je nach Element und Skillart finden. Diese verstärken entweder bestehende Elemente oder sorgen dafür, dass die MP sinken, können aber im seltenen Falle auch noch viele weitere Eigenschaften beinhalten.
      Je wertiger ein Arkkristall, desto höher die Affinität, die man benötigt.
    • Von Elementen gibt es die beiden physischen Schadensarten für Nah- und Fernkampf, wie das übliche Quartett aus Feuer, Eis, Blitz und Wind. Licht und Dunkel wurden weggelassen, an deren Stelle gibt es jetzt ein neues Element namens „Verderben“. Über dieses werden sämtliche Statusveränderungen geregelt. Wenn ein Gegner also gegen „Verderben" immun ist, ist er auch allgemein gegen Statusveränderungen immun. Das ist an sich interessant, weil man damit auch bei fehlgeschlagenen Statusveränderungen nun in jedem Fall Schaden zufügt. Das macht gerade das Verderben-Element zu Beginn sehr gefährlich, flacht aber mit der Zeit ab, da dieses das einzige Element ist, bei dem man keine stärkeren Skills mehr erhält. Pro Statusveränderung gibt es nur einen Angriffsskill und das Ganze noch mal als AoE.




    Ich dachte eigentlich zunächst, dass Soul Hackers 2 mehr einen Fokus auf Story legt und es daher die SMT-Elemente eher seicht verbaut wie in „Persona", wenn nicht noch mehr. Doch im Prinzip hat man hier eine Kreuzung. Man hat sowohl das Dämonen-Fusions-Element als auch die Party-Komponente.
    Gut, auch Persona hat „Dämonen", aber sind sie nicht an nur eine Figur gebunden, auch ist die Auswahl an Dämonen, die man mit sich führen kann, auf bis zu 18 später deutlich größer.
    Das zeigt aber eben auch den wesentlichen Unterschied zu SMT: Wenn ein Dämon stirbt, ist der erst mal weg, man hat somit dort eine endliche Ressource, die erschöpft, wenn man selbst keine mehr beschwören kann.
    Doch dadurch, dass man in Soul Hackers 2 Dämonen koppelt, lassen diese sich beliebig austauschen. So könnte man auch 2 Dämonen hintereinander nutzen lassen, wenn der eine Charakter den Dämon des anderen in der nächsten Runde übernimmt.
    Natürlich gibt es hierbei Einschränkungen – oder soll ich es eher „begrenzte Freiheiten" nennen?
    Denn bis man Dämonen tauschen kann, vergeht ein bisschen Spielzeit, doch der Zeitpunkt, wenn die „Commander Skills" freigeschaltet werden, ändert sich alles. Die kann man sich vielleicht wie Navigator-Skills in Persona vorstellen. Man kann pro Zug einen Commander-Skill einsetzen, die Liste erweitert sich im Laufe des Spiels. Der erste davon ist, einen Dämon austauschen zu können. Jeder Commander-Skill hat einen Cooldown an Zügen, für das Dämonenaustauschen ist es nur ein Zug.
    Ein wenig später lernt man dann, die Dämonen der ganzen Gruppe auf einen Schlag austauschen zu können. Dadurch sind auch „Demon Swaps" möglich.

    Sprich: Ringo setzt ’nen Dämon ein → danach ist Saizo dran → Ringo und Saizos Dämon tauschen ihre Besitzer → Saizo kann denselben Skill noch mal einsetzen. Der Skill hat dann jedoch einen Cooldown von 4 Runden.

    Das Besondere an Commander-Skills ist vor allem darin begründet, wie tief sie eigentlich mit den Kerngameplay-Systemen verbunden sind und wieso sie eine so bedeutende taktische Ressource sind, die dem Spiel mehr Tiefgang geben, mehr als es das Magatsuhi-System in SMT 5 je könnte, weil man dafür jedes Mal auf einen steigenden Balken warten muss, um einmal einen besonderen Angriff zu machen. Commander-Skills sind flexibel und je mehr man davon bekommt, desto mehr überlegt man sich die Reihenfolge, wann und wie man sie einsetzt.
    Ein weiterer Commander-Skill ist es, die Kombinationsanzahl für den Dämonentanz pro Angriff um +1 zu erhöhen.

    Der Dämonentanz (oder auch im Englischen „Demon Sabbath" genannt) ersetzt das heißgeliebte Press-Turn-Kampfsystem. Es gibt keine weiteren Züge mehr für das Treffen von Schwächen, noch verliert man Züge, wenn man Resistenzen trifft. Das gilt genauso für die Gegner. Ich verstehe den Reiz des Systems, aber seit jeher hat es die Kämpfe in SMT extrem volatil gestaltet. Wenn man also gut fährt oder Glück hat, hat man einen MASSIVEN Vorteil, wenn man Pech hat oder sich blöd anstellt, ist man MASSIVST gearscht. Soul Hackers 2 ist da ein wenig gediegener. Wann immer man eine Schwäche trifft, steigt ein Zähler um eine Zahl. Wenn der Zähler vorhanden ist und die Runde endet, wird ein weiterer finaler AoE-Angriff ausgelöst, eben jener „Dämonentanz“: je höher die Zahl, desto stärker der Angriff.
    Zu Beginn war ich massivst unterwältigt von dem System à la: „That's it!?“. „Ne schnöde All-Out-Attack am Ende und das wars??" Denn zählt man zusammen, 4 Charaktere können maximal 4 Schwächen treffen. Also macht man mal Schaden und mal ein bisschen mehr. Für die ersten Spielstunden ist das auch alles, doch wie beim Commander-Skill schon genannt, kann man mit diesem die Zahl erhöhen und damit sogar verdoppeln. Das alleine wäre trotzdem immer noch einseitig, und so schaltet man im Laufe des Spiels immer mehr Features frei, die das System langsam erweitern.

    Plötzlich können auch Statusveränderungen den Zähler erhöhen, kritische Treffer, die Affinitäten der Partymitglieder werden in Betracht gezogen. Wenn Milady einen Feuerangriff auslöst, verdoppelt sich der Zähler auf +2, mit dem Commander-Skill wäre das +3 in einem Angriff. Dann gibt es Arkkristalle, die bestimmte Statusveränderungen pro Element hervorrufen können, das wäre dann schon +4! Wenn man jetzt auch noch einen seltenen Arkkristall ausrüstet, bei dem man kritische Treffer mit dem Zauber eines bestimmten Elements auslösen kann (ohne Scheiß, mir ist der Kopf explodiert, als ich nach über 50 Spielstunden so was bekommen habe), sind es sogar +5!! Pro Partymitglied.
    Es gibt einen weiteren Commander-Skill, da lässt sich der Angriff modifizieren, sodass statt ’nen AoE auszulösen dieser Angriff sich nur auf einen Gegner konzentriert.
    Auch gibt es „Tandem-Skills", die zufällig bei einem Dämonentanz ausgelöst werden können, doch die Wahrscheinlichkeit ist bei einem hohen Kombozähler höher. So kann ein Jack Frost die Gruppe obendrein noch heilen oder eine Isis bufft Speed und Angriff der Truppe, MP kann absorbiert werden, ein Marakarn-Zauber angewandt (physischer Reflektor auf die Gruppe) und so weiter.
    Der Reiz ist also erkennbar: Durch immer mehr Möglichkeiten, die Kombo zu erhöhen, denkt man darüber nach, wie man spielt. So ist es quasi als ein „Ziel im Ziel" zu betrachten. Natürlich möchte man den Kampf gewinnen, aber obendrein ist man beschäftigt, eine fette Kombo aufzubauen, besonders in den entscheidenden Bosskämpfen, wo es gerade passt. So denkt man nicht nur darüber nach, Schwächen zu treffen, sondern auch darüber, mit welchem Charakter und mit welchem Dämon man die Schwäche trifft.
    Das Dämonentanz-Feature und die Commander-Skills sind so essentiell in das Spiel eingearbeitet, dass sie grundlegend den Ansatz des Encounter-Designs in Bosskämpfen ändert, denn die meisten Bosse sind Beschwörer, selbst die Dämonenbosse. AoE und Crowdcontrol spielen eine weitaus größere Rolle, wenn potenziell der letzte Angriff immer ein weiterer AoE ist, der alle Gegner trifft.
    So beginnt man, Schaden auszutarieren, Schwächen aufzuteilen auf die verschiedenen gegnerischen Akteure im Kampf, weil sich nur durch Vielfalt eine größere Kombo ergibt, aber der Dämonentanz bei einem Gegner alleine nicht so wirksam ist.

    Mal als Beispiel:

    Es gibt einen Boss, der greift die Gruppe niemals persönlich an, das ist so 'n’ gechillter Dude, der die ganze Zeit Taschenbillard spielt, all seine Skills sind Buffs. Er beschwört alle 2 Runden einen neuen Dämon, und so kann man gut und gerne 5–6 Gegner auf einmal gegenüberstehen haben, wenn man sie nicht schnell genug erledigt. Wenn man den Boss attackiert, kontern automatisch alle gegnerischen Dämonen den Charakter, der den Boss angegriffen hat. Sprich, man muss Dämonen so gut es geht nutzen, direkte Haudrauf-Strategien verlaufen schnell im Sande. Man attackiert eigentlich die ganze Zeit nur Adds, aber profitiert dennoch passiv davon. Und das Phänomen hat man häufig: Ständig werden auch noch gegen Ende des Kampfes komplett neue individuelle Gegner beschworen.



    Das ist jetzt nur ein Beispiel, aber grundlegend ist das mitunter die größte Stärke von Soul Hackers 2, neben einer motivierenden Charakterprogression. Das Encounterdesign ist unglaublich stark. Man kann sehr leicht das Spiel dafür verschmähen, dass man durch gleich aussehende blaue Labyrinthe läuft, aber für die eigentlichen Stärken muss man hinter den Schleier schauen.
    Doch ich kann verstehen, wenn diese vielen Spielern nicht auffallen.

    Denn ich denke, für die meisten Spieler wird die Spielerfahrung auch mit den Updates ein bisschen anders ausgesehen haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich das Spiel auf dem normalen, gewöhnlichen Schwierigkeitsgrad untertuned anfühlt.
    Selbst gewählt habe ich den Schwierigkeitsgrad „Very Hard", den man zunächst als kostenlosen DLC herunterladen muss. Ein entscheidender Faktor ist: Unter diesem Schwierigkeitsgrad lassen sich keine Items nutzen.
    Jetzt sind aber Items ein Bestandteil des Spiels. Mir wäre es zunächst weitaus lieber gewesen, diese sinnvoll zu limitieren, statt sie von vornherein wegzulassen. So fühlt es sich an, als hätte ich „weniger" vom Spiel.
    Zu Beginn des Spiels ist man so beschnitten von seinen Möglichkeiten, dass ich mir nicht sicher war, ob ich das Spiel so fortsetzen werde. Wenn ein Charakter ohnmächtig ist, kann man den Kampf gleich neustarten. Es fühlte sich extrem zufallsabhängig an. Doch mit der Zeit, wenn man immer mehr Dämonen fusionieren kann und die endlich auch Skills wie „Recarm" und „Me Patra" lernen, gings langsam bergauf.
    Dann konnte ich mir irgendwann das Spiel nicht mehr mit Items vorstellen, so viele Vorteile diese einem verschaffen können.
    Die Itemlimitierung zwingt mich, mein Dämonenteam divers zu halten. Skills, die ich sonst nie rein tun würde, bekommen plötzlich viel mehr Aufmerksamkeit. Ich habe noch nie ein SMT-Spiel so gespielt, aber am Ende hatte ich das Gefühl, dass das Nutzen von Items schon irgendwie „Cheating" wäre.
    Ein SMT 5 hätte so eine Limitierung für den härtesten Schwierigkeitsgrad durchaus vertragen können, wenn man bedenkt, wie overpowered die Element-Schilde dort sind. Jedenfalls wird dieser Aspekt schon großen Einfluss auf die Spielerfahrung nehmen und interessanterweise hat sich das Spiel nicht übertuned angefühlt, sondern einfach … genau richtig. Ich hatte fast das Gefühl, dass das Spiel perfekt für den Schwierigkeitsgrad geeignet ist. Absolut nicht lasch, aber es fühlte sich abgesehen vom Anfang nicht künstlich schwer an. Noch hatte ich das Gefühl, dass das Spiel immer leichter wird.

    Eine Sache, die SMT generell so hervorragend macht, ist, dass es mit der richtigen Vorbereitung möglich ist, diversen Schaden gänzlich zu vermeiden. Je weiter man im Spiel ist, desto zahlreicher werden die Möglichkeiten, gleichzeitig lässt man sich aber immer mehr Tricks einfallen, wie einem bloße Resistenzen alleine nicht durchs Spiel tragen werden. Entweder brechen Feinde Resistenzen, sie haben „Pierce“-Eigenschaften, sie nutzen Allmachtsschaden oder sie haben generell einfach ein hohes Repertoire an möglichen Elementen. Dadurch hält sich vermeidbarer wie nicht vermeidbarer Schaden immer ein bisschen die Waage, weswegen man auch nicht alles in die Defensive pumpen kann, wenn ein Dämon alles Mögliche blockt (und da gibt es einige Glanzkandidaten wie Titania, welche die 4 Hauptelemente reflektiert und Verderbnis blockiert – hat man irgendwann keine anderweitigen Skills mehr, was sie offensiv bzw. von ihrer Utility her sehr einseitig macht). (Man bedenke, man kann nur einmal pro Zug wechseln.)
    Und das hat das Spiel wirklich gut gemacht: Immer wenn man meinte „So, jetzt ist das Spiel gebrochen“, kamen neue Curveballs und die anfänglichen Vorteile haben sich immer mehr relativiert. Genau so muss das laufen, Charakterprogression darf keine Einbahnstraße sein, die Herausforderungen müssen mitwachsen und das tun sie.
    Besonders an einem semi-optionalen Ort namens „Die Matrix". Ich sag „semi-optional“, weil man zum einen in der Story mindestens 2× dorthin geschickt wird, aber auch, weil dieser so große Vorteile für den Spieler bringt, dass er fast essentiell ist.

    Auch hier müsste ich mal wieder länger ausholen:

    Also grob ist das Spiel in mehrere Story-Arcs eingeteilt.

    Man spielt Ringo, eine künstliche Intelligenz des Supercomputers „AION“, welche die Menschheit beobachtet und von ihr lernt. Ringo bekommt eine Aufgabe zugetragen: das Ende der Welt verhindern. Dafür bekommen sie und eine weitere Intelligenz namens „Figure" eine künstliche Form, mit der sie die Menschen infiltrieren und Informationen sammeln, wie das Ende der Menschheit eingeläutet werden soll.
    Schnell findet man Informationen über „sogenannte" Pakte, quasi MacGuffins. Wer alle 5 Pakte zusammen hat, kann das „ewige Wesen" beschwören und damit Ragnarök einleiten, mit dem die Welt vernichtet und neu aufgebaut werden kann. Das übliche SMT-Geschwätz eben.
    Die Story ist dabei jedoch sehr stringent. Schon im Intro wird der Antagonist eingeführt, in 2 weiteren Story-Arcs versucht man, die Pakte vor dem Bösewicht zu bekommen, und im 3. kämpft man bereits gegen den Bösewicht. Dann kommen noch ein paar Wendungen, aber im Prinzip ist man in dem Spiel immer sehr nah am nächsten Ziel.



    Warum es dennoch ein größeres Spiel ist, liegt in der Seelenmatrix begründet.
    Die Partymitglieder des Spiels sind gestorbene Personen, die Ringo dank ihrer schier unbegrenzten Intelligenz mit einem „Seelenhack" wiederbeleben kann (daher der Name Soul Hacker – aha, ich habe den ersten Teil nie gespielt).
    Damit erhält sie Zugang über Aion in ihr Innerstes.
    Jetzt ist es dadurch möglich, die Bindung zu jedem Partymitglied zu vertiefen.
    Das sind dann praktisch abstrahierte 08/15-Dungeons, die nicht prozedural generiert sind, man aber im ersten Augenblick glauben könnte. Ein großer Teil der Kritik des Spiels fußt auf jener Seelenmatrix und … ich kann es ein wenig verstehen. Das Spiel steckt dem Spieler ungeniert in die Skinner-Box. Ein Gewurschtel aus flachen, schwebenden Plattformen und (später) Teleportern.
    Mit jedem neuen Storyarc schaltet man immer eine neue Etage der Seelenmatrix pro Gruppenmitglied frei. Für alle 3 Gruppenmitglieder sind das insgesamt 15 Etagen.
    Doch um sich in den Etagen fortzubewegen, muss man Barrieren lösen, die öffnen sich erst ab einer bestimmten Vertiefung der Beziehung, ausgedrückt durch eine Zahl von 1 bis 200. Diese Zahl steigert man innerhalb wichtiger Storysequenzen durch Entscheidungen, was man als Nächstes sagt. Man muss sich also entscheiden, bei wem man die Bindung steigert. Es gibt auch noch freischaltbare Gruppengespräche in der Bar. Da kriegt man auch hier und da ein paar Punkte, sowie durch Items, aber das wäre jetzt zu kleinkariert, das alles aufzudröseln.

    Die Seelenmatrix ist jedenfalls deswegen so wichtig, weil man pro gelöster Barriere neue „Passivskills" für die Gruppe freischaltet. Dazu zählen dann auch Arten, wie sich der Kombo-Zähler schneller erhöht, aber auch Procs wie z. B., dass Milady einen Dämon kurz vorm Abkratzen einfach automatisch erledigt oder Arrow manchmal tödlichen Schaden einsteckt. Da gibt es auf jeden Fall ’ne ganze Menge, da spätere Etagen immer mehr Barrieren bieten. GLEICHZEITIG erhält man auch für Ringo Passivskills oder erhöht Kapazitäten, wie die Anzahl der Skills, die Dämonen lernen können, je nachdem, wie hoch die Beziehung aller 3 Gruppenmitglieder kumuliert ist. Diese Upgrades sind sehr wichtig, besonders die Procs, die Ringo so erhalten kann, sind ziemlich stark. Dadurch ist man quasi genötigt, die Seelenmatrix zu machen.

    Doch auch wenn man es nicht macht, die Level der gegnerischen Dämonen innerhalb eines Dungeons steigen schnell. Man kann dann im Dungeon einfach grinden, aber besser wäre es natürlich, das Notwendige mit dem Praktischen zu kombinieren, und so ist die Seelenmatrix auch ein Mittel, Level zu überbrücken, damit man überhaupt für die Hauptstory gewappnet ist. Dazu scheißt einen Aion auch mit allerhand Nebenquests voll, für jede Etage, die quasi immer die gleiche Struktur verfolgen. „Sammel in dem Labyrinth irgendwelche Keyitems", „Kill 8 mal Dämon xy“ und „kill irgendeinen Spezialgegner“. Am Ende gibt’s dann noch einen besonderen Boss. Aber gerade die – und die Spezialgegner – haben es in sich. Die Spezialgegner muss man unter gewissen Voraussetzungen begegnen, so können bestimmte Partymitglieder verboten sein, Commander-Skills, Items oder manch andere Funktion, die es auf Very Hard sowieso nicht gibt.
    Die Spezialgegner sind dann minutiös geskriptete Kämpfe, die ihre Skills immer in der gleichen Reihenfolge einsetzen und irgendwann nen Enrage einsetzen, wenn der Kampf zu lange dauert. (Sprich: Jeder Kampf hat ’nen unsichtbaren Countdown.)
    Und da kommen wirklich einige der besten und kreativsten Encounter zustande, für die man häufig genauestens seine Party anpassen muss. Teilweise kommen sogar Storybosse in einer neuen Form zurück. Das macht 2 einzigartige Bosskämpfe pro Etage, pro Charakter. Also zusätzliche 30 Bosse alleine in der Seelenmatrix, jeder mit eigenen Quirks und Gimmicks.

    Das bringt mich zu dem Punkt, warum ich die Charakterprogression in dem Spiel liebe. Über den „Comp Smith" kann man nach dem ersten Story-Arc seine Waffen upgraden und darunter gibt es UNSUMMEN von verschiedensten Angeboten. Ja, ihr habt richtig gehört: NOCH mehr Upgrades, als es sowieso schon gibt, darunter fallen auch komplett neue Commander-Skills. Viele von denen sind ziemlich teuer und verlangen Materialien, die durch Dämonen gedroppt werden. Wenn man nicht speziell exzessiv für jeden Arc grindet, wird es immer noch was zum Kaufen und Upgraden geben.
    Und wenn dann ein Arc abgeschlossen ist, kommt die nächste Ladung an Upgrades pünktlich zur nächsten freigeschalteten Soul-Matrix-Ebene, gerade nach dem Dungeon-Ausflug, wo Ringo hoch genug gelevelt ist für neue Dämonenfusionen.
    Das ist ein Overload aus extrinsischen Anreizen. Aber gerade das macht Geld so wertvoll, gerade das treibt einen zu Entscheidungen, was man priorisieren möchte, denn jeder Boss, zumindest auf „Very Hard", ist ein Bottleneck, bei dem man gewissensbissfrei „All-out" gehen kann und trotzdem adäquat gefordert wird. Die Soul-Matrix ist da einfach nur ein weiterer Ort, den man mit dem Kerngameplay des Spiels verbringt, aber puristisch, kondensiert auf das Wesentliche beschränkt.

    Glaubt man, hat man jetzt wirklich alles im Spiel gesehen, kommt ein weiterer NPC dazu, der Arkkristalle kauft und verkauft mit einer neuen Währung, darunter dann auch solche, die einem Charakter Skills geben, die dieser dann unabhängig von Dämonen einsetzen kann (sehr teuer).
    Und das reicht sich die Hand mit einem weiteren System, dem Leveln von Dämonen. Wenn ein Dämon alle Skills gelernt hat, reicht er einem ein Geschenk, soweit nichts Neues, doch dieses Geschenk ist in aller Regel ein Arkkristall, passend zum Archetypen des Dämons. Die können mal selten und mal weniger selten ausfallen, es treibt einen jedenfalls dazu, dass man die Dämonen bis zu einem gewissen Maß leveln will, die überschüssigen Arkkristalle verkauft man dann für neue beim NPC. Doch die seltensten kriegt man nur durch Drops.
    Ach, und auch die Arkkristall-Slots lassen sich erweitern, so dass am Ende jeder Charakter bis zu 3 tragen kann. Das erlaubt eine Menge Kombinationen, gerade weil auch Heilung und Buffs eigene Kristalle haben.
    Da pocht einfach mein MMO-geplagtes Herz, jedes Mal der Moment, wenn man ein Geschenk bekommt. Dann hat man Idk Metatron durch eine Spezialbeschwörung gerufen: „Was zur Hölle könnte mir fucking Metatron vermachen!?" Ja, es ist vielleicht ein niederes Instrument, weil’s quasi wie ’ne Gacha-Mechanik ist, aber es sorgt dafür, dass man immer irgendwie weitermachen will. Nie gibt es Leerlauf, immer gibt’s was zu verbessern, die nächste Belohnung schon unmittelbar in Reichweite.
    Manche Dämonen haben sogar einzigartige Ausrüstung wie Baphomet oder Sukkubus. Auch das weiß man nicht im Vorfeld und ist dann überrascht. Ausrüstung ist übrigens selten. Jeder Charakter hat nur einen Trinket-Slot, aber dennoch versucht man auch hier zu optimieren, und häufig gibt es je nach Situation unterschiedlich gute Trinkets.

    Etwas unspektakulärer ist da die Art, wie sich Dämonen erhalten lassen. Diese findet man einfach.



    Das Spiel ist da ziemlich eigen. In den Dungeons gibt es absolut keine Schatztruhen. Aber prinzipiell ist das egal. Am Anfang eines jeden Dungeons schickt Ringo ihre Dämonen zum „Scouten" aus. Random verteilt findet man die Dämonen dann an Sackgassen oder wo auch immer Truhen normalerweise in ’nem JRPG wären. Spricht man die Dämonen dann an, vermachen sie einem irgendwas. Mal Materialien, mal aber auch feste Schätze, sie heilen einen oder eben – und das ist die Krux – stellen einen neue Dämonen vor. Die wollen dann noch mal irgendeinen Gegenstand und das wars. Keine Verhandlung! Das ist so ziemlich der unspektakulärste Weg, wie man jemals neue Dämonen erhalten hat, und ist auch noch stärker vom Zufall abhängig. Das heißt, in den Kämpfen wird man niemals mit anderen Dämonen quatschen. Das sorgt gewissermaßen für einen noch schnelleren Kampffluss, wenn der Weg für neue Dämonen jetzt sowieso an Erkundung geknüpft ist, es nimmt einem aber auch die Integrität, zu entscheiden, was man möchte. Schlimmer noch: Wenn die Dämonen voll sind, hat man nicht die Möglichkeit, an Ort und Stelle einen rauszuschmeißen. Es ist also ein Gamble, wenn man nicht weiß, was für einen Dämon man jetzt kriegen würde. Ich glaube, ich habe sonst in keinem SMT so viel fusioniert wie hier, weil man viel seltener Dämonen auf normalem Wege erhält und vor allem nicht unbedingt das, was man will.
    Ich schätze mal, es ist trotzdem besser als in SMT 5, denn dort war es meiner Meinung nach viel zu leicht, den Dämon zu bekommen, den man möchte, da man sie bereits in der Umgebung sehen kann und sie sowieso immer am selben Ort chillen. Soul Hackers 2 geht da den SMT-IV-Weg. Die Gegner werden als digitalisierter Klumpen dargestellt und erst wenn der Kampf ausgelöst wird, sieht man, mit wem man es zu tun hat. Das spielt jetzt keine Rolle, weil man so eh keine Dämonen fangen kann, aber ich persönlich präferiere den Überraschungseffekt, den Gegner im Vorfeld nicht sehen zu können.

    So oder so, beide Spiele haben ein ähnliches Problem, was jetzt die Dungeoncrawler-Erfahrung an sich betrifft. Prinzipiell sind für Soul Hackers 2 die Versatzstücke da, MP sind begrenzt, beim Level-Up füllen sie sich nicht einfach so auf, aus Kämpfen zu fliehen ist oftmals ein größeres Risiko als zu kämpfen, und in den engen Orten spawnen viele Gegner, die einen gerne mal erwischen könnten … wäre das nicht der Rennknopf? Ein Feature, das erst mit einem Update hinzugekommen ist.
    Daher zu Beginn mein Verweis, dass es ein zweischneidiges Schwert ist. Ja, die Standardlaufgeschwindigkeit ist zu langsam, da fallen mir schon beim Zusehen die Augen zu, doch die Geschwindigkeit der verfolgenden Gegner ist genauso schnell wie die normale Laufgeschwindigkeit. Sprich, wenn man rennt, ist man klar im Vorteil. Man kann Gegner mit dem Schwert auch einfach umhauen, aber das muss aufgrund der Reichweite getimed sein und man muss dem Gegner zugeneigt sein. Später gibt es sehr verwinkelte Stellen, bei denen gerne mal gleich mehrere Gegner aus verschiedenen Richtungen spawnen. Dem auszuweichen ist sicherlich nicht unmöglich, aber es würde schon deutlich häufiger zu einer Konfrontation kommen, doch mit dem Rennknopf ist das alles kein Problem.
    Deswegen, irgendwie braucht es diesen Knopf, aber gleichzeitig wurde es damit noch viel leichter, Gegnern auszuweichen. Meiner Meinung nach hätte man die Gegner nach dem Update schneller machen sollen, um diese Änderung zu berücksichtigen. Ich frage mich, wie viele Spieler eigentlich auf sowas achten. Naja, zumindest bin ich vielleicht der einzige, dem das nicht egal ist.

    Weil das Laufen so quälend ist, will man natürlich auch rennen, und so habe ich es auch getan. Speichern ist sowieso jederzeit möglich. Auch das entspricht nicht so ganz meinem Gusto, zumal von Zeit zu Zeit ein großer lila digitalisierter Haufen spawnt, ein „Risky Enemy", schwierige Encounter, die dynamisch mitleveln und immer mindestens 5 Level höher sind. Doch was ist daran „risky“, wenn man vor diesen einfach speichern kann? Naja, zumindest despawnen sie nach Neuladen.
    Jedenfalls sorgt es dafür, dass die Dungeon-Erkundung nicht so spannend ist, wie sie sein könnte. Naja, rein von den Setpieces ist es nichts Besonderes. Eigenartigerweise wird man nach einem Containerhof gleich 2× hintereinander in ein U-Bahn-System geworfen, weswegen der Eindruck entsteht, die haben sonst keine weiteren Biome mehr. Ironischerweise werden ausgerechnet im letzten Dungeon plötzlich völlig neue, unpassende Fantasy-Settings ausgerollt, was den Verdacht nahelegt, dass hier einiges gecuttet wurde und man irgendwie dann noch die Reste wiederverwertet hat.

    Die Dungeons selbst haben aber durchaus manchmal ein paar Gimmicks, nichts Aufregendes, aber auch keine kompletten Schlauchdungeons. Mal muss man über mehrere Etagen Zwischenbosse besiegen, um Keycards für woanders zu erhalten, dann gibt es mal klassische Tür-Toggle-Navigationsrätsel.
    Wirklich nichts Weltbewegendes, aber es beschäftigt zumindest etwas. Das macht die Kritik an den Dungeons nicht so stark für mich persönlich, denn auch wenn da deutlich Luft nach oben ist, ist der Standard in dem Genre so niedrig, dass es ironischerweise noch zu den Besseren zählt, wenn man sich andere moderne Vertreter anschaut, wo es wirklich nur noch Schläuche aus repetitiven Gegnerwellen sind. (looking at you, Final Fantasy 16) Ich denke vielmehr, wenn Leute was daran stört, dann ist es die Optik. Doch wie ich es bereits sagte: Soul Hackers 2 punktet vor allem durch innere Werte … meistens.



    Ein Punkt, der mich dann tatsächlich sehr gestört hat, und das ist so ’ne moderne Sache, die man wirklich nur in aktuellen Spielen findet. Nein, nicht DLC … Ehrlich gesagt stört der mich hier auch, aber vor allem meine ich „New Game+“-Braincancer.
    Aus irgendeinem Grund musste auch dieses Spiel unbedingt ein New Game+ bekommen, obwohl es keine guten Gründe dafür gibt. Deswegen hat man sich die Freiheit genommen, künstlich Gründe dafür zu erschaffen. Und was käme besseres in Frage, wenn wir von „künstlich" im Zusammenhang mit Soul Hackers 2 sprechen, als die Seelenmatrix …?
    Um die 5. und damit letzte Ebene eines jeden Charakters vollständig erforschen zu können, braucht man eine Bindung von 200. Leider kann man eine derartig hohe Bindung nicht im ersten Spieldurchgang erreichen. Erst im New Game+ bekommt man plötzlich mehr Punkte für Antworten auf die Figuren. Warum? Naja, weil man ja irgendwie ’nen Grund braucht, dass Spieler durchs New Game+ gehen. Und es ist so dermaßen unnötig, da die letzte Ebene der Seelenmatrix-Gegner ungefähr auf dem Stand des finalen Dungeons ist und die jeweiligen Bosse auf Level 70 ungefähr der Schwierigkeit des finalen Bosses entsprechen, vielleicht sogar noch etwas darunter.

    Man hätte sich also echt keinen Zacken aus der Krone gebrochen, den letzten Piss mich auch noch machen zu lassen, weil ich hatte wirklich Bock drauf, weil einfach alle Boss-Encounter jedes Mal ein Fest sind. Aber nein, stattdessen muss ich die komplette Handlung noch mal spielen. Darunter auch die Nebenquests, denn auch die schalten Bargespräche frei, die wiederum wichtig für die Bindung zu den Figuren sind. Ich habe also sämtliche Nebenquests 2× gemacht. Das hat selbst bei durchgedrückter Fast-Forward-Taste, während ich im Hintergrund Armored-Core-Musik gehört habe, immer noch fast 8 Stunden gekostet. Gerade weil viele Nebenquests Zwischenschritte haben, wo ich ständig in den Log schauen muss.
    Eigentlich ist die Navigation über die Stadt sehr schnell und übersichtlich, doch für die Quests muss man wahllos an Orte mit allen möglichen NPCs sprechen, an die man sich nicht erinnert und die auch nicht immer durch ein Symbol gekennzeichnet werden. Gerade zu Beginn scheißt einen das Spiel mit Sidequests voll, viele davon sind auch nicht wirklich spannend. Häufig wird man in einen Dungeon zurückgeschickt und einem wird nicht genau gesagt, wo das Ziel ist. Das nervt dann vor allem beim zweiten Mal Spielen. Es gibt auch neue Nebenquests. Ganze 3 (!) Stück an der Zahl, die alle Teil einer Questline sind und man sowieso erst zum Schluss wirklich machen kann.
    Erneut: Warum das im New Game+ verschließen?! Es ist nicht so, dass Gegner sich dem Level anpassen, man mäht alles nieder, bis man genug Geld hat, um seine Dämonen aus dem Kompendium erneut zu rufen. (Hilft wohl, dass ich fast alle Items, egal welcher Art, einfach so verkaufen kann.)
    Nein, wirklich, das war einfach nur drin, weil ein jedes modernes Spiel so was haben muss, ob es Sinn macht oder nicht. Keine Ahnung, ob irgendjemand Spaß hat, durch die gleichen Dialoge zu skippen, nur um alles dann niederzumähen in ’nem rundenbasierten Kampfsystem … naja.

    Frühzeitig habe ich noch den einzigen Story-DLC gekauft, den es zum Spiel gibt (war im Sale!), und ich war echt positiv begeistert. Es ist eine 10-teilige Questreihe, die einen neuen Charakter einführt, die auch gelegentlich als Gast an der Seite mitkämpft. Die Bosse hatten alle eine sehr hohe Qualität und waren insgesamt ziemlich fordernd. Sehr häufig haben sie einen die MP leergesogen. Da war es wichtig, das richtige Buff-Food vor dem Kampf einzunehmen. Jaaa... Buff-Food gibt es auch noch mit verschiedenen Effekten, unterschiedlich stark je nach Partymitglied. (… man merkt, ich finde kein Ende, so viel, wie im Spiel drinsteckt…) Aber vor allem ist der DLC fast schon essentiell, wenn man jemand wie Liferipper ist, der gerne Stat-Maxing betreibt. Denn dieser bietet einen neuen exklusiven Dungeon, wo die Gegner jenseits der Level 70 bis zu 95 gehen, was zu einem neuen Superboss führt, der übrigens wirklich super ist, nicht von der Stärke, sondern weil ich mir GENAU SO einen Superboss vorstelle: keine Inflation von Stats, kein pures Number-Crunching, einfach richtig schön komplexe, einzigartige Mechaniken, die viel Taktik und Vorbereitung benötigen, statt stumpfes Grinden. Deswegen gehört die SMT-Reihe für mich zu der Speerspitze an Rollenspielen.
    Und wirklich, normalerweise ignoriere ich meistens Superbosse, weil ich überhaupt keinen Bock habe, meine Zeit mit hohlem Grinding zu vergeuden, aber hier war der Reiz der Charakterprogression so stark, das Bossdesign so fabelhaft, dass ich es getan habe und ich habe keine Sekunde davon bereut. Das hier hat nichts mit den vorhersehbaren, häufig gleich aufgebauten Bosskämpfen in SMT V zu tun.

    Man merkt ein bisschen, wie denen am Ende die Puste ausgegangen ist. Nach oben hin gibt es immer weniger Dämonen, das fängt schon ab 60 an, allmählich weniger zu werden, und dann kommen immer größere Lücken. Über kostenlosen DLC hat man noch mal ein bisschen aufgestockt, sonst wären noch weniger Dämonen im Spiel (ein weiterer Schwachpunkt, dem man ein bisschen entgegengekommen ist).
    Doch auch die neuen Dämonen haben kaum noch neue Skills, sondern mehr ’ne Permutation von Bekannten, was man gerne schon abgedeckt hat, aber wegen der Stats lohnt’s sich trotzdem. Außerdem hatten manche davon überraschenderweise noch neue Arkkristalle, die ich noch gar nicht kannte.



    Zur Story noch mal … JA, es gibt eine Story und JA, ich habe so ziemlich fast gar nichts dazu geschrieben, man merkt, wo meine Prioritäten liegen. Sie ist … fein … Es reicht, um mich bei Laune zu halten. Bei weitem besser als in SMT V – ja, ich liebe es, an dieses Spiel zu denken. Verglichen mit Soul Hackers 2 ist SMT V Schmutz, lasst euch das gesagt sein. SH2 wird völlig zu Unrecht als generischster SMT-Ableger bezeichnet, denn selbst wenn man die ganzen Feinheiten über das Kampfsystem und die Spielmechaniken ausblendet, die ja scheinbar nicht so vielen auffallen, erzählt es immer noch eine stringentere Geschichte mit eigenem Style, wenn auch in der typisch seichten Art erzählt. Ringo ist als Hauptcharakter sehr sympathisch, vielleicht ein bisschen zu sehr, wenn man bedenkt, dass sie eine künstliche Intelligenz sein soll. Davon merkt man im Spiel zu keiner Zeit etwas, auch wenn immer mal wieder Scherze in der Richtung gemacht werden, verhalten sich Ringo wie auch Figue von Beginn an 1:1 wie normale Menschen. Hier wird viel Potenzial liegen gelassen, so ein wesentlicher Plotpoint, der so gar keine Rolle in der Handlung spielt. Für ’n Cyberpunk-Setting gibt es wenig Cyberpunk-typische Themen, was überhaupt Menschlichkeit ausmacht, stattdessen typische JRPG-Kitschfloskeln ala wieso Menschen überhaupt kämpfen.
    Die eigentlichen Gespräche und das Party-Bantering sind schon etwas sympathischer, es gibt ein bisschen Reibung zwischen den Figuren und einmal eskaliert fast ein Konflikt, aber im Großen und Ganzen verträgt sich die Gruppe ganz gut. Bei nur 4 Charakteren kommt auch jeder mal zum Zug. Es gibt einige weirde Twists, die ein bisschen wie Asspulls rüberkommen. Die eigentliche Story rund um den Antagonisten „Iron Mask“, der eigentlich ’nen Discount Black Mask ist, ist aber ganz gut erzählt, weil man ihm ständig dicht auf den Fersen ist. Man wird hier nicht durch die Filler-Hölle geschickt, das Pacing ist tight, wie Figues Oberweite.

    Apropos Oberweite: Das Spiel ist für ’nen ATLUS-Titel erstaunlich progressiv. Ich meine, es kommt auch von jüngeren Entwicklern dort, und vielleicht interpretiere ich zu viel hinein, aber folgendes ist mir aufgefallen:

    • Weiblicher MC, ja, das ist ziemlich selten, aber dann noch so cheeky, verschmitzt und schlichtweg sehr selbstbewusst, wird als „Boss" bezeichnet, wie sonst der männliche Persona-MC .
    • Sowohl Ringo als auch Milady haben sehr extrovertierte Persönlichkeiten, sind insgesamt aufbrausender, während die Typen eher in sich gekehrt, naiv und sentimental sind.
    • Die beiden Frauen kämpfen im Nahkampf, sind dicht am Gegner dran, während die Typen Pistolen benutzen.
    • Ringo und Milady haben ’nen stärkeren Hang zum Feuerelement und zum Element „Allmächtig", Saizo und Arrow können so gut wie gar nicht die Affinität dieser Elemente steigern, dafür haben sie ’nen Hang zu Heilung und Unterstützung, worin die Frauen nicht so gut sind.
    • Die Nebenquests werden von einer Transfrau im „Club Cretacious" vergeben. Warum gabs eigentlich noch keinen Grifter-Outrage, fällt das unter dem Radar?

    Naja, auf jeden Fall ist das jetzt nicht „on the nose“, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass in einem JRPG die Frauen erfrischend stark und gleichberechtigt präsentiert wurden, ohne sie in einem anderen Extrem zu stark zu fetischisieren. Lediglich Figues Möpse stechen da heraus.

    So, an dem Punkt setzte ich aber mal ’nen Cut. Ihr merkt, ich habe echt viel zu erzählen und zu erklären gehabt. Soul Hackers 2 ist ein vollkommen zu Unrecht so getadeltes Spiel. Ich habe an vielen Stellen Überschriften lesen können wie: „‘Soul Hackers 2’ Is a Bland and Boring Shin Megami Tensei Game“, „The Most Disappointing JRPG of 2022“.

    Dem kann ich nicht zustimmen. Soul Hackers 2 versteht wie kein Zweites, ein Ökosystem aus sich gegenseitig beeinflussenden und verstärkenden Belohnungsfaktoren aufzubauen und hochmotivierende Charakterprogression mit einer adäquaten Herausforderung zu verbinden, sodass man vor allem davon profitiert und sich in keinster Weise beschneiden muss, zumindest nicht mehr als es das Spiel tut, wenn man sich für „Very Hard" entscheidet. Gut möglich, dass es darunter deutlich leichter und vielleicht auch nicht so besonders wirkt, wenn einfach alles durchflutscht. Schwierig zu sagen. Die Belohnungsfaktoren bleiben erhalten, sind aber natürlich belohnender, wenn man darauf angewiesen ist.



    Wenn mich jemand fragt, welche Identität Soul Hackers 2 denn nun hat, denn daran scheints ein bisschen zu scheitern, dann würde ich sagen, es IST DAS Loot-Game schlechthin unter den SMT-Spielen. Das klingt vielleicht nicht besonders, aber wenn man einmal in diesem Sog drin ist, merkt man, dass hier eine bereits süchtig machende Formel noch weiter verfeinert wurde. Es gibt so viele Sachen, die in einem Kampf passieren können. Ich hätte wirklich nicht erwartet, nach den ersten 10 Spielstunden, dass es mich dann doch so abholen würde, dass ich wirklich ALLES mache, was das Spiel zu bieten hat.

    Trotz offensichtlicher Schwächen hat Soul Hackers 2 unglaubliche innere Werte.

    Wertung: A

    Zum Schluss hier mal Bilder meiner Abschluss-Party und meines Spielstands, für Konsorten wie Kael zum Vergleich sollte/würde er es jemals spielen:

    Geändert von Klunky (22.02.2025 um 09:48 Uhr)

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