Hollow Knight: Silksong

Was für ein Gamer ich doch bin. Ein Spiel noch am Releasetag zu kaufen und zu spielen. Dabei hat Kaia mich am selben Tag noch gefragt, ob ich das denn tun wollen werde. Immerhin mochte ich Hollow Knight ja sehr. Ich habe „nein“ gesagt, denn ich spiele nie etwas zu Release und warte lieber auf den ersten signifikanten Sale. Ein paar Stunden, nachdem Silksong dann aber Steam lahm gelegt hat und ich auf die Store-Page gestolpert bin, habe ich gesehen, dass das Spiel nur absurde 20 Euro kostet. Und musste es dann doch tun.

Ich habe keineswegs sieben Jahre auf Silksong gewartet. Alleine schon nicht, weil ich Hollow Knight auch erst später gespielt habe und es zwar ganz, ganz toll finde, daraus für mich aber noch nicht die Sehnsucht auf einen zweiten Teil erwachsen ist. Während man am Silksong-Hype also kaum vorbei kommt, hat der mich nie ergriffen. Und das obwohl alles daran wirklich vielversprechend ist. Team Cherry vertraue ich nach HK quasi blind. Hornet, NPC des ersten Teils, als neue Protagonistin ist auch vielversprechend und auch die paar anderen Sachen, die ich sonst ausnahmsweise mal wusste, waren spannend.

Also habe ich mich wirklich noch am Releasetag in die Taucherglocke gesetzt und eine intensive Woche mit Hollow Knight: Silksong verbracht. 54 Stunden in 7-8 Tagen sprechen für sich. Hier ein Symbolbild:



Hier und da und überall wird ja viel zu den Veränderungen geschrieben, die Silksong gegenüber HK hat, weswegen ich mich da auch kurz halten will. Hornet ist wesentlich schneller und beweglicher als der Knight. Und das ändert ziemlich viel, weil sich die Gegner dem Moveset der Protagonistin entsprechend auch anpassen. Darüber hinaus ist vieles aber natürlich ähnlich. Eine Minute im Spiel erkennt man schon den Hollow Knight-Geist: Die hübsche Optik, die tolle Musik, die unglaublich akkurate Steuerung, das liebevolle smarte Weltdesign. Nur das alles davon noch mal ein bisschen aufpolierter und hübscher/besser ist.

Meine 54 Stunden sind ein Playthrough, mind you. Keiner, in dem ich versucht habe, schnell zum Ende zu kommen, sondern in dem ich mir wirklich viel Zeit gelassen habe, um eine ganze Menge zu erkunden. Und die Magie daran, ein Spiel zum Release zu spielen ist natürlich, dass es noch keine Guides, Walkthroughs oder irgendwas Derartiges gibt. Selbst wenn ich also in Versuchung kommen sollte, kann das nicht passieren. Ich bin ganz mit mir und dem Spiel allein und finde meinen Weg. Oder besser: siebenmillionen Wege.

Denn Silksong ist, gerade wenn man auch nur ansatzweise einen Komplettierungsgedanken im Kopf hat, irrsinnig groß. Ich nehme mir eine bestimmte Sache vor, finde eine kleine, wirklich unauffällige Alkove irgendwo, durch die ich mich pressen kann, die sich plötzlich in ein Gebiet öffnet, für das ich noch keine Karte habe. Ich gehe weiter und weiter und finde in diesem neuen Gebiet wieder eine Nische, die mich in noch ein Gebiet führt. Und dann sind diese Gebiete auch noch größer, verzweigter und komplexer. Heiliger Bimbam.

Als ich nach 54 Stunden also das True Ending erreicht habe, zeigt mir die Completion-Anzeige 84% an. Ein Wert, der mich noch mal ein wenig schockiert hat. Wie soll ich 16% des Games immer noch nicht gesehen haben? Nunja – nachdem dieses Review verfasst und gepostet ist, werde ich wohl noch mal hineindiven müssen. Denn Silksong triggert mit all diesen Möglichkeiten eindeutig meine FOMO. Aber nicht einfach, weil ich dazu neige, jetzte letzte Ecke gesehen haben zu wollen. Sondern weil sich in diesen Ecken ja wirklich coole Entcounter befinden. Süße NPCs, nice Bosse und mehr. Diesen Content will ich erleben, nachdem er liebevoll entworfen wurde. Und so muss ich das auch tun. Auch wenn ich gleichzeitig sagen muss, dass Silksong mir manchmal auch zu groß ist.



Hollow Knight hat im Verlauf natürlich auch Erweiterungen bekommen, die besondere Challenges einführen. Boss-Gauntlets mit besonders krassen Herausforderungen, den Steelsoul-Mode, der bedeutet, dass man von vorne anfangen muss, wenn man auch nur ein mal stirbt, und mehr. Ich habe das alles gemacht und in HK alle Achievements mühevoll erarbeitet. In Silksong werde ich das gleiche nicht tun. Weil das dann doch ein zu großer Zeitinvest wäre. Und dazu: Das Spiel ist nicht nur signifikant größer, sondern vor allem auch signifikant anspruchsvoller.

Hollow Knight gilt ja schon nicht gerade als einfaches Spiel. Doch Hollow Knight ist cheeseable und gibt einem im Verlauf doch ziemlich viel an die Hand, um eine einfachere Zeit zu haben. Silksong tut das nicht. Es gibt einige Boni, die einen stärker oder resilienter machen, doch die meisten Dinge, die man bekommt, sind eher eine Möglichkeit, alternativ zu spielen, nicht unbedingt aber leichter. Crests verändern das Moveset von Hornet etwas, craftbare Tools kosten Ressourcen und benötigen Koordinationsfähigkeit, lassen aber die Möglichkeiten wachsen, die man als spielende Person hat. Sonderlich accessible für Leute, die das nicht können oder wollen, ist Silksong nicht.



Für viele der ersten Review-Schreiber:innen gilt vor allem der Anfang des Spiels als hart. Und ja – er ist weniger tutorial-esque als in HK, etwas linearer, dafür aber knackiger. Weil er einerseits davon ausgeht, dass man HK schon gespielt haben wird, andererseits aber ein paar Dinge ändert. Für mich hat sich das trotzdem nicht besonders schwer angefühlt und auch mit dem schrägen Pogo-Jump Hornets bin ich gut klar gekommen. Das Lategame jedoch – und vor allem das auf dem Weg zum True Ending – hat es dann doch wirklich in sich. Ich habe nie so viele Anläufe für irgendeinen Boss gebraucht wie beim finalen Boss des Spiels. Und teils ist das auch von Frust begleitet gewesen. Gerade bei diesem besagten letzten Boss acuh Frust auf das Spiel und nicht bloß auf meine Fertigkeiten. Denn fast immer ist das Spiel sonst unfassbar hart, aber fair.

Wer kein Problem damit hat, sich spoilen zu lassen, kann sich hier meinen erfolgreichen Kampf gegen einen ganz, ganz wundervollen optionalen Lategame-Boss ansehen, für den ich ebenfalls sehr, sehr viele Anläufe gebraucht habe:


Und so ist es nun. Ich kann selbst kaum sagen, wie ich Silksong einordnen würde. Es hat mich völlig in seinen Bann gezogen, hier und da aber eben auch etwas frustriert und mich beim Erkunden fast verzweifeln lassen. Das ist aber nur semi-negativ gemeint. Ich muss das ja nicht tun und entscheide mich dafür, weil es so viel Tolles zu sehen gibt. Silksong ist ganz fantastisch und spielt sicherlich in einer ähnlichen Liga wie HK. Ob es nun etwas weniger gut, genau so gut oder vielleicht auch besser ist, kann ich kaum sagen.

Aber es ist gut genug, um sich von mir 9,5 von 10 singende NPCs erarbeitet zu haben. Und... ähm... jetzt geh ich dann gleich wieder ins Spiel, um noch ein bisschen zu erkunden.

(btw: Meine Screenshots sind nicht repräsentativ für die Farbpalette des Spiels. Ich habe die nur alle zu einem Zeitpunkt aufgenommen, wo es etwas düsterer ist)