-
~
Quartet

Ende August ist Quartet von Something Classic erschienen, den Machern von Shadows of Adam. Ich hatte das Spiel vor Jahren auf Kickstarter gebackt und es jetzt im September auch durchgespielt.
Ich hatte JRPG Comfort Food erwartet, das sich schnell wegspielen lässt. Shadows of Adam hatte ein gutes Pacing und ein spaßiges Kampfsystem, aber die Story war ziemlich vergessenswert und auch nicht so der Fokus.
Das ist in Quartet anders. Das ganze Spiel ist ziemlich story- und dialoglastig. Die Figuren haben definierte Persönlichkeiten und es gibt jede Menge World Building.
Im Stil von Wild ARMs beginnt das Spiel mit einem Prolog für jeden Charakter (bzw. einen Prolog für je zwei Charaktere). Bevor das Spiel „richtig“ losgeht, gibt es also erst mal vier voneinander unabhängige Kapitel, die auch sehr verschieden sind.
Ich persönlich finde das narrativ nicht verkehrt, bin aber spielerisch in RPGs nie Fan davon, oft die Party zu wechseln. Zu allem Überfluss sind die Prologe auch recht lang (1,5-2h jeweils), sodass sie mehr als ein Drittel der Gesamtspielzeit annehmen.
Es gibt acht spielbare Charaktere, darunter auch ein sprechendes Nilpferd. Alle sind ganz gut ausgearbeitet und haben definierte Persönlichkeiten. Ein bisschen persönliches Drama gibt es auch, aber ein Teil davon versteckt sich hinter optionalen Sidequests, die erst kurz vor Ende des Spiels freigeschaltet werden.
Bis dahin ist das Spiel nämlich extrem linear. Hier und da kann man mal einen optionalen Ort auf der Weltkarte ansteuern und ein, zwei Schätze mitnehmen. Abseits davon gibt es aber wenig Beschäftigung abseits der Story und dem Reden mit NPCs.
Das Konzept der Welt ist gar nicht mal uninteressant. Es gibt verschiedene Kulturen, die offensichtlich von echten Ländern inspiriert sind. So wurde für eine Nation eindeutig Nazideutschland als Vorbild genommen, bis hin zu Konzepten die Massendeportierung und Rassenhygiene. Das sind natürlich die Antagonisten, wobei einer der spielbaren Charaktere zu Beginn Teil des Militärs dieses Landes ist und erst im Laufe des Prologs einen Sinneswandel durchmacht. Das ist ganz interessant.

Stellenweise bringt das Spiel auch gut rüber, dass zwischen den Partycharakteren und auch den NPCs eine Sprachbarriere besteht. So spricht Ben, der Koch, immer in Capslock in gebrochenem Englisch, um seine Artikulationsschwierigkeiten darzustellen. Das ist cool und der Spagat zwischen Glaubwürdigkeit, Unterhaltung und Verständlichkeit ist gut gelungen.
Etwas enttäuschend fand ich die Story aber auf dem High-Concept-Level. Im Spielverlauf stellt sich heraus, dass die Welt mal eins war, dann aber in vier Welten geteilt wurde. Auf der Mikroebene ist das cool umgesetzt mit den kulturellen Unterschieden. Die Lore selbst ist aber relativ abgedroschen und etwas zu verworren. Der wirklich sehr comichafte Antagonist hilft da auch nicht.
Die Dungeons sind relativ Vanilla und bestehen primär aus Kämpfen, dem Suchen von Schätzen und gelegentlichen Gimmicks und Puzzles. Es gibt keine Zufallskämpfe, aber dafür sind die Kämpfe leider alle geskriptet. Gegner respawnen auch nicht, bis man ein Gebiet verlässt, und viele sind unausweichlich. Dadurch fühlt sich alles ziemlich schlauchig an.
Das in Kombination mit dem Fokus auf der Story fand ich zu Beginn etwas ermüdend. Kurz vorm Ende öffnet sich die Welt dann aber komplett, vergleichbar mit der World of Ruin in Final Fantasy VI, und ab da macht es auch Spaß und man hat zum ersten Mal Anreize, sich etwas mehr mit den Systemen auseinanderzusetzen.

Denn das Kampfsystem ist durchaus cool. Es ist streng rundenbasiert, aber mit Skills, die viele Synergien zulassen, und für jeden Charakter individuell sind. Die sind aber leider an Level Ups gekoppelt, groß Customization ist da nicht drin. Die gibt es eher über Accessoires, von denen man später durchaus einige mächtige bekommt.
Skills verbrauchen alle SP, egal ob physisch oder magisch. SP wiederum regenerieren sich jede Runde um 10. Man muss einerseits damit haushalten, damit man nicht ohne SP in einen neuen Kampf geht. Andererseits kann man auch gut Skills raushauen, da man zur SP-Heilung keine Items verschwenden muss.
Die normalen Kämpfe sind halbwegs fordernd und man muss sich später nach fast jedem Kampf heilen, was mich irgendwann etwas genervt hat. Ich habe gerne mal knackige Bosskämpfe dabei, aber wenn jeder normale Kampf so stark in die Ressourcen geht, wird es irgendwann ermüdend. Deshalb habe ich im Spielverlauf auf Leicht umgestellt.
Erwähnenswert ist außerdem noch der wirklich sehr hübsche Pixelstil. Die Farbpalette ist wie bei Shadows of Adam sehr kräftig und es gibt jede Menge aufwändiger Umgebungsgrafiken. Die Figuren sind simpel, aber teils auf eine Weise ausdrucksstark animiert, die an Final Fantasy V erinnert. Außerdem gibt es noch so Spielereien wie Mode 7 auf der Weltkarte und Parallax Scrolling.
Quartet ist zwar kein Spiel im Scale von Sea of Stars oder Chained Echoes, aber man merkt, das auf allen Ebenen Liebe reingeflossen ist.

tl;dr: Quartet ist ein sympathisches RPG mit netten Charakteren, einer ganz interessanten Welt und einem coolen Kampfsystem, das aber größtenteils zu linear ist und sich spielerisch erst am Ende so richtig enfalten kann. Die Handlung ist ambitioniert und punktet auf der Mikroebene mit schönen Details, auf der Makroebene ist sie aber teils recht abgedroschen oder zu weit hergeholt. Dennoch: nettes Spiel!
Spielzeit: 18:00h
Wertung: 6,5/10
Challenge-Achievements:
Beende 12 RPGs (15/12)
Beende 8 Neuerscheinungen (10/8)
Beende 6 Steam-Spiele (8/6)
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
Foren-Regeln