Nine Sols



Nine Sols ist wohl der Metroidvania/Soulslike-Hypetitel des letzten Jahres.

Das taiwanesische Spiel betitelt sein Setting selbst als „Taopunk“, eine Mischung aus Taoismus und Cyberpunk also – was es auch sehr gut beschreibt. Es geht eine Kultur eines fremden Planeten, eine untergegangene Zivilisation und eine Art Rache-Geschichte an denen, die für diesen Verfall gesorgt haben.

Das Spiel sieht extrem hübsch aus – sowohl Hintergründe als auch Charaktere und Monster – und hat eine extrem starke visuelle Identität.

Für das Genre ist es auch relativ story- und dialoglastig. NPCs reden viel, es gibt diverse Cutscenes. Wichtige Szenen werden zum Teil in Form von Comic-Panels präsentiert, was sehr stylisch ist.



Die Kämpfe werden gerne mit Sekiro verglichen. Die Kernmechanik ist das Parieren (in verschiedenen Formen), das man auch insbesondere für die Bosse meistern muss. Es ist essenziell, sich die Patterns der Gegner zu verinnerlichen und im richtigen Moment zu blocken, was wiederum einen Gegenangriff ermöglicht (Talisman Explosion).

Man kann auch ausweichen – das bringt einen auch oft weit. Gerade bei Bossen reicht das aber nicht, was für mich, der in Actiongames immer bevorzugt ausweicht, eine Umgewöhnung war. Der erste „richtige“ Boss, der einen zwingt, die Blockmechanik intensiv zu nutzen, ist quasi die Feuerprobe. Hier merkt man, ob das Spiel etwas für einen ist.

Ich habe viele Versuche gebraucht, ihn schließlich jedoch geschafft. Anfangs sah ich überhaupt kein Land, aber es war befriedigend zu spüren, wie ich besser wurde, um es dann irgendwann voller Adrenalin zu schaffen.



So ging es auch bei den nächsten Bossen. Für mich war das allerdings auch recht anstrengend. Den vierten Hauptboss habe ich noch auf diese Weise besiegt. Beim fünften habe ich das Spiel aber schließlich auf den Storymodus umgeschaltet (man hält mehr aus und macht mehr Schaden), weil ich gerade die Energie dafür nicht aufbringen konnte, Bosse zigmal zu versuchen.

Wie bei Hollow Knight gibt es auch Talismane, die man für diverse Effekte ausrüsten kann. Je weiter man voranschreitet, desto mehr Slots schaltet man (oft durch optionalen Content) dafür frei. So kann man z.B. die Zeit, die das Heilen benötigt, reduzieren – was in Kämpfen den Unterschied zwischen Leben und Tod machen kann. Aber auch die Talismane sind vom Balancing eher als Ergänzung ausgelegt; sie senken den Schwierigkeitsgrad nicht erheblich.

Das ist jetzt nur eine grobe Beschreibung des Kampfsystems. Das Dungeon-Gameplay besteht aus meist relativ einfachen Platformer-Passagen, Erkundung und einer Mischung als einfachen bis moderat fordernden Gegnern. Man stirbt auch hier schon mal, besonders gegen Minibosse, aber das Herzstück des Spiels sind eindeutig die Bosskämpfe.



Hervorzuheben ist auch noch das Sound Design. Statt Musik gibt es oft eher eine atmosphärische Tonkulisse, die die Bedrohung exzellent hervorhebt. Es kommt nicht oft vor, dass mir das Sound Design in einem Spiel explizit auffällt – daher großes Lob an das Team.

Die Handlung fand ich leider insgesamt trotz cooler Elemente zu schwafelig, etwas zu kryptisch mit dem ganzen Sci-Fi-Kram und doch auch zu pathoslastig. Gerade in so einem Spiel finde ich lange Dialoge eher hinderlich für den Spielfluss, muss ich sagen, besonders wenn jeder NPC relativ viel zu reden hat. Da fand ich den Ansatz von Hollow Knight deutlich besser.



Ebenfalls besser in Hollow Knight ist die Erkundung. Nine Sols ist nicht streng linear, aber die Reihenfolge der Gebiete steht größtenteils fest. Durch die in Metroidvania-Manier nach und nach hinzukommenden Traversal-Skills (Doppelsprung etc.) kann man in bestehenden Gebieten oft neue Locations enthüllen.

Das macht alles auch Spaß. Es kommt aber nicht im Ansatz die Erkundungslust wie in Hollow Knight auf. Nine Sols setzt den Schwerpunkt aber auch eher auf die Soulslike-Aspekte, nicht ganz so sehr auf den Metroidvania-Teil.


tl;dr: Nine Sols ist ein wirklich cooles Spiel mit steiler Lernkurve und starkem Worldbuilding, das sich befriedigend spielt, aber einem auch viel abverlangt. Mir sogar etwas zu viel – und etwas zu geschwätzig war es mir auch. Die Erkundung macht Spaß, reißt aber auch nicht allzu sehr mit. Kann den Hype aber verstehen.



Spielzeit: 17:55h
Wertung: 7,5/10

Challenge-Achievements:
Beende 6 Platformer (6/6)