Veilguard, du schreckliche, wunderschöne Katastrophe.
An dieser Stelle stand ein über 2000-Wort langes Dokument, an dem ich während meiner 116 Spielstunden geschrieben habe. Darin habe ich meine Frustrationen über Dragon Age: The Veilguard minutiös festgehalten. Und ich denke, das war mein Problem: An einem Punkt kurz vor dem Ende war ich so gefangen in dieser negativen Geisteshaltung, dass ich von jedem kleinen Detail, jeder Inkonsistenz, jeder fragwürdigen Dialogentscheidung so genervt war, dass ich die guten Seiten nicht mehr wertschätzen konnte.
Veilguard, wenn du tatsächlich ein schlechtes Spiel wärst, wäre meine Reaktion Apathie, vielleicht sogar Trotz. Aber meine Reaktion ist Wut. Trauer. Frustration. Und 116 Stunden Spielzeit.
Andrastes vollbusiger Frontbereich, wie sehr mich dieses Spiel frustriert. Dragon Age: The Veilguard ist ein gutes Spiel. Wahrscheinlich das beste Dragon Age von einem Gameplay-, Action-, Grafik- und Inszenierungs-Standpunkt aus. Die Kämpfe machen Spaß (in einem Bioware-Spiel!), gehen flüssig von der Hand und fühlen sich gut gebalancet an. Es gab keine Spielmechanik, die sich clunky angefühlt oder die nicht funktioniert hätte. Wenn ich was kritisieren müsste, dann zu viele Kisten? Das Spiel hat "Oh Shit, das ist der richtige Weg!"-Syndrom. Ist zum Glück nicht schlimm, zwölfmal im Kreis zu laufen, denn: Das Spiel ist eine Augenweide. Mein Screenshot-Ordner mit 60+ Werken von hohem künstlerischen Wert (Lucanis und Rook in Treviso, Lucanis und Rook in Arlathan, Lucanis und Rook in [redacted]) ist der beste Beweis. Die Haarphysik ist 100/10 (in einem Bioware-Spiel!!). Musik ist so geht so, nicht so memorabel wie Inquisition, aber sie tut ihr Ding. Ein paar Boss-Tracks sind sogar richtige Bops. "Music by Hans Zimmer" muss halt wirklich nichts heißen.
Aber: Es IST ein gutes, spaßiges Spiel.
Womit ich hadere, ist das Writing. Jetzt, nach 100 % Completion, sehe ich, worauf die Story hinauswill, wo sich der Inhalt versteckt und was schiefgelaufen ist. Dragon Age: Veilguard liegt auf einer Streckbank und wird in zwei diametral verschiedene Richtungen gezogen.
Es ist ein direktes Sequel in einer lebendigen Welt, mit zahlreichen Charakteren aus den vorherigen Teilen, mit Solas im Mittelpunkt. Gleichzeitig ist es ein Reboot und muss wichtige Konzepte der Spielwelt entweder umschiffen oder wiederholt auf Kindergartenniveau erklären. Es muss gleichzeitig alte Fans mit welterschütterenden Revelations und Twists abholen, aber kann nicht zu viel Rückbezug auf Spiele herstellen, die an diesem Punkt fast 15 Jahre alt sind.
Es ist stellenweise düster und gory (D'Meta's Crossing), stellenweise hoffnungslos und bleak, und hat an anderen Stellen eine ausgewachsene Identitätskrise. Reue, Trauma und Schuld sind die zentralen Themes im Writing der Hauptstory, vor allem am Ende. Es ist eine erwachsene Geschichte, die sich, der Optik zum Trotz, gut in die Dragon Age-Welt einfügt. Aber: Das Spiel ist richtig schlecht darin, seine Themes zu kommunizieren.
Ich glaube, das Kampfsystem ist ein Mikrokosmos von Veilguard: Es ist erstaunlich tief, aber keine einzige Mechanik wird vernünftig erklärt und es funktioniert auch mit blindem Button Mashing ganz hervorragend.
So ähnlich ist es auch mit der Story.
Story und Lore
An der Oberfläche kann man Veilguard als Popcorn-Kino genießen. Wenn man keine Ahnung vom Dragon Age-Universum hat, hat man eine gute Zeit.
Hat man die vorherigen Spiele gespielt, aber nicht sein Leben in tiefe Lore-Analysis gesteckt, hat man eine richtig, richtig schlechte Zeit.
Ist man ein Dragon-Age-Lorehead und hat die letzten 10 Jahre auf r/ThedasLore verbracht, hat man wieder eine richtig gute Zeit.
Viele Komplexitäten der Welt wurden runtergeschmirgelt und vereinfacht. Teil erklärt, teils offen gelassen. Wer Gutes tut, ist gut, wer Böses tut, ist böse. Die Crows sind keine Assassinengilde mehr, die Waisenkinder entführt und Hunger-Games-Style ausbildet, sonder eine Clique an Batman-Cosplayern und plucky Freiheitskämpfern, weil das irgendwo in Tevinter Nights in einem Nebensatz deklariert wird. Die Überrassisten nehmen ihre neuen elfischen Overlords an weil... sie Macht versprechen? Weil sie die Venatori überzeugen konnten, dass ihre Drachen sowieso schon ihre Proxy-Götter waren? Elgar'nan sagt dazu einen Satz irgendwann, muss reichen. Sklaverei in Tevinter ist... eh, ich habe auch keine Begründung dafür, warum es keinen einzigen Sklaven in der Sklavenhauptstadt des Sklavenimperiums gibt. Der Eindruck ist eine stark simplifizierte Welt, und das ist schade, und kategorisch nicht Dragon Age.
Und da haben wir den nächsten Knackpunkt: Viele wichtige Informationen, die Kontext bieten und das Writing runder machen, verstecken sich in zufälligen Charakterinteraktionen oder in fucking Tevinter Nights. Viele meiner oben genannten Probleme werden in kleinen Banter-Zeilen aufgegriffen, die zufällig und viel zu selten spielen. Eine verbreitete Kritik ist zum Beispiel, dass niemand ein Problem damit zu haben scheint, dass sich alle Weltreligionen in Thedas als falsch herausstellen. Das stimmt aber nicht: Bellara und Harding sprechen darüber, ebenso random NPCs in der Spielwelt. Aber: in zufälligem Banter. ich habe mir wirklich Zeit mit dem Spiel gelassen (116 Stunden, doppelt so lange, wie Genny für ebenfalls 100 % gebraucht hat), bin nach jeder Mission zurück in die Base, habe mir ALLES angehört und TROTZDEM lerne ich jetzt, hinterher, wo und wann und wie man all die Sachen findet, die ich in meinem Durchgang vermisst habe. Gut für die Replayability, I guess? Schlecht für's Gefühl, auf jeden Fall.
Auch das liegt sicher daran, dass sich random Banter und Codexeinträge leichter einbauen lassen als komplexe Szenen. Die Hauptstory hat wenig Interesse an der Lore der Welt, das ist auch nicht der Ort dafür. Der optionale, gut versteckte Content is where it's at. Und der ist wirklich gut! Aber man muss damit engagen und die subtilen Anspielungen und Metaphern und Parallelen als solche erkennen.
Das Problem ist nur: Zu keinem Zeitpunkt gibt einem das Spiel den Eindruck, dass man tiefer über das Writing und Worldbuilding nachdenken soll. Im Gegenteil: Jeder Scheiß wird mit Popups gekennzeichnet, als wären wir in Baby's First RPG. "Du hast [redacted] nicht gerettet, also ist es jetzt zerstört". Achso, danke, wäre ich sonst gar nicht draufgekommen! Es ist gleichzeitig over-tutorialized und sagenhaft schlecht erklärt. Es fehlt das Editing, um manche Übergänge fließender zu gestalten. So fühlt es sich choppy an.
Ich, als Lorehead, bin versöhnt mit der Geschichte und den anscheinenden Inkonsistenzen und "Fehlern", denn alles wird (irgendwo) erklärt. Ich musste hinterher googeln und die Augen verdrehen ob der esoterischen Art und Weise, aber es ist *okay*.
Missed Chances
Vieles konnte aus Budget- oder Zeitgründen nicht umgesetzt werden. Das hat mit Sicherheit auch mit der Entwicklungsgeschichte voller Reworks zu tun (an einem Punkt war das Spiel ein Multiplayer-Liveservice), aber an vielen Stellen merkt man, dass die Generationen an Writing-Teams in unterschiedliche Richtungen gelaufen sind. Das möchte ich explizit nicht den Teams anlasten, sondern liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an EA.
Es können dich keine Companions verlassen, dann müsste man ja am Ende auf unterschiedliche Szenarien reagieren, also gibt es schlicht keine Option, jemandem zu widersprechen. Approval ist scheissegal. Dialoge sind scheissegal. Entscheidungen sind scheissegal, wenn man sie überhaupt treffen darf. Es gibt keine Entscheidung, die irgendetwas am Status Quo verändert. Rollenspiel außerhalb der eng gesteckten Leitplanken ist entsprechend auch nicht drin. Das hat Budgetgründe, und ich verstehe das, aber es ist dennoch enttäuschend.
Am Ende jeder Companion-Questreihe muss man eine Entscheidung treffen, die das "Schicksal" (lol) des Charakters prägt. Nichts davon spielt irgendeine Rolle, jedes Ende ist gut, und ein Großteil der Entscheidungen sind wirklich, wirklich scheißegal. Ich habe immer die "falsche", gegen die Narrative gehende, Entscheidung getroffen, und nichts ist passiert. Bei einem Charakter habe ichs am Outfit festgemacht, das in der einen Variante hübscher war. Das Spiel hat eh nicht die Eier, mich für irgendeine Entscheidung zu bestrafen, Das würde ja den Plot-Zug stören, der unaufhaltsam und laserfocused auf's Ende zujuckelt.
Es können keine Entscheidungen aus den vorherigen Teilen importiert werden, deswegen sind wiederkehrende Charaktere eine Disneypark-Version von sich selbst und können über NICHTS aus den letzten 20 Jahren der Spielwelt reden. Oder erklären, wer sie eigentlich sind. Also ist ein grob morriganförmiger Charakter im Spiel, die nicht über ihre Erfahrungen in der Fifth Blight redet, oder ob sie ein Kind hat, oder ob sie gemein ist, oder ob sie das alte Wissen der Elfen in sich aufgenommen hat. Auch das hat Budgetgründe, es gibt einfach zu viele Variablen und sie haben das (wahrscheinlich) beste daraus gemacht. Es hinterlässt nur einen fahlen Beigeschmack. Vor allem, weil ich als Rechtfertigung immer lese: "Wenn Veilguard nicht so gestutzt wäre, hätten wir gar kein neues Dragon Age bekommen!" And, I mean, I guess, yeah? Aber es fühlt sich nicht nach Dragon Age an, auf Schienen die Achterbahn entlang zu fahren und mit niemandem reden und rollenspielen zu können.
Rook
Der Hauptcharakter kann im Banter nichts antworten oder einwerfen. Man ist immer nur irgendwie dabei, der Störfaktor in der Found-Family-Story der anderen. Oder der Chef in einer Office-Sitcom. Oder der Better Help-Therapeut mit mangelnder Selbstabgrenzung. Rook ist ein wirklich schwacher Charakter, und hat mit Abstand das schlechteste Writing.
Mein Veil Jumper-Elf hatte faszinierende Dialogzeilen, die selbst mich als Spielerin überrascht haben! In Reihenfolge:
"I didn't grow up Dalish"
"I lived in a town"
"These are my people!" (In Bezug auf einen Dalish-Clan)
"In my [Dalish] clan, we planted trees for funerals."
Nichts davon konnte ich beinflussen, das Dialogwheel ist nur dafür da, drei Variaten desselben Satzes aufzusagen. Reine Show. Rollenspiel? Is nicht. Das könnte schließlich zu unterschiedlichen Outcomes führen und das müssen wir UM JEDEN PREIS vermeiden. Ich hätte damit nichtmal ein Problem, aber es wird schlicht nicht vermittelt, dass wir einen semi-vorgegebenen Hauptcharakter wie Hawke spielen.
Romance
Eine Woche vor Release hat jemand aus dem Writing Team den wunderschönen Satz ins Internet geschrieben, dass Veilguard das bisher romantischste Dragon Age ist. Ehm, mmh. Schwierig. Ich bin bereit, mich auf Romanzen einzulassen, die nicht dem altbekannten Schema "Flirt -> Geschenk -> Kuss -> Sex" folgen. Bis zu einem gewissen Punkt habe ich die Lucanis-Romance sogar verteidigt, weil sie eben eine Slow-Burn-Geschichte ist. Lucanis ist ein Charakter mit vielen Problemen (die die Narrative großzügig ignoriert), insofern ist es vollkommen logisch, dass er kein stürmischer Latin Lover ist und die ganze Sache eher langsam abläuft. Das ist nicht der Punkt.
Aber: Über zwei Akte und neun Hauptquests hinweg passiert einfach gar nichts. Er reagiert nichtmal auf die mit dem HERZ gekennzeichneten Flirt-Optionen (gut, dass sie gekennzeichnet waren, es waren einfach normale Sätze?). Oder, doch: Seine Mundwinkel zucken für 0,3 Sekunden. Wenn das Ziel "subtiles yearning" war, sind wir leider etwas dran vorbeigeschossen zu "sheer annoyance". Und ich bin mir sicher, dass ersteres der Punkt ist, der mit der Mikro-Animation ausgedrückt werden sollte. Das sagen mir nämlich die anderen (subtilen) Textzeilen und Inhalte, die ich manchmal zufällig mitnehme. Vieles wird nur impliziert, und ich stehe da eigentlich total drauf, aber nicht im Kontext eines Spiels, das bekannt für die Bioware-Romance-Formula ist.
Und es fehlt an Inhalt. Am lustigsten war der Moment nach seiner finalen Charakterquest, wo er zu Rook sagt "Let's go home, for this evening I have something *else* in mind" und dann isses einfach eine weitere Tasse Kaffee. An dieser Stelle war mit Sicherheit mal eine Cutscene geplant, aber ups, EA. (Übrigens: der Nudity-Schalter im Hauptmenü ist ein Scam. Das höchste der Gefühle sind ein Arsch in Taashs-Romance und ein paar Boobs bei Harding.)
Mir ist bewusst, dass die Lucanis-Romance mit Abstand das kürzeste Los gezogen hat, weil schlicht Content fehlt. Und jetzt, mit Abstand und nach dem Finale, finde ich die Romance auch sehr gut und kann die Lücken mit meiner Fantasie füllen. Das Writing ist rund und passt zum Charakter, aber mich 70 Spielstunden lang zu edgen, dafür bin ich nicht masochistisch genug. Emmrichs Romance soll tatsächlich vollständig sein, die wird es also bei meinem nächsten Run, ca. 2027.
Diversity
Diversity ist kategorisch nicht das Problem von Veilguard, außer vielleicht beim Voice Acting. Speziell die VAs, die Akzente verkörpern sollen, klingen wirklich schlecht, amateurhaft. Irelin von den Veil Jumpers ist...uff, rough. Der Rest ist vage okay, aber auch nur, weil jeder zweite NPC von Matthew Mercer gesprochen wird. I can't unhear him. Es ist wirklich albern, wenn man mal drauf achtet. Der Hauptcast scheint an vielen Stellen nicht zu wissen, in welchem Kontext die Dialogzeilen stehen und müssen die Betonung und Emotion raten. Vor allem Neve war für mich kaum aushaltbar.
Okay, reden wir über den Qunari im Raum. Ich habe die farbenfrohe Diskussion anderswo verfolgt, und sie hat an Albernheit nicht verloren. Ich lasse mich sogar zu einer kontroversen Meinung herab: Taash ist ein guter Charakter. Der einzige Charakter mit Reibung in einem Team voller erwachsener, professioneller, durchtherapierter Menschen mit Job und Einkommen. Die Charakterquests rund um Selbstfindung als Kind zweier Kulturen und zwischen den Geschlechterrollen hat mit mir nicht auf persönlicher Ebene resoniert, aber mir durch das Writing doch einen (inneren) Konflikt präsentiert, den ich nachvollziehen konnte. Again: subtil. Aber gut. Die ausführlich besprochenen und aus dem Kontext gerissenen Szenen funktionieren, wenn man den Charakter und das Umfeld kennt, in dem sie stattfinden. Um mich von vor zwei Wochen zu zitieren:
Taash's Writing hat dieselben Probleme wie bei allen anderen Charakteren: Festbeißen an zwei, drei bestimmten Punkten und wiederkehrendes Reinhämmern dieser Punkte, während die wirklich interessante Charakterisierung irgendwo am Rand stattfindet. (Ich sage nur: Shokra toh ebra. Turlum. Coffee. Cases. Nadas Dirthalen.) Und, naja, Culture-War-Blödsinn.
Ehrlich gesagt sind die Charaktere so flach und die Entscheidungen so scheissegal, dass ich beinahe vermute, dass die Crew, Mass-Effect-Style in DA5 wiederkommt. Genug offene Fragen gibt's.
Das Ende
Die finalen fünf (oder in meinem Fall 12) Stunden sind ein absolutes Highlight und werden zurecht gepriesen. Allgemein wird das Spiel immer besser, je länger es geht. Die ersten 20 Stunden sind rough, weil aus Überresten eines Live-Service-Modells irgendwie der Start einer für sich stehenden Geschichte geklöppelt werden muss. Es fühlt sich disjointed an, weil es disjointed ist. Aber das Ende ist ein solider Block, der schlicht funktioniert. Durch meine gletscherhafte Spielgeschwindigkeit war ich bei einigen Dingen schon gespoilert, aber sie haben trotzdem gut gehittet und ich habe solide 45 Minuten am Stück geheult.
Ich bin kein Fan von Solas als Charakter und finde es fragwürdig, dass es so viel Extra-Content und das arguably beste Ende nur gibt, wenn man Solavellan-Shipper ist und diese Romance aus Inquisition importiert (was gleichzeitig das einzige ist, was man importieren kann). Wenn man das außen vorlässt, war es ein gutes, zufriedenstellendes Ende einer Saga. Also. Naja.
Ich hab das Game nun auch durch und kann Caros Post über mir großteils zustimmen. Ich gehe aber noch ein großes Stückchen weiter in der Kritik, denn ich fand das Spiel nicht wirklich gut, sondern eher durchschnittlich mit Tendenz nach unten. Das actionlastige Kämpfen bockt und die Spielwelt ist recht schick, wenn auch sehr farbenfroh (und nein das Spiel ist nicht düster). Die Optik passt, (auch wenn mir einen ernsteren Stil gewünscht hätte) lediglich die Charakter-Modelle sahen mir zu comichaft aus. Bei manchen ist das mehr ausgeprägt, bei manchen weniger. Der RPG-Part wurde stark entschlackt, es gibt nur eine Handvoll von Skills, jeder Begleiter kann nur (!) für ihn definierte Ausrüstungen tragen und ein herkömmliches Inventarmanagement gibts nicht. Man sollte also kein waschechtes Rollenspiel erwarten. Es ist vielmehr ein Action-Adventure mit einem Touch eines Hack-&-Slays. Ansonsten kann ich von der Technik auch nur Gutes berichten, für ein solches Umfangmonster ist das Spiel außerordentlich gut gepolisht. Keine Ruckler, keine Bugs, alles schön flüssig, wie es sich gehört. Hätte man diese Energie auch in die Begleiter und die Dialoge gesteckt.
Die sind alle durch die Bank uninteressant und langweilig, keiner konnte mich wirklich überzeugen und mir seine Quest schmackhaft machen. Es fehlte mir der Reiz, mich in irgendeiner Weise mit ihnen auseinanderzusetzen. Ich hab nicht mal was gegen generische Charaktere, aber so wie sich die Truppe gibt, will man mit denen kaum was zu tun haben. Man hat es vielmehr mit einem Kindergartenhaufen zu tun, teilweise auf Eltern-peinlich-Niveau. Lediglich mit Neve habe ich mich intensiver befasst und ihre Quest gemacht, weil ich auch eine Romanze erleben wollte und ich mit ihr am Ehesten was anfangen konnte. Naja, die Romanze ist nicht der Rede wert. Es gibt kaum romantische Szenen, es reicht immer die Herz-Antworten auszuwählen und fertig (und diese sind nicht mal romantisch, aber dazu später mehr). Am Ende gibts dann einen Kuss und auch mal ein Techtelmechtel, wo es aber nix zu sehen gibt (man sieht nur das "Ergebnis"). Ich hatte oft das Gefühl, dass der Fokus darin lag, eine bunt gemischte Party zu haben, als eine, die der Story förderlich ist. Hauptsache Diversität und das man ja richtig gendert. Es gibt keine internen Konflikte (bis auf einen, der aber nicht wirklich relevant ist). Alle machen einen auf Best Friends, es gibt keine Bösen, es ist egal ob man ihre Quests macht oder nicht (obwohl das Spiel mehrmals darauf hinweist, wie wichtig diese sind), sie verlassen die Gruppe eh nicht. Generell ist das Spiel sehr weichgespült und zu sauber (nicht nur die Optik), alles ist in Watte eingehüllt. Und die Dialoge erst, oh Mann oh Mann. Anfangs fiel mir das nicht so auf, aber mit mehr Spielstunden auf dem Konto wurden sie immer dümmer und einfallsloser. Ich kann mich gut erinnern, wie ich im anderen Videospiel-Thread das mal kritisiert habe bzw. die geposteten Review-Videos (z.B. von SkillUp) und wo es dann von einigen hieß, dass dies nur gewisse Szenen sind und nicht für das gesamte Spiel sprechen. Pustekuchen! Alle Dialoge sind im Spiel Schrott, solch mieses Writing habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Es hat echt an meinen Geduldsfaden gezerrt, ich bin oft aus dem Augenrollen nicht mehr rausgekommen. Und dann kommen die Entscheidungen und Antwortmöglichkeiten, die gar keine sind. Wie Caro richtig sagt, ist das alles scheiß egal. Es macht einfach keinen Unterschied. Egal ob humorvolle, traurige, logische usw. Antwort, sie hören sich alle gleich an und entsprechen nicht mal dem, was man ausgewählt hat. Alles was man im Spiel tut oder entscheidet ist egal, das Spiel gibt dir am Ende sowieso das beste Output. Ich hab extra einen auf "böse" und aggressiv gespielt (sofern das möglich war), das fiel mir zu keinem Zeitpunkt je zurück. Es gab keine Konsequenzen, mit denen ich leben musste.
Die Story selbst geht einigermaßen, sie ist nicht herausragend, aber erfüllt ihren Zweck. Immerhin ist sie einigermaßen gut inszeniert, aber inhaltlich hat das Ding kaum Fleisch an den Rippen. Man kennt das: Ständig passiert was auf dem Bildschirm, aber rückblickend ist das Papier am Ende kaum gefüllt, weil doch kaum was passiert ist. Ach ja, das wirklich Mieseste am Spiel, ist Rook selbst (der Mainchar). Wie man einen solche Person kreieren hat können, ist mir schleierhaft. Und das aus dem Hause BioWare. Insgesamt ist Veilguard ein mäßiges Spiel mit einem Action-Kampfsystem, das aber sonst nichts zu bieten hat. Den Rest kann man echt in die Tonne kloppen. Das Spiel hätte mit einer anderen Party und einem besseren Writing ein durchaus gutes Game sein können. So ist es ein Action-Adventure, das man einmal durchgespielt hat, aber nach ein paar Wochen wieder vergessen hat. Und dabei habe ich noch gar nicht den Dragon Age Vergleich gezogen...
Bin jetzt auch endlich durch, nachdem ich das Spiel eine Weile pausiert hatte. Nicht weil ich keinen Spaß dran hatte, sondern weil ich zu viel Zeit in Fate/Grand Order investiert und nebenbei was anderes gespielt habe. Aber da ich jetzt FF7 Rebirth anfangen will, war es an der Zeit Veilguard endlich abzuschließen.
Und ich kann mich Caro auch größtenteils anschließen. Kein anderer Teil der Reihe hat mir vom Kampfsystem her so viel Spaß gemacht (auch wenn es sich seltsam anfühlt in einem Fantasy Game Captain America zu spielen xD) und im Gegensatz zu Inquisition lohnt es sich tatsächlich die Welt zu erkunden weil es überall kleinere Rätsel, Schätze und ein paar coole einzigartige Ausrüstungsgegenstände gibt. Ob man die sinnvoll in seinen Build integrieren kann ist eine andere Sache. So gibt es zum Beispiel ein Schwert das mit mehreren Elementen gleichzeitig Schaden verursacht, aber dafür keinerlei physischen Schaden macht. Da müsste man also seinen elementaren Schaden buffen um das meiste rauszuholen. Ein Gegenstand den ich nicht mehr abgelegt habe nachdem ich ihn bekommen habe ist aber ein Helm der es einem erlaubt all seine Fähigkeiten ohne Rage zu verwenden, aber dafür mit jeweils 60 Sekunden Cooldown. Damit hat mir das Kampfsystem noch etwas mehr Spaß gemacht.
Das Writing ist aber eindeutig problematisch. Vor allem weil die Entwickler scheinbar davon ausgegangen sind dass Spieler richtig dumm sind und selbst Rätsel nicht kapieren die sie bereits mehrfach erfolgreich gelöst haben, wodurch die Charaktere immer wieder furchtbare offensichtliche Kommentare von sich geben. Es wirkt außerdem so als ob die Entwickler Angst hatten dass Veilguard der letzte Teil der Reihe sein könnte, weswegen so gut wie alle Mysterien aufgelöst wurden. Und bei den Enthüllungen im Lighthouse versammelt sich sogar jedes Mal die komplette Truppe um drüber zu diskutieren was das bedeutet. Ich fand es außerdem richtig billig dass die anderen Elfengötter scheinbar allesamt tot sind, weswegen es vermutlich keinen Grund mehr gibt die einst so interessante Black City zu besuchen, insofern sich da nicht eine unbekannte Bedrohung drin eingenistet hat..
Ich bin außerdem kein Fan vom Bait and Switch bezüglich des Namens des Spiels. Es hieß immerhin ursprünglich Dreadwolf, weswegen ich eine Story erwartet hatte die sich auf eben jenen fokussiert. Stattdessen wird Solas' Rolle von zwei neuen, langweiligeren Elfengöttern gehijacked, wodurch der neue Name zwar Sinn ergibt, es aber so wirkt als ob die Story ursprünglich in eine komplett andere Richtung gehen sollte. Was nach all den Jahren und mehreren(?) Reboots keine Überraschung wäre.
Obwohl ich knapp 80 Stunden gebraucht habe (mit allen Companion Quests und Achievements), hätten die Entwickler außerdem noch 10 - 20 Stunden ranhängen können die sich einzig und allein auf die Story fokussieren. Es gibt zwar ein paar richtig gute Storymissionen, darunter das mehrere Stunden dauernde Finale (was nach dem viel zu kurzen Finale von Inquisition eine freudige Überraschung war), aber die Balance zwischen Story und Sidequests lässt arg zu wünschen übrig, Insofern einem die Companions nicht scheiß egal sind, ist der Gameplay Loop nämlich wie folgt: Storyquest -> Companionquest -> Companionquest -> Companionquest -> zurück zum Lighthouse, wo es plötzlich noch mehr Quests gibt -> Companionquest -> Companionquest -> Companionquest -> Storyquest. Da hat zwischendrin also ein bisschen was gefehlt, vor allem weil die Companionquests allesamt ihre eigenen Antagonisten besitzen, obwohl die Antagonisten der Hauptstory bereits viel zu kurz kommen.
Obwohl die Quests dementsprechend sehr samey sind, fand ich es aber gut dass sie sich über das komplette Spiel erstrecken, weil man somit eine immer engere Bindung zu den Charakteren aufbauen kann. Und gegen Ende gab es keinen Charakter den ich nicht mochte. Taash vielleicht am wenigsten, aber die Kritik an der Trans Storyline kann ich ebenfalls nicht nachvollziehen. Ansonsten hätte ich aber am liebsten alle Frauen geromanced Bellara fand ich anfangs zwar nervig weil sie viel zu hyper wirkt, aber das legt sich später einigermaßen.
Der beste Charakter im gesamten Spiel ist aber natürlich Assan! *hug, hug, hug*
Ich fand es außerdem nice dass es neben Banter in der Welt auch immer wieder Banter zwischen den Companions im Lighthouse gibt, weswegen es sich durchaus lohnen kann nach jeder Quest zurückzukehren um sie zu belauschen. Ansonsten wird man nur einen Bruchteil davon mitbekommen. Ich hätte aber gern noch viel mehr von ihren Interaktionen gesehen. Vor allem all die witzigen Momente die nur im Codex erwähnt werden, wie die Treffen ihres Buch Clubs.
Bezüglich der Charaktere weiß ich aber nicht was ich von halten soll dass Varric tatsächlich die ganze Zeit tot war. Ich hatte das zwar lange Zeit befürchtet, da außer Rook nie jemand auf ihn reagiert hat, aber dass Rook so traurig drüber ist hat für mich nicht wirklich funktioniert. Im Gegensatz zu allen anderen Companions gibt Varric immerhin nur kurze Kommentare von sich wenn man ihn besucht und führt nur selten ein richtiges Gespräch mit Rook. Da Solas für verantwortlich ist dass Rook ihn immer noch sieht, hätte es aber Sinn gemacht ihn zumindest einmal pro Kapitel ein Gespräch mit Rook führen zu lassen in dem er versucht Rook in die richtige Richtung zu lenken. Ohne solche Gespräche wirkt der Twist ein bisschen billig und Varrics "Überleben" nur wie eine Ausrede um ihn weiterhin als Erzähler fungieren zu lassen, auch wenn ich die Enthüllung trotzdem traurig fand.
Für ein Spiel das nach all den Jahren eine komplette Katastrophe hätte sein können, ist Veilguard aber trotzdem richtig gut und für mich einer der besten Teile der Reihe, weil ich es vom Gesamtbild her einfach wesentlich runder finde als Dragon Age 2 (mit seiner endlos recycelten Spielwelt), oder Inquisition (mit seiner furchtbar langweiligen Spielwelt). Und falls es noch einen Teil geben sollte, dann bauen sie hoffentlich auf den Stärken des Spiels auf, anstatt sich von solch bescheuerten Aussagen wie "Veilguard ist nur gescheitert weil es keine Live Service Elemente besitzt" beeinflussen zu lassen. Seriously, fuck EA!